Hautnah - Die Methode Hill: "Tödliche Falle" [2006]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 27. September 2007
Genre: KrimiOriginaltitel: Wire in the Blood: "Time to Murder and Create"
Laufzeit: 83 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 2006
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Andy Goddard
Musik: The Insects
Darsteller: Robson Green, Simone Lahbib, Mark Letheren, Alan Stocks, Emma Handy, Natalie Anderson, Al Ashton, Aaron Crisp, Jamie de Courcey, Ellie Haddington, Jessica Harris
Kurzinhalt:
Kaum hat sich Tony Hill (Robson Green) von den Folgen der operativen Entfernung seines Gehirntumors erholt, sieht er sich den Schrecken des Alltags gegenüber. Ein auf Grund seines Profils ausfindig gemachter Gewaltverbrecher wird freigelassen, da die Anwälte Zweifel an Hills Zurechnungsfähigkeit während der Ermittlung hegen. Doch statt sich mit Carol Jordan absprechen zu können, muss Tony feststellen, dass sich die Polizistin hat versetzen lassen.
Der erste Kontakt mit ihrer Nachfolgerin, Alex Fielding (Simone Lahbib) gestaltet sich sehr schwierig, möchte diese sich bei ihrem ersten Fall doch selbst behaupten. Dabei untersucht sie den Tod einer jungen Frau, die vor mehreren Jahren verschwunden war. Noch bevor weitere Leichen auftauchen, vermutet Hill bereits einen Serientäter, stößt bei Fielding aber auf Ablehnung.
Der Psychologe muss sich förmlich aufdrängen, um bei der Polizistin Gehör zu finden, auch wenn diese seine Vermutungen über den sadomasochistischen Hintergrund bei den Entführungen nicht teilt – bis erneut eine junge Frau unter ähnlichen Bedingungen verschwindet ...
Kritik:
Ein Vorteil einer Buchreihe mit wiederkehrenden Charakteren ist, dass man sich als Leser die Figuren immer gleich vorstellen kann. Werden sie einmal jünger beschrieben, verändert sich auch das geistige Bild zu einer jüngeren Figur. Dennoch verbirgt sich hinter den geschriebenen Worten immer eine genaue Vorstellung des Lesers, wie der Charakter aussehen soll. Bei einer Filmumsetzung ist dies nicht ganz so einfach, denn wenn einer der Darsteller sich entschließt, anderen Projekten zu folgen (oder gar stirbt), gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Rolle neu besetzen, oder aber die Figur ganz austauschen.
Im Falle der von Hermione Norris gespielten Polizistin Carol Jordan, entschlossen sich die Macher für die zweite Option. Dass die Darstellerin, die inzwischen in anderen Produktionen zu sehen ist, sich ausgerechnet dann für einen Weggang entschied, als die Beziehung zwischen ihrem Charakter und Hauptfigur Tony Hill intensiviert werden sollte, ist umso tragischer. Immerhin versuchen die Autoren, ihr Fehlen im Staffelauftakt des vierten Jahres zu erklären, auch wenn die Begründung für die Zuseher ein wenig dürftig scheint. Im Gegensatz zum eigentlichen Fall, der zwar nicht überrascht, dafür aber routiniert erzählt ist.
Die Ausgangslage ist wie bei Die Methode Hill nicht anders gewohnt, von inneren Konflikten, verborgenen Sehnsüchten und ausgenutztem Vertrauen geprägt, schildert dabei aber verblüffender Weise das aktuelle Opfer erst sehr spät und dann auch kaum im Detail.
Vielmehr konzentriert sich die Untersuchung auf verschwundene Frauen, von denen man als Zuschauer weiß, dass die zuletzt entführte gar nicht mehr am Leben ist. Das somit vom angeschlagenen Tony Hill erstellte Opferprofil soll also nicht nur für das noch gesuchte Opfer gelten, sondern für einen ganzen Frauentypus. Dieser Spagat gelingt nur teilweise und rückt Charaktereigenschaften in den Mittelpunkt, die in dem Maße sicherlich auftreten, hier aber stilisiert und auch ein wenig einseitig erscheinen.
Nichtsdestotrotz bleibt der Fall solide geschildert und stellenweise auch recht spannend. Unterhaltsam wird er allerdings durch die Wortgefechte zwischen Tony Hill und seiner neuen Partnerin Alex Fielding, über deren Hintergrund immerhin schon ein wenig erzählt wird.
