David Mack: "Star Trek Destiny (Buch III): Verlorene Seelen" [2008]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 09. August 2009
Autor: David Alan MackGenre: Science Fiction / Action / Drama
Originaltitel: Star Trek Destiny (Book III): Lost Souls
Originalsprache: Englisch
Gelesen in: Englisch
Ausgabe: Taschenbuch
Länge: 444 Seiten
Erstveröffentlichungsland: USA
Erstveröffentlichungsjahr: 2008
Erstveröffentlichung in Deutschland: noch nicht erschienen
ISBN-Nr. (gelesene Ausgabe): 978-1-4165-5175-1
Kurzinhalt:
Alle Maßnahmen von Captain Picard und Captain Dax waren vergebens: die Invasion der Borg im Föderationsraum hat begonnen. Die flotte der unheilbringenden Kuben lässt keinen Zweifel daran, dass die Borg dieses Mal nichts dem Zufall überlassen werden. Auf ihrem Weg zu den verschiedensten Planeten der Föderation zerstören sie zahllose Welten und töten unzählige Wesen. Weit abgeschlagen und schwer beschädigt fehlt sowohl der Enterprise wie auch der Aventine ein Plan, mit dem die Borg überhaupt aufgehalten werden können.
Als die Titan urplötzlich mit einer geheimnisvollen Besucherin an Bord auftaucht, ersinnt Dax einen Plan. Captain Riker, der von seiner Entscheidung zerrissen wird, ein Außenteam in den Händen der Caeliar zurückzulassen, unterstützt Dax tollkühnen Plan. Nur Picard, von der durch die Borg verursachten Zerstörung zermürbt und demoralisiert, stemmt sich dagegen. Für ihn scheint einzig eine verheerende Waffe die letzte Möglichkeit, die Borg zu vernichten. Er weiß, was es ihn kosten würde: seine Seele. Ob sein Plan Erfolg haben wird, steht ebenso in den Sternen. Unterdessen walzt die Armada der Borg unaufhaltsam zum Kern der Föderation vor und hat die Erde fest im Visier ...
Kritik:
Es hieß im Vorfeld bereits, dass die Trilogie Star Trek Destiny allen anderen Borg-Geschichten ein Ende bereiten würde. Das mag man sicherlich für ein großes Versprechen halten, und für ein ebenso unerfüllbares. Bis man in etwa die Hälfte des dritten Romanes, Lost Souls, gelesen hat. Dann, wenn die Story um die auf einem weit entfernten Planeten abgestürzte Stadt der Caeliar vor mehr als 6.000 Jahren Fahrt aufnimmt und das Drama um die Figuren sich entfaltet, wird klar, worauf Autor David Mack hinarbeitet. Mehr zu verraten wäre den Lesern gegenüber nicht fair und man darf dem Autor gratulieren, dass es ihm gelingt, einem vor nunmehr 20 Jahren im TV eingeführten Feind der Figuren im Star Trek-Universum neues Leben einzuhauchen. Dass dabei die in der Vergangenheit erzählte Story mehr interessiert, als die sich vor den Augen der Titan-, Aventine- und Enterprise-Crews abspielende Tragödie, mag im ersten Moment zwar verwunderlich erscheinen, beschreibt jedoch, wo die Schwierigkeiten bei der Erzählung liegen.
Die Borg legen ganze Welten in Schutt und Asche, eine riesige Armada bahnt sich unaufhaltsam ihren Weg durch den Raum der Föderation und vernichtet Raumschiffe, Planeten und Sternenbasen in einer Erbarmungslosigkeit, dass einen als Leser lediglich die erwähnten Zahlen der Todesfälle noch schockieren. Kaum ein Autor durfte sich im Franchise bislang die Freiheit herausnehmen, so viele grundlegende Änderungen durchzuführen und bekannte Planeten bis zur Unkenntlichkeit verwüsten. Was David Mack hier beschreibt, soll zumindest in den kommenden Romanen berücksichtigt werden, auch wenn sich das Filmstudio nur an diejenigen Änderungen hält, die auch auf Celluloid gebannt wurden.
Doch so groß die Zerstörung auch ist, so schrecklich die Dramen, die die jeweiligen Figuren durchleben, an ihnen liegt es, den Horror auch für den Leser begreiflich zu machen. Wenn allerdings in regelmäßigem Abstand aus der Sicht von bis dahin unbekannten Personen die Zerstörung eines Planeten oder einer Raumschiffarmada geschildert wird, ist jedem Leser klar, wie die jeweilige Situation enden wird – nur Mitgefühl entwickelt man dabei kaum, immerhin sind die Charaktere erst seit einer Buchseite bekannt. Anders sieht es aus, wenn etablierte Figuren, beispielsweise Crewmitglieder der Enterprise, in dem Desaster Familienangehörige verlieren oder ihre Heimat dem Erdboden gleich gemacht wird. Dann trifft Mack genau ins Mark des Lesers und erschüttert durch glaubhafte Schilderungen einer kaum begreiflichen Zerstörung.
