Tom & Jerry [2021]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 3. August 2021
Genre: Komödie / Animation

Originaltitel: Tom and Jerry
Laufzeit: 101 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 2021
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung

Regie: Tim Story
Musik: Christopher Lennertz
Besetzung: Tom, Jerry, Chloë Grace Moretz, Michael Peña, Rob Delaney, Ken Jeong, Pallavi Sharda, Colin Jost, Jordan Bolger, Patsy Ferran, Daniel Adegboyega, Christina Chong, Camilla Arfwedson, Ajay Chhabra, Somi De Souza


Kurzinhalt:

Der große Traum von Kater Tom ist es, als Pianist berühmt zu werden. So zieht es ihn nach New York, wo er im Park sogar ein Publikum von seinem Talent begeistern kann. Wenigstens solange, bis die wohnungssuchende Maus Jerry ihn um seinen Lohn bringen will. Da Tom sich das nicht bieten lässt, jagt er Jerry bis zum The Royal Gate Hotel, wo die gerade unfreiwillig arbeitslos gewordene Kayla (Chloë Grace Moretz) eine Chance wittert, allen zu zeigen, wozu sie im Stande ist. Jerry flieht ins das Luxushotel, Tom hingegen muss draußen bleiben. Hotelleiter Dubros (Rob Delaney) und Event Manager Terence (Michael Peña) sind auf der Suche nach Unterstützung, denn in wenigen Tagen soll sich das vielleicht berühmteste Pärchen der Welt, Preeta (Pallavi Sharda) und Ben (Colin Jost), im Hotel das Jawort geben. Selbstredend wäre es eine Katastrophe, würde bei dem Medienrummel bekannt, dass das Hotel in Form von Jerry eine Mäuseplage hat. So verpflichtet Kayla Kater Tom, Jerry zu fangen. Doch damit beginnt erst ein wahrer Tiernado an Chaos und Zerstörung …


Kritik:
Ungeachtet der verständlichen Enttäuschung, die sich wohl vor allem bei einem älteren Publikum nicht erst am Ende von Tom & Jerry einstellt, kann man den Verantwortlichen um Regisseur Tim Story im Grunde keinen wirklichen Vorwurf machen. Über weite Strecken folgt sein Film genau derjenigen Art von Humor, durch den die weit über 100, inzwischen teils bereits 80 Jahre alten und mehrfach oscargekrönten Cartoons der Titelfiguren zu eben solchen Klassikern geworden sind, dass sie ganze Generationen von Menschen zum Lachen gebracht haben. Was man diesem zweiten Kinofilm der beliebten Charaktere aber vorhalten kann, ist die Tatsache, dass es zu wenig von den Titel gebenden Figuren zu sehen gibt und Fans viele Gags vertraut vorkommen werden. Diejenigen, an die sich die animierte Realverfilmung richtet, dürfte das jedoch nicht stören.

Die Story schickt sich an, so etwas wie eine Ursprungsgeschichte der ewigen Fehde zwischen dem blauen Kater Tom und der braunen Maus Jerry zu erzählen, die hier im Big Apple, in New York, das erste Mal aufeinander treffen. Während Tom & Jerry grundsätzlich in der wirklichen Welt spielt, sind sämtliche Tiere im Film animiert, in einer Art und Weise, die wirkt wie eine computergestützte Zeichentricktechnik. Viele Tiere können auch sprechen, das Titelduo bleibt sich jedoch treu und entsprechend stumm. Ob die Menschen die Tiere auch hören oder verstehen können, wird zwar nicht deutlich, sieht man, wie ungehalten manche Charaktere jedoch werden, wenn Tom nur pantomimisch zum Ausdruck bringen kann, was ihn bewegt, scheint es so, als würden hier Mensch und Tier für gewöhnlich dieselbe Sprache sprechen. Man stelle sich so eine Welt einmal vor.

Der Kater Tom kommt zu Beginn nach New York, weil er hofft, dort als klavierspielende Katze große Erfolge feiern zu können. Um auf sich aufmerksam zu machen, tut er so, als wäre er blind und spielt im Park vor Publikum. Äußerst erfolgreich, sei dazugesagt. Seine Zuhörerschaft scheint es auch nicht seltsam zu finden, dass sie einer blinden, klavierspielenden Katze zusehen. Insoweit erinnert Tom & Jerry ein wenig an die Welt aus Falsches Spiel mit Roger Rabbit [1988], in der die Menschen ebenfalls ganz selbstverständlich mit „Toons“ zusammengelebt haben. