Guglhupfgeschwader [2022]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 26. Juli 2022
Genre: Komödie / Krimi

Laufzeit: 97 min.
Produktionsland: Deutschland
Produktionsjahr: 2022
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Ed Herzog
Musik: Martin Probst
Besetzung: Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Lisa Maria Potthoff, Eisi Gulp, Enzi Fuchs, Gerhard Wittmann, Daniel Christensen, Max Schmidt, Sigi Zimmerschied, Thomas Kügel, Ferdinand Hofer, Johannes Berzl, Stephan Zinner, Stefanie Reinsperger, Michael A. Grimm, Stefan Betz, Frederic Linkemann


Kurzinhalt:

Im Grunde könnte sich der niederbayerische Dorfpolizist Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) auf sein anstehendes, zehnjähriges Dienstjubiläum freuen, zu dem sogar der Staatssekretär anreisen soll. Aber nicht nur, dass Rudi Birkenberger (Simon Schwarz) der Meinung ist, er müsse Eberhofer nach dem Verscheiden von dessen geliebtem Hund etwas „Gutes“ tun, unverhofft sieht sich der Provinzermittler einem Verbrechen gegenüber, als er zusammen mit Oma Eberhofer (Enzi Fuchs) Lottoscheine abgeben will. Da nämlich wird auf den Kassierer, den Lotto-Otto (Johannes Berzl) geschossen und kurz darauf die Annahmestelle sogar niedergebrannt. So nimmt Eberhofer die Ermittlungen auf, die in dem Fall eine unerwartete Verbindung zwischen ihm und Ottos bei dem Brand umgekommener Mutter aufweisen, auf die auch Franz’ Lebensgefährtin Susi (Lisa Maria Potthoff) sehr empfindlich reagiert. Dabei hat sie ihn bereits gegen seinen Willen bei einer Paartherapie angemeldet – Aufregung erwartet Franz Eberhofer damit wieder in allen Lebenslagen …


Kritik:
Die inzwischen achte Eberhofer-Krimikomödie basierend auf den Romanvorlagen von Autorin Rita Falk, Guglhupfgeschwader, ist erstaunlich mehr Krimi als Komödie. Das heißt nicht, dass es beim neuen Abenteuer des sein zehnjähriges Dienstjubiläum feiernden Dorfpolizisten Franz Eberhofer nicht gleichermaßen um seine weitere, persönliche Entwicklung geht. Doch ist diese diesmal spürbar mit dem aufzuklärenden Fall verknüpft. Man könnte sogar sagen, so viel stand für den grantelig-gutherzigen Ermittler bislang kaum auf dem Spiel.

Alles beginnt damit, dass Oma Eberhofer, wie viele im niederbayerischen Niederkaltenkirchen und darüber hinaus, vom Lottofieber gepackt wird. 17 Millionen winken aus dem Jackpot, und so heißt sie alle anwesenden Familienmitglieder, Scheine auszufüllen. Als sie die mit ihrem Enkel bei der örtlichen Annahmestelle abgeben will, wird auf den kassierenden, vaterlos aufgewachsenen Lotto-Otto geschossen und offenbar hat der wenig geistreiche Otto kürzlich einen Finger „verloren“. Kurz darauf wird sogar ein Brandanschlag auf den Laden verübt, bei dem die Mutter vom Otto ums Leben kommt. Mit der hatte Franz einst eine gemeinsame Nacht verbracht und so drängt sich allmählich ein Verdacht auf, wer der Vater vom Otto sein könnte – und warum der Franz sich seit jeher um ihn sorgt. Darum bemüht herauszubekommen, in welche Schwierigkeiten sich der Otto gebracht hat, ruft Eberhofer seinen Freund Rudi zu Hilfe und weil niemand an den Geburtstag vom Flötzinger gedacht hat, nimmt Franz einfach einen abgegebenen Lottoschein als Geschenk. Wohin all das führt, mag man lange absehen, die den Fall betreffende, eigentliche Wendung kommt dann aber doch unerwartet.

