Mina und die Traumzauberer [2019]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 8. Februar 2020
Genre: Animation / Fantasy

Originaltitel: Drømmebyggerne
Laufzeit: 80 min.
Produktionsland: Dänemark
Produktionsjahr: 2020
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung

Regie: Kim Hagen Jensen
Musik: Kristian Selin Eidnes Andersen
Stimmen: Emilie Koppel, Caroline Vedel Larsen, Rasmus Botoft, Martin Buch, Ditte Hansen, Mie Lerdam, Stig Hoffmeyer, Alberte Winding, Kim Hagen Jensen, Morten Kamuk Andersen


Kurzinhalt:

Als Mina (Emilie Koppel) von ihrem Vater John (Rasmus Botoft) erfährt, dass dessen neue Verlobte Helene (Ditte Hansen) zusammen mit ihrer Teenager-Tochter Jenny (Caroline Vedel Larsen) bei ihnen einziehen wird, wird Minas Leben auf den Kopf gestellt. Da sich Jenny nicht nur als unausstehlich herausstellt, sondern sogar Minas Meerschweinchen aus dem Haus ekeln will, beschließt Mina, etwas zu unternehmen. Da sie herausgefunden hat, dass Träume von den Traumzauberern gebaut werden und sie mit ihrem Traumbauer Gaff (Martin Buch) auch Träume beeinflussen kann, überredet sie Gaff, auf Jennys Persönlichkeit in den Träumen einzuwirken. Anfangs sieht es sogar so aus, als würde es Mina gelingen, ihre Stiefschwester zu verwandeln – doch als sie erfährt, dass Jenny hinter Minas Rücken über sie lästert, ist Mina darauf aus, es ihr heimzuzahlen. Doch dabei schießt Mina übers Ziel hinaus und wenn es ihr und Gaff nicht gelingt, Jenny rechtzeitig in der Traumwelt zu finden, könnte sie vielleicht nie mehr aufwachen …


Kritik:
Die Filmemacher von Mina und die Traumzauberer beweisen erstaunliches Talent, eine fantasievolle und interessante Welt zu erzeugen, in der Träume nicht einfach entstehen, sondern buchstäblich gebaut werden. Leider lassen sie das Gespür vermissen, daraus eine ebenso einfallsreiche Geschichte zu erzählen. Was sie zeigen, hat das Herz am rechten Fleck, wächst aber nicht oft über das hinaus, was es im Kinderkanal und sonstigen Programmen für das ganz junge Publikum zu sehen gibt.

Dabei beginnt der Film von Kim Hagen Jensen überaus vielversprechend. Die junge Mina wohnt allein mit ihrem Vater in einem im Grünen gelegenen Haus. Weshalb ihre Mutter nicht da ist, lässt die Geschichte lange unklar. Trotzdem hat sich Mina ihre Fröhlichkeit bewahrt und mit ihrem Vater und ihrem Meerschweinchen Viggo Mortensen fehlt ihr im Alltag nichts. Ihr Vater hat zwischenzeitlich eine neue Frau kennengelernt, doch Mina ist nicht begeistert von der Idee, dass die zusammen mit ihrer Tochter Jenny bei ihnen einzieht. Aber es kommt alles schlimmer, als erwartet und Jenny entpuppt sich als Ich-bezogenes, Follower-fixiertes Biest. Da Mina kürzlich entdeckt hat, dass sie die Fähigkeit hat, die Träume von anderen Menschen zu beeinflussen, will sie Jenny auf diese Weise verändern. Als Mina es dabei übertreibt und Jenny droht, nicht mehr aufzuwachen, muss sie in das Reich der Träume reisen, um ihre Stiefschwester zu retten.

Wäre das die Prämisse von Mina und die Traumzauberer und würde sich daraus der Rest des Films entwickeln, würde das überaus einladend klingen – nur beschreibt das bereits zwei Drittel der gesamten Geschichte. Bis es soweit ist, verspielen die Macher viel Zeit mit Momenten um Mina und ihre Familie, ihrem Hamster und Jennys Gemeinheiten. Dabei wiederholen sich die Aussagen zu den Figuren und auch die Einblicke in die Welt der Traumzauberer. Die werden das Zielpublikum eher interessieren als die Botschaft bezüglich Jenny, dass Social Media-Likes nicht so wichtig sind wie die Menschen um einen herum. Das ist zwar ebenso richtig und wichtig, betrifft aber in der Regel etwas ältere Zuschauerinnen und Zuschauer. In der einfallsreichen Traumwelt können sich dabei alle Altersgruppen verlieren. Was wäre also naheliegender, als einen Großteil der Geschichte hier anzusiedeln? Die Ausflüge hierher sind zahlreich, die Rettungsmission allerdings recht kurz geraten, wobei sich gerade hieraus eine interessante Geschichte um Mina und den blauen Traumzauberer Gaff hätte erzählen lassen. Dessen namenlose kleine Helfer, die die Landschaften der Träume auf den jeweiligen Bühnen der Träumenden bauen, sind zweifelsohne ein Highlight und man würde gern mehr Zeit mit ihnen verbringen. Auch dank des gelungenen Designs.

