Timothy Zahn: "Star Wars: Die Hand des Thrawn -
Schatten der Vergangenheit" [1997]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 30. Januar 2017
Autor: Timothy Zahn

Genre: Science Fiction / Thriller / Action

Originaltitel: Star Wars: The Hand of Thrawn, Book 1 - Specter of the Past
Originalsprache: Englisch
Gelesen in: Englisch
Ausgabe: Taschenbuch
Länge: 386 Seiten
Erstveröffentlichungsland: USA
Erstveröffentlichungsjahr: 1997
Erstveröffentlichung in Deutschland: 2000
SBN-Nr. (gelesene Ausgabe): 978-0-553-29804-8


Kurzinhalt:

Zehn Jahre, nachdem dem Imperium unter der Führung von Großadmiral Thrawn um ein Haar der Sieg über die Neue Republik gelungen wäre, ist die einst mächtige Flotte Sternzerstörer nur ein Schatten ihrer selbst. Admiral Pellaeon sieht keine Alternative, als einen Friedensvertrag mit der Neuen Republik auszuhandeln, ein Vorhaben, das bei den übrig gebliebenen Moffs und hochrangigen imperialen Offizieren auf wenig Verständnis stößt. Während die Neue Republik von zahlreichen Kleinstreitereien gelähmt wird, heizt eine Entdeckung über ein Jahrzehnte zurückliegendes Verbrechen, das in der ganzen Galaxis für Empörung sorgte, die Spannungen weiter an. Während Leia Organa Solo bemüht ist, die verschiedenen Interessen zu vereinen, entdecken Han Solo und Luke Skywalker eine mögliche neue Bedrohung für die Republik. Über alledem liegt der Schatten eines Berichts von Lando Calrissian, der dem totgeglaubten Thrawn begegnet ist. Und in ihrem derzeitigen Zustand scheint die Neue Republik dieser Gefahr nicht gewachsen …


Kritik:
Wer immer sich mit dem erweiterten Star Wars-Universum beschäftigt, das über die von George Lucas ursprünglich erdachte und präsentierte Trilogie hinausgeht, wird früher oder später über den Autor Timothy Zahn stolpern. Die Romantrilogie, die er fünf Jahre nach Star Wars: Episode VI – Die Rückkehr der Jedi-Ritter [1983] vorstellte, hat der Sternensaga mehr als nur neues Leben eingehaucht. Mit Schatten der Vergangenheit, Teil eins einer an sich als Zweiteiler erdachten Fortsetzung der sogenannten Thrawn-Trilogie [1991-1993], knüpft er inhaltlich an die Geschichte und die Figuren an. Nur nicht so gelungen, wie man sich das als Leser wünschen würde.

Wie prägend Zahns drei Romane Erben des Imperiums [1991], Die dunkle Seite der Macht [1992] und Das letzte Kommando [1993] dabei gewesen sind, sieht man nicht nur daran, dass selbst Lucas in seine Prequel-Trilogie Elemente übernommen hat. Nachdem Disney im Jahr 2012 die Rechte der Reihe erwarb, wurden zwei Jahre später im Rahmen einer inhaltlichen Vereinheitlichung die meisten Star Wars-Bücher und -Comics, die in den beinahe 40 Jahren seit dem ersten Krieg der Sterne [1977]-Film veröffentlicht worden waren, als "nicht Kanon" erklärt. Sprich, was dort geschehen war, kann (und wurde) durch neue Filme, Serien und Bücher inhaltlich widerlegt oder überholt. Man erkennt diese Bücher an dem inzwischen vergebenen Namen Star Wars Legends. So auch geschehen mit Zahns Werken.

Allerdings erfreute sich der von ihm erfundene Charakter des Großadmiral Thrawn, dem es gelingt, das Imperium beinahe zu alter Größe aufleben zu lassen und die Neue Republik in die Knie zu zwingen, großer Beliebtheit. Sogar so sehr, dass im Sommer 2016 angekündigt wurde, Timothy Zahn würde ein 2017 erscheinendes neues Buch über ihn verfassen und die Figur in die Animationsserie Star Wars Rebels [seit 2014] integriert. Zumindest eine Version der Figur wird somit Teil des Star Wars-Kanon.
Der Romanzweiteiler Die Hand des Thrawn setzt zehn Jahre nach Das letzte Kommando an: Während die ehemalige Flotte des einst mächtigen Imperiums kaum eine Bedrohung für die Neue Republik darstellt und nur mit Mühe die Systeme kontrollieren kann, über die sie tatsächlich noch herrscht, stößt die Neue Republik immer wieder an ihre Grenzen. Die vielen unterschiedlichen Interessen zu vereinen ist eine tagtägliche Herausforderung, der sich auch Leia Organa Solo als Teil der Regierung stellen muss. Aber nicht nur, dass eine vermeintlich zufällige Entdeckung Ressentiments einzelner Spezies innerhalb der Republik schürt, die sich wie ein Lauffeuer zu Ausschreitungen ausbreiten und gar in einem Bürgerkrieg enden könnten, der totgeglaubte Großadmiral wird gesichtet, was die zerstrittenen Streitkräfte der Republik vor eine kaum lösbare Aufgabe stellt.

