Sebastian Fitzek: "Die Therapie" [2006]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 9. September 2017
Autor: Sebastian Fitzek

Genre: Krimi / Drama

Originalsprache: Deutsch
Gelesen in: Deutsch
Ausführung: Hörbuch
Laufzeit: 4 Std. 49 Min. (gekürzte Ausgabe)
Erstveröffentlichungsland: Deutschland
Erstveröffentlichungsjahr: 2006
ISBN (gelesene Ausgaben): nicht bekannt

Sprecher: Simon Jäger


Kurzinhalt:
Als ihn die Erkenntnis übermannt, dass seine 12-jährige Tochter Josy entführt wurde, erleidet der renommierte Psychiater Dr. Larenz einen Zusammenbruch. Auch Jahre später gibt es keine Spur, keine Forderung der Entführer und keine Leiche. Die Ehe des einst erfolgreichen Larenz ist ebenso zu Ende wie seine Karriere, er selbst hat sich zurückgezogen. Bis eines Tages eine unbekannte, schöne Frau vor seiner Tür steht, die behauptet, an einer speziellen Krankheit zu leiden, die nur er therapieren könne. Als sie beginnt, ihre Geschichte zu erzählen, entdeckt Larenz viele Parallelen zum Fall seiner Tochter. Könnte diese Frau der Schlüssel sein? Je mehr die Therapie zum Verhör wird, umso größer wird die Gefahr, dass sich die Patientin zurückzieht – und Larenz nie erfährt, was seiner Tochter widerfahren ist …


Kritik:
Wie viele Psychothriller gibt Die Therapie von Sebastian Fitzek vor schlauer zu sein, als die Geschichte letztendlich ist. Dies beginnt bereits sehr früh, wenn die Frage aufgeworfen wird, ob alles vielleicht ganz anders ausgegangen wäre, hätte man sich an dieser Stelle anders entschieden. Auf eine solche Art und Weise zu erzählen kann gut gehen, wenn die Geschichte überraschend genug ist, um unvorhersehbar zu bleiben. Hier ist sie es leider nicht und so ist die Auflösung unerwartet absehbar.

Im Zentrum steht der Star-Psychiater Dr. Viktor Larenz, der in den ersten Momenten einen Nervenzusammenbruch erleidet, als er feststellen muss, dass seine Tochter Josy spurlos verschwunden ist. Vier Jahre später – er hat inzwischen seine Praxis aufgegeben und sich in das Ferienanwesen auf der Insel Parkum zurückgezogen – sitzt Larenz an der Beantwortung eines Interviews, als die ihm unbekannte Anna Spiegel vor der Tür steht, die auf Grund ihrer einzigartigen Erkrankung von ihm therapiert werden möchte.
Dieser Erzählstrang ist eingebettet in eine weitere Erzählebene, in der Larenz in einem Krankenzimmer erwacht und dem Arzt Dr. Roth schildert, was geschehen ist.

Das klingt etwas verworren, ist im Grunde jedoch nicht kompliziert. Und das, obwohl Anna ihm ihre Geschichte erzählt, in der ein kleines Mädchen verschwunden ist. Wie all das zusammenhängt, sei an dieser Stelle aus verständlichen Gründen nicht verraten. Lediglich, dass sich das Verschwinden von Josy und die seltsamen Vorkommnisse in Viktors Umgebung auf nur wenige Arten und Weisen erklären lassen, von denen sich Fitzek schließlich für die am wenigsten einschneidende entscheidet.
Dass das Schicksal von Viktor – oder Josy – nicht sonderlich berührt, liegt schlicht daran, dass die Figuren nicht vielschichtig ausgebaut sind. Über das Leben der Larenz’ vor dem Verschwinden erfährt man auf Grund des Aufbaus der Geschichte nichts und wenn sich Viktor schließlich der außergewöhnlichen Ereignisse gegenübersieht, fragt man sich, weshalb er nicht selbst die richtigen Schlüsse zieht.

Die Therapie wird von Simon Jäger gelesen, der Hörern allgemein auch als die vertraute Synchronstimme von Schauspieler Matt Damon bekannt ist. Jäger macht seine Sache dabei überaus gut, verstellt nur leicht seine Stimme, je nachdem, welche Figur er spricht und dennoch genug, um sie alle mit einem hohen Wiedererkennungswert zu versehen. Dass er ein paar Figuren mit dem für sie gedachten Dialekt zum Leben erweckt, ist ein willkommenes Detail und lenkt auch nicht vom Geschehen ab.

Thrillerfans werden die Lösung zwar nicht mit allen Details vorhersehen, aber zumindest früh eine starke Vermutung haben, wie sich die Geschichte entwickelt. Dass Autor Fitzek das Ende jedoch nicht durchgängig und mit viel mehr Details vorbereitet, ist bedauerlich.
Es sei jedoch erwähnt, dass es sich beim vorliegenden Hörbuch um eine gekürzte Ausgabe handelt und diese Kritikpunkte bei der ungekürzten Fassung weniger stark ins Gewicht fallen können.
Als leichte Kost eignet sich das Hörbuch für Genreliebhaber durchaus. Es wird nur nicht lange in Erinnerung bleiben.


Fazit:
Was ist mit Josy passiert? Wieso wurde sie entführt und weshalb haben sich die Entführer nie gemeldet? Autor Sebastian Fitzek präsentiert in Die Therapie eine Ausgangslage, die viel mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet. Dazu gehört auch, weshalb nach dem Prolog nicht eine, sondern zwei Zeitebenen aufgebaut werden. Bedauerlicherweise erfährt man über die Figuren so wenig, dass ihr Verlust nie vollends spürbar wird und man als Zuhörer mehr Außenstehender als Teil der Erzählung ist. So wächst das Hörbuch trotz der gelungenen Präsentation durch Simon Jäger und der interessanten Idee nie über sich hinaus und reißt nie vollkommen mit. Wer dem Genre zugetan ist, kann sich zumindest ansprechend unterhalten lassen. Neue Wege beschreitet Die Therapie zwar bedauerlicherweise nicht, bedenkt man allerdings, dass es sich hierbei um den Debütroman des Autors handelt, darf man gespannt sein, wie die nachfolgenden Werke ausfallen.