Rambo [1982]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 14. Februar 2015
Genre: Action / Drama

Originaltitel: First Blood
Laufzeit: 93 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1982
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Ted Kotcheff
Musik: Jerry Goldsmith
Darsteller: Sylvester Stallone, Richard Crenna, Brian Dennehy, Bill McKinney, Jack Starrett, Michael Talbott, Chris Mulkey, John McLiam, Alf Humphreys, David Caruso


Kurzinhalt:

Nachdem er erfolglos versuchte, einen Freund, den er seit Jahren nicht gesehen hat, zu besuchen, kommt der Vietnam-Kriegsveteran John Rambo (Sylvester Stallone) zu Fuß an dem kleinen Ort 'Hope' im US-Bundesstaat Washington vorbei. Unmittelbar, nachdem er das Ortsschild passiert hat, wird er von Sheriff Teasle (Brian Dennehy) angesprochen, der anbietet, ihn im Polizeiwagen ans andere Ende der Kleinstadt zu bringen. Auch gibt er Rambo zu verstehen, dass dieser nicht zurückkommen soll – Landstreicher seien nicht gern gesehen. Doch Rambo kehrt um und wird von Teasle verhaftet. Als auf der Polizeistation seine Personalien festgestellt werden sollen und die übrigen Polizisten John drangsalieren, eskaliert die Situation. Teasle eröffnet die Jagd auf den Elitesoldaten und beginnt damit einen Kampf, bei dem er nie die Kontrolle hat ...


Kritik:
Selbst den meisten, die Rambo nie gesehen haben, ist der Begriff vertraut. Er hat inzwischen sogar den Weg in den Duden gefunden. Dabei hat der erste Teil der Reihe mit dem übermenschlichen und nicht unterzukriegenden Superhelden kaum etwas gemein. John Rambo ist hier so sehr Opfer wie Täter und Produkt eines Krieges, den er nie verstanden, geschweige denn verkraftet hat. Ted Kotcheffs packend und tadellos inszeniertes Actiondrama porträtiert die Figur wie sie später nie wieder zu sehen ist. Rückblickend wäre das ursprüngliche Ende womöglich passender gewesen.

Darin nahm sich Rambo selbst das Leben, als er erkennt, dass er in dieser Welt nicht zurechtkommen wird. Dabei erscheint er zu Beginn alles andere als gewalttätig: Auf der Suche nach einem Kameraden aus dem Krieg passiert Rambo die Kleinstadt Hope, in der Sheriff Teasle regiert. Er bringt den jungen Mann im Polizeiwagen durch die Stadt, um zu verhindern, dass sich Rambo darin aufhält. Landstreicher, so seine Aussage, gäbe es bereits genug. Doch Rambo dreht um und wird von Teasle verhaftet. Nachdem er im Polizeipräsidium misshandelt wird, ergreift der Elitesoldat die Flucht in das benachbarte Waldgebiet. Dass die Situationen in ihm Erinnerungen an die Folter wecken, die er in Vietnam erleiden musste, können die Polizisten zwar nicht ahnen, doch kann Polizeigewalt überhaupt ein angemessenes Mittel gegen Unbewaffnete sein?

Während John Rambo in der 10 Jahre zuvor erschienenen Romanvorlage ein Massaker unter den Polizisten und Nationalgardisten anrichtet, die sich auf die Suche nach ihm im Wald begeben, sind in der Filmumsetzung die Rollen vertauscht: In die Ecke gedrängt versucht sich Rambo sogar zu ergeben, doch jeder seiner Versuche, die Situation zu beenden, wird von Teasle und seinen Kollegen zunichtegemacht. So macht er seine Drohung wahr und bringt Teasle einen Krieg, den dieser nicht gewinnen kann. Statt mit rauchenden Waffen voran zu stürmen, setzt Rambo auf die Guerillataktik, mit welcher der Soldat in seinen bisherigen Einsätzen vertraut war. Erst im letzten Drittel, wenn sich das Geschehen in die Kleinstadt verlagert, wartet der Actionfilm, der die Ein-Mann-Armee salonfähig gemacht hat, mit der zu erwartenden Zerstörung auf.

Sieht man durch die zahlreichen Kugeln, die Kämpfe und Rambos Flucht in die Berge hindurch, zeigt sich der eigentliche Kern der Geschichte: Statt eines mordlustigen Spezialisten, zeichnet Kotcheff das Bild eines traumatisierten Kriegsheimkehrers, der trotz oder gerade auf Grund all dessen, das er getan hat, als der Feind dargestellt wird. Teasle und seine Männer auf der anderen Seite wissen hingegen mit ihm nicht umzugehen, einzig Colonel Trautman scheint zu ihm durchzudringen.
Es sind kritische Töne, die damals so zutreffend sind wie heute, angesichts der Menge der Soldaten, die aus Krisen- und Kriegsgebieten rund um die Welt zurückkehren. An das weltfremde, gewaltverherrlichende Actioninferno, das man häufig mit Rambo verbindet, erinnert der ursprüngliche Film nur wenig. Vielleicht hat er deshalb die Zeit so gut überstanden.


Fazit:
Lange bevor Rambo zum Superheld und zur eigenen Karikatur zugleich wurde, verkörperte er das Schicksal unzähliger Veteranen einer ganzen Generation. Das zweifelsohne plakativ und mit allen Facetten, die man damit in Verbindung bringt, aber nichtsdestoweniger treffend. Weitaus subtiler sind andere Entscheidungen von Regisseur Ted Kotcheff, der zu Beginn mit der Wahl bestimmter Kameralinsen verdeutlicht, wie undeutlich der Hintergrund und damit die Vergangenheit seiner Figur ist. Auch dass Rambo selbst die Kleinstadt "Hope" ("Hoffnung") in Schutt und Asche legt, ist ein treffendes Bild.
Sieht man sich den Actionklassiker heute an, wirkt er überraschend zeitlos, sowohl in seiner Umsetzung, als auch in seiner Aussage. Dennoch sind die Figuren nicht sehr ausgefeilt und trotz der Jagd erscheint der Mittelteil des nur eineinhalb Stunden dauernden Films recht lang, allerdings ist Rambo mehr als nur bloße Unterhaltung. Das hat er sowohl vielen seiner Nachahmer, als auch seinen eigenen Fortsetzungen voraus.