Challengers – Rivalen [2024]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 20. April 2024
Genre: Liebesfilm / Drama / Unterhaltung

Originaltitel: Challengers
Laufzeit: 131 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Luca Guadagnino
Musik: Trent Reznor, Atticus Ross
Besetzung: Zendaya, Mike Faist, Josh O’Connor, Nada Despotovich, A.J. Lister, Naheem Garcia, Jake Jensen, Connor Aulson, Christine Dye, Alex Bancila


Kurzinhalt:

Die einst aufstrebende Tennissportlerin Tashi Duncan (Zendaya) ist als Trainerin für den sportlichen Erfolg ihres Mannes Art Donaldson (Mike Faist) maßgeblich mitverantwortlich. Dafür steht der familiäre Zusammenhalt hintenan. Doch seit geraumer Zeit verliert Art ein Match nach dem anderen, so dass sein Karrierehöhepunkt bereits vorüber scheint. Ihn scheint das weniger zu stören, als sie. Tashis Plan, dass er sich bei einem Turnier in New Rochelle, New York im August 2019 behaupten und Selbstvertrauen gewinnen soll, gerät überraschend persönlich, als er dort auf den Spieler Patrick Zweig (Josh O’Connor) trifft. Nicht nur, dass Art und Patrick lange Zeit miteinander befreundet waren, Patrick war vor Art mit Tashi zusammen. Als Art schließlich Patrick im Finale gegenübersteht, könnte die private wie berufliche Rivalität der Funke sein, den es braucht, damit Art die zweite Karrierechance nutzt, die Tashi haben wollte, aber nie bekommen hat. Doch hat er nie zuvor gegen Patrick gewonnen …


Kritik:
In seinem unerwartet leichtfüßigen Liebesdrama Challengers – Rivalen erzählt Filmemacher Luca Guadagnino nicht nur von der Rivalität zweier Tennisspieler um eine Frau, sondern auch von dem geradezu zur Besessenheit gewordenen Ehrgeiz zu gewinnen und was dieser eine Figur für Entscheidungen treffen lässt. Handwerklich so stilsicher wie einfallsreich, lebt die Geschichte von einer Besetzung, die ebenso gut miteinander harmoniert, wie sie einander Gift entgegen spritzen kann. Zu sagen, das ist erfrischend, wäre eine Untertreibung.

Dabei verbringt die Story wenigstens gefühlt die allermeiste Zeit auf verschiedenen Tennisplätzen. Im Sommer des Jahres 2019 tritt der professionelle Tennisspieler Art Donaldson bei einem kleinen Challenger-Turnier an. Nicht nur für viele Beobachter hat Art seinen Zenit im Profisport bereits überschritten, doch wäre das Turnier für ihn die Möglichkeit, sich für größere Wettkämpfe zu wappnen. Ebenfalls qualifiziert ist Patrick Zweig. Challengers spielt während des Finales, in dem die beiden einstigen Freunde und nun Rivalen aufeinandertreffen, und springt währenddessen immer wieder in der Zeit zurück. Seit ihrer Jugend sind Art und Patrick Freunde gewesen, im Sport gemeinsam aufgestiegen, selbst wenn Patrick lange der talentiertere von beiden war. Ihre Freundschaft wurde einst auf die Probe gestellt, als sich beide in den aufstrebenden Tennisstar Tashi Duncan verliebten.

Zu Beginn von Challengers sind Art und Tashi nicht nur verheiratet, das Sportlerehepaar hat eine gemeinsame Tochter und Tashi ist zudem Arts Trainerin. Erst im Laufe der Erzählung erfährt man, wie es hierzu gekommen ist, obwohl doch anfangs Patrick mit Tashi zusammen war und weshalb die einstige Tennisikone Tashi nur noch neben anstatt auf dem Platz steht. Regisseur Luca Guadagnino wechselt zwischen Ereignissen, die sich jetzt, vor 13 Jahren oder erst zwei Wochen bzw. wenige Stunden zuvor abgespielt haben und nähert sich so Zug um Zug nicht nur der speziellen Dynamik der Figuren untereinander an, sondern den Charakteren selbst. So ist für den aus wohlhabendem Haus stammenden Patrick der Sport zumindest lange Zeit nur eine Beschäftigung, die ihn reizt, solange er nicht allzu viel Mühe hineinstecken muss, ehe er Jahre später lieber aus dem Auto heraus lebt und hungert, anstatt seine Eltern um Geld zu bitten. Demgegenüber hat der durch seinen Fleiß erfolgreiche Art dank Tashi zwar viele Siege gefeiert, doch ist er inzwischen müde geworden und würde, statt seinen geschundenen Körper auf dem Platz zu strapazieren, lieber seine Tochter aufwachsen sehen. Tashis Zukunftspläne haben sich allesamt zerschlagen, weshalb sie umso mehr ihre eigenen Ambitionen auf Art projiziert, so dass dieser – wie er selbst sagt – für sie beide auf dem Platz steht.

