The Howling – Das Tier [1981]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 14. Oktober 2023
Genre: Horror / Fantasy

Originaltitel: The Howling
Laufzeit: 91 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1980
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Joe Dante
Musik: Pino Donaggio
Besetzung: Dee Wallace, Patrick Macnee, Dennis Dugan, Christopher Stone, Belinda Balaski, Kevin McCarthy, John Carradine, Slim Pickens, Elisabeth Brooks, Robert Picardo, Margie Impert, Noble Willingham, James Murtaugh


Kurzinhalt:

Die vom Serienmörder Eddie Quist (Robert Picardo) gestalkte Fernsehmoderatorin Karen White (Dee Wallace) soll den brutalen Killer mit Hilfe der Polizei in eine Falle locken. Doch beim Einsatz, kurz bevor Karen Eddie erstmals zu sehen bekommt, wird dieser von der Polizei erschossen. Karen ist traumatisiert und kann sich im Nachgang nicht mehr daran erinnern, was genau geschehen ist. Da die alptraumhaften Eindrücke sie auch im Schlaf verfolgen, bietet der durch Bücher und TV-Auftritte bekannte Therapeut Dr. George Waggner (Patrick Macnee) an, Karen könne mit ihrem Ehemann Bill (Christopher Stone) zur „Kolonie“ kommen, einem weit abgelegenen Anwesen, wo er eine Gruppe von Patientinnen und Patienten behandelt. Währenddessen recherchieren die Journalisten Terry (Belinda Balaski) und Chris (Dennis Dugan) weiter zu Eddies Hintergrund und müssen feststellen, dass seine Leiche aus dem Leichenschauhaus verschwunden ist. Karen macht nur kleine Fortschritte bei der Therapie und fürchtet, dass Bill mit der Patientin Marsha (Elisabeth Brooks) anbandeln könnte. Da wird Bill eines Nachts von einer Kreatur angefallen und verletzt. Fortan ist er nicht mehr derselbe und die gesamte Gemeinschaft der Kolonie kommt Karen immer seltsamer vor …


Kritik:
Joe Dantes The Howling, hierzulande auch bekannt als Das Tier, wurde in einer Zeit veröffentlicht, als die klassischen Werwolf-Horror-Geschichten ein modernes Comeback feierten. Mit Wolfen und American Werewolf fanden noch zwei weitere, ähnlich gelagerte Horror-Filme im selben Jahr den Weg auf die große Leinwand. Doch nur The Howling gelang es, mit insgesamt sieben Fortsetzungen, die Jahrzehnte überdauern sollten, ein ganzes Franchise zu entwickeln. Das heißt nicht, dass es der beste der vorgenannten Filme ist.

Doch er war erfolgreich genug, dass Regisseur Dante nach der Horror-Komödie Piranha [1978] größere Filmprojekte übernehmen durfte. Nicht zuletzt ist er für den Klassiker Gremlins - Kleine Monster [1984] verantwortlich und auch der unterhaltsame Die Reise ins Ich [1987] ist ihm zu verdanken. In dem lose auf der Romanvorlage von Gary Brandner basierenden The Howling wird die Fernsehmoderatorin Karen White von dem Serienkiller Eddie Quist gestalkt. In einem ausgeklügelten Coup soll sie den Mörder in eine Falle locken, während die Polizei sie überwacht und ihr Sender eine Kameracrew bereithält, um den Moment festhalten zu können. Bei dem Einsatz wird Eddie von der Polizei erschossen und Karen traumatisiert. Um ihre Amnesie zu überwinden, lädt der profilierte Therapeut Dr. George Waggner Karen und ihren Ehemann Bill zu einem abgelegenen Anwesen ein, wo er Patientinnen und Patienten in der von ihm benannten „Kolonie“ behandelt. Die besteht aus unterschiedlichsten Charakteren, einem scheinbar selbstmordgefährdeten alten Mann, einer Nymphomanin und weiteren, sonderbaren Gestalten. Doch es gelingt Karen nicht, die Alpträume und Eindrücke hinter sich zu lassen. Zu allem Überfluss wird Bill im Wald von einer Kreatur angefallen und verhält sich fortan mehr als ungewöhnlich.

