Douglas Adams: "Einmal Rupert und zurück" [1992]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 31. Oktober 2004
Autor: Douglas Adams

Genre: Science Fiction / Unterhaltung / Komödie

Originaltitel: Mostly Harmless
Originalsprache: Englisch
Gelesen in: Englisch
Ausgabe: Gebunden
Länge: 185 Seiten
Erstveröffentlichungsland: Großbritannien
Erstveröffentlichungsjahr: 1992
Erstveröffentlichung in Deutschland: 1995
ISBN-Nr. (gelesene Ausgabe): 0-517-14925-7


Kurzinhalt:
Bei einem Hyperraumflug in ein Paralleluniversum versetzt, ist Arthur Dent einmal mehr auf sich allein gestellt. Die Erde scheint es hier nicht zu geben, und als er nach dem Absturz seines Raumschiffes auf dem Planeten Lamuella gestrandet ist, läuft er Gefahr, letztendlich doch glücklich zu werden.
Unterdessen entdeckt Ford Prefect eine Verschwörung um die geheime Übernahme des Reiseführers "Per Anhalter durch die Galaxis", und als er in die Büroräume des Verlages einbricht, macht er eine höchst beunruhigende und erstaunliche Entdeckung.
Unterdessen wird die Reporterin Tricia McMillan in einem Paralleluniversum von Außerirdischen auf ihren Heimatplaneten eingeladen, während die bekannte Trillian ihre Karriere als intergalaktische Reporterin fortsetzt und dafür ihre Tochter bei jemandem zurück lässt, der überhaupt nicht weiß, dass er Vater ist.
Sie alle finden sich als Figuren eines viel größeren Komplotts wieder, das letztendlich nur ein Ziel hat ...


Kritik:
Man darf heute spekulieren, ob der Autor Douglas Adams depressiv war, oder nicht. Wenn man sich seine bisherigen vier Bücher in der Reihe Per Anhalter durch die Galaxis ansieht, die 1979 begann und Einstände 1980, 1982 und 1984 feierte, dann fällt einem vor allem auf, wie stark sie von der persönlichen Situation des Autors geprägt sind. War das erste Buch eine sarkastische Parodie, die die Menschheit durch den Kakao zog, zielte das zweite Buch, Das Restaurant am Ende des Universums [1980] auf das Universum selbst und seinen doch recht kruden Sinn für Humor ab. Der nächste Roman, Das Leben, das Universum und der ganze Rest [1982] geriet zunehmend konfuser, auch wenn sich deutlich abzeichnete, dass Hauptfigur Arthur Dent wohl einen größeren Sinn im Leben haben sollte – und mit dem vierten Buch, Macht's gut und danke für den Fisch [1984], schlug Adams eine viel lebensbejahendere Note an, schrieb bisweilen schon fast eine Liebesgeschichte und philosophierte über das Glück, wie man es bislang kaum von ihm geahnt hat. Wer dagegen Einmal Rupert und zurück ansieht, stellt fest, dass der Autor hier ein sehr düsteres Bild der Welt und des gesamten Lebens zeichnet, mehr noch Adams stellt in seiner Endgültigkeit fest, dass man dem Schicksal noch so oft von der Schippe springen kann, es einen letztendlich aber doch einholt. Gerade zum letzten Roman, der immerhin acht Jahre zurück liegt, ist das ein krasser Gegensatz und lässt Fans der Reihe, die den gepflegten und unterhaltsamen Science Fiction-Anteil im fünften Teil der ansich als Trilogie geplanten Reihe gern genießen, eher verdutzt zurück.
In einem Interview darauf angesprochen verriet Adams, dass er "Per Anhalter gern mit einem positiveren Eindruck abgeschlossen" hätte. Er habe persönliche Probleme gehabt, die er in diesem Buch verarbeitet habe, und was eben herausgekommen ist, sei ein "eher düsteres Buch". Es gab immer wieder Gerüchte, dass ein sechstes Buch in Arbeit sei, als Douglas Adams am 11. Mai 2001 an einem Herzinfarkt in Santa Barbara, Kalifornien verstarb, wurden mit ihm auch diese Hoffnungen der Fans begraben, die ihm zu Ehren am 25. Mai den "Handtuch-Tag" eingeführt haben.

