65 [2023]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 20. Januar 2024
Genre: Science Fiction / Action

Originaltitel: 65
Laufzeit: 93 min.
Produktionsland: USA / Kanada
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Scott Beck, Bryan Woods
Musik: Chris Bacon
Besetzung: Adam Driver, Ariana Greenblatt, Chloe Coleman, Nika King, Brian Dare (Stimme)


Kurzinhalt:

Um die Behandlung seiner schwerkranken Tochter Nevine (Chloe Coleman) finanzieren zu können, nimmt Raumschiffpilot Mills (Adam Driver) einen Auftrag an, der ihn zwei Jahre lang von Zuhause fortführt. Doch das Raumschiff mit mehreren Personen an Bord, die sich alle in Kapseln im Tiefschlaf befinden, wird von mehreren Asteroiden getroffen und stürzt auf einem fremden Planeten ab. Mills wird dabei verletzt und wähnt sich zuerst als einzige Überlebender. Doch als er dem Signal einer weiteren Kapsel folgt, findet er die junge Koa (Ariana Greenblatt), mit der er sich kaum verständigen kann, da sie eine andere Sprache spricht. Ihre einzige Möglichkeit, nach Hause zurückzukehren, ist eine Rettungskapsel, die auf eine Bergspitze abgestürzt ist. Doch Mills und Koa sind nicht allein, der Planet bevölkert von gefährlichen, teils riesigen Tieren und Pflanzen. Sie ahnen nicht, dass ihnen noch weniger Zeit bleibt als gedacht, denn dem Planeten selbst droht eine unabwendbare Gefahr …


Kritik:
Der Science Fiction-Film 65 wartet mit einem derart abstrusen Konzept auf, dass es umso verwunderlicher ist, wie wenig Spaß die beiden Regisseure Scott Beck und Bryan Woods damit haben wollen. Sie präsentieren eine Geschichte, die die wenigen guten Ideen selbst bereits vorab verrät und erzählen sie mit einer Schwermütigkeit und unnötigem emotionalen Ballast, dass man sich beinahe schlecht fühlt, wenn man dies lediglich als weit hergeholte Realitätsflucht genießen wollte.

Nicht nur die Filmvorschau, auch der Film verrät in den ersten Minuten die im Grunde gar nicht uninteressante Ausgangsidee, die man allerdings eher in einem Videospiel (siehe Dino Crisis [1999] oder Turok: Dinosaur Hunter [1997]) vermuten würde. 65 Millionen Jahre vor unserer Zeit haben andere Zivilisationen den Weltraum bereist. So auch der von Adam Driver gespielte, wortkarge Mills. Der gehört einer nicht näher benannten, außerirdischen Spezies an und nimmt einen Auftrag als Pilot an für den er das Dreifache seines normalen Gehalts bekommt, auch wenn ihn der Auftrag zwei Jahre von seiner Familie fern hält. Er hofft, so die Behandlung seiner schwerkranken Tochter bezahlen zu können. Doch das Raumschiff mit zahlreichen Tiefschlafkapseln an Bord wird von einem Asteroiden getroffen und stürzt ab. Die Einblendungen machen dabei schon deutlich, auf welchem Planeten – der Erde. Alle Kryokapseln bis auf eine sind zerstört und als sich Mills auf die Suche macht, findet er darin die junge Koa, mit der er sich nicht unterhalten kann, da sie eine andere Sprache spricht. Darum kann er ihr auch nicht sagen, dass ihre Eltern den Absturz nicht überlebt haben. Ihre einzige Chance, von dem Planeten zu fliehen, ist eine Rettungskapsel, die hoch oben auf einem Berg abgestürzt ist. Auf dem Weg dorthin lauern nicht nur alle möglichen Tiere, es gibt auch noch eine viel größere Bedrohung, von der Mills noch nicht einmal ahnt.

