Red One – Alarmstufe Weihnachten [2024]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 6. November 2024
Genre: Fantasy / ActionOriginaltitel: Red One
Laufzeit: 123 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Jake Kasdan
Musik: Henry Jackman
Besetzung: Dwayne Johnson, Chris Evans, Lucy Liu, J. K. Simmons, Kiernan Shipka, Bonnie Hunt, Reinaldo Faberlle (Stimme), Kristofer Hivju, Nick Kroll, Wesley Kimmel, Mary Elizabeth Ellis, Jenna Kanell
Kurzinhalt:
Den Glauben an den Weihnachtsmann hat Hacker und Kopfgeldjäger Jack O’Malley (Chris Evans) schon vor 30 Jahren als Kind verloren. Umso mehr reibt er sich die Augen, als er von einer Spezialeinheit um Zoe Harlow (Lucy Liu) und Callum Drift (Dwayne Johnson) in Gewahrsam genommen und beauftragt wird, ihn zu finden – den Weihnachtsmann, „Nick“ Santa Claus (J. K. Simmons). Der wurde aus der streng bewachten Basis am Nordpol entführt und da Jack der beste Fährtensucher ist, soll er Nick finden, damit Weihnachten wie geplant in zwei Tagen stattfinden kann. Aber nicht nur, dass die Entführer kein Lösegeld verlangen, im Hintergrund wird ein noch viel finstererer Plan vorbereitet, der Weihnachten für alle Menschen für immer verändern könnte. So beginnen Jack und Cal ihre Suche und wissen doch gar nicht, mit wem sie es zu tun haben …
Kritik:
Jake Kasdans Red One – Alarmstufe Weihnachten nimmt seine überzogene Grundidee mit einer geradezu erfrischenden Offenheit an, so dass die überraschend fantasylastige, actionreiche Geschichte über weite Strecken nicht nur besser unterhält, als erwartet, sondern unerwartet stimmig klingt. Wäre es nicht um die mitunter geradezu abschreckend offensichtlichen Trickeffekte und das erzwungene Bombastfinale, könnte dies ein beinahe sicherer Weihnachtstipp sein. So eignet er sich wenigstens für ein junges Publikum.
Die Erzählung beginnt mit einem kurzen Rückblick, in dem ein junger Jack O’Malley seinen Cousins offenbart, dass es keinen Weihnachtsmann gibt, da er „dessen“ Geschenke im Schrank seines Onkels entdeckt hat. 30 Jahre später ist Jack häufiger unter seinem Pseudonym „Der Wolf“ bekannt. Für den Meistbietenden bietet er in finsteren Kanälen des Internets seine Dienste als Kopfgeldjäger oder Hacker an, während er seine Schulden ebenso vernachlässigt wie seinen Sohn, den er kaum sieht. Währenddessen bereitet sich der tatsächliche Weihnachtsmann, Santa „Nick“ Claus, auf das in zwei Tagen stattfindende Weihnachtsfest vor. Am Nordpol ist Callum „Cal“ Drift für die Sicherheit verantwortlich, aber weder er, noch die Direktorin der internationalen Organisation MORA, Zoe Harlow, die für den Schutz der mystischen Welt verantwortlich ist, können verhindern, dass Nick entführt wird. Außer Stande, den Weihnachtsmann ausfindig zu machen, wenden sie sich an Jack und es beginnt eine Suche rund um den Globus, in der realen wie in der mystischen Welt.
Die Spannung bezieht die Geschichte verständlicherweise aus dem Umstand, dass die Zeit äußerst knapp ist, denn ohne den Weihnachtsmann fällt Weihnachten aus. Niemand kann, wie es Cal Jack erklärt, das tun, was Nick tut, der in der Weihnachtsnacht 430 Millionen Kalorien verbrennt, wenn er abermillionen Haushalte aufsucht, um Geschenke zu verteilen. Aber nicht nur, dass Red One, so auch der Codename für Santa Claus, noch eine weitere Bedrohung für die Menschen vorstellt, die sich auf das Weihnachtsfest freuen, Regisseur Kasdan erschafft ein unerwartet umfangreiches Fantasyuniversum, das nicht nur Folklore verschiedener Herkunft umspannt, sondern sogar weiter geht, als die Sage vom Weihnachtsmann selbst. Inwieweit es hierzu passend sein mag, dass gekämpft und geflucht wird, sei dahingestellt. Ein nicht mehr ganz junges Publikum kann dabei dennoch durchaus seinen Spaß haben und sich vielleicht sogar weitere Geschichten in diesem Universum vorstellen.