In der Rolle der Tashi zeigt Zendaya eine geradezu rücksichtslose Darbietung. Von dem von allen geliebten, zugänglichen und aufstrebenden Stern am Tennishimmel, bis hin zu einem Moment, in dem sie sich, zeitlich ganz am Anfang, mit Art und Patrick gemeinsam trifft. Tashi hat nicht nur die Situation vollends unter Kontrolle, sondern auch die beiden jungen Männer. Sie weiß, was sie will und vor allem, wie sie es mit der Macht, die sie ausüben kann, auch erreicht. Später ist Tashi am Boden zerstört, manipulativ oder sinnlich, bis hin zu verbissen ehrgeizig. Ihre Figur ist die der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, wobei es Filmemacher Luca Guadagnino auf geradezu spielerische Weise gelingt, die Sympathien des Publikums im Fluss zu halten. Fiebert man eingangs mit dem unterlegenen Patrick mit und später mit Tashi, dreht sich das Geschehen, so dass Art am Ende in der Gunst des Publikums ganz oben steht. Ob aus gutem Grund, sei dahingestellt.

Josh O’Connor als Patrick und Mike Faist als Art sind gleichermaßen gefordert und selbst wenn sich die Geschichte des Liebesdreiecks nicht sonderlich packend anhört, den drei Figuren zu folgen, ist derart unterhaltsam und amüsant, dass die Zeit großteils verfliegt. Das bedeutet nicht, dass die vielen Zeitlupen nicht mitunter ein paar zu viele. Hier zeigt Challengers eine Selbstsicherheit, die nicht immer gerechtfertigt ist. Doch die Dialoge, in denen die drei einander herausfordern und reizen, sind ebenso fantastisch wie die Inszenierung selbst. Jeder Abschnitt der einzelnen Tennismatches ist unterschiedlich eingefangen, versetzt das Publikum entweder auf den Platz hinter den Spielenden oder ihnen gegenüber. Mitunter fängt der Filmemacher das Geschehen sogar von unterhalb des Platzes ein, oder versetzt die Zuschauerinnen und Zuschauer an Stelle des Tennisballs.

Ob man von alledem ebenso mitgenommen wird, wie von einer guten Tennispartie, hängt letztlich davon ab, ob man diesen Figuren folgen möchte. Ob eine von ihnen durchweg sympathisch ist, darf man zumindest bezweifeln, in jedem Fall tun sie einander nicht gut. Hört man Tashis Ausruf ganz am Ende, dann weiß man nicht, ob sie glaubt, verloren zu haben und alles, was in den vergangenen 12 Jahren geschehen ist, ihrerseits nicht genau dorthin führen sollte. Die Mischung aus Enttäuschung und Langeweile in ihrem genervten Blick beim aktuellen Match spricht in jedem Fall Bände darüber, wie sie ihre eigenen Lebensentscheidungen und -situation bewertet. Challengers ist ein Film für ein Publikum, das weniger am Endergebnis als am Spiel selbst interessiert ist. Und das ist hier so sehenswert und ideenreich zum Leben erweckt, dass es eine Freude ist, zuzusehen.


Fazit:
Was hat sich ein verheiratetes Profisportlerpaar abseits des Sports zu sagen? Wenn es nach Regisseur Luca Guadagnino geht, nicht allzu viel. In einem hitzigen Dialog, in dem sich die Fronten wie beim Ballwechsel im Spiel abwechseln, wird eine zentrale Figur von einer anderen demontiert und herausgearbeitet, dass diese keine Person auf Augenhöhe dudelt. Vielmehr will sie anerkannt und bewundert werden. Dieser ständige Rivalitätsgedanke spiegelt sich auch im Filmtitel wider und bezieht sich auf das gesamte Liebesdreieck. Die zahlreichen Zeitsprünge, die nicht immer ganz eindeutig sind, verlangen ein aufmerksames Publikum, das ein stellenweise durchaus sinnliches Liebesdrama mit zahlreichen sexy Momenten erwartet. Erstklassig gespielt und in den pointierten Dialogen wie der Gestik, wenn Art und Patrick zu Rivalen werden, geradezu boshaft verletzend, wobei die Grenze zwischen der sportlichen sowie der Liebesrivalität verschwimmen. Verspielt sowohl hinsichtlich der Erzählung, wie der Inszenierung und den Darbietungen, erzählt Challengers – Rivalen eine Geschichte über unerreichbare Träume und was diese einen veranlassen, zu tun. Dabei geht es nicht nur um das Spiel Tennis, sondern auch um Machtspiele, Manipulation und Sex. Einfallsreich und bemerkenswert in Szene gesetzt, so dass man die meiste Zeit ein Grinsen auf den Lippen trägt, stört es da auch nicht, dass der Film 15 Minuten länger ist, als nötig, oder dass man viele Wegpunkte kommen sieht. Wäre er ein Tennismatch, das Fazit würde lauten: Spiel, Satz und Sieg.