Welche das wohl sein wird, 65 Millionen Jahre vor unserer Zeit und nachdem Mills’ Raumschiff von einem Asteroiden getroffen wurde, kann sich jedes halbwegs informierte Publikum denken. Überhaupt ist so Vieles bei 65 absehbar und gleichermaßen konstruiert, dass man sich fragen muss, weshalb die Verantwortlichen sich und dem Publikum das Leben so schwer machen. Der Prolog mit Mills und seiner Familie auf dem Planeten Somaris, der nie wieder eine Rolle spielt, ist ebenso unnötig wie Anzeigen in einer fremden Sprache oder dass Koa in einer fiktiven außerirdischen Sprache spricht, wenn gleichzeitig Mills’ wundersamer Allzweckscanner doch das metrische System beherrscht. Abgesehen davon, dass der durchaus tragische Hintergrund von Mills und seiner Tochter die Figur nur melancholisch und schwermütig auftreten lässt, während er gleichzeitig dinosaurierartigen Wesen gegenübersteht, es wäre ein Leichtes gewesen, den Film mit dem Absturz zu beginnen und Koa sowie die Zuschauerinnen und Zuschauer Mills’ Werdegang über die holographischen Dias nahezubringen. Es ist auch vollkommen unbegreiflich, weshalb die Regisseure Beck und Woods den Aufwand betreiben, ihre Geschichte auf der Erde anzusiedeln, wenn sie ihre Figuren dann nicht wenigstens gegen tatsächliche Dinosaurier antreten lassen. Dabei wäre es doch ein Alleinstellungsmerkmal gewesen, würde 65 die Urzeitechsen nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft darstellen. Stattdessen handelt es sich um Fantasysaurier und nicht einmal der globale Hintergrund des Finales ergibt nach dem momentanen Erkenntnisstand Sinn. Die örtliche und zeitliche Umgebung bereits vor dem Vorspann zu verraten, beraubt den Film schließlich jeglicher Überraschung.

Es ist beinahe, als hätten die Verantwortlichen zusätzlichen Aufwand betrieben, ihre Geschichte aufwändig und komplex zu gestalten, anstatt dass sie den kürzesten Weg gesucht hätten, das zu zeigen, weshalb man hier tatsächlich einschaltet: um zu sehen, wie Dinosaurier mit futuristischen Waffen bekämpft werden. Dass 65 damit merklich zurückhält, ist vermutlich nicht nur der knappen Laufzeit von gerade einmal eineinhalb Stunden geschuldet, sondern auch dem Budget. Daraus wissen die Filmemacher sichtlich viel zu machen. Was allerdings fehlt, ist der Spaß daran. Man kann sich leicht vorstellen, wie beispielsweise mit Chris Pine in der Hauptrolle den Auftritt der Urzeitechsen mit lockeren Sprüchen kommentieren könnte, oder ein Einzeiler hier und da eine gewisse Selbstironie der Produktion verdeutlichen würde. Doch beides sucht man vergebens. Regelrecht verkrampft und um Ernsthaftigkeit bemüht, fällt es merklich schwer, sich in eine inhaltlich absurde und doch leichte Unterhaltung fallen zu lassen. Selbst wenn die optische Präsentation durchaus gelungen und die Actionmomente solide umgesetzt sind. Über die unzähligen Anschlussfehler von Ausrüstungsgegenständen, die erst zurückgelassen wurden, sich dann aber plötzlich wieder auf dem Rücken der Protagonisten befinden, sollte man dabei hinwegsehen können.


Fazit:
Obwohl die Figuren kaum ausgearbeitet sind, die vermeintlichen Charaktermomente sind es, die den im Grunde packenden Marsch zur Rettungskapsel durch eine Welt voll gefährlicher Kreaturen stellenweise regelrecht zäh geraten lassen. Zusätzlich wiederholt sich die Art der Actionszenen, von den vielen Klischees, die die Filmemacher Scott Beck und Bryan Woods geradezu mutwillig nicht umschiffen, ganz abgesehen. 65 ist handwerklich gut umgesetzt und Adam Driver sowie Ariana Greenblatt machen das Beste aus dem Wenigen, das ihnen gegeben wird. Inhaltlich hanebüchen, haben die Verantwortlichen nur erstaunlich wenig Spaß an ihrem eigenen Konzept und trauen sich nicht, die absurde Seite der Geschichte willkommen zu heißen. Oder sie wenigstens mit einer ansteckenden Leichtfüßigkeit zum Leben zu erwecken. Darunter leidet merklich der Unterhaltungswert, selbst wenn es weitaus ärgerlichere verpasste Chancen gibt. Trotzdem schade.