The Creator [2023]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 22. Oktober 2023
Genre: Science Fiction / Action

Originaltitel: The Creator
Laufzeit: 133 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Gareth Edwards
Musik: Hans Zimmer
Besetzung: John David Washington, Madeleine Yuna Voyles, Gemma Chan, Allison Janney, Ken Watanabe, Sturgill Simpson, Amar Chadha-Patel, Marc Menchaca, Robbie Tann, Ralph Ineson, Michael Esper, Veronica Ngo


Kurzinhalt:

Im Jahr 2055 zündet die Künstliche Intelligenz, deren Aufgabe der Schutz der Menschen war, eine Atombombe im Herzen von Los Angeles. Als Reaktion darauf wird KI in der westlichen Welt verboten und wo immer sie eingesetzt wird, entsenden die USA eine waffenstarrende Orbitalstation, die USS NOMAD, um die Einsatzorte zu bombardieren. Im Jahr 2070 scheint der Krieg gegen die KI fast gewonnen, als Gerüchte einer neuen Superwaffe der Künstlichen Intelligenz das Militär aufhorchen lassen. Mit ihr soll die NOMAD vernichtet werden können, weshalb der Soldat Joshua Taylor (John David Washington), der fünf Jahre zuvor beinahe den Entwickler der KI, Nirmata, gefunden hatte, einen neuen Anlauf wagen und in Neuasien nach der Superwaffe Alpha-O suchen soll. Taylor hofft, seine Frau Maya (Gemma Chan), von der er damals getrennt wurde, wiederzufinden. Es stellt sich heraus, dass die Superwaffe ein Kind und Alpha-O (Madeleine Yuna Voyles) Taylors einzige Chance ist, Maya wiederzufinden, weshalb er sich der Anweisung widersetzt, die Waffe zu zerstören. Auf ihrer gemeinsamen Suche ist ihnen dabei nicht nur das US-Militär auf den Fersen, auch die KI versucht, Taylor und das Kind aufzuspüren …


Kritik:
Gareth Edwards’ The Creator ist ein Science Fiction-Film, der einen in vielerlei Hinsicht verwundert zurücklässt. Zum einen angesichts dessen, was der dystopischen Zukunftsvision außerordentlich gut gelingt, zum anderen sowohl währenddessen wie auch insbesondere im Nachgang, welche Art Geschichte die Verantwortlichen daraus erzählen. Erscheint bei zahlreichen Genrevertretern das Konzept gelungener, als die Umsetzung, ist es hier genau anders herum. Das ist nicht ärgerlich und für Fans durchaus sehenswert. Enttäuschend ist es aber dennoch.

Ein Nachrichtenbeitrag, der nicht von ungefähr an Lehrvideos aus den 1950er-Jahren erinnert, informiert zu Beginn darüber, dass Künstliche Intelligenz – kurz KI – einen immer größeren Stellenwert in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts eingenommen hat. Sie ermöglichte die Entstehung von sogenannten Simulants, humanoiden Robotern mit dem Aussehen, das Menschen bereitgestellt haben, und die aus dem Alltag kaum wegzudenken sind. Sie arbeiten in Fabriken, im Gesundheitswesen oder der Polizei. Doch in der Mitte des 21. Jahrhunderts zündete eine KI einen Atomsprengkopf in Los Angeles, woraufhin KIs in westlichen Ländern verboten wurden. In Asien jedoch sind sie immer noch alltäglich und erhalten immer mehr Befugnisse. Die USA haben es sich daher zur Aufgabe gemacht, jede KI vom Angesicht der Erde zu tilgen, auf dass sich so etwas wie Los Angeles nicht wiederholt. Im Jahr 2065 ist US-Soldat Joshua Taylor in Neuasien verdeckt aktiv, um den Programmierer der KI, der nur Nirmata genannt wird, zu finden. Im Zuge seiner Tarnung ist er eine Beziehung zu Maya eingegangen, die schwanger von ihm ist. Doch dann wird Joshua enttarnt und von Maya getrennt. Fünf Jahre später arbeitet er bei der Säuberung des Ground Zero von Los Angeles, als er rekrutiert wird, in Asien eine neue Superwaffe zu finden, mit der die KI den Krieg gewinnen will. Mit ihrer Hilfe soll die USS NOMAD zerstört werden, eine riesige, im Orbit fliegende Kommandozentrale des US-Militärs, gegen deren Luftbombardements die Verstecke der KI chancenlos sind. Die Superwaffe, genannt Alpha-O, entpuppt sich als Kind und so steht Joshua vor einem Dilemma, seinen Auftrag auszuführen.

