John Wick: Kapitel 4 [2023]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 3. September 2023
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: John Wick: Chapter 4
Laufzeit: 169 min.
Produktionsland: Deutschland / USA
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ab 18 Jahren

Regie: Chad Stahelski
Musik: Tyler Bates, Joel J. Richard
Besetzung: Keanu Reeves, Donnie Yen, Bill Skarsgård, Shamier Anderson, Laurence Fishburne, Hiroyuki Sanada, Ian McShane, Lance Reddick, Rina Sawayama, Marko Zaror, Scott Adkins, Clancy Brown, Natalia Tena


Kurzinhalt:

Mehr als ein halbes Jahr ist vergangen, seit John Wick (Keanu Reeves) der Hohen Kammer Rache geschworen hat. Seither trainiert er unter dem Schutz des Bowery King (Laurence Fishburne) in New York. Nachdem John die eine Person ausgeschaltet hat, die über der Hohen Kammer sitzt, beruft diese den Marquis Vincent Bisset de Gramont (Bill Skarsgård) ein, um Wick zu töten. Dafür schließt er im ersten Zug das Continental in New York, weswegen Wicks Freund und Manager des Hotels, Winston Scott (Ian McShane), exkommuniziert wird. Dem Leiter des Continental in Osaka, Koji (Hiroyuki Sanada), den eine lange Freundschaft zu John verbindet, soll es ähnlich ergehen, als John Koji aufsucht. Doch unerwartete Hilfe erhält Wick durch den mysteriösen Tracker, der sich Mr. Niemand (Shamier Anderson) nennt und seine eigenen Ziele verfolgt. Anders, als der blinde Attentäter Caine (Donnie Yen), den der Marquis gegen dessen Willen rekrutiert. Um dem ein Ende zu setzen, ersinnt John mit Winstons Hilfe einen Plan, doch dafür muss John sich zuerst mit seiner Familie versöhnen …


Kritik:
Beinahe 10 Jahre, nachdem er auszog, um den Diebstahl seines Wagens und den Tod seines Hundes zu rächen, kommt die Reise des berüchtigten Attentäters John Wick in John Wick: Kapitel 4 zum Ende. Dabei gelingt Filmemacher Chad Stahelski nicht nur einmal mehr eine handwerklich aufwändige Aneinanderreihung haarsträubender Actionszenen, sondern auch eine insgesamt berauschend schön in Szene gesetzte Gangsterballade. Überlang und exzessiv ist sie dennoch.

Reihten sich die Geschehnisse der vorigen Filme beinahe unmittelbar aneinander, sind seit dem Ende von John Wick: Kapitel 3 [2019] nunmehr acht Monate vergangen, in denen Wick nicht nur geschworen hat, die Hohe Kammer dem Erdboden gleichzumachen, sondern auch die Zeit hatte, seine Verletzungen zu versorgen. Wieder bei Kräften, erklärt er der Kammer mit einer wirkungsvollen Demonstration den Krieg, was zur Folge hat, dass diejenigen, die Wick bislang freundschaftlich gegenüberstanden, nun ins Visier der Kammer geraten. So beginnt der von der Kammer bestellte, mit uneingeschränkten Ressourcen und Macht ausgestattete Marquis Vincent Bisset de Gramont damit, diejenigen, die Wick am nächsten sind, aufzuspüren. Das New York Continental wird geschlossen, Manager Winston Scott exkommuniziert und als John gerade den befreundeten Leiter des Osaka Continental, Koji, besucht, wird auch dieses vom Marquis angegriffen. Johns einzige Möglichkeit, dem ein Ende zu bereiten, scheint, wenn er den Marquis zum Duell herausfordert, wie es die Regeln der Hohen Kammer erlauben. Dafür müsste John Teil einer anerkannten Familie sein, doch die hat ihn zuletzt verstoßen.

In dieser Hinsicht greifen zahlreiche der Regeln ineinander, die die vorigen Teile der Reihe um die Gangsterunterwelt der Hohen Kammer vorgestellt haben. Zwar bleibt immer noch der Eindruck, als würden sich die Verantwortlichen bei Kapitel 4 die Regeln ausdenken, während sich die Geschichte entfaltet und über die Kammer selbst erfährt man kaum mehr, als bislang. Doch diese Welt wirkt größer als die zentralen Figuren, die hier erneut versuchen, sich gegenseitig das Leben zu nehmen. Zu denen zählt unter anderem der blinde Attentäter Caine, den der Marquis gegen dessen Willen rekrutiert, und Mr. Niemand, der eigene Ziele zu verfolgen scheint. Dass diese wenigen Charaktere überhaupt Namen zugewiesen bekommen, während die kaum zählbare Menge an Widersachern, die sich John Wick in den Weg stellt, oftmals sogar uniform gekleidet ist, unterstreicht bereits, welchen Sinn und Zweck die Horden an Gegnern tatsächlich erfüllen. Diesbezüglich bleibt Regisseur Stahelski der Reihe treu und präsentiert letztlich nicht viel mehr als ein filmisches Gegenstück zu einem Shooter-Videospiel.

