24: "0:00 Uhr – 1:00 Uhr" [2001]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 31. August 2003
Genre: Thriller / Drama

Originaltitel: 24: ''12:00 Midnight - 1:00 A.M.''
Laufzeit: 44 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2001
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Stephen Hopkins
Musik: Sean Callery, John Frusciante
Darsteller: Kiefer Sutherland, Leslie Hope, Sarah Clarke, Carlos Bernard, Xander Berkeley, Elisha Cuthbert, Penny Johnson, Dennis Haysbert


Kurzinhalt:
Jack Bauer (Kiefer Sutherland) ist Abteilungsleiter einer Anti-Terror-Einheit der C.I.A., doch bei vielen seiner Kollegen hat er einen schlechten Stand: Nicht nur, dass er eine Affäre mit einer Kollegin hatte (die inzwischen aber beendet ist), machte er drei korrupte Mitarbeiter ausfindig und ließ sie auffliegen.
Am Abend der Vor-Präsidentschaftswahlen erhält sein Team einen Hinweis, dass in den kommenden 24 Stunden ein Attentat auf Senator David Palmer (Dennis Haysbert) geplant ist. Palmer ist der erste afro-amerikanische Präsidentschaftskandidat, der große Chancen auf einen Wahlsieg hat. Bauer soll den Attentäter ausfindig machen, dessen Aufttraggeber mit hoher Wahrscheinlichkeit aus den eigenen Reihen stammen – und als wäre das nicht genug, ist seine Tochter Kim (Elisha Cuthbert) ausgerissen.
Jack steht der längste Tag seines Lebens bevor ...


Kritik:
Seit jeher faszinierte es Filmemacher, Geschehnisse eines Spielfilmes in Echtzeit auf die Leinwand zu bringen. Regisseur John Badham hatte beispielweise durch Gegen die Zeit [1995] damit Erfolg, auch wenn sich viele Logikfehler einschlichen und die Uhr nicht immer genau mitlief.
Dasselbe Konzept auf eine Serie zu übertragen, scheint fast schon tollkühn, und dennoch machten sich die Produzenten von 24 daran, eine Serie zu entwickeln, die nicht nur in Echtzeit stattfindet, sondern bei der die 24 Folgen einer Staffel genau einen Tag im Leben von Jack Bauer behandeln.
Für den Zuschauer bedeutet das spannende Unterhaltung, bei der man allerdings keine Minute verpassen darf, um den Anschluss nicht zu verlieren.
Ob sich die Spannung über die vierundzwanzig Folgen hinweg aufrecht erhalten lässt, muss man abwarten. Ab September können sich die deutschen Zuschauer selbst ein Bild davon machen, wenn RTL II die Serie in Rekordzeit (drei Doppelfolgen pro Woche!) ausstrahlen wird.

Die erste Episode jedenfalls überzeugt durch ein solides Drehbuch, das den Grundstein für einige interessante Storyelemente liefert und mit ausgeklügelten Charakteren aufwarten kann.
So hat Jack Bauer nicht nur gegen einen noch unbekannten Attentäter zu kämpfen, sondern muss sich gleichzeitig auch noch mit seinen Kollegen auseinandersetzen, und die Beziehung zu seiner Frau und seiner Tochter könnte ebenfalls besser sein.
Das Ausgangslage um einen politischen Anschlag, der verhindert werden muss, ist zwar nicht neu, die Einführung mitsamt der Tatsache, dass der Täter möglicherweise sogar aus Regierungs- und CIA-Reihen kommen könnte, ist aber gut gelungen und macht Lust auf mehr.
Ein umfassenderes Urteil kann man nach der ersten Stunde des langen Tages noch nicht fällen, außer dass – wie für die Story nicht unüblich – im Leben von Jack sehr viel in diesen 60 Minuten geschieht.
Das Potential zu einer ebenso unterhaltsamen, wie anspruchsvollen Serie ist definitiv vorhanden und es liegt an den Autoren, selbiges auszuschöpfen.

Mit Kiefer Sutherland haben sich die Macher einen für's Fernsehen etwas ungewöhnlichen Darsteller ins Boot geholt. Nach einigen Bösewichtsrollen wie in Die Jury [1996] war es um den Schauspieler ruhig geworden, dass er dennoch ein begnadeter Akteur ist, beweist er bereits in der Pilotfolge, gleichwohl er sicher noch nicht am Ende seiner Fähigkeiten angelangt ist. Zu seinem Seriencharakter passt er jedenfalls wie maßgeschneidert und ihn in Aktion zu sehen, ist immer wieder eine Freude.
An seine Seite stellten die Produzenten Leslie Hope als Ehefrau, die genügend Ausstrahlung und Initiative bseitzt, um neben ihm zu bestehen.
Bauers Team besteht unter anderem aus Sarah Clarke und Carlos Bernard, die zwar bislang nicht viel zu tun bekamen, aber in keiner Szene stören.
Dennis Haysbert kann als Senator Palmer allerdings nur in der englischen Originalfassung überzeugen, bei der deutschen Synchronfassung hingegen provoziert der Charakter von Kopfschütteln bis ungewollte Schmunzler beinahe alle Reaktionen beim Zuschauer.
Denn so sorgfältig die eigentlichen Darsteller ausgewählt wurden, bei den Synchronstimmen zeigte sich der deutsche Vertrieb leider eher sparsam als gewissenhaft. So können die Sprecher von Jack – Sutherland wird glücklicherweise wie gewohnt von Tobias Meister – gesprochen und seiner Ehefrau – Marion von Stengel lieh Leslie Hope ihre Stimme – wirklich gefallen, doch schon bei den Jungdarstellern wie beispielsweise Elisha Cuthbert als Kim Bauer (gesprochen von Saskia Weckler) fühlt man sich an eine durchschnittliche Soap-Opera erinnert. Ben Hecker als die Stimme von Senator Palmer krönt das Ganze durch mangelnde Motivation und Ausdruckskraft jedoch im negativen Sinne.

