MaXXXine [2024]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 28. Juni 2024
Genre: Horror / Krimi

Originaltitel: MaXXXine
Laufzeit: 103 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 18 Jahren

Regie: Ti West
Musik: Tyler Bates
Besetzung: Mia Goth, Elizabeth Debicki, Moses Sumney, Giancarlo Esposito, Kevin Bacon, Michelle Monaghan, Bobby Cannavale, Halsey, Lily Collins, Sophie Thatcher


Kurzinhalt:

Die 32jährige Maxine Minx (Mia Goth) weiß, dass ihre Tage im Erwachsenenfilmgeschäft endlich sind und ist fest entschlossen, alles zu tun, das notwendig ist, um den Durchbruch als respektierte Schauspielerin zu schaffen. Im Jahr 1985 setzt sie sich beim Vorsprechen für die Rolle eines umstrittenen Horrorfilms gegen ihre Konkurrentinnen durch. Die Fortsetzung wird von Gläubigen boykottiert, die die Gewaltverherrlichung und Sexualisierung Hollywoods anprangern. Gegen Vorurteile kämpft auch Filmemacherin Elizabeth Bender (Elizabeth Debicki) an, die Maxine um jeden Preis in diesem Film haben will. Gleichzeitig wird Los Angeles von einem brutalen Frauenmörder, genannt der „Night Stalker“, terrorisiert. Als Privatdetektiv Labat (Kevin Bacon) für seinen unbekannten Auftraggeber Maxine nachstellt, nimmt diese die Hilfe ihres ebenfalls wenig zimperlichen Agenten Teddy Knight (Giancarlo Esposito) in Anspruch. Doch Maxine muss er kennen, dass nicht nur Labat Interesse an ihr zeigt. Es scheint, als habe es der Night Stalker auf Menschen in ihrer Umgebung abgesehen …


Kritik:
Der dritte Teil von Ti Wests Slasher-Filmreihe X, ist eine Fortsetzung zu dessen erstem aus dem Jahr 2022 und folgt Hauptfigur Maxine in das Jahr 1985, wo diese zwar als Darstellerin in der Erwachsenenunterhaltung bekannt ist, nun aber den Durchbruch als Schauspielerin sucht, während in Los Angeles ein Frauenmörder sein Unwesen treibt. Mitunter unerwartet grafisch brutal, richtet sich MaXXXine zwar an ein Publikum, das mit den vorigen Filmen vertraut ist, seinem roten Faden folgt der Filmemacher jedoch nicht konsequent genug.

Was ihm allerdings außerordentlich gut gelingt, ist das Flair der 1980er-Jahre einzufangen, sei es durch die fantastische Songauswahl, die Kleidung oder Frisuren, Farben und die zu jener Zeit passende Technik. In Los Angeles ist Maxine Minx, an sich Maxine Miller, ein bekannter Name. Oder besser, ein bekanntes Gesicht. Überall wird sie von ihrem Publikum erkannt, doch Hollywood-Produzenten scheuen sich, sie zu besetzen. Selbst für die Fortsetzung eines von streng Religiösen als blasphemisch und gewaltverherrlichend verurteilten Horrorfilms sei es zu gewagt, eine Pornodarstellerin zu casten. Doch Regisseurin Bender setzt sich durch und will Maxine den Demonstrationen vor den Studiotoren zum Trotz eine Chance geben. Das gesamte Showbusiness befindet sich in Aufruhr. Künstlerinnen und Künstler werden für ihre (vermeintlich) aufrührerischen oder kontroversen Werke angegriffen, währen die Stadt der Engel von einem Serienmörder heimgesucht wird, der als „Night Stalker“ bekannt ist und Frauen in augenscheinlich satanischen Ritualen grausam zurichtet. In diesem Umfeld sucht Maxine ihren Durchbruch und weiß sich, auf Grund dessen, was ihr widerfahren ist, durchaus zu wehren. Offenbar hat es der Night Stalker auf Menschen in Maxines Umkreis abgesehen und als dieser ihr Nachrichten zukommen lässt, kann sie sich nicht länger unbeteiligt geben.