Egal, wo sich John Wick den Schurken gegenübersieht, sie prasseln in Wellen auf ihn ein, so dass er sich ihrer Stück um Stück entledigen muss, ehe schließlich ein Endgegner auf ihn wartet. Dabei übertönen die Verantwortlichen (durchaus erfolgreich), dass es Aspekte der Geschichte gibt, die trotz der beinahe dreistündigen Laufzeit keinen Sinn ergeben. Weshalb John zu Beginn überhaupt das Osaka Continental aufsucht, wird nie geklärt, und auch die wahren Absichten von Mr. Niemand kann man sich bestenfalls zu erschließen versuchen. Auch ändert sich Johns Ziel mitten in der Geschichte. Zu Beginn noch darauf aus, die Hohe Kammer zu zerstören, lässt er davon irgendwann ab und würde sich wieder damit begnügen, die Kammer würde ihn aus seinen Verpflichtungen entlassen. Was er jedoch mit seiner wiedergewonnenen Freiheit anfangen würde, erläutert die Story nicht. John Wick ist eine Figur, die so sehr von dem Wunsch nach Vergeltung geprägt ist, dass man sich durchaus fragt, was er überhaupt mit seiner Zeit anfangen würde, hätte er sein Ziel erst einmal erreicht. Das mag auch daran liegen, dass er mit gerade einmal 380 Wörtern, die er hier sagt, als Charakter nicht wirklich ausgearbeitet ist. Umso hochtrabender klingen hingegen die bedeutungsschwangeren Dialoge der übrigen Beteiligten.

Dafür entschädigt John Wick: Kapitel 4 mit einer Präsentation, die einnehmender kaum sein könnte. Die teilweise verblüffenden Stunts und Choreografien, die bedeutend länger und komplexer sind, als bei vielen anderen Genrefilmen, sind überragend in Szene gesetzt. Farben und Perspektiven der unterschiedlichen Örtlichkeiten, allen voran in Osaka und Paris, sind geradezu atemberaubend. Es ist ein wahrer Bilderbuchreigen, der das Publikum erwartet, bis hin zu Sehenswürdigkeiten, die dem Gezeigten noch eine zusätzliche Eleganz verleihen. Sei es die Sequenz am Arc de Triomphe in Paris, der sisyphusartigen Auseinandersetzung am seitlichen Treppenaufgang zur Basilika Sacré-Coeur de Montmartre oder die kopfüber gefilmte Sequenz, die bedauerlicherweise nicht so flüssig endet, wie sie beginnt. Es sind Einstellungen, die verblüffen, selbst wenn von vornherein feststeht, dass John Wick als Sieger aus den Konfrontationen hervorgehen wird. Umso offensichtlicher werden insbesondere beim Finale hingegen die Trickeffekte, die offenbaren, dass die Verantwortlichen nicht immer an Originalschauplätzen drehen konnten. Es ist ein kleiner Wermutstropfen in Anbetracht der ansonsten atemberaubenden Optik.

Nachdem John Wick: Kapitel 4 im Kino den Erfolg seiner drei Vorgänger durchweg in den Schatten gestellt hat, erscheint der vierte Teil der Actionfilmreihe im Verleih von LEONINE Studios für den Heimvideobereich als DVD, Blu-ray wie auch 4K Ultra-HD und digital. Die vorliegende 4K Ultra-HD bietet dabei alles, was Fans der Reihe erhoffen können. Präsentiert in HDR und Dolby Vision, ist die Bildqualität schlicht überragend, wobei ein deutsches Bildmaster vorliegt, die Untertitel damit fest vorgegeben sind (darüber hinaus liegen keine englischen Untertitel vor). Die Farben, beispielsweise bei der Sequenz in Osaka, springen förmlich über, Highlights wie Scheinwerferlichter scheinen beinahe zu grell. Hinzu kommen eine Schärfe und Plastizität der Szenen, die nicht nur Texturen auf der Kleidung der Figuren vermitteln, sondern in manchen Momenten mit einem sanften Bokeh Effekt den Eindruck vermitteln, man würde eine 3D-Präsentation sehen, so beispielsweise bei der Sequenz in der Disco in Berlin beim Wasserfall. Die 4K Ultra-HD-Disc ist schlicht eine Augenweide, ergänzt durch einen kraftvollen Soundmix (Deutsch und Englisch) in Dolby Atmos, der den Subwoofer jedoch nicht derart beansprucht, wie es bei anderen Genrefilmen der Fall ist. Lobenswert ist die Einbindung einer deutschsprachigen Hörfilmfassung und auch Untertitel für hörgeschädigte Menschen sind verfügbar. In insgesamt 11 Featurettes erläutern die Verantwortlichen den Entstehungsprozess der aufwändigen Actionmomente und neben Trailern zu anderen Filmen sind hier erfreulicherweise auch zwei Kinotrailer zum Film enthalten, wenn auch nur auf deutsch. Einen Audiokommentar sucht man indes bedauerlicherweise vergebens. Nichtsdestotrotz dürften Fans des Films mit der vorliegenden Heimvideoveröffentlichung mehr als zufrieden sein – nicht nur für Sammelfreudige interessant, ist die Ausgabe als limitiertes Steelbook®.


