Don’t Worry Darling [2022]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 9. Juli 2023
Genre: ThrillerOriginaltitel: Don’t Worry Darling
Laufzeit: 123 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2021
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Olivia Wilde
Musik: John Powell
Besetzung: Florence Pugh, Harry Styles, Olivia Wilde, Gemma Chan, KiKi Layne, Sydney Chandler, Chris Pine, Nick Kroll, Asif Ali, Kate Berlant, Timothy Simons, Douglas Smith, Ari’el Stachel, Dita Von Teese
Kurzinhalt:
Alice Chambers (Florence Pugh) wohnt zusammen mit ihrem Ehemann Jack (Harry Styles) in der zu dem streng geheimen Projekt „Victory“ gehörenden Siedlung, abgelegen in Kalifornien. Es ist eine eingeschworene Gemeinschaft, in der die Frauen tagsüber den Haushalt organisieren, während die Männer für Victory-Gründer Frank (Chris Pine) im Hauptquartier tätig sind. Was sie dort tun, ist ein Geheimnis, und die einzige Bedingung ist, dass niemand die Grenzen des Siedlungsgebiets verlässt. Die Harmonie der Siedlung wird gestört, als Margaret (KiKi Layne) nach einem scheinbar überwundenen Zusammenbruch wieder lautstark davor warnt, dass Frank sie alle belügen würde. Kurz darauf beobachtet Alice, wie unweit des Hauptquartiers ein Flugzeug abstürzt. Als sie dorthin aufbricht, macht sie eine erschütternde Entdeckung …
Kritik:
In ihrer zweiten Regiearbeit nach der preisgekrönten Komödie Booksmart [2019] widmet sich Regisseurin Olivia Wilde dem alltäglichen Horror inmitten einer scheinbaren Vorstadtidylle. Don’t Worry Darling ist dabei gleichermaßen Mystery wie Thriller und obwohl die Geschichte nach einem starken und beunruhigenden Auftakt viele bekannte Elemente kombiniert, überzeugt der Film trotz weniger Schwächen dank einer starken Darbietung im Zentrum und einer handwerklich eindrucksvollen Umsetzung.
Ende der 1950er- bzw. Anfang der 1960er-Jahre wohnt Alice Chambers mit ihrem Ehemann Jack in der Modellvorstadt „Victory“ in Kalifornien. Die Männer aller Paare und Familien, die dort leben, arbeiten für Frank am Victory-Projekt. Die Frauen bleiben tagsüber zuhause, kümmern sich um den Haushalt, während die Kinder in der Schule sind, üben Ballet, gehen Einkaufen, kochen, so dass das Essen bereitsteht, wenn ihre Männer am Abend nach Hause kommen. Und beglücken diese auch körperlich, wie es sich in der Idealvorstellung (jener Zeit) gehört. Da das Projekt geheim ist, können die Männer ihren Ehefrauen nicht erzählen, was sie genau tun. Angeblich sprechen nicht einmal die einzelnen Abteilungen miteinander. Die Siedlung selbst umfasst eine Bevölkerung von etwas mehr als 70 Personen und liegt mitten in einer Wüstenlandschaft in Kalifornien. Es regnet nie, die Sonne scheint jeden Tag. Dennoch sind die Vorgärten frisch begrünt, die Swimmingpools gefüllt und für Essen und Alkohol sorgt Frank, der mit einem täglichen Radioprogramm die Frauen daran erinnert, wie wichtig ihr Beitrag für das Projekt ist.
Es fällt nicht schwer zu erkennen, dass Victory das Idealbild erzkonservativer Wertvorstellungen widerspiegelt. Während Mann arbeiten geht, kümmert sich Frau um den Haushalt und steht dem Mann nach dessen Rückkehr mit körperlichen Reizen und frischem Essen auf dem Tisch zur Verfügung. Franks Inszenierung, sowohl seiner selbst als auch von Victory und der Bedeutung des Projekts für die Gesellschaft, erinnert nicht von ungefähr an einen Sektenführer. Mit Informationen hält man sich zurück, unweit der Siedlung ragt das Hauptquartier des Projekts aus einem Berg, das die Frauen nicht betreten dürfen. Das Einzige, worum sie gebeten werden, ist, die Siedlung nicht zu verlassen. In deren Begrenzung dürfen sie sich frei bewegen und allen Aktivitäten nachgehen. Mit den ikonischen Autos aus jener Ära, der zeitlosen Kleidung, alten Schwarzweißfernsehern und einer Farbgebung, die so leuchtend wie einladend ausfällt, beschwört Don’t Worry Darling gekonnt das Ideal der glücklichen, amerikanischen Vorstadtfamilie herauf. Aber so makellos und perfekt all dies aussieht, es ist dennoch ein Käfig, aus dem Alice nicht heraustreten darf.