Die Vision der Zukunft in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts, die The Creator vorstellt, verbindet zahlreiche bekannte Vorlagen. Da die Geschichte selbst überwiegend in Neuasien spielt, bereist Joshua im Verlauf eine Landschaft, die mit ihren grünen Feldern kaum einen größeren Kontrast zu den menschenähnlichen Robotern bieten könnte, die darauf ihren Dienst verrichten. Erst im späteren Verlauf verschlägt es ihn zusammen mit dem Kind, das er Alphie nennt, in eine Großstadt, deren Neonbeleuchtung, enge Gassen und Wolkenkratzer unmissverständlich an Blade Runner [1982] erinnern. Der Nachrichtenbeitrag am Anfang, Werbeclips der Simulants, die diese als „menschlicher als ein Mensch“ anpreisen oder auch Szenen einer Kindersendung, die Alphie ansieht, und in der die NOMAD als Schurkenzentrale vorgestellt wird, lassen hingegen Erinnerungen an Propaganda-Satire aus Starship Troopers [1997] aufleben.

Alphie kann elektronische Systeme manipulieren und da Joshua nicht sicher ist, wie er mit dem Simulant-Kind umgehen soll, das seine beste Chance ist, Maya zu finden, beginnt ein Road Trip, in dem die Grenzen zwischen Gut und Böse auf beiden Seiten des Krieges der Amerikaner gegen die KI Stück für Stück verschwimmen. Das ist im Science Fiction-Genre zwar kein tatsächlich neuer Ansatz, doch ist das Gezeigte von Filmemacher Gareth Edwards in so malerischen wie unheilvoll greifbaren Bildern eingefangen, dass es leichtfällt, sich in den jeweiligen Szenen zu verlieren. Hinzu kommt das grundlegende Design der Simulants und der gezeigten Technik im Allgemeinen, die fernab glänzender Vollkommenheit abgenutzt und mitunter notdürftig zusammengestellt erscheint. The Creator lässt keinen Zweifel aufkommen, wie lange der Konflikt der Menschheit gegen die KI bereits schwelt und wie dicht beide Seiten davor sind, ihn jeweils für sich zu entscheiden oder zu verlieren.

Doch schon hier offenbaren sich inhaltliche Schwächen, die man selbst beim Ansehen nicht übersehen kann. Angefangen von dem Krieg der USA gegen die KI, der auf allen Kontinenten ausgetragen wird. Stellt der Film heraus, dass der Konflikt sich nicht gegen die Nationen, sondern lediglich gegen die KI richten würde, walzen die Raketen der NOMAD menschliche Siedlungen und Städte gleichermaßen platt, ohne dass dies auf fremdem Boden irgendjemanden zu stören scheint. Sieht man dabei, wie sich die Roboter teilweise opfern, um Menschen zu retten, wird schnell deutlich, wer die Aggressoren sind, wobei The Creator nie vorstellt, was KI überhaupt ist. Zwar reden die Figuren immer wieder von einer Programmierung, nach der die Roboter handeln würden, doch Künstliche Intelligenz umfasst im Grunde viel, viel mehr. Weshalb die KI einst Los Angeles angegriffen hat, wird nie erläutert und umso absurder wird dies, wenn man sieht, dass die Roboter offenbar nicht in der Lage sind, geradeaus zu schießen und den (vermeintlichen) Helden der Geschichte so nie treffen.