Dass dies funktioniert, ist der Besetzung zu verdanken, von der Chris Evans mit einer gelungenen Mischung aus Skepsis und Erstaunen die Sicht des Publikums verkörpert, wenn er mit dieser fremden Welt konfrontiert wird. Dies gelingt so gut, dass man sich fragt, ob es nicht besser gewesen wäre, die ganze Geschichte an seiner Seite zu entdecken, anstatt zuvor bereits in die mystische Welt von Nick und Cal einzutauchen. Dessen Zweifel ist ein großer Anker der Story, denn nach mehr als einem halben Jahrtausend soll dies an sich das letzte Weihnachten sein, das Cal an Nicks Seite verbringt. So sehr er sich für die Kinder einsetzt, das Verhalten der Erwachsenen hat ihm den Glauben genommen, das Richtige zu tun. In einigen überaus gelungenen Dialogen findet Red One hier nicht nur stimmige Aussagen, sondern letztendlich Botschaften, die zur weihnachtlichen Atmosphäre passen. Ebenso bei Jack, der sich Wahrheiten stellen muss, vor denen er sein ganzes Leben lang davongelaufen ist.
Nichts davon ist wirklich neu oder tiefgehend und selbst die spärlich angebrachte Konsumkritik erscheint bei einem vom Onlineversand-Riesen Amazon produzierten Film mehr wie ein oberflächliches Klischee, denn ernst gemeint. Doch es rundet die Geschichte merklich ab, die viel Tempo bietet und sich stets dessen bewusst ist, was sie ist und sein will, anstatt einen größeren Anspruch an sich oder das Publikum zu erheben. Dass die riesige Siedlung von Santa Claus und seinen teils menschlich anmutenden, teils anthropomorphen oder gar vollkommen fantasyartigen Gehilfen am Nordpol aussieht, wie das Wakanda aus dem Marvel Cinematic Universe im Winter, stört dabei nicht. Wobei es mit der im Zentrum befindlichen Holzhütte des Weihnachtsmannes einen ebenso kritisierenswerten Kontrast darstellt, wie der ursprüngliche Gedanke von Weihnachten und dem, was in der heutigen Zeit daraus geworden ist. Was jedoch störend auffällt, ist der Umstand, dass Vieles in Red One – Alarmstufe Weihnachten aussieht, als entstamme es einem bei weitem nicht mehr aktuellen Videospiel. Die vielen, vielen computergenerierten Trickeffekte sind so offensichtlich und in zahlreichen Momenten unübersehbar nicht mehr zeitgemäß, dass sie merklich an der Atmosphäre der Geschichte nagen.
Dass das Finale kaum reale Figuren enthält und damit vom menschlichen Kern der Story entrückt ist, fällt nur deshalb kaum ins Gewicht, da man auf Grund der schnellen Schnitte und der unwirklichen Bilder kaum erkennt, was geschieht. Hier wiederholt sich, was Kasdans Jumanji-Filme ebenfalls geplagt hat. Sieht man darüber hinweg und lässt sich von der Geschichte treiben, bietet die moderne Weihnachtsmär durchaus Unterhaltung. Keine wirklich nachhaltige, aber auch nicht derart stark überzuckert, wie Hollywood es bereits oft versucht hat.
Fazit:
Wäre es nicht toll, würde der Weihnachtsmann tatsächlich existieren? Wenn es eine Organisation gäbe, die seine Geheimhaltung sicherstellt, und sämtliche Regierungen der Welt eingeweiht wären, den bärtigen Mann sogar mit militärischem Geleit auf seinem fliegenden Rentierschlitten eskortieren würden? Die Ausgangslage von Jake Kasdans Erzählung klingt so überzogen wie naiv und doch besitzt die Geschichte selbst dann spürbar Herz, wenn der Verlauf nicht allzu überrascht. Dabei ist die Story erstaunlich komplex wie detailreich und auch mystisch, die Dialoge nicht so oberflächlich, wie sie scheinen. Selbst wenn nichts hiervon wichtig sein mag, die Stimmung ist gelungen und die weihnachtlichen Aussagen treffen durchaus den Nagel auf den Kopf. Dem gegenüber sehen die allermeisten Trickeffekte nicht nur nicht echt aus, sie sehen schlicht furchtbar aus, so dass man sich doch fragt, ob es nicht besser gewesen wäre, die Geschichte als reinen Animationsfilm zum Leben zu erwecken. Ungeachtet dessen ist Red One – Alarmstufe Weihnachten bei weitem kein Weihnachtsklassiker, nicht einmal im entferntesten. Aber dank der sympathischen Besetzung ist das Abenteuer durchaus ein Spaß für Kinder und solche, die es im Herzen geblieben sind. Passend zur richtigen Jahreszeit.