Sunshine Cleaning [2008]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 09. Februar 2011
Genre: Drama / Unterhaltung

Originaltitel: Sunshine Cleaning
Laufzeit: 91 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2008
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Christine Jeffs
Musik: Michael Penn
Darsteller: Amy Adams, Emily Blunt, Alan Arkin, Jason Spevack, Steve Zahn, Mary Lynn Rajskub, Clifton Collins Jr., Eric Christian Olsen, Paul Dooley, Kevin Chapman, Judith Jones, Amy Redford


Kurzinhalt:
Als der Rektor von Oscars (Jason Spevack) Schule Rose (Amy Adams) mitteilt, dass er zur Beruhigung Medikamente nehmen soll, nimmt die Mutter ihren jungen Sohn von der Schule. Es bleibt nur eine kostspielige Privatschule, die sich Rose mit ihrer Arbeit als Reinigungskraft nicht leisten kann. Der Polizist Mac (Steve Zahn), mit dem sie eine Affäre hat, schlägt ihr vor, in einer Firma für Tatortreinigungen einzusteigen. Es ist ein gut bezahltes Geschäft.
Zusammen mit ihrer orientierungslosen Schwester Norah (Emily Blunt) gründet Rose die Firma "Sunshine Cleaning" und macht sich durch ihre niedrigen Preise bei anderen Firmen in dem Segment durchaus unbeliebt. Nach wie vor wissen beide Schwestern aber nicht, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen, zumal die Situation mit Mac für Rose immer komplizierter wird und Norah stärker noch von ihrer Arbeit an ein Familientrauma erinnert wird, das auch den Vater der Schwestern Joe (Alan Arkin) nachhaltig geprägt hat ...


Kritik:
Sunshine Cleaning ist ein charmanter Film, der einen beinahe schon intimen Blick auf das Leben der Familie Lorkowski wirft. Aber während die meisten Geschichten schildern, welche herausragenden Ereignisse das Leben der Protagonisten prägen, wartet man bei dem Drama darauf, dass selbiges passiert. Man bekommt gezeigt, wie Rose und Norah ihrem Leben jeweils eine neue Richtung geben, statt das Ziel ihrer Reise auf der Suche nach sich selbst vorzustellen.
Dabei erscheint die Familie bestehend aus Vater Joe, den beiden erwachsenen Töchtern Rose und Norah sowie Rose Sohn Oscar wie ein aus dem Leben gegriffenes Schicksal. Während Joe von einer abstrusen Idee zur nächsten wandert, verdient Rose ihren Lebensunterhalt als Reinigungskraft. Auf ihre Zulassung als Maklerin arbeitet sie zwar hin, doch ob sie das ausfüllen wird, kann sie selbst nicht sagen. Es wird angedeutet, dass Oscar ihr Sohn aus einer vorangegangenen Beziehung mit ihrer Schulliebe Mac ist. Der ist inzwischen mit Heather verheiratet und erwartet mit jener bereits ein zweites Kind. Nichtsdestoweniger hat er mit Rose eine Affäre, bei der sie sich immer noch die Hoffnung macht, er würde seine Frau eines Tages verlassen und mit ihr leben. Wird sie sowohl von ihrer Schwester Norah, als auch von Heather konfrontiert, scheinen ihr endlich die Augen aufzugehen, dass sie ihre Hoffnungen auf etwas stützt, das nie eintreten wird. Und dass sie am Ehebruch ebenso beteiligt ist wie Mac.
Es sind unangenehme Wahrheiten, mit denen Rose in Sunshine Cleaning fertig werden muss. Am wichtigsten, dass Oscar eine besondere Betreuung benötigt und deshalb auf eine kostspielige Privatschule wird gehen müssen. Als sie Mac darauf anspricht, erzählt er ihr von privaten Unternehmen, mit denen die Polizei zusammen arbeitet, um Tatorte reinigen zu lassen. Dies wäre ein sehr einträgliches Geschäft und so macht sich Rose selbständig und bindet auch ihre jüngere Schwester Norah ein. Diese weiß mit ihrem Leben bislang nicht wirklich etwas anzufangen.