Nur wächst die Geschichte von Mina und die Traumzauberer selten über das Niveau der ersten 15 Minuten hinaus und auch die charakterlichen Entwicklungen ergeben sich im Schnelldurchlauf. Die handwerkliche Umsetzung ist durchaus überraschend. Die Bilder für sich genommen machen einen wohlüberlegten, detailreichen und gelungenen Eindruck, sowohl was die Figuren als auch die Perspektiven anbelangt. Sieht Mina zu Beginn ihre Eltern in den in den Wolkenformationen im Traum, offenbart das einen Einblick in ihre Wünsche, die später nie in der Form wieder ausgesprochen werden. Farbenfroh, facetten- und abwechslungsreich präsentiert sich Minas Welt, die wirkliche und die Traumwelt. Hierzu tragen auch die gelungene Musik und der ebenso passende Ton des Films bei. Andererseits wollen die Bewegungen der Figuren dazu manchmal nicht so recht passen. Sie bewegen sich ebenso wie manche Dinge, als gäbe es keine Schwerkraft, als besäßen sie keine Masse oder als würde es sich um Zeitlupenaufnahmen handeln, wenn sie gehen, springen oder sich drehen.

Dass das Zielpublikum auf so etwas achten wird, darf sicherlich bezweifelt werden. Aber auch ganz junge Zuseherinnen und Zuseher werden sich wünschen, dass der Film mehr Zeit mit den sonderbaren Figuren in der Traumwelt verbringt. Dass sich Filmemacher Kim Hagen Jensen ganz offensichtlich was das Design des Films als auch die Figuren anbelangt, an den großen Animationsvorbildern wie Pixar orientiert, ist kein Kritikpunkt. Von einem rein technischen Aspekt können zahlreiche Einstellungen auch durchaus damit mithalten. Die Tiefenschärfe ist teils verblüffend, die Oberflächen mitunter ebenso und die Traumwelt an sich entwickelt einen ungeheuren Reiz. Dass Mina und die Traumzauberer nicht mehr dort stattfindet, sondern in der wirklichen Welt, ist am Ende doch etwas schade.


Fazit:
Hört man die Story für sich, klingt sie durchaus einladend und interessant: Ein Mädchen, das in der Lage ist, Träume zu manipulieren und das versucht, ihrer fiesen neuen Stiefschwester eine Lektion zu erteilen. Doch ist das tatsächlich nur die halbe Wahrheit, denn an dem Schlamassel, den sie anschließend zu korrigieren versucht, trägt Mina selbst die Schuld. Insofern soll das Animationsabenteuer sowohl für sie als auch für ihre auf Soziale Medien geeichte Schwester Jenny eine Botschaft bereithalten. Doch gerade bei ihr scheint der Lernprozess eher gewollt, statt natürlich und die Erwachsenen haben hier kaum etwas zu tun. Die faszinierenden Figuren der Traumzauberer selbst werden nicht weiter beleuchtet und auch die einfallsreiche Welt der Träume wird zu wenig erkundet. Hier verschenkt Mina und die Traumzauberer Potential und bleibt daher am Ende nur für ein ganz junges Publikum fesselnd. Die Bilder an sich sind farbenfroh und gut konzeptioniert, versuchen aber mit Tanzeinlagen und riesigen Meerschweinchen offensichtlich, das Zielpublikum für sich einzunehmen. Eine unterschwellige Botschaft für ein jugendliches oder ein älteres Publikum sucht man vergebens. Das macht den Fantasy-Film, der mehr Drama als Abenteuergeschichte ist, am Ende unnahbarer, als er sein müsste. Dank der richtigen Aussagen und der tollen Optik jedoch, sollte hier die ganze Familie gut aufgehoben sein.