Bis es allerdings soweit ist, nimmt sich Regisseur Ti West viel Zeit. Zeit, die er auch mit Nebenhandlungen und -figuren verbringt, die kaum eine oder gar keine Rolle im weiteren Verlauf spielen. So bittet Maxine einen in einer Videothek arbeitenden Freund, herauszufinden, woher das VHS-Band stammt, das sie vom Night Stalker bekommen hat, doch wird diese Nachforschung nie wieder aufgegriffen. Auch die beiden Polizisten, verkörpert von Michelle Monaghan und Bobby Cannavale, erwecken den Eindruck, als sollte MaXXXine einen gewissen Krimiaspekt beinhalten, aber sie sind am Ende kaum mehr als fünf Minuten zu sehen. Dafür trifft Maxine gleich mehrmals auf Figuren, unter anderem den von Kevin Bacon gespielten, schmierigen Privatdetektiv Labat, die ihr sämtliche Hintergründe und Zusammenhänge in jeweils einem langen Monolog erläutern. Das ist nicht nur wenig mitreißend, sondern auch ein erzählerisch plakativer Weg, Informationen vorzustellen. Selbst das Porträt des Films im Film mit den Besuchen des Universal Studios Geländes und seinen ikonischen Gebäuden bedient zwar Filmfans und bietet dem Filmemacher die Möglichkeit, Hollywoods Oberflächlichkeit zu unterstreichen. In die eigentliche Handlung ist der Aspekt jedoch nur genauso oberflächlich eingewoben.

Dabei erliegt der Horrorfilm zwar nicht dem Hang, die weibliche Hauptfigur zum Objekt zu degradieren, was ja gleichzeitig beim Blick hinter die Kulissen der Traumfabrik angeprangert wird, beispielsweise wenn Maxine bei ihrem ersten Auftritt ein beeindruckendes Casting absolviert und dafür ein Kompliment erhält, ehe sie ihr Oberteil ausziehen soll, da ihre Rolle gleichermaßen von ihrem Aussehen geprägt sein wird. Nichtsdestotrotz bedient Ti West in ein paar Momenten das Klischee des weiblichen Opfers, dessen Leiden das geneigte Horrorpublikum wohl unterhalten soll. Inhaltlich notwendig sind diese Szenen nicht. Nimmt man diese Eindrücke zusammen, fällt es schwer, MaXXXine tatsächlich einzuordnen. Als nächstes Kapitel im Leben von Maxine spricht das Fans der ersten beiden Teile sicher an, aber die einzelnen Situationen verlaufen in jeweils weit absehbaren Bahnen und Maxines Teilnahmslosigkeit über weite Strecken der Erzählung macht es schwer, mit ihr mitzufiebern, zumal sie selbst erst ganz am Ende in Gefahr gerät und bis dahin gewissermaßen selbst Zuschauerin der Ereignisse ist.

All das ist toll in Szene gesetzt und von Mia Goth stark gespielt. So eindrucksvoll die Ausstattung jedoch ist, sie tröstet nicht darüber hinweg, dass die beiden Aspekte der Geschichte – die Hollywoodkarriere und der Frauenmörder –, selbst wenn sie inhaltlich miteinander verbunden sind, so spät zusammengeführt und mit Maxines Hintergrund verwoben werden, dass man beidem mehr beiwohnt, als davon mitgerissen zu werden. Die Kommentare aufs Showgeschäft und die Traumfabrik sind treffend und die prominent besetzten Nebenrollen veredeln die Erzählung, selbst wenn man sich wünschen würde, Beteiligte wie Lily Collins hätten mehr, als nur einen Gastauftritt. Nichtsdestotrotz ist MaXXXine gleichermaßen mehr auf die Präsentation als die Geschichte fokussiert. Fans der Reihe oder des Genres werden sich daran jedoch kaum stören.


Fazit:
Mit unzähligen Verweisen bis hin zur Stummfilm-Ikone Theda Bara unterstreicht Filmemacher Ti West seine Liebe zum Film und dem Genre gleichermaßen. Dank einer so namhaften wie engagierten Besetzung besitzt er zudem die Freiheit, das Hollywood der 1980er-Jahre nicht nur wiederauferstehen zu lassen, sondern die Eigenheiten des Geschäfts und des Horror-Genres zu demontieren. Maxines Weg in und Blick auf die Traumfabrik sind entblätternd und desillusionierend zugleich. Doch ist der Filmemacher merklich mehr an der detaillierten, geradezu schmierig-schmutzigen Rekonstruktion jener Zeit interessiert, als daran, eine packende Geschichte darin zu erzählen, die nie so komplex gerät, wie einem weisgemacht wird. Die Film-im-Film-Story erinnert an unzählige TV-Serien-Episoden aus jener Zeit und selbst wenn Mia Goth mit einer spürbaren Intensität spielt, der Horror-Aspekt spielt über weite Strecken kaum eine Rolle, während die Szenen selbst absehbar aufgebaut sind. Einzig das bleihaltige Finale fällt dabei aus der Reihe und setzt alledem einen wenig passenden Schlusspunkt. Dennoch, die kompetente und brutale Umsetzung wird Genrefans bieten, was sie erwarten und selbst wenn die Satire nie das Niveau erreicht, das man erhoffen würde, zeichnet sie MaXXXine doch aus.