After Everything [2023]

Wertung: 1 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 12. Mai 2024
Genre: Drama / Liebesfilm

Originaltitel: After Everything
Laufzeit: 93 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Castille Landon
Musik: George Kallis
Besetzung: Hero Fiennes Tiffin, Mimi Keene, Stephen Moyer, Louise Lombard, Josephine Langford, Benjamin Mascolo, Cora Kirk, Rosa Escoda, Jessica Webber, Ella Martine, Laura Dutra, Chance Perdomo, Kiana Madeira, Rob Estes, Arielle Kebbel, Aya Ivanova


Kurzinhalt:

Auch wenn es ihn seine Beziehung zu seiner geliebten Tessa (Josephine Langford) gekostet hat, Hardin Scotts (Hero Fiennes Tiffin) Buch, in dem er ihre Liebe aufbereitet hat, ist ein großer Erfolg. So sehr, dass seine Verlegerin auf einen Entwurf des zweiten Buches wartet, von dem Hardin aber auch nach beinahe einem Jahr noch keinen Satz geschrieben hat. Das Angebot seines leiblichen Vaters (Stephen Moyer), ihm in beruflicher Hinsicht unter die Arme zu greifen, schlägt Hardin aus. Doch als seine Mutter (Louise Lombard) ihm erzählt, dass Nathalie (Mimi Keene), mit der Hardin vor Jahren eine Beziehung hatte, inzwischen in Lissabon ist, entschließt er sich, dorthin zu reisen. Er hofft, dass wenn er es bei Nathalie wieder gutmachen kann, es ihm nicht nur gelingt, seine Schreibblockade zu überwinden, sondern auch Tessa ihm wird verzeihen können. Doch die will nach wie vor nichts von ihm wissen, was Hardin erneut in ein tiefes Loch stürzen lässt …


Kritik:
Mit After Everything präsentiert Filmemacherin Castille Landon nicht nur den fünften (und nach Beteuerungen der Verantwortliche auch letzten) Teil der After-Reihe, sondern den ersten, der nicht auf einer Romanvorlage von Anna Todd basiert. Letztendlich ist dies weder Fluch, noch Segen, immerhin bleibt die inhaltlich konstruierte und gleichermaßen oberflächliche, toxische Liebesgeschichte so platt und fade wie zuvor. Mit der Ausnahme, dass all das nun vor schönerer Kulisse eingefangen ist.

Dabei scheint es in den ersten Momenten gar noch, als wäre Frauenschwarm Hardin Scott nach den geradezu dramatischen Entwicklungen in den letzten Minuten von After Forever [2022] ein Happy End mit seiner Angebeteten Tessa Young vergönnt. Doch die Eindrücke unbändigen Glücks entspringen nicht mehr als Hardins Tagträumerei, der sich, ein Jahr, nachdem Tessa ihn das letzte Mal verlassen hat, weiterhin in Selbstmitleid ertränkt und, viel schlimmer, keine Seite seines neuen Buches zu Papier gebracht hat. Dabei hat er einen Vorschuss vom Verlag erhalten und seine Verlegerin – die aussieht, als hätte sie wie alle anderen Frauen, auf die Hardin trifft, gerade eben einen Abschluss bei einer Model-Akademie erhalten – setzt ihn unter Druck, endlich einen Entwurf abzuliefern. Bei einem Mittagessen mit seinen leiblichen Eltern macht seine Mutter Hardin darauf aufmerksam, dass Nathalie, eine junge Frau, die ebenfalls einmal eine wichtige Rolle in seinem Leben spielte, inzwischen in Lissabon lebt. So packt Hardin, nach einer wenig zielführenden Collage, in der er versucht, seine Schreibblockade abwechselnd mit chic in Szene gesetzten Sportszenen oder schmachtenden Blicken auf Fotos von Tessa zu durchbrechen, seine Sachen und fliegt nach Portugal.

Dort trifft er auf den unumwunden größten Pluspunkt von After Everything: die Szenerie. Denn die wenigstens teilweise in Portugal aufgenommenen Szenen erwecken mit den gewählten Farben und der Architektur eine Natürlichkeit, die den sterilen Studioumgebungen der hochstilisierten und an Katalogeinrichtungen erinnernden Apartments der bisherigen Filme durchweg fehlte. Die Illusion hält wenigstens so lange, bis die Geschichte die urlaubsreifen Bilder in einen Kontext zu rücken versucht. Denn nicht nur, dass in beständiger Regelmäßigkeit Ausschnitte von Tessa oder Hardin und Tessa der vorigen Filme zu sehen sind, Hardin erlebt auch immer wieder Tagträume wie derjenige eines Stelldicheins mit einer Flugbegleiterin. Dass Tessa kaum zu sehen ist, ist wohl dem Umstand geschuldet, dass Schauspielerin Josephine Langford zum Dreh nicht zur Verfügung stand und abseits einer ganz, ganz kurzen Szene lediglich in den letzten 15 Minuten überhaupt Teil des Geschehens ist.