Dass es sich dabei offenbar um einen Werwolf handelt, ist in Anbetracht des Genres keine Überraschung. Doch versucht The Howling der Mythologie um den Werwolf selbst zumindest ein wenig neues Leben einzuhauchen. So sollen diese die Möglichkeit haben, sich unabhängig des Mondstandes zu verwandeln. Verletzungen regenerieren sich, einzig mit Silberkugeln oder Feuer könne man sie töten. Woher die Sage um die Verwandlung des Menschen in einen Wolf kommt, wird indes nicht erörtert, selbst wenn Dr. Waggner mehr als nur einmal auf die animalische Seite des Menschen verweist, wenn er über Eddies Mordserie spricht. Worauf das Drehbuch letztlich hinaus will, ist lange Zeit nicht deutlich. Zu behäbig werden die unterschiedlichen Aspekte der Geschichte vorgestellt, mit den Journalisten Terry und Chris, die in Eddies Apartment recherchieren und damit etwas Größerem auf die Spur kommen, und Bill und Karen auf der anderen Seite, bei denen sich lange gar nichts zu entwickeln scheint, ehe sich die Ereignisse überschlagen.

Dass zahlreiche Aspekte keinen großen Sinn ergeben, mag man bei einem solchen Genrefilm gern akzeptieren, nicht erst aus heutiger Sicht unverständlich ist jedoch Eddie als Figur selbst. Aus welchen Gründen er Karen überhaupt ins Visier nimmt, wird nie klar. The Howling beginnt mitten während des Polizeieinsatzes und wirft keinen Blick zurück. Das Publikum findet sich damit in einer Situation, die es kaum versteht und auch im Nachgang werden die Zusammenhänge nur spärlich erläutert. Dass Eddie aus unerfindlichen Gründen Karen zwingt, sich ein sexualisiertes Gewaltvideo anzusehen, stößt nicht erst aus heutiger Perspektive sauer auf. Es hat den Anschein, als wären hier mehrere Handlungsstränge verkürzt oder nachträglich eingefügt worden. Das Ergebnis macht den Film heute noch mehr als vor 40 Jahren in der Erzählstruktur holprig, wohingegen die Make-up- und Maskeneffekte, erschaffen von Rob Bottin, der auch für die alptraumhafte Kreatur in Das Ding aus einer anderen Welt [1982] verantwortlich zeichnet, immer noch beeindrucken.

Sieht man sich jedoch The Howling im direkten Vergleich mit American Werewolf an, hat Joe Dantes Fantasyhorror sowohl hinsichtlich der unheimlichen Stimmung das Nachsehen, die nie so bedrückend erscheint wie bei dem in Großbritannien spielenden Werwolf-Klassiker, als auch in Hinblick auf den teils bösen Humor oder die Verwandlung, die in keinem Werwolf-Film besser (oder schmerzhafter) aussah, als bei American Werewolf. Die Idee mehrerer Kreaturen, die Das Tier aufgreift und die Mythologie um eine ganze Gemeinschaft erweitert, ist durchaus interessant, doch steht dieser Aspekt spürbar im Hintergrund. Kaum ausbalanciert zwischen den unterschiedlichen Figuren und nicht zuletzt auf Grund einer musikalischen Untermalung, die stellenweise anmutet, es würde sich um eine Satire im Stil von Tanz der Vampire [1967] oder einen späten Horrorfilm der 1950er-Jahre handeln, macht es die Erzählstruktur von The Howling schwer, sich darauf einzulassen. Hierin steckt eine bessere Geschichte, als die Verantwortlichen in der Lage sind, zu erzählen. Das geplante Remake könnte daher sogar eine Chance sein.


Fazit:
Auch wenn die Ermittlungen um den Serienmörder Eddie der Startpunkt der Geschichte sind, sie wollen, insbesondere mit ihm als Figur und dem, worauf er aus ist, nicht wirklich zum Rest der Story passen. Die ist lange Zeit inhaltlich unentschlossen, ehe in der zweiten Filmhälfte die Ereignisse an Fahrt aufnehmen und Horrorfans auf ihre Kosten kommen. Auch heute noch beeindrucken manche Make-up-Effekte, auch wenn der Werwolf selbst nicht ganz überzeugen kann. Zu wenig arbeitet Filmemacher Joe Dante mit Licht und Schatten, präsentiert sein Monster viel bei Tageslicht und bestens beleuchtet, während in der Dunkelheit die Lichtquellen traumähnlich überstrahlen. Es ist ein Look, der zusammen mit der akustischen Untermalung zu wenig auf Atmosphäre denn auf den späten Schockwert aus ist. Die grundlegende Idee der erweiterten, sektenartigen Mythologie des Werwolfs gelingt The Howling ausgesprochen und auch die teils kritischen Untertöne zu dominanten oder untergeordneten Rollen in der Gesellschaft sind treffend. Doch aus diesen Ideen sowie seiner zentralen Figur weiß der Horrorfilm zu wenig zu machen und wirkt in vielerlei Hinsicht mehr wie ein Kind seiner Zeit, als andere Genrevertreter von damals. Der Nostalgie schadet das indes nicht.