Fringe: Grenzfälle des FBI – Staffel 2 [2009 / 2010]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 30. Dezember 2020
Genre: Science Fiction / Action / Thriller

Originaltitel: Fringe: Season 2
Laufzeit: 964 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2009 / 2010
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Akiva Goldsman, Brad Anderson, Bryan Spicer, Joe Chappelle, Paul Edwards, Jon Cassar, Dennis Smith, Paul Holahan, Jeannot Szwarc, Frederick E. O. Toye, Deran Sarafian, Adam Davidson, Charles Beeson, David Straiton, Thomas Yatsko, Jeffrey Hunt, Seith Mann
Musik: Chris Tilton, Michael Giacchino, J.J. Abrams (Thema)
Besetzung: Anna Torv, Joshua Jackson, John Noble, Lance Reddick, Jasika Nicole, Blair Brown, Kirk Acevedo, Michael Cerveris, Ryan McDonald, Leonard Nimoy, Sebastian Roché, Kevin Corrigan, Ari Graynor, Lily Pilblad, Orla Brady, Meghan Markle


Kurzinhalt:

Nach ihrer Rückkehr kann sich FBI-Agentin Olivia Dunham (Anna Torv) nur bruchstückhaft an ihre Begegnung mit Dr. William Bell (Leonard Nimoy) erinnern. Doch sie weiß, dass er sie vor einer drohenden Katastrophe warnte, die in Zusammenhang mit Thomas Jerome Newton (Sebastian Roché) steht. Der kommt seinem Ziel indes immer näher, das auf untrennbare Weise mit Dr. Walter Bishop (John Noble) verbunden ist. So sehr sich Walter unterdessen über die Wiederannäherung zu seinem Sohn Peter (Joshua Jackson) freut, sein Geheimnis droht zunehmend ans Licht zu kommen. Während die „Fringe“-Abteilung auch nach scheinbarer Zerschlagung der Ziele des „Schema“ unerklärlichen Fällen auf die Spur kommt, geraten Olivia, Peter und Walter zunehmend ins Visier von neuen und alten Gegnern, deren Absichten sie nicht einmal kennen …


Kritik:
Nach einem Cliffhanger, der das Publikum ins Mark traf und viele neue Fragen stellte, kehren die Macher in Staffel 2 von Fringe: Grenzfälle des FBI mit zahlreichen Antworten zurück, sofern man sich auf die durchgehende Erzählung der Hintergrundgeschichte einlässt. Das bedeutet nicht, dass keine neuen Fragen gestellt würden. Doch es fällt zugegebenermaßen schwer, sich an sie alle zu erinnern angesichts des enorm hohen Erzähltempos der meisten Episoden. Für Genrefans gibt es dabei viel zu entdecken.

Wie gehabt, steht im Zentrum der Erzählung die Abteilung „Fringe“ des FBI, die sich mit Fällen beschäftigt, die jenseits des Erklärbaren liegen. Geleitet von dem brillant zurückhaltenden Phillip Broyles, liegt es an Agentin Olivia Dunham, zusammen mit den zivilen Beratern Dr. Walter Bishop und dessen Sohn Peter, die Fälle zu lösen. Staffel 1 beschäftigte sich mit zahlreichen Themen, deren Episoden von einer größeren Hintergrundgeschichte zusammengehalten wurden. Immerhin standen die einzelnen Fälle meist im Zusammenhing mit dem sogenannten „Schema“. Diese Story-Arc wurde zum Ende der ersten Season eindrucksvoll abgeschlossen, so zumindest der Anschein. Staffel 2 widmet sich bei der ebenfalls weitererzählten Hintergrundgeschichte Walters Sohn Peter. Dass er etwas Besonderes ist, wurde im ersten Jahr immer wieder angesprochen. Weshalb dem so ist, wird Stück für Stück ergründet und gleichzeitig Walter als Figur weiter ausgebaut.

Diese zusammenhängend erzählte Hintergrundgeschichte, die in den einzelnen Episoden anfangs nur zögerlich vorangebracht wird, nimmt beinahe die gesamte zweite Hälfte der zweiten Season ein. Dann greifen die Macher (endlich) auch die losen Enden des Finales des Vorjahres auf und erzählen eine große Story, die – Serienkenner wird dies nicht überraschen – erneut in einem Cliffhanger endet. Der Weg dorthin ist anfangs jedoch bedauerlicherweise wenig mitreißend. So rasant der Staffelauftakt gerät, dessen Erzählung beinahe den Anschein erweckt, man habe eine Episode zuvor verpasst, was folgt sind „Monster der Woche“-Episoden, die jeweils nur ein Puzzlestück beinhalten und trotz der handwerklich ordentlichen Umsetzung nur wenig begeistern. Ab der Episode „Jacksonville“ allerdings, stellen die Macher auf eine durchgängige Erzählung um und widmen sich der eigentlichen Hintergrundgeschichte, die auch die losen Enden des vorigen Staffelfinales wieder aufgreift. Was das Publikum dann erwartet, ist packend, faszinierend und so gelungen umgesetzt, dass die schleppende erste Hälfte von Staffel 2 schnell verziehen ist.