Mit dem Einblick in diese futuristische Welt erweckt The Creator eine Komplexität, die das Drehbuch tatsächlich nicht besitzt. Anstatt Informationen weit im Voraus einzustreuen und diese später aufzugreifen, werden sie in einer Szene erwähnt, um in der unmittelbar nächsten herangezogen zu werden. Weshalb Joshua fünf Jahre lang nicht daran interessiert war, Maya zu suchen, deren Standort er mit einem Tracker offenbar hätte nachvollziehen können, erschließt sich nicht. Ebenso unnötig sind Joshuas Prothesen, die mehrmals prominent in Szene gesetzt werden, aber für die Geschichte keine Auswirkung in irgendeiner Art und Weise entfalten. Dass das Finale aus einer ganzen Reihe von Zufällen besteht, ohne die die Figuren nie dort ankommen würden, wo sie hin wollen, ist nur ein Schwachpunkt des letzten Akts. Schwerer wiegt, dass sich Alphie und Joshua offenkundig auf einer Station auskennen, in der sie nie zuvor waren, und dass ein verkrampft versöhnlicher Abschied eine Figur betreffend eingewoben wird, obwohl diese zuvor bereits ihren Frieden gefunden hat.

Das klingt in vielerlei Hinsicht negativer, als es gemeint es ist, doch es unterstreicht den Eindruck, dass die Vorlage für Gareth Edwards’ Science Fiction-Film weit weniger in sich stimmig ist, als es auf den ersten Blick den Anschein erweckt. Sieht man im Gegenzug dazu, wie detailreich viele Elemente auf dem Weg dorthin sind, wie interessant die grundlegende Prämisse und wie vielseitig die Möglichkeiten, an dem Ende anzukommen, das die Verantwortlichen offenbar beabsichtigt hatten, dann erscheint der gewählte Weg bei weitem nicht der beste gewesen zu sein. Das ist vor allem in Anbetracht der Präsentation und der Möglichkeiten schlicht schade.


Fazit:

Viele, auch nur nebenbei eingestreute Aspekte von Gareth Edwards’ dystopischer Zukunftsvision sind überraschend und gut gelungen. Dass er eine Welt vorstellt, in der Menschen für KI arbeiten und nicht umgekehrt beispielsweise. Unzählige Verweise an Genregrößen wie Terminator 2 – Tag der Abrechnung [1991] werden Fans ebenso freuen wie ein überragendes Design jener Welt, in der der Konflikt kurz vor dem Ende steht, aber auf zwei unterschiedliche Arten und Weisen enden kann. Die Bilderauswahl, der Look und die Trickeffekte sind fantastisch, doch so originell und einfallsreich dies alles scheint, die Elemente wirken durchweg bekannt und die Zusammenstellung nicht immer gelungen. Die Erzählung verläuft stets nach demselben Schema, der Road Trip, der keine wirkliche Richtung besitzt, weshalb man nicht weiß, welche Hindernisse zwischen Joshua, Alphie und ihrem Ziel stehen, wird wiederholt durch Actionmomente unterbrochen. Das ist weniger packend als erhofft und nach der ruhigen, detailreichen Vorstellung dieser Gesellschaft in den ersten beiden Dritteln, verschiebt das Drehbuch das Finale an viele neue Orte und präsentiert Eindrücke, bei denen man nicht weiß, wie diese Welt überhaupt funktionieren soll, oder was hier möglich ist. Das gezeigte Universum sollte jedoch zu Beginn und in der Mitte vorgestellt bzw. erweitert werden, anstatt das Publikum am Ende in kürzester Zeit mit etwas vollkommen Neuem zu überrollen. Mit einem gehetzten wie aufgesetzten Schluss enttäuscht The Creator durch eine Erzählung, bei der das Konzept zwar interessant erscheint, aber weder durchdacht, noch dessen Umsetzung in letzter Linie stimmig. Genrefans können hier Vieles entdecken und trotzdem enttäuscht werden.