Wie bei den Heimatkrimis üblich, ist weniger der Weg zur Lösung des Falls entscheidend, wie die Art und Weise, wie der Weg erlebt wird. Vorliegend stehen Spannungen innerhalb der Familie Eberhofer im Raum, wenn Franz’ Lebensgefährtin Susi von seiner gemeinsamen Nacht mit Ottos Mutter vor mehr als 20 Jahren erfährt, oder aber, wenn die Lottozahlen gezogen sind, der Lottoschein von Eberhofers glücklosem Bruder Leopold aber urplötzlich unauffindbar ist. Gleichzeitig scheint sich Otto mit gefährlichen Schurken angelegt zu haben, so dass am Ende tatsächlich die Gugelhupfe, die Oma Eberhofer an sich für das Dienstjubiläum gebacken hat, im Kugelhagel untergehen. Vieles hier klingt an den Haaren herbeigezogen und die Auflösung des Falles würde geschmeidiger erscheinen, wenn Schlüsselpersonen in der ersten Filmhälfte wenigstens erwähnt würden und nicht erst in der zweiten überhaupt erst auftreten. Doch dafür wird das geneigte Publikum mit viel Lokalkolorit, dialektischem Humor unter den Figuren und sogar einer Meta-Referenz bezogen auf den nach Hauptfigur Franz Eberhofer benannten Kreisverkehr am Drehort in Markt Frontenhausen belohnt.

Das Zusammenspiel der Figuren klappt hier auch besser, als zuletzt, was daran liegt, dass sich der oftmals mit einem abweisend wirkenden, niederbayerischen Charme auftretende Eberhofer nicht gegen, sondern für etwas einsetzt. Vorliegend für das Schicksal des schlicht veranlagten Otto. Für ihn reist er nach Tschechien und findet sich in einem Casino wieder, mit Rudi und dessen neuer Herzdame Theresa. Seinetwegen stellt er sich sogar gegen die Drahtzieher der Anschläge, was dazu führt, dass das Anwesen der Familie Eberhofer noch stärker in Mitleidenschaft gezogen wird, als zuletzt. Hier zeigt Guglhupfgeschwader auch eindrucksvoll, dass die oftmals stilistisch einfach anmutende Umsetzung von Filmemacher Ed Herzog, der seine Figuren auch hier frontal einfängt, als würden sie beinahe allesamt direkt in die Kamera sprechen, ein beabsichtigtes Stilmittel ist, denn das Finale lässt bedeutend mehr Action und Tempo erkennen, als man es von der Reihe bislang gewohnt ist. Schade allenfalls, dass Eberhofers Einsatz hier nicht so bewusst heroisch eingeläutet wird, wie er später aufgelöst wird. Wären sich alle Anwesenden der Tatsache bewusst, was er vor hat, hätte das auch für seine Beziehung mit Susi etwas bedeuten können.

Aber sei’s drum, selbst inhaltlich wenig überzeugende Momente wie Flötzingers imaginäre Rap-Einlage oder die musikalische Begleitung zu Beginn des Abspanns wird das Zielpublikum ausblenden, oder sogar amüsiert bewundern. Letzteres verdeutlicht zwar, wie wohl sich die Beteiligten in ihren Figuren offenbar fühlen und ihre ausgelassene Stimmung überträgt sich auf das Publikum. Aber es wäre auch ein guter Moment, moderne bayerische Mundartmusik einem größeren Publikum nahezubringen. Vorliegend wirkt es vielmehr wie eine überzogene Parodie, die man als Zugabe auf eine Heimvideoveröffentlichung hätte packen können. Aber das Ergebnis erscheint weder den Kunstschaffenden der wirklichen Musikstilrichtung, noch den Beteiligten gerecht zu werden.


Fazit:
Unbestritten, weder ist der Kriminalfall, den Provinzermittler Franz Eberhofer hier zu lösen hat, nennenswert komplex, noch die Charakterzeichnungen in den familiären Kleinstreitigkeiten facettenreich. Doch zu sehen, wie sich der meist schroff auftretende Eberhofer darum bemüht, den emotionalen Schock von Otto zu dämpfen, dem vom Dorfarzt wenig taktvoll der Tod der Mutter eröffnet wird, oder wenn Eberhofer erkennt, dass er nicht nur den Schurken gegenübersteht, sondern ihnen unterlegen ist und ihr Spiel mitspielen muss, ist eine sehenswerte Entwicklung. Es unterlegt auch, wie gelungen das Timing ist, das Regisseur Ed Herzog seiner sympathischen Besetzung entlockt. Die Dialoge entfalten gerade durch den Dialekt etwas Unmittelbares und bieten damit in einer Zeit, in welcher der Alltag eine Herausforderung ist, eine ebenso willkommene wie warmherzig leichte Abwechslung. Zumal die Figuren trotz und gerade auf Grund ihrer Macken allesamt liebenswert erzählt sind. So ist Guglhupfgeschwader trotz ein paar Schwächen ein gelungener Eberhofer-Krimi, bei dem nicht nur Fans auf ihre Kosten kommen werden. Er lädt auch durch den Lokalkolorit ein, den eigenen Horizont zu erweitern – Heimaturlaub auf der großen Leinwand, der die Figuren in einem besseren und wohligen Zustand verlässt, als er sie anfangs vorstellt. Das fühlt sich schließlich einfach gut an.