James BeauSeigneur: "Acts of God (Messias-Trilogie)" [1998]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 16. März 2009
Autor: James BeauSeigneur

Genre: Fantasy / Science Fiction / Horror / Drama

Originaltitel: Acts of God: Book Two of The Christ Clone Trilogy
Originalsprache:
Englisch
Gelesen in: Englisch
Ausgabe: Taschenbuch
Länge: 434 Seiten
Erstveröffentlichungsland: USA
Erstveröffentlichungsjahr: 1998
Erstveröffentlichung in Deutschland: noch nicht erschienen
ISBN-Nr. (gelesene Ausgabe): 0-9656948-4-4


Kurzinhalt:
Nachdem Christopher Goodman die Schreckensherrschaft der Unheil bringenden Propheten beendet hat, kehrt auf der Welt eine Zeit des Friedens ein. Nun, da Christophers Geheimnis gelüftet ist, bleibt es Decker Hawthorne als Pressesprecher des UN-Generalsekretärs – ein Posten, der Christopher einstimmig verliehen wird – überlassen, seine Lehren über das Neue Zeitalter der Menschheit der Bevölkerung zu vermitteln. Während die Menschheit erblüht und selbst die Erde sich zu erholen scheint, regen sich bei den Menschen ungeahnte Fähigkeiten. Visionen, Telepathie, Telekinese und andere Begabungen sprechen dafür, dass Christopher über die nächste Evolutionsstufe Recht behalten hat.
Doch fundamentalistische Gläubige predigen vom kommenden Zorn Gottes, und in die Zufluchtstadt Petra von Scott Rosen entführt, wird Decker begreiflich gemacht, dass nicht alle geflohenen Gottgläubigen jenem Feindbild entsprechen, das Christopher in den Köpfen der Weltbevölkerung entstehen lässt. Während in Babylon eine neue Welthauptstadt ersteht, wird die Erde erneut von Plagen heimgesucht, die laut Goodman von den Fundamentalisten heraufbeschworen wurden. So fällt, als die Zahl der Opfer in die Millionen steigt, die Entscheidung nicht schwer, mit Gewalt gegen all diejenigen vorzugehen, die ihren Glauben ausleben – oder sich überhaupt zu Gott und gegen Christopher und das Neue Zeitalter bekennen.
Damit erfüllt sich eine von Rosens Voraussagen für Decker, dem nun Zweifel an Christophers Absichten kommen. Es scheint, als hätte Decker selbst geholfen, den Untergang der Menschheit zu besiegeln ...


Kritik:
Wer bis zum Beginn des letzten Drittels von Acts of God, dem dritten Buch der Messias-Trilogie (oder Christ Clone Trilogy) noch Zweifel an der Glaubenseinstellung des Autors hat, wird spätestens dann seine Fragen beantwortet bekommen. James BeauSeigneur nimmt sich in der Auflösung der knapp 1000 Seiten umspannenden Fantasy-Buchreihe die Beschreibungen der christlichen Bibel in einer wörtlichen Auslegung als Grundlage und baut darauf eine Vision vom Ende dieser und dem Beginn der nächsten Welt auf, die mindestens ebenso viele Leser abschrecken wie für sich gewinnen wird.
Denn während streng gläubige Christen in den ausgeführten Beschreibungen an sich einen blasphemischen Akt sehen werden, verlieren diejenigen ohne feste Glaubensbindung trotz der zuvor sehr übersinnlich angehauchten Geschichte am Schluss den Bezug zur Story. Wer sich allerdings offen auf die detailreichen und in der Bibel untermauerten Schilderungen einlässt, wird das Ende von Acts of God als das sehen, was es sein soll: Eine zu Papier gebrachte Vision eines Autors, der sich so das Leben nach dem Tode vorstellt. Doch bis es soweit ist, wartet der Trilogieabschluss mit einigen Überraschungen auf – und einer Reihe von Gewaltdarstellungen, die nicht so recht ins Bild passen wollen.