Dass hinter der taff erscheinenden Norah und der Fassade von Rose mehr stecken muss, wird schon deutlich, wenn sich letztere morgens anfeuert, dass sie stark genug ist, um den Tag zu bewältigen. Stark genug für wen? Für sich selbst oder für andere? Für sich und Oscar oder für Mac? Hat sie als Mutter überhaupt eine Wahl? Was sie bewegt, welche Hoffnung sie auch in eine Zukunft mit Mac setzt, selbst wenn diese sehr unwahrscheinlich ist, bleibt immer spürbar. Als Rose bei einem Klassentreffen auf ihre ehemaligen Schulkameradinnen trifft, muss sie auch erkennen, dass sie als ehemalige, vielversprechende Cheerleaderin nicht den Weg eingeschlagen hat, den ihr alle vorausgesagt hatten, doch verbindet sie mit den damaligen Freunden außer Erinnerungen nicht mehr viel. Die Vorstellungen dieser Damen sind ihr einfach fremd. Mit der selbst gegründeten Reinigungsfirma "Sunshine Cleaning", die sich der Tatortreinigung annimmt, bekommt Rose Leben einen neuen Sinn, vielleicht auch endlich einen, den sie sich selbst ausgesucht hat und der ihr nicht vorgegeben war. Für Norah bleibt es hingegen ein reiner Beruf, der sie verändert, als sie in einem zu räumenden Haus das Bild der Tochter der Verstorbenen findet. Sie macht es sich zur Aufgabe, die junge Frau zu finden und sie darüber zu informieren, was geschehen ist. Auch hier bleibt die Frage, ob Norah das für die andere Frau unternehmen möchte, oder für sich selbst. Was die beiden Schwestern erlebt haben – und Joe ebenso – bleibt lange unklar, hat die Familie aber nachhaltig verändert.

Die Independent-Produktion lebt von den herausragenden Darstellern, allen voran Amy Adams und Emily Blunt, welche die beiden Schwestern so natürlich zum Leben erwecken, dass man sich sogar die leuchtenden Augen beider vorstellen kann, als es um Rose Abschlussball ging. Alan Arkin gibt dem exzentrischen Joe einen inneren Antrieb, auch wenn man nie ganz versteht, welcher das ist und auch die Nebendarsteller Jason Spevack, Steve Zahn, Mary Lynn Rajskub und Clifton Collins Jr. tragen zur gelungenen Atmosphäre des Films bei. Einziger Kritikpunkt bleibt, dass der Zuschauer die eineinhalb Stunden über darauf wartet, dass jener entscheidende Moment im Leben der Lorkowskis endlich kommt. Aber vielleicht besteht das Leben ja aus dem Warten darauf. Oder dieser Moment passiert nicht in einer Sekunde, sondern verändert uns schleichend über längere Zeit.


Fazit:
Wir sind alle die Personen, zu denen das Leben und das Erlebte uns gemacht haben. Versteht man zu Beginn die Dynamik jener Familie nicht, wieso Joe, Rose und Norah so zueinander stehen wie sie es tun, wird diese Beziehung im Lauf des ruhig erzählten Dramas verständlicher. Auch, was Rose antreibt und sogar Norah. Insbesondere von den beiden Hauptdarstellerinnen toll und glaubwürdig gespielt, überzeugt das erstaunlich leichte Drama durch einen positiven, mitunter vielleicht zynischen Umgang mit dem Thema.
Doch wer erwartet, bei Sunshine Cleaning zu sehen, wie Rose und Norah am Ende ihrer Reise ankommen, ihre wahren Ziele und sich selbst finden, der wird enttäuscht. Es geht vielmehr darum, dass man sich irgendwann auf den Weg dorthin aufmachen sollte. Oder erkennen muss, dass man schon unterwegs ist.