Dieser düstere Grundton ist es auch, was einen an Einmal Rupert und zurück (abgesehen vom vollkommen unpassenden, deutschen Titel) am meisten verwundert und auch in gewisser Weise ärgert. Die Bilanz, die Adams auf den letzten Seiten zieht ist vernichtend für all diejenigen, die mit Arthur und Ford all die Bücher mit gelitten und mitgefiebert haben – und doch gelingt dem Autor hier ein Kunststück, das man ihm kaum zugetraut hätte: Er führt Per Anhalter durch die Galaxis zu einem ansich doch passenden, und vor allem logischen Abschluss, nimmt Storyfäden wieder auf, die er zwei Bücher zuvor angefangen hat, verwebt sie mit der aktuellen Story und knüpft alle losen Enden auf den letzten zwei Seiten zusammen. Wie er das geschafft hat, ist meisterlich und wird auch Kenner der Romane stark verwundern. Ab der Hälfte ist Mostly Harmless, so der Originaltitel, zudem wirklich unterhaltsam und witzig geschrieben, einzig die ersten Seiten ziehen sich zusehends in die Länge, was aber an der nur karg dar gebrachten Ausgangssituation liegt, die Adams in wenigen Worten abhandelt.
Nach nur einem Roman Fenchurch, Arthur Dents große Liebe, wieder aus dem "Universum" zu streichen, scheint schlicht kein guter Zug, das aber auch noch mit einer Fußnote zu erklären und Arthur folglich die kommenden 180 Seiten unglücklich sein zu lassen, schlichtweg herzlos. Von der Stimmung des letzten Buches (Macht's gut und danke für den Fisch) ist nicht viel geblieben, dafür scheint sich Adams im bekannten Science Fiction-Genre sichtlich wohl zu fühlen. Seine Recherchen betreffend den Paralleluniversen sind zwar hier für die Leser stark vereinfacht, ergeben aber angesichts des wissenschaftlichen Hintergrunds durchaus Sinn. Wer sich aber zuvor nie mit dem Thema beschäftigt hat, wird mit den ironisch-witzig geschriebenen Beschreibungen gerade zu dem Thema (auch wenn Ford Prefect diese später erklärt) seine Probleme haben. Douglas Adams hat sich in die Thematik eingearbeitet, ebenso wie er in den Jahren zuvor sich wohl mit seinem Computer vertraut gemacht hat, denn erstmals geht er in die Programmierung der Maschinen ein, zeigt sie auf der persönlichsten Ebene und macht sich bisweilen über ihre ansich einfache Struktur und ihre beschränkte Sicht der Dinge schon wieder lustig. Diese Hintergründe werden zwar immer wieder mit Einschüben dargebracht, die den Erzählfluss sichtlich bremsen, aber dafür wieder an die Erinnerungen des "Per Anhalter"-Reiseführers aus dem ersten Roman erinnern. Lähmend lesen sich aber die ersten Abschnitt von Arthurs Besuch auf der Parallelwelt "Now What", und auch die ausführlichen Beschreibungen der Personen auf dem friedliebenden Planeten Lamuella. Tricia McMillans erste Auftritte holpern zudem sichtlich, gewinnen aber später deutlich an Geschwindigkeit, wenn man als Leser hinter den Erzählfluss des Buches und auch die eigentliche Hintergrundgeschichte kommt.

Nachdem Adams bereits in den letzten Romanen bewiesen hat, welch unzählige Verwendungsmöglichkeiten ein gewöhnliches Handtuch haben kann, gibt es auch hier wieder die aberwitzigsten Ideen und Vorschläge. Als bester neuer Charakter darf man aber ohne Zweifel Colin aufführen.
Der kleine, fliegende Roboter erinnert fatal an das Bit aus Tron [1982], ist aber auf Grund der irrwitzigen Beschreibungen der Sympathiecharakter schlechthin – und dabei stets glücklich. Etwas schwieriger ist das schon Arthurs nahe Verwandte Random, die zwar als Charakter sehr vielschichtig angelegt ist, und auch einige der besten, ernsten Szenen für sich beanspruchen darf, aber auf Grund ihres schwierigen Hintergrunds den Lesern immer fremd bleibt. Arthurs Reaktion auf Fords Besuch hingegen sind durchaus verständlich und seine Weigerung, Lamuella zu verlassen ebenso.
Über Ford gibt es in Einmal Rupert und zurück auch das meiste zu lesen, er ist ansich der Hauptcharakter des Romans und bekommt hier nach vier Romanen endlich die Aufmerksamkeit, die man sich als Leser stets gewünscht hat. Seine Handlungen bleiben ebenfalls stets nachvollziehbar (nicht so wie die von Trillian) und ihm auf seinem Ausflug in das Hauptquartier des Reiseführers "Per Anhalter durch die Galaxis" zu folgen und seinen Entdeckungen beizuwohnen zählt ohne Zweifel zu den Höhepunkten des Romans.
Es bekommen alle Figuren etwas zu tun, alle ihre bestimmten Momente eingeräumt und keiner geht hier leer aus. Dabei ist die Entwicklung und die Stimmung der Figuren ansich immer verständlich, was man bei den bisherigen Büchern nicht behaupten konnte.