Handwerklich scheint auch Regisseur Andy Goddard auf die modernen Unarten der wackeligen Handkamera zu setzen, die schon manche Kinoproduktion kaum erträglich machen. So ist insbesondere das erste Drittel des TV-Films vollkommen verwackelt und mit unnötigen Zooms versehen, die in dem Sinne nicht wirklich dokumentarisch, sondern lediglich reißerisch wirken. Als hätten die Macher ihren Fauxpas erkannt, legt sich die hektische Umsetzung nach 25 Minuten, so dass man zumindest die psychologisch ausgefeilten Unterredungen in Ruhe genießen kann und sich auch die plötzlichen Nahaufnahmen in Grenzen halten. Es ist bedauerlich, dass der Fernsehproduktion nur begrenzte Zeit- und Geldmittel zur Verfügung stehen, denn auch wenn manche Momente durchaus Kinoniveau erreichen könnten, wirken die Perspektiven zu altbekannt, zu gewöhnlich und zu wenig innovativ, um mitreißen zu können.
Nach dem inszenatorischen Patzer zu Beginn kann die Umsetzung aber durchweg überzeugen.
Ebenso die Darsteller, die einmal mehr von einem makellos agierenden Robson Green angeführt werden. Dieser wirkt zwar nicht mehr so zerbrechlich, wie im vorangegangenen Fall, dafür aber so zerstreut wie eh und je. Zweifelsohne hinterlässt Hermione Norris an seiner Seite eine große Lücke, bei der sich Simone Lahbib merklich Mühe gibt, in die Fußstapfen zu treten. Bislang darf sie zu wenig zeigen, um sich ein endgültiges Bild machen zu können, ihr zuzusehen, wie sie sich in dem meist von Männern dominierten Job behauptet und ihre Vorgehensweise rechtfertigt, lässt allerdings auf eine gute Charakterentwicklung hoffen.
Im Vergleich dazu haben sowohl Mark Letheren, als auch Emma Handy recht wenig zu tun, machen ihre Sache aber wie gewohnt gut. Ebenso Natalie Anderson, die mit bedeutend weniger Dialog auskommen muss, als ihre Kollegen.
Eingerahmt wird die Besetzung wie gewohnt durch stimmungsvolle, sehr atmosphärische und kaum bemerkbare Musik von The Insects, die der Methode Hill seit jeher ihre unheimliche Stimmung verleihen.
Was nach knapp eineinhalb Stunden bleibt ist ein durchweg gut geratener, doch weder auf Grund der Story, noch der Charaktermomente wirklich außergewöhnlicher Krimi, der sich viel Zeit damit lässt, die neue Ermittlerin vorzustellen, ohne aber Hauptfigur Hill zu vernachlässigen. Interessant wäre vielleicht auch ein anderer Ansatz gewesen, bei dem der Fall gänzlich aus der Sicht von DI Fielding gezeigt worden wäre. Doch so mutig scheinen die Autoren leider nicht zu sein.
Fazit:
Dass sich auch Tödliche Falle auf Grund der Thematik bereits an ein erwachsenes Publikum richtet, steht außer Frage. Und doch halten sich die Macher hier erfreulich im Zaum, was die Gewaltdarstellung angeht. Die Geschichte selbst wirkt dabei zwar nicht neu, aber zumindest nicht übermäßig Klischee beladen, auch wenn man sich als Zuseher eindeutig mehr Überraschungen versprochen hätte. Die Schwierigkeit einer länger andauernden Krimireihe liegt einfach darin, dass man als Stammzuseher auch im Staffelauftakt von Die Methode Hill nach der Hälfte der Zeit den Täter schon erahnt hat.
Die Spannung bleibt somit leider auf der Strecke, auch wenn die Unterhaltungen zwischen Tony Hill und seiner neuen Kollegin Alex Fielding durchaus interessant sind und spätestens beim Tony-typischen Neuanordnen der Tafel im Polizeihauptquartier, um die Zusammenhänge zwischen den Opfern herzustellen, die gewohnte Stimmung aufkommt. Allerdings sollten sich die Macher ins Zeug legen, um nicht vom Schicksal manch anderer Krimireihen ereilt zu werden – denn wenn man beginnt, bei sich selbst abzukupfern, sollte man die Ermittler lieber in Rente schicken.
So weit ist es zum Glück aber (noch) nicht.