Ein Gefühl, dass etwas an dieser heilen Welt nicht stimmt, begleitet sie bereits von Anfang an und wird auch dem Publikum vermittelt, wenn immer wieder in kurz aufblitzenden Bildern Eindrücke gezeigt werden, die nicht zur Vorstadt Victory passen. Alices Nachbarin Margaret ist ebenfalls der Überzeugung und hatte bereits einen Zusammenbruch. Als Alice beobachtet, wie ein Flugzeug in der Wüste abstürzt, macht sie sich entgegen der Vorgaben auf, die Siedlung zu verlassen und nachzusehen, was geschehen ist. Die Richtung, die Don’t Worry Darling dann einschlägt, wird ein Gelegenheitspublikum überraschen, ist aber für diejenigen, die beispielsweise mit dem hervorragenden und stimmungsvollen Dark City [1998] vertraut sind, durchaus absehbar. Doch das ändert nichts daran, dass Olivia Wilde die unheilvolle Atmosphäre, bei der unter der glatt polierten Oberfläche eine beunruhigende Wahrheit schlummert, überaus gut gelingt. Die Optik ist hervorragend, die Ausstattung makellos. Auch die musikalische Untermalung von John Powell trägt zu einer unruhigen Stimmung bei.
Hiervon hebt sich das Finale ab, das merklich mehr auf Action, denn auf Mystery setzt. Das ist nicht negativ gemeint, zumal Hauptdarstellerin Florence Pugh beiden Aspekten mehr als gewachsen ist. Ihre Zweifel und ihr Kampf, hinter das Geheimnis von Victory zu kommen, sind greifbar und lassen das Publikum spürbar mitfiebern. Die übrige Besetzung steht dem in nichts nach, wobei insbesondere Chris Pine als mysteriöser Anführer Frank in Erinnerung bleibt. Unvorstellbar blaß ist hingegen Harry Styles’ Auftritt als Jack Chambers. Seine hölzerne Mimik und teils ungelenk vorgetragene Dialoge sind ein Schwachpunkt, der in Anbetracht der übrigen Darstellerinnen und Darsteller nur umso mehr auffällt. Sieht man darüber hinweg, präsentiert Don’t Worry Darling zwar bekannte Themen, bringt diese jedoch in einer tadellosen und durchaus stimmungsvollen Präsentation zur Geltung. Nicht nur für Genrefans ist das eine Empfehlung.
Fazit:
Mit tollen Perspektiven, einer fabelhaften Ausstattung, zu der sowohl die Bauten wie auch die Kostüme zählen, und einem erstklassigen Erzähltempo beginnt Filmemacherin Olivia Wilde eine Mystery-Story, die zwar viele Referenzen an Genregrößen enthält, die bekannten Ideen aber frisch und ansprechend präsentiert. Dieser Einfallsreichtum kommt dem Drehbuch im letzten Drittel zwar abhanden, unterhaltsam ist das vor allem dank der Beteiligten um eine starke Florence Pugh dennoch. Die durchaus gesellschaftskritischen Untertöne werden dabei nicht aufdringlich präsentiert, sondern erschließen sich vielmehr einem Publikum, das aufmerksam und offen genug ist, sie auch zu erkennen. Dass insbesondere eine Darbietung enttäuschend auffällt, ist zwar bedauerlich, es trübt aber kaum den Spaß am Zusehen. Handwerklich sehenswert und einfallsreich, ist Don’t Worry Darling ein durchweg gelungener Thriller, der darüberhinaus kurzweiliger erscheint, als er tatsächlich ist.