Was die Borg dabei antreibt, statt zu assimilieren nur noch zu verwüsten, diese Antwort liefert der Roman nicht so plump, wie manche Leser dies vielleicht erwarten würden. Vielmehr muss man sich den wahren Grund zwischen den Zeilen herauslesen. Genau dann allerdings, verblüfft er durch einen Hintersinn, der sogar manchen Episoden der verschiedenen Serien eine tiefere Bedeutung verleiht. Die Motivation der Borg, nach ihrer ersten Begegnung die Erde immer wieder ins Auge zu fassen, wird endlich definiert und das, ohne dass die Antwort auf diese Frage platt oder unzureichend wäre. David Mack gelingt es, die Borg zu erklären, ohne sie zu entmystifizieren. Gleichzeitig schildert er, wie jede einzelne Drohne im Kollektiv unterjocht und ihrer Persönlichkeit beraubt wird. Was man bis dahin in Bildern nur grob veranschaulichen konnte, wird nun auf eine persönliche und erschütternde Weise beschrieben und weckt ein Gefühl dafür, wie traurig und zermürbend die Existenz für ein assimiliertes Individuum sein muss.
Der Fokus wird vom Autor auf eine kaum spürbare Weise auf die Borg gelenkt und kleidet die "alten Feinde" in ein neues Licht. So gelungen dabei auch die Figur von Erika Hernandez ausfällt, so unwirklich erscheint ausgerechnet Jean-Luc Picard im letzten Trilogie-Roman. Seine Entscheidungen machen keinen rechten Sinn und die gesamte, fruchtlose Nebenhandlung um die in Star Trek: Nemesis [2002] vorgestellte Thalaron-Strahlung, die hier als Waffe gegen die Borg eingesetzt werden soll, wirkt wie ein Versuch, Picard überhaupt irgendwie in die Geschichte einzubinden. Die Hauptaufgaben fallen der Crew der Aventine zu, die durchaus Potential besitzt, in eigenen Romanen erfolgreich weiterzuleben.
Bis es allerdings soweit ist, müssen sich die drei Crews und die Föderation insgesamt in einigen Feuergefechten gegen die Borg behaupten und insbesondere eine Actionsequenz an Bord eines Borgschiffes verblüfft durch innovative Einfälle, die man so auch in keiner Serie bislang zu sehen bekam. Erst, wenn die Trilogie zum Abschluss kommt, erhält man als Leser einen Einblick in die Hintergrundgeschichte, die Autor David Mack sich ausdachte, um ein solches Mammutprojekt zu rechtfertigen. Nichtsdestotrotz hätte man einige Nebenhandlungen herausnehmen können, ohne der Geschichte selbst zu schaden und nicht alle Figuren sind durchweg treffend beschrieben.
Doch wenn endlich klar wird, welche Rolle die Caeliar überhaupt spielen, Erika Hernandez ihr Schicksal erkennt und sich für den Leser die Zusammenhänge herstellen, sieht man über die Makel des Romans gern hinweg. Und auch der Fauxpas um Picards Charakterisierung wird im stimmungsvollen und treffenden Epilog wieder wett gemacht.
Fazit:
Allein die letzten sieben Seiten verdeutlichen, wie vertraut Autor David Mack mit den Figuren der unterschiedlichen Serien ist. Und die letzten Absätze, in denen der kahlköpfige Sternenflottencaptain über seine Zukunft sinniert, heben das Buch über viele Vertreter des Genres hinweg. Dann ist auch vergessen, wie unkoordiniert manch andere Charaktermomente bis dahin wirken. Der Buchtitel ist zu übersetzen mit "Verlorene Seelen" und könnte treffender nicht sein. Wie hier die Hintergründe eines der beeindruckendsten und Furcht erregendsten Feinde der Menschheit im Trek-Universum aufgeklärt werden, ist nicht nur verblüffend sondern fesselnd.
Die übrige Geschichte hätte man straffen können und auch das Zusammenspiel der drei Crews beim Finale hatte ich mir ausgewogener vorgestellt. Und doch fasziniert Lost Souls durch viele einfallsreiche Ideen, eine Vielzahl an Figuren und serienübergreifende Zusammenhänge, die hier zu einer insbesondere ab der Hälfte episch anmutenden Geschichte verknüpft werden. Damit gelingt dem Autor nicht nur eines der ambitioniertesten Projekte im Franchise, sondern ein überaus lesenswertes. Und wenn der Verlag die Trilogie mit den großen Worten ankündigte, dass sie das Universum, wie Fans es kannten für immer verändern würde, haben sie nicht übertrieben. Ob einem jeden Fan die Änderungen gefallen werden, sei dahingestellt. Doch sind sie mutig und frischen ein (in jener Zeitlinie) gewissermaßen eingefahrenes Franchise wieder auf, das insbesondere im Trilogieabschluss zur Hochform aufläuft.