Edmond Hamilton: The Return of Captain Future: "Nerven aus Stahl" [2012]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 20. November 2012
Audiobook-CoverUrheberrecht des Covers liegt bei Highscore Music. Verwendet mit freundlicher Genehmigung.
Autor: Leigh Brackett (unter dem Pseudonym Edmond Hamilton)

Genre: Science Fiction / Komödie

Originaltitel: Pardon My Iron Nerves
Originalsprache: Englisch
Gelesen in: Deutsch
Ausführung: Hörbuch
Laufzeit: 77 min.
Erstveröffentlichungsland: USA
Erstveröffentlichungsjahr: 1950
Erstveröffentlichungsjahr der Ausgabe: 2012
ISBN-13-Nr. der Ausgabe: 978-3943166057

Regie: Sebastian Pobot
Musik: Christian Bruhn
Sprecher: Helmut Krauss (Erzähler), Hans-Jürgen Dittberner (Captain Future), Jochen Schröder (Professor Simon Wright), Wolfgang Völz (Otto), Friedrich Georg Beckhaus (Grag), Dieter Knust (Perker), Santiago Ziesmer (Dr. Hollis Gordon), Tom Steinbrecher, Detlef Tams, Sven Matthias, Thomas Tippner (Machs), Robert Missler (Ansager), Kerstin Draeger (Empfangsdame), Mark Bremer (Roger)


Kurzinhalt:
Er ist über zwei Meter groß, stärker als zwanzig Männer und er hört und sieht besser, als ein Mensch es könnte. Und dennoch fällt Grag in jenes emotionale Loch, aus dem er nicht weiß, wie er allein herauskommen soll. Immerhin verlässt sich Captain Future auf ihn – mehr als auf Simon Wright oder Otto. Grag ist die Stütze im Team, davon ist er überzeugt. Darum macht er sich auch heimlich zur Erde auf, um dort den Psychologen Perker aufzusuchen. Doch dieser scheint nicht in der Lage, Grags Depressionen wirklich zu verstehen. Als wäre seine Unsicherheit nicht schon groß genug, erhält er von Captain Future einen Auftrag, den Grag allein ausführen muss.
Auf dem Mond Dis wird Actinium abgebaut. Da dies in einer für Menschen tödlichen Atmosphäre geschieht, übernehmen Maschinen die Arbeit. Doch aus einem unerfindlichen Grund, hat die Actinium-Lieferung aufgehört. Es ist an Grag, dem auf den Grund zu gehen. Auf dem Dis angekommen, entdeckt er, dass die Schürfmaschinen mit einer künstlichen Intelligenz ausgestattet wurden und sich seither weigern, zu arbeiten. Diese Machs proben den Aufstand und als wäre das nicht schon schlimm genug, sehen sie Grag als einen der ihren, dem der "Befreier" ebenfalls künstliche Intelligenz geben soll ...


Kritik:
Die Geschichte klingt schon von Anfang an anders, als die bisherigen Geschichten der Reihe The Return of Captain Future. Sie wird erzählt aus der Sicht des Roboters Grag, auf den sich Captain Future mehr verlässt als auf alle anderen Mitglieder der Mannschaft – so sagt er selbst. Nerven aus Stahl ist ein amüsanter und gar nicht so oberflächlicher Abschluss für die vierteilige Reihe der inszenierten Lesungen der Novelets um die bekannte Science Fiction-Ikone. Und wer dachte, er würde den Roboter Grag nach all der Zeit kennen, in der er sich vortrefflich mit dem Androiden Otto gestritten hat, der wird hier eines besseren belehrt.

Wenn ein Roboter davon spricht, dass er fürchtet, den Verstand zu verlieren, ist man spontan geneigt, ihm schon auf Grund dieser Überlegung zuzustimmen. Grag geht es nicht gut, er fürchtet, unter Depressionen zu leiden und sucht hierfür einen Spezialisten auf. Einen, der sich auf Menschen spezialisiert hat, verständlicherweise, denn einen Psychologen für Roboter gibt es (bisher) nicht. Doch Doktor Perker scheint nicht sehr daran interessiert, Grag zu helfen, oder ihn überhaupt zu verstehen. Da könnte ein Auftrag von Captain Future für Grag womöglich für Abwechslung sorgen. Er soll auf dem Pluto-Mond Dis untersuchen, weshalb die Lieferungen an Actinium, die dort von automatisierten Maschinen geschürft werden, aufgehört haben. Der Mond ist für Menschen unbewohnbar, aber für Grag stellt die Atmosphäre keine Schwierigkeiten dar. Was er dort findet, sollte ihm eigentlich einen Spiegel vorhalten, denn den Maschinen wurde Intelligenz verliehen (die seiner allerdings nicht gewachsen ist) und sie haben beschlossen, die weniger intelligenten Maschinen für sich arbeiten zu lassen.

