Die Truman Show [1998]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 30. Juli 2023
Genre: Unterhaltung / Drama

Originaltitel: The Truman Show
Laufzeit: 103 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1998
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Peter Weir
Musik: Burkhard von Dallwitz
Besetzung: Jim Carrey, Laura Linney, Ed Harris, Noah Emmerich, Natascha McElhone, Holland Taylor, Brian Delate, Paul Giamatti, Una Damon, Peter Krause, Harry Shearer, Philip Baker Hall, Joel McKinnon


Kurzinhalt:

Truman Burbank (Jim Carrey) lebt ein gewöhnliches Leben. Der Versicherungsvertreter ist glücklich mit Meryl (Laura Linney) verheiratet, hat ein Haus im beschaulichen Küstenort Seahaven Island und geht seinem geregelten Alltag nach. Seine Heimat hat Truman nie verlassen, zu schwer wiegt ein Kindheitstrauma, als sein Vater Kirk (Brian Delate) vor seinen Augen ertrunken ist, so dass Truman nicht einmal eine Brücke überqueren kann. Was er nicht ahnt, sein ganzes Leben ist eine große Fernsehsendung, seine Heimat nur die Kulisse in einem riesigen Studio. Selbst Meryl und sein bester Freund Louis (Noah Emmerich) sind lediglich bezahlte Schauspieler. Aber nicht nur, dass Truman zunehmend den Drang verspürt, ans andere Ende der Welt zu reisen, um sich auf die Suche nach seiner ersten großen Liebe, Lauren (Natascha McElhone) zu machen, die Seahaven überstürzt verlassen musste, es häufen sich seltsame Vorfälle, die Truman skeptisch machen. So greift Showrunner Christof (Ed Harris), der im Hintergrund mit seinem Team die Fäden zieht, zu immer drastischeren Mitteln, Truman auf der Insel zu behalten, während ein Milliardenpublikum an den Fernsehbildschirmen mitfiebert …


Kritik:
Peter Weirs Die Truman Show ist ein so unterhaltsames wie lehrreiches Drama über inszenierte Realitäten im Allgemeinen, Reality-TV im Speziellen und was dies mit den Menschen anrichtet, die es porträtiert. Teils eine bitterböse Mediensatire, die auch das Publikum nicht ausnimmt, ist der Film für die heutige Zeit prophetischer, als er womöglich beabsichtigt war. Mit einer der besten Darbietungen Jim Carreys überhaupt, ist dies nicht nur ein Klassiker. Es ist ein Film, dessen Botschaft damals wie heute überwiegend ungehört verhallt.

Im Zentrum der prägnant erzählten Geschichte steht Truman Burbank, der, ohne es zu wissen, in einer künstlichen Welt aufwächst. Er ist seit seiner Geburt der Star einer Fernsehserie, der Titel gebenden „Truman Show“, die 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche ausgestrahlt wird, ohne Unterbrechung. Gefilmt mit versteckten Kameras, befindet sich Trumans Heimat, Seahaven Island, in Wirklichkeit in einer riesigen Kuppel. Es ist ein Fernsehstudio, das Tag und Nacht ebenso simuliert, wie Wetterereignisse. Sämtliche Personen dort sind Darstellerinnen oder Komparsen. Alle, bis auf Truman, der ein gewöhnliches Leben als Versicherungsvertreter führt, mit Meryl verheiratet ist, und sich eigentlich keine großen Sorgen machen muss. Auf Grund eines traumatischen Kindheitserlebnisses hatte er nie das Bedürfnis, Seahaven zu verlassen, doch inzwischen bekommt er Fernweh. Sehr zum Missfallen seines besten Freundes Louis und des Erfinders der Show, Christof, der sich etwas einfallen lassen muss, Truman vor Ort zu behalten.

Unterbrochen wird die Erzählung immer wieder mit Perspektivwechseln zum Publikum, das die Show mitunter seit der ersten Folge vor beinahe 30 Jahren verfolgt, oder zu den Verantwortlichen in der Studioleitung. Darunter auch dem von Ed Harris toll verkörperten Christof, der sehr auf seine Privatsphäre bedacht ist, während er Truman seine vollständig genommen hat. Da es keine Werbeunterbrechungen gibt, wird die Werbung durch die übrigen Personen in Seahaven vorgetragen, während sie mit Truman sprechen. Die Truman Show ist voll von solch satirischen Momenten und sieht man, wie die Illusion zunehmend Risse bekommt, wenn beispielsweise ein Leuchter der Studiokuppel unweit von Truman zu Boden kracht, oder er hinter die Fassade des Studios blickt, gönnt man ihm, dass er den Betrug, der sein ganzes Leben durchzieht, durchschaut.