Gleichzeitig wartet After Everything mit einer neuen Figur auf, die bislang noch nie erwähnt wurde, Nathalie. Zur Verdeutlichung der Hintergrundgeschichte springt die Erzählung mehrmals fünf Jahre zurück und zeigt, dass Hardin sie belogen, ausgenutzt, hintergangen und gedemütigt hat, wie später Tessa. Man sollte also meinen, dass wenn er vor ihr steht, ihre erste Reaktion eine Ohrfeige sein wird. Doch nachdem Nathalie Hardin nach ihrem Wiedersehen schlicht weggeschickt hat, ruft sie ihn an und trifft sich mit ihm. Das Gespräch, das sich entfaltet, klingt, als sei nie etwas zwischen den beiden Figuren vorgefallen. Dafür darf sich Herzensbrecher Hardin einmal mehr als derjenige inszenieren, der alles auf sich bezieht. Er ist jemand, der Menschen verletzt und anstatt ihnen zuzuhören, nur immer wiederholt, was er alles falsch gemacht habe. So lässt Regisseurin Landon, die auch das Drehbuch dieser Erweiterung der Geschichte schrieb, die Opfer solcher Handlungen nicht zu Wort kommen, sondern gibt die Kontrolle denjenigen, die sämtliche ihrer Beziehungen mit Toxizität vergiften.

Oder um es anders zu sagen, inhaltlich ist auch beim fünften Teil alles beim Alten. Hardin trifft auf Freunde von Nathalie, die keine Relevanz für die Geschichte besitzen, außer dass sie einen weiteren Grund dafür liefern, weshalb hier Figuren spätestens im Abstand von 10 Minuten Alkohol trinken müssen, ob zum Frühstück, am Strand oder einfach so. Mutproben wie diejenige, der sich Hardin unterwirft, führen ebensowenig irgendwo hin, wie wenn Hardin sich durchringt, einen Smoothie zu probieren. After Everything ist voller Momente, die das Wenige, das das Drehbuch überhaupt zusammenhält, bis zur Durchsichtigkeit in die Länge ziehen. Wer allerdings vermutet, dass Hardin lernen muss, über Tessa hinweg zu kommen, die ihm dies mehrmals in Textnachrichten mitteilt, Nachrichten, die Hardin selbst dann noch weiter eintippt, wenn der Text bereits angezeigt wird, da offenbar selbst hier ein Mindestmaß an Sorgfalt der Produktion noch zu viel verlangt wäre, der irrt. Nach einer einzigen Szene bekommt Hardin schließlich sein Leben in den Griff, kann schreiben, schwört dem Alkohol ab und entschuldigt sich für sein Verhalten. Es ist weniger eine Entwicklung, als eine Wunderheilung, bei der man allein beim Zusehen bereits Kopfschmerzen vom Augenrollen bekommt.

Wie zuvor werden die chicen Aufnahmen von schönen Menschen oder einer traumhaften Stadt mit ebenso konturlosen wie eingängigen Songs unterlegt. Doch das tröstet nicht darüber hinweg, dass was währenddessen geschieht, kaum der Rede wert ist. Nimmt man bereits die ersten 20 Minuten, in denen sich Hardin in Selbstmitleid ertränkt und nichts zu Papier bringt, hätte man dies auch in der Hälfte der Zeit erzählen können. Dies auf eineinhalb Stunden aufzublähen, strapaziert nicht nur die Geduld des Publikums. Mit Figuren, die sich fernab der Realität verhalten, wirkt das Gezeigte mitunter geradezu grotesk und provokant. Es gleicht einem Schlag ins Gesicht für Menschen, die sich aus toxischen Beziehungen gelöst haben, wenn sich die Opfer dieser Beziehung hier beim Täter entschuldigen. Es ist so abstrus, es ist tatsächlich schwer anzusehen.


Fazit:
In vielen Fernsehserien gab es früher wenigstens einmal pro Staffel eine Episode, in der Szenen der vergangenen Folgen in Rückblicken eingestreut waren. So konnten die Verantwortlichen Kosten sparen. Ähnlich scheint es hier. Die ständigen Rückblicke in die vorigen After-Filme sollen kaschieren, dass Josephine Langford als Tessa nicht mehr als einen Gastauftritt feiert. Dass der ihre Figur und was sie Hardin zuvor an Nachrichten gesandt hat, ad absurdum führt, ist beinahe ebenso ärgerlich, wie dass sie als Frau dargestellt wird, die keine Konsequenz hinter ihren Handlungen beweist. All dies führt zu einem erzwungenen Happy End, das ebenso gut (oder schlecht) ans Ende des letzten Films gepasst hätte. Der Umweg, den die Story hier geht, ist so überflüssig wie inhaltlich fragwürdig und mit einer Epilog-Szene versehen, bei der man beinahe unfreiwillig lachen muss. Die Aufnahmen in Portugal sind schön anzusehen, selbst wenn sie einen farblich überzeichneten Werbefilmlook besitzen. Nichtsdestotrotz ist After Everything ganz offensichtlich ein kläglicher Versuch, ohne den Hauch einer sinnvollen Story noch etwas mehr Geld aus einem Franchise herauszupressen, dem bereits nach der ersten Hälfte des ersten Films die Ideen ausgegangen sind. Man kann nur hoffen, dass es wirklich das Ende ist, dann war der öde und langweilige Schlussspurt wenigstens nicht umsonst.