Xaver und sein außerirdischer Freund [1986]

Wertung: 2 von 6 Punkten  |   Kritik von Lars Adrian  |   Hinzugefügt am 18. Dezember 2010
Genre: Komödie / Science Fiction

Laufzeit: 86 min.
Produktionsland: Deutschland
Produktionsjahr: 1986
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Werner Possardt
Musik: Hans-Jürgen Buchner / Haindling
Darsteller: Rupert Seidl, Carlos Pavlidis, Gabi Fischer, Heinz Josef Braun, Marinus Brand, Josef Thalmeier


Kurzinhalt:
Mitten in tiefster bayerischer Provinz wird der geistig nicht sehr helle Xaver (Rupert Seidl) Zeuge, wie seine Diskothek von Maskierten überfallen und in Brand gesteckt wird. Dummerweise erkennt er in Dorf-Brutalo Eberhard (Heinz Josef Braun) und dessen Bande sogar die Verantwortlichen und sucht schleunigst das Weite.
Während der Flucht trifft er im Wald auf einen zwergwüchsigen Außerirdischen (Carlos Pavlidis), der dort notlanden musste und nun aufgrund von Beschädigungen an seinem Schiff die Erde vorerst nicht wieder verlassen kann.
Xaver nennt ihn "Alois" beziehungsweise "Loisl" und nimmt sich seiner an. Zusammen mit der feschen Anni (Gabi Fischer) und anderen urigen Dörflern führt Xaver seinen neuen Freund in die bayerischen Gepflogenheiten samt Dialekt und Bier-Konsum ein, und kann zudem Hubert (Marinus Brand) dafür gewinnen, Loisls Raumschiff zu reparieren.
Unterdessen setzt der durchtriebene Brandstifter Eberhard alles daran, den Verdacht von sich und seinen Leuten abzulenken, und die Tat Xaver anzuhängen. Einzig der Dorfpfarrer (Josef Thalmeier) glaubt noch an Xavers Unschuld.
Auf dem Volksfest zum 100-jährigen Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr kommt es zum großen Showdown.


Kritik:
Nachdem Regisseur und Autor Werner Possardt Anfang der 1980er Steven Spielbergs Welterfolg E.T. - Der Außerirdische [1982] gesehen hatte, setzte sich in seinem Kopf die Film-Idee fest, was denn ein solcher Außerirdischer erleben würde, wäre er in einer ländlichen Gegend Bayerns gestrandet. Es dauerte noch einige Zeit, bis er nach Verfassen eines entsprechenden Drehbuchs auch endlich genügend Geldgeber – einschließlich des ZDF – überzeugen konnte, sein Projekt zu finanzieren.
Xaver und sein sein außerirdischer Freund kam im Oktober 1986 in die deutschen Kinos, rief dort aber zunächst eine eher verhaltene Reaktion hervor: Eine Mehrheit an professionellen Kritikern konnte mit der Mischung aus Heimatfilm und Science-Fiction-Komödie schlicht nichts anfangen, und aufgrund einer nur geringen Anzahl an Kino-Kopien konnten nur wenige Interessenten das Werk tatsächlich sehen. Erst im Laufe der folgenden Jahre auf Video und insbesondere nach der recht erfolgreichen Fernseh-Ausstrahlung 1990 erschloss sich der Film kontinuierlich eine kleine, aber treue Fangemeinde, die schließlich nicht nur eine gelungene DVD-Auswertung 2004, sondern auch zwei sehr gut besuchte Xaver-Filmfestivals in Gessertshausen (2001) und Mittelneufnach (2005) ermöglichten.

Die Inhaltsangabe vermittelt den Eindruck von einer unter Berücksichtigung des Genres ereignisreichen Handlung, die Possardts Arbeit allerdings nicht wirklich auszeichnet. Prinzipiell geht es hier lediglich darum, den merkwürdigen Außerirdischen in groteske Situationen zu bringen, die aufgrund von bayerischen Eigenheiten das Publikum zum Lachen animieren sollen. Manche dieser Momente funktionieren besser als andere, was zugegebenermaßen sicher stark vom persönlichen Geschmack – oder dem aktuellen Alkoholpegel des Zuschauers – abhängt.
Wohlwollend lässt sich festhalten, dass Xaver mit seiner Toleranz-Botschaft und der selbstlosen Aufopferungsbereitschaft des Titel-Helden das Herz am rechten Fleck hat und aus dem offenkundig geringen Budget trotz konventioneller Inszenierung in Bezug auf die Thematik das Maximum herausholt. Und wem beim Anblick des liebevoll gestalteten maßstabsgetreuen Dorf-Modells oder der originellen Raumschiff-Attrappe nicht zumindest ein kleines Schmunzeln über's Gesicht huscht, muss ein Herz aus Stein haben.

Leider ist gerade Rupert Seidl als Xaver eine kleine Enttäuschung, da seine Spontaneität stets gekünstelt, und sein Text emotionslos dargebracht wirkt. Für die Rolle war usprünglich Ottfried Fischer vorgesehen, der kurz vor Drehbeginn wegen Termin-Konflikts absagen musste. Obwohl Fischer heute für seine stoische Miene ziemlich berüchtigt ist, wäre er ohne Zweifel die professionellere Wahl gewesen.
Abgesehen von den Hauptdarstellern verpflichtete Possardt fast ausschließlich Laien, die er auf verschiedenen Bauernbühnen in ganz Bayern fand. Schauspielerisch kann Xaver folglich keine besonderen Akzente setzen, bietet mit seiner Besetzung aber ein angemessen ländliches Flair.
Eine Ausnahme stellt Josef Thalmeier in der Rolle des Dorfpfarrers dar. Er verleiht seinem Part eine süffisante Würde und hat die lustigste Szene im ganzen Film, bei der man sogar herzhaft lachen kann.

Xaver und sein außerirdischer Freund ist Werner Possardts letzte Regie-Arbeit. Bis 2004 war der Filmemacher jedoch immer wieder als Produzent tätig (unter anderem Swimming Pool – Der Tod feiert mit [2001]). Im Dezember 2004 kam Possardt bei der schrecklicken Flutkatastrophe in Asien ums Leben.
Rein handwerklich ist Xaver fraglos kein großer Wurf; Possardt selbst hatte für den nachhaltigen Erfolg des Films und den heutigen Kult um ihn keine richtige Erklärung, sah ihn aber gemäß eines Interviews "seiner Zeit voraus" und auf "gleicher Schwachsinnsebene" wie Der Schuh des Manitu [2001]. Während dies in Bezug auf die Art des Humors und der Geschichte gar nicht mal abwegig erscheint, gibt es aber dennoch einen relevanten Unterschied zwischen beiden Werken: Michael Herbigs Film ist sichtbar hochwertiger inszeniert. Im Vergleich zu Herbigs (T)Raumschiff Surprise – Periode 1 [2004] kann man Xaver indes einen durchaus höheren Unterhaltungswert bescheinigen.


Fazit:
Eine objektive Empfehlung für Xaver und seinen außerirdischen Freund auszusprechen, fällt schwer. Nicht-Bayern/Schwaben dürfte der Kultur-Clash schon sprachlich einige Probleme bereiten, zumal der Film weder inhaltlich, noch in Bezug auf die technische Umsetzung viel zu bieten hat, und der Humor eher schlichter Natur ist.
Wer allerdings schon in Party-Stimmung ist und/oder in der Gegend um Augsburg wohnt oder aufgewachsen ist, in der Xaver vor nunmehr rund 25 Jahren entstanden ist, sollte zumindest aufgrund des Lokalkolorits einen Blick riskieren.