Der Aufbau des Romans ist hingegen wie schon erwähnt etwas zweigeteilt. Bis Adams die zahlreichen Storyfäden in den verschiedenen Universen eingefädelt hat, vergeht viel Zeit, und gerade währenddessen fragt man sich als Leser oft, welchen Zweck denn dieser oder jener Abschnitt, ja gar manche Kapitel haben mögen. Vor allem wird nur selten klar, in welchem Universum man sich denn gerade befindet; aber sobald Arthur sich als Sandwich-Macher eingelebt hat, Ford in das Bürogebäude des Reiseführers eingebrochen ist und sich die ganze Verschwörung abzuzeichnen droht, verfliegen die Seiten in einem unterhaltsamen – bisweilen aber auch immens spannenden und rasanten Tempo.
Wenn der Autor mit Random Lamuella verlässt, den Leser später auf die richtige Welt zurückführt und dann auf den letzten Seiten all das miteinander verwebt, was bislang unvereinbar erschien, erkennt man auch das Genie, das hinter Douglas Adams steckte. Er vollbrachte das Kunststück, vier Romane in wenigen Seiten so abzuschließen, dass die meisten Fragen beantwortet wurden. Sogar sein Versprechen aus dem ersten Roman, dass die Schicksals von Arthur Dent und dem Reiseführer "Per Anhalter durch die Galaxis" eng miteinander verwoben sind, hält er ein. Sein Ende ist überraschend, ansich auch recht kurz und unvermittelt, aber doch gut aufgebaut und endgültig dargebracht – und eben deshalb im Rückblick traurig. So hätte man sich den Abschluss zwar nicht vorgestellt, aber je länger man darüber nachdenkt, umso besser ist er.

Sprachlich gibt es hier wieder sehr viele sarkastische, witzige und tiefsinnige Bemerkungen zu lesen, Adams kehrt zu den Wurzeln des ersten Romans zurück und präsentiert neben den humorvollen Charakteren mit Random auch eine auf den ersten Blick zwar nur verwirrte, aber bei näherer Betrachtung doch tragische Figur, die dem Gefühl des Verlorenseins vieler Menschen in unserer rasanten Zeit am nächsten kommt. Es werden viele philosophische Fragen aufgeworfen, viele davon beantwortet – die meisten aber soll man als Leser selbst für sich ausknobeln.
Was bleibt ist ein sehr düsterer Roman, der einen Schlussstrich unter die bisherigen Bücher zieht, und eine Rechnung präsentiert, auf die man nicht unbedingt vorbereitet ist. Handwerklich macht aber dieser Teil wieder einen sehr reifen, wenn auch deprimierenden Eindruck, selbst die witzigen Passagen scheinen bisweilen einen eher zynischen Kern zu beinhalten, anstatt ironisch, vielleicht auch schon sarkastisch zu klingen, wie bislang in Adams Werken. Nach dem eher ernüchternden dritten Buch und dem vollkommen anders angesiedelten vierten Roman, entspricht Einmal Rupert und zurück vom Stil her am ehesten Per Anhalter durch die Galaxis, wenn auch mit einer Schlussnote, die einen leicht schockiert und auch trifft. Vor allem deshalb, weil die Saga damit ihren letzten Abschluss gefunden hat.


Fazit:
Nach der zwar unterhaltsamen, aber kurzweiligen und inhaltlich eher mauen Kurzgeschichte Young Zaphod Plays It Safe [1986], die stilistisch kaum etwas mit Douglas Adams früheren Werken aus dem Per Anhalter durch die Galaxis-Universum gemein hatte, widmet sich der Autor hier wieder alten Tugenden, vereint nochmals die drei Hauptcharaktere zu einem Gipfeltreffen der besonderen Art und bringt seine Reihe endgültig zu einem Abschluss.
Zwar vermisse ich als Fan Charaktere wie Zaphod oder Marvin schmerzlich, die leider überhaupt nicht vorkommen, dafür hat mir der Roman vom Schreibstil her sehr gut gefallen. Einzig die langen Einführungen, die durch die verschiedenen Universen doch sehr anstrengend zu lesen sind, fallen da aus dem Rahmen. Doch wenn Ford erst einmal im Bürogebäude eingebrochen ist, und man den Reiseführer "Per Anhalter durch die Galaxis" in der zweiten Ausgabe zu sehen bekommt, nimmt das Buch sehr schnell Fahrt auf. Mit dem knuddeligen Roboter Colin ist für Unterhaltung gesorgt und Random tut ihr übriges, um das fast schon anklagende Thema des Romans heraus zu stellen. Man wird das Gefühl nicht los, dass Adams hier dem Universum einen Vorwurf für dessen perfide Logik und fast schon unerbittlichen Sinn für Humor machen würde. Aber wenn Einmal Rupert und zurück auf die letzten Seiten einlädt, alle möglichen Stories der bisherigen Romane nochmals aufnimmt und zu einem Ende verschnürt, klappt man das Buch schließlich mit einem lachenden und einem weinenden Auge zu. Einerseits hätte ich die Reihe vermutlich nicht so düster enden lassen, andererseits scheinen fast schon beiläufige Storyperlen wie "King Elvis" oder die Ironie mit dem verschwundenen "Vogel" an Bord des Vogonenschiffes ein Anzeichen dafür, dass Douglas Adams den Roman ebenfalls mit einem Augenzwinkern beendet hat.