Aber nicht nur diese Situationen lassen bei Truman den Verdacht aufkommen, dass etwas nicht stimmt. Es scheint ihm nicht möglich, die Insel zu verlassen, selbst, wenn er dabei sein Leben aufs Spiel setzt. Auf der Suche nach einer ehemaligen Mitschülerin, in die er sich einst verliebte und die wie vom Erdboden verschwunden ist, entdeckt er Unstimmigkeiten, die ihn zunehmend verzweifeln lassen. Führt man sich vor Augen, was Truman Burbank gegen sein Wissen – und seinen Willen – angetan wurde, gewinnt auch Jim Carreys ergreifende, weil mitunter für ihn ungewohnt subtile Darbietung ungemein hinzu. Bewusst traumatisiert, ein Leben lang belogen, selbst von den Menschen, die ihm am vertrautesten sind, ist er eine überaus tragische Figur. Sein Blick, seine Sehnsucht nach einer Erklärung und seine Bereitschaft, für Antworten auf seine Fragen alles zu opfern, unterstreichen, wie groß seine Verzweiflung tatsächlich ist. So überzogen manche Slapstickeinlagen sind, es sind die leisen Momente in Die Truman Show, die Carreys Bandbreite unterstreichen.

Filmemacher Peter Weir trägt die Inszenierung dieses Lebens Stück um Stück gelungen ab, angesiedelt in einer idyllischen Kleinstadt und mit einem Blick auf das Publikum, das einerseits verurteilt, was mit Truman geschieht, aber durch das Zusehen selbst die Maschinerie am Laufen hält. Insbesondere im letzten Drittel werden jedoch gleich mehrere inhaltliche Aspekte angeschnitten, aber nicht fortgeführt. So führt Die Truman Show eine neue, mögliche Liebschaft für Truman ein, die aber letztlich keine Rolle mehr spielt, und auch wie Truman selbst mit dem Wissen um den Betrug seiner Vertrauten umgeht, bleibt unausgesprochen. Hier hätten zehn bis 15 Minuten mehr der Story nicht geschadet, um die Kernaussagen der Geschichte herauszustellen. Doch das schmälert nicht, wie tadellos und eindrucksvoll leichtfüßig der Film insgesamt gelungen ist. Ein Klassiker.


Fazit:
In gewisser Hinsicht fehlt Peter Weirs Erzählung ein klärender Moment am Ende, in dem verständlich gemacht wird, was die ständige Sendung von Trumans Leben für ihn tatsächlich bedeutet. Keine Privatsphäre zu haben, keine wirkliche Vertrauensperson, die nicht darum bemüht ist, sich selbst darzustellen. Ebenso, dass diese vermeintliche Realität letztlich doch nicht mehr ist, als eine riesige Inszenierung, die mit der Wirklichkeit bis auf den Schein kaum etwas gemein hat. Bis hin zur ständig präsenten Werbung, die das Publikum verleiten und blenden soll. Gerade das ist letztlich nur oberflächlich am Schicksal hinter der Sendung interessiert. Gerade heute, in einer Zeit, in der sich ein Großteil der Menschheit tagein tagaus in den Sozialen Medien selbst inszeniert, unkaschiert als Werbemaskottchen ein Millionenpublikum mit Produkten und einem scheinbar perfekten Leben blendet, wären das lehrreiche Lektionen. Diese Aussagen sind allesamt vorhanden, müssen aber durch ein aufmerksames Publikum herausgelesen werden. Das erwartet in Die Truman Show eine teils böse, teils toll überzeichnete Satire, die sowohl die Medienlandschaft als auch die Zuschauerinnen und Zuschauer ins Visier nimmt. Das auf eine zugängliche und charmante Art und Weise. Nicht nur auf Grund der tollen, nachdenklichen Zwischentöne heute ebenso sehenswert und in den Aussagen geradezu schmerzhaft zutreffend.