Der große Twist der Story wird im ersten Akt des Romans bereits vorbereitet, wenn sich auch dem Leser die ganzen Auswirkungen der "New Age"-Bewegung erschließen und die damit einhergehende Herabsetzung der moralischen Richtlinien der Bevölkerung. Zu behaupten, dass die Verbrechensrate seit Anbeginn jenes neuen Zeitalters rapide zurückgegangen sei, wenn man viele Vergehen nicht mehr als Verbrechen deklariert, ist sicherlich eine geeignete Methode, um sich die Statistiken schönzureden. Doch ob jener Werteverfall, dem BeauSeigneur die Menschheit unterwirft, wenn sie ohne den mäßigenden und einschüchternden Einfluss der Religion sich selbst überlassen ist, wirklich realistisch ist, sei dahingestellt. Insbesondere, wenn man sich vor Augen führt, welche Gräueltaten früher wie heute im Namen der verschiedensten Glaubensrichtungen begangen wurden und immer noch werden.
Im Gegensatz zu anderen Autoren unterstreicht James BeauSeigneur somit nicht nur die Notwendigkeit der Religion als moralische Instanz der Gesellschaft, sondern interpretiert bis zum letzten Moment sehr wörtlich, wie sich laut der christlichen Bibel der Kampf zwischen Himmel und Hölle abspielen wird, beziehungsweise diese Welt zu Ende geht.
Bis es jedoch soweit ist wird ein Großteil der Menschen vom Bösen in Versuchung geführt, während sich die verschwindende Minderheit der gottesfürchtigen Weltbevölkerung in einer Art und Weise dezimieren lässt, dass einem allein bei der Vorstellung mulmig zumute wird. Insofern mag man die verschiedenen Plagen und ihre Auswirkungen auf die Opfer ebenso nachvollziehen, wie die Sanktionen, die gegen die vermeintlichen Verursacher, die hohen Priester und überzeugten Gottesanbeter, verhängt werden. Doch wenn von einer Weltregierung urplötzlich ein Genozid angestoßen wird, der alles bisher Dagewesene übertrifft, und diese Entscheidung auch von der Bevölkerung getragen wird, verliert man als Leser den Bezug zum vermeintlichen Heilsbringer Christopher Goodman. Und gewissem Sinne auch zu Decker Hawthorne, der vom ersten Moment der Buchreihe an als Identifikationsfigur für den Leser fungierte, und der Christophers Entscheidungen und Handlungen seit jeher mittrug. Insofern findet die Argumentation, die Decker bei seiner Entführung nach Petra präsentiert wird, einen fruchtbaren Boden beim Leser, der sich in jener Beschreibung des Neuen Zeitalters ohnehin nicht zurechtfand. Bis es jedoch soweit ist, dass man den wahren Hintergrund jener Behauptungen Scott Rosens erkennt, dauert es eine ganze Weile, in der die Welt erneut einer Reihe von Plagen unterworfen wird, die nicht weniger gravierend ausfallen, als jene erschütternden Katastrophen, die man in Birth of an Age [1997] miterleben musste.

Was Autor James BeauSeigneur dabei außergewöhnlich gut gelingt ist die Verknüpfung jener realistisch beschriebenen Ereignisse mit den zahlreichen in Fußnoten aufgeführten Hintergrundbelegungen. Die drei sprachlichen Höhepunkte von Acts of God findet man dabei einerseits im seitenlangen Gespräch zwischen Hawthorne und Rosen im ersten Drittel, der Plage der Dunkelheit in der Mitte des Romans, die in der Tat mehr als beängstigend beschrieben ist, und in der klärenden Auseinandersetzung zwischen Christopher und Decker, die inmitten des Gesprächs eine unerwartete Wendung nimmt.
Bis zu jenem Moment überzeugt der Abschluss der Trilogie auch durch die sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema des christlichen Glaubens, der bei genauerer Betrachtung allerdings ebenso wenig faktisch beweisbar ist, wie irgendeine andere Religion. Nichtsdestotrotz finden Interessenten hier eine Vielzahl von Verweisen auf die Kernthemen jener Glaubensgemeinschaft, wie sie am ursprünglichsten in der Bibel festgehalten sind. Einzig die letzten 20 Seiten dürften selbst für gläubige Leser schwer nachzuvollziehen sein, auch wenn BeauSeigneur hier erneut mit biblischen Belegen aufwartet. Sie runden eine Trilogie ab, die sich über die ersten beiden Bücher hinweg auch an eine Fantasy-Leserschaft richtet, jedoch zum Schluss hin eher von christlichen Lesern angenommen werden dürfte.
Am dramaturgischen Aufbau wie am Ideenreichtum und der sehr weltlichen Umsetzung ist auch nichts auszusetzen, außer dass der beschriebene Gewaltgrad insbesondere im letzten Drittel so stark zunimmt, dass man manche Stellen am liebsten überblättern würde.


Fazit:
Wenn man es auf eine trotzige Art und Weise zusammenfassen möchte, könnte ich sagen, ich fühle mich nach Acts of God um eine mir in Aussicht gestellt Auflösung betrogen. Es mag sein, dass die Storywendung, die Autor James BeauSeigneur zuerst vorbereitet und immerhin 200 Seiten später erst zum Abschluss bringt, bereits angesichts der zahlreichen biblischen Belege der ersten beiden Bücher absehbar war, doch habe ich mich als Leser unvoreingenommen auf die Romanreihe eingelassen und hatte mir nach den Ankündigungen, der verheißenen, neuen Evolutionsstufe der Menschheit im zweiten Buch, meine eigenen Vorstellungen dessen zurechtgelegt, was die Menschheit in Zukunft erwarten könnte.
Doch jene Ansichten teilt der Autor nicht mit den Lesern. Vielmehr schwenkt BeauSeigneur um auf einen anderen Kurs, der religiöse Leser sicherlich schon allein deswegen ansprechen wird, weil die sehr wörtlich umgesetzte Endzeitvision ihre Grundlagen aus der christlichen Bibel nimmt. Doch hatte ich schlichtweg eine andere Auflösung erwartet. So allerdings hält Acts of God einige Überraschungen bereit. Und wer die Glaubensrichtung des Autors teilt wird sicherlich auch Trost und Zuversicht aus den Beschreibungen ziehen.
Bekehren oder überzeugen wird die Messias-Trilogie (und unpassender könnte der deutsche Titel gar nicht sein) aber sicherlich niemanden.