Regisseur Hopkins ließ sich für Kamera- und Schnittarbeit einige sehr interessante Stilmittel einfallen, so wird das Geschehen oft mit mehreren Bildausschnitten in einem Bild gezeigt, mitunter auch dieselbe Situation aus einer anderen Perspektive.
Dadurch erreichen die Macher bei den Zuschauern verständlicherweise eine höhere Aufmerksamkeit beim Zusehen, immerhin möchte man nichts verpassen. Sollten sie die bisweilen etwas verwackelte Kamera noch in den Griff bekommen, steht dem gewillten Publikum eine saubere und routinierte, wenn auch etwas gewöhnungsbedürftige Thrillerinszenierung ins Haus, die mit wohlüberlegten Bildern und einer ebensolchen Schnittarbeit zu glänzen vermag.

Zur Spannung trägt sicher die atmosphärische Musik bei, die zwar sehr elektronisch geraten ist, aber keine Wünsche offen lässt. Bisweilen fühlt man sich etwas an C-16: FBI [1997-1998] erinnert, doch das ist ja kein Kritikpunkt.

Wer es übrigens ganz genau nimmt, wird feststellen, dass das Geschehen in 24 trotz allen Werbeversprechungen dennoch nicht ganz in Echtzeit stattfindet. Das hat mehrere Gründe:
Zum einen arbeitet das amerikanische Fernsehformat NTSC nicht wie das europäische PAL mit 25 Bildern pro Sekunde, sondern mit 29,97. Wenn eine Sendung in den USA 45 Minuten lang geht, dauert sie aus diesem Grund bei uns nur noch knapp über 43 Minuten. Deshalb können die auf dem Bildschirm angezeigten Sekunden in den USA nicht gleich lang gehen, wie bei uns, wo sie etwas kürzer sind. Zum anderen wurden in den USA immer wieder Werbeblöcke eingefügt (was auch bei RTL II der Fall sein wird), die zwar prinzipiell mit in die komplette Laufzeit einer Episode (60 Minuten einschließlich Werbung) eingerechnet werden. Durch die unterschiedliche Dauer der verschiedenen Werbespots können sich aber auch da einige Verschiebungen ergeben.
Da die Serie in Großbritannien ohne Werbung ausgestrahlt wurde, ging dort jede Episode nur rund 45 Minuten, weswegen der Sender den Hinweis, dass die "Ereignisse in Echtzeit stattfinden" aus jeder Folge entfernte.

Wie viele Serien, die im Herbst 2001 gestartet sind, hatte 24 mit den damals aktuellen Ereignissen zu kämpfen, so wurden Szenen des explodierenden Flugzeugs aus dem Pilotfilm entfernt, ebenso wie alle späteren Bezüge auf diese Tragödie.
24 teilte außerdem das Leid vieler anderer neuen Serien, die mit hohen Zuschauerzahlen starten und selbige fortan immer weiter verlieren. Insbesondere die in den USA schon gesendete zweite Staffel hatte unter Zuschauereinbrüchen zu leiden, eine dritte wird ab Herbst dennoch folgen.
Für das Finale der ersten Staffel hielten sich die Macher alle Karten offen und drehten drei verschiedene Enden, von denen das letzte in der Serie zu sehen ist.
Sarah Clarke wurde im übrigen erst am ersten Drehtag für die Rolle von Nina Myers besetzt. Da die Kostümabteilung allerdings keine Zeit hatte, sie einzukleiden, ist sie während der gesamten ersten Staffel in ihren eigenen Kleidern zu sehen.

Es scheint ein langer Dienstag für Kiefer Sutherland zu werden. Wenn es die Macher verstehen, die Spannung aufrecht zu erhalten, steht dem Publikum eine weitere hervorragende Serie ins Haus, die sich eindeutig an Erwachsene richtet und deren Produktionsniveau dem eines Kinofilmes sehr nahe kommt. Das sieht man nicht nur daran, dass 24 wie viele aktuelle Serien in 16:9 gedreht wurde und dieses Format auch ausreizt.


Fazit:
Mit interessanten Kameraperspektiven und Schnittfolgen erzeugen die Macher eine spannende Eigendynamik, deren Handlung ebenso vielversprechend, wie spannend klingt.
Zusammen mit den hochkarätigen Produzenten Stephen Hopkins, Brian Grazer und Ron Howard, sowie erstklassigen Darstellern – allen voran Kiefer Sutherland – könnte 24 das Kunststück mit der Echtzeitunterhaltung auf Dauer gelingen. Ob die Serie wirklich funktioniert, liegt letztendlich aber daran, wie die Autoren die intrigenreiche Geschichte voran treiben. Fans zufolge gehören die ersten vier Episoden sogar zu den schwächeren.
Dass die Episoden nicht wirklich haargenau 60 Minuten gehen, verzeiht man der aufwändigen Produktion ohnehin, und angesichts des Potentials darf man sich auf die nächsten 23 Stunden im Leben von Jack Bauer freuen.