Viele Science Fiction-Geschichten ergründen die Frage, was geschieht, wenn künstliche Intelligenz tatsächlich sich selbst bewusst wird. Nerven aus Stahl greift das Thema zwar auf, vertieft es allerdings nur unzureichend. Stattdessen nimmt Autorin Leigh Brackett die Story als Anlass, der Titelfigur Grag einen etwas anderen Touch zu verleihen. Weniger schweigsam und zurückhaltend als bislang, erzählt er ausschweifend und mit einer gewissen Realitätsfremde, so dass ihm sogar die Ironie der Situation gänzlich vorenthalten bleibt. In einem Moment, wenn er erkennt, dass er vor einer Gruppe intelligenter Maschinen steht, und diese ihn als einen der ihrer sehen, könnte man beinahe vermuten, dass ihm endlich die Erkenntnis dämmert, doch da hat man sich zu früh gefreut.

Auf Grund der Natur der inszenierten Lesung wird der Erzähler, auch wenn er ausschließlich aus der Sicht von Grag berichtet, nicht von dessen stimmlichem Alterego Friedrich Georg Beckhaus verkörpert, sondern wie gewohnt von Helmut Krauss. Von Fans der Reihe wurde dies kritisiert, doch tatsächlich ist der Mix so überaus gelungen. Nicht nur, dass Grags Dialoge so einfacher herauszuhören sind, Krauss scheint an der leichtfüßigen Erzählung durchaus Gefallen gefunden zu haben und klingt so amüsant wie lange nicht mehr. Die Tatsache, dass die Bedeutung der Situationen in seiner Stimme herauszuhören sind, während Grag gewohnt versteinert und von sich selbst überzeugt reagiert, macht Nerven aus Stahl umso unterhaltsamer.

Einzig wirklicher Kritikpunkt sind die Machs, die mit Intelligenz ausgestatteten Maschinen des Dis, deren Unterhaltungen erstaunlich modern, aber dadurch nicht immer passend klingen. Dass sie bewusst schlichter in ihrem Gemüt gehalten sind, ist zu lesen vermutlich weniger störend, als es zu hören. Und auch wie Grag die Krise löst ist in dem zugrunde liegenden Novelet schnell abgehandelt, scheint sich hier aber lange hinzuziehen. Nichtsdestoweniger bietet Pardon My Iron Nerves, so der Originaltitel, ein Wiederhören mit den bekannten Sprechern, von denen insbesondere Hans-Jürgen Dittberner als Captain Future hier aber das Nachsehen hat. Dass die Figur des Hollis Gordon mit Santiago Ziesmer eine so vertraute Stimme besitzt, ist für die Zuhörer außerdem ein Abschiedsbonbon. Denn nach dieser vierteiligen Hörbuchreihe wird es vermutlich kein Zusammentreffen der bekannten Stimmen mehr geben. Dabei hat The Return of Captain Future gezeigt, dass hinter einem solchen Konzept durchaus Potential steckt. Für Kenner der Romane und Kurzgeschichten, bleiben die vier Hörbücher zweifelsohne eine Empfehlung.


Fazit:
Ob man die Kurzgeschichte Nerven aus Stahl nicht hätte flotter erzählen können, sei dahingestellt. Möglichkeiten hierfür würden sich nicht nur im letzten Drittel bieten. Doch sieht man das vierte und letzte Hörbuch der Reihe für sich, ist es überaus unterhaltsam und bringt gleichzeitig ein paar Kernelemente der Geschichte zur Geltung, die aufgeworfen, aber nicht beantwortet werden. Den Sprechern ist es zu verdanken, dass Grags Persönlichkeitskrise nicht zur Farce verkommt, sondern vielmehr als wohlwollende Hommage jener Figuren klingt. Inhaltlich solide, überzeugt auch die Umsetzung dank eines bekannten Sprechers in einer Gastrolle, der dieser mühelos gewachsen ist.
Für Fans stellt sich die Frage nicht, ob dieses Abenteuer ein Pflichterwerb ist, oder nicht. Nicht eingeweihte werden die Story nur schwer annehmen können, auch wenn sich dahinter allgemeingültige Fragen verstecken. Doch lässt man all das außen vor, ist Nerven aus Stahl nicht nur unbeschwert dargebracht, sondern mit Augenzwinkern amüsant erzählt. Dies hört man den Sprechern allzeit an, so dass sich die Atmosphäre auch auf die Zuhörer überträgt, die aus dem Schmunzeln mitunter kaum mehr herauskommen.