Bereits auf den ersten Seiten gelingt es Timothy Zahn mit seinen pointierten Schilderungen und seinem sicheren Umgang mit Terminologien des Star Wars-Universums, seine Leser zurück in eine weit, weit entfernte Galaxis zu versetzen. Neben einer Vielzahl an Figuren, die aus den Filmen oder der Thrawn-Trilogie bekannt sind, darunter neben Luke Skywalker, Han Solo oder Lando Calrissian auch Mara Jade, der Schmuggler Talon Karrde oder der imperiale Admiral Pellaeon, stellt er zahlreiche neue Charaktere vor, die hier den Weg mit den bekannten kreuzen.
Doch so interessant es ist, das Imperium kurz vor einer Niederlage zu sehen und insbesondere in Pellaeon einen Ankerpunkt präsentiert zu bekommen, der sich nie als Bösewicht gesehen hat und nun eine Kapitulation einer vollständigen Auslöschung durch die Streitkräfte der Neuen Republik vorzieht, Zahn spiegelt in Schatten der Vergangenheit das wider, was viele Fans an der Prequel-Trilogie zu Recht bemängelt haben. Um die steigenden Spannungen innerhalb der Republik nachvollziehbar zu gestalten, verbringt er Autor mit seinen Figuren viel Zeit in Senatssitzungen oder bei taktischen Besprechungen. Man erfährt viel über Handelsbeziehungen unterschiedlicher Völker, oder wie stark die Spezies der Neuen Republik immer noch miteinander verfeindet sind.

Das ist, um es einfach zu sagen, oft eine sehr trockene Materie, obwohl Zahn bei den Dialogen die Wesensart seiner Figuren mit einer bestechenden Wortwahl auf den Kopf trifft. Man spürt auch merklich, wie sich die Schlinge der Verschwörung, die Moff Disra und Major Tierce hier um den Hals der Neuen Republik legen, immer weiter zuzieht und die Figuren am Ende genau an der Stelle sind, an der der Autor sie haben möchte. Nur ist der Weg dorthin bei manchen deutlich länger, als man sich das wünschen würde.

Wer Specter of the Past, so der Originaltitel als ungekürztes englisches Hörbuch hören möchte, kann (und sollte) zu der Ausgabe mit Marc Thompson als Sprecher greifen. Was Thompson hier zum Besten gibt, ist schlicht atemberaubend. Nicht nur, dass er die Stimm- und Tonlage von vielen bekannten Figuren hervorragend trifft, er verleiht durch seine Stimmnachahmungen dem Hörbuch den Charakter eines Hörspiels, wozu auch Toneffekte und Musik beitragen, die immer wieder eingestreut werden. Auch betont er einzelne Sätze je nachdem, was die jeweilige Figur gerade tut oder denkt. Einzig seine Darbietung von Leia Organa Solo klingt merklich zu weich, doch das ist ein kleiner Wermutstropfen. Das Hörbuch gehört zu den besten, die ich bislang gehört habe.


Fazit:
Schatten der Vergangenheit scheint wie ein notwendiger Prolog zu dem Finale für Die Hand des Thrawn, das Autor Timothy Zahn sicherlich im Sinn hatte, als er seine Arbeit daran begann. Überaus gelungen baut er auf vielen verschiedenen Ebenen und mit einem Gespür für die politischen Zusammenhänge dieser neuen, instabilen Republik eine Geschichte auf, die in der zweiten Hälfte merklich an Fahrt gewinnt und deren Actionhöhepunkte durchaus mitreißen. Er entblättert damit auch gelungen das Klischee, dass mit dem Regimewechsel allein die Galaxis in einer besseren Verfassung wäre. Nur wird das Geheimnis hinter der Rückkehr des Großadmirals für die Leserschaft gelüftet, ist es beinahe etwas enttäuschend. Fans des erweiterten Star Wars-Universums dürfen sich auf ein perfekt getroffenes Flair freuen und viele tolle Charaktermomente. Auch lässt der Aufbau erahnen, dass die im deutschen auf zwei Romane aufgeteilte Fortsetzung Blick in die Zukunft und Der Zorn des Admirals [1998] mehr von der intensiven Bedrohung zurückbringen wird, die die Thrawn-Trilogie so unvergleichlich machte. Doch macht das den stellenweise lang anmutenden Auftakt hier nicht flotter.