Worauf sich die Fringe-Macher stets verlassen können, ist die fantastische Besetzung der Serie. Angeführt von Anna Torv und Joshua Jackson, ist es erneut John Noble, der für zahlreiche Gänsehautmomente sorgt. Seine Darbietung des brillanten Wissenschaftlers, der an einfachen Alltagsaufgaben zu verzweifeln droht oder trotz der skrupellosen Experimente, die er in der Vergangenheit durchführte, nach 17 Jahren in einer Nervenheilanstalt geradezu hilflos wirkt, ist weiterhin das Highlight der Serie. Gibt die Serie Einblick in die Person, die Walter Bishop vor dieser Zeit gewesen ist, kann Noble zudem seine Wandlungsfähigkeit demonstrieren. Dass auch andere Figuren wie Broyles, Nina Sharp oder die Beobachter in den Fokus gerückt werden, lässt das Potential jener Charaktere sowie ihrer Darstellerinnen und Darsteller erkennen. Man kann nur hoffen, dass die Macher ihnen in den kommenden Jahren erneut Gelegenheit geben, zu glänzen.

Handwerklich bleibt Fringe Staffel 2 auf gewohnt hohem Niveau. Zwar sind Actionmomente wie zuvor sehr hektisch geschnitten, dafür verabschiedet sich die Serie glücklicherweise von den störenden Lichtblitzen am Bildschirmrand. Die Trickeffekte sind für eine Fernsehproduktion der damaligen Zeit beeindruckend, die Maskenarbeit nicht zuletzt bei Walters Tagesgeschäft, das sich oftmals um Leichen dreht, so überzeugend wie unappetitlich. Wie gut beides zusammenspielt, beweist unter anderem das Staffelfinale, das zwar auf zwei Episoden aufgeteilt ist, jedoch mühelos als Spielfilm funktioniert.

Wer die Heimvideoausgabe der Serie besitzt, sollte beachten, dass die 11. Folge der zweiten Staffel, „Besessen“, nur als Special Feature enthalten ist. Ursprünglich im Rahmen der ersten Season produziert, wurde die Folge inmitten der zweiten Staffel seinerzeit ausgestrahlt. Sie hat keinen Bezug zur großen Hintergrundgeschichte und beschäftigt sich mit einem Mystery-Fall der Woche. Tatsächlich ist dies die schwächste Episode von Staffel 2, was nicht daran liegt, dass auf Grund der Ausstrahlungsreihenfolge hier eine Figur zu sehen ist, die an sich bereits aus der Serie ausgeschieden war. Vielmehr ist die Geschichte selbst für Fringe-Verhältnisse hanebüchen und die Präsentation samt Erzählfluss nicht auf dem Niveau der übrigen Episoden. Dass sich die Figuren außerdem unnatürlich verhalten und äußern, rundet den unfertigen Eindruck ab. Fans der Serie können hier einschalten, alle anderen verpassen nichts von Bedeutung.

Trotz der eher behäbigen ersten Hälfte überzeugt Staffel 2 dank der durchgehenden Geschichte und ihrer packenden Ideen. Damit distanzieren sich die Macher weiter von den Vergleichen mit anderen Mystery-Serien wie Akte X - Die unheimlichen Fälle des FBI [1993-2002] und etablieren Fringe als eine der besten Science Fiction-Serien jener Zeit. Doch liegen die besten und schwächsten Momente der Season dicht beieinander und man kann nur hoffen, dass den Machern künftig ein gleichbleibend hohes Niveau gelingt, wie es die letzten Episoden verheißen. Vielversprechend genug ist der Blick, den die Serie hier wagt, allemal.


Fazit:
So temporeich der Staffelauftakt nach dem Finale des vorangegangenen Jahres ist, die Episoden, die darauf folgen, können weder das Tempo, noch das Staunen beibehalten, welches das Publikum zu Beginn mitbringt. Es ist beinahe, als würden die Fringe-Macher versuchen, mit einzelnen Geschichten, die nur am Rande die eigentliche Hintergrundstory voranbringen, Gelegenheitszuschauerinnen und -zuschauer ansprechen wollen. Erst in der zweiten Hälfte von Staffel 2, wenn sich die Macher ausgiebig und ausschließlich mit ihrer Story-Arc beschäftigen, gelingt es ihnen auch, das Publikum mitzureißen. Diese Episoden machen viel wieder wett, können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das erzählerische Niveau nicht über das gesamte Jahr gehalten wird. Handwerklich durchgehend gelungen und stellenweise schlicht packend, ist es erneut die Besetzung und das Schicksal der Figuren, das den großen Reiz der Serie ausmacht. Zu sehen, wie die Storyfäden beim großen Finale zusammengeführt werden, auch Teile der ersten Season aufgegriffen werden, ist ein Fest für Genrefans. Der Cliffhanger, so verheißungsvoll er ist, ist zwar nicht in dem Maße offen, wie noch im Jahr zuvor, doch ist das kein Kritikpunkt. Die letzten Folgen von Fringe: Grenzfälle des FBI – Staffel 2 sind tolle Science-Fiction-Unterhaltung und öffnen die Tür für viele Möglichkeiten. Man darf gespannt sein, welche Richtung die Serie hiernach einschlagen wird.