Fazit:
Es ist gewisser Hinsicht bedauerlich, dass die Verantwortlichen der Linie der ersten 45 Minuten nicht treu bleiben, in denen Wick nach der Auseinandersetzung in Osaka sichtlich angeschlagen ist. Es würde seinen Kampf gegen die Hohe Kammer bedeutend packender machen. Doch spätestens, wenn sie in Berlin angekommen ist, ist die Titelfigur einmal mehr unverwundbar. Kugeln, die an seinem Anzug abprallen, können ihm ebenso wenig anhaben, wie Tritte, Schläge oder Stürze aus 10 Metern Höhe. Zusammen mit seiner nicht enden wollenden Munition verleiht dies der Action und Gewalt etwas Comicartiges, wozu auch die teilweise verspielte Art beiträgt, in der die gesichtslosen Schergen, die wie Kanonenfutter auf ihn zustürmen, das Zeitliche segnen. Es ist vielleicht die einzige Art, mit der schieren Menge der Gewalt und gezeigten Brutalität umzugehen. Filmemacher Chad Stahelski fängt die Metzelei in – so seltsam es klingt – wunderschönen Bildern ein. Licht und Schatten werden toll genutzt, die Farben sind fantastisch und die Bilder selbst teilweise eine Augenweide. Handwerklich durchweg beeindruckend, kann man den schieren Aufwand hinter der Stuntarbeit, besonders bei den langen Einstellungen, kaum genug loben. Doch das ändert nichts daran, dass John Wick: Kapitel 4 überlang präsentiert ist, bis hin zur Szene nach dem Abspann. Inhaltlich aufgebläht, sind sowohl die Dialogmomente wie auch die ausufernden Actionsequenzen selbst viel länger, als sie sein müssten, ehe sich das Gezeigte zu wiederholen beginnt. Das macht den Film insgesamt, so eindrucksvoll er dargebracht ist, trotz allem ermüdend. Bleibt zu hoffen, dass John Wicks Reise mit diesem Finale mit Westernanleihen abgeschlossen bleibt, verdient hätte er es.



Die 4K Ultra HD-Disc-Veröffentlichung von John Wick: Kapitel 4

Wertung der Disc: 5.5 von 6 Punkten

Features der 4K Ultra HD Blu-ray
Tonspuren  • Deutsche Hörfilmfassung
 • Deutsch, Englisch: Dolby Atmos
Untertitel Deutsch, Deutsch für Hörgeschädigte
Extras  • Chad and Keanu: Through Wick and Thin* (6 min.)
 • Train Like a Killer* (6 min.)
 • Making a Killing* (6 min.)
 • The Psychology of a Killer* (5 min.)
 • The Blind Leading the Fight* (9 min.)
 • Suit Up / Shoot Up* (6 min.)
 • Packing a Punch* (5 min.)
 • One Killer Shot* (3 min.)
 • Killing at the Speed of Traffic* (10 min.)
 • A Shot in the Dark* (6 min.)
 • In Honor of the Dead* (5 min.)
 • 2 Trailers zum Film (nur deutsch)
 • Trailershow

* Deutsche Untertitel verfügbar (standardmäßig aktiviert)

John Wick: Kapitel 4-Packshot John Wick: Kapitel 4
ist ab 15. September 2023 digital,
als DVD, Blu-ray und 4K Ultra HD Blu-ray
von LEONINE Studios erhältlich!
Urheberrecht des Bildes liegt bei
LEONINE Studios / Lionsgate.
Verwendet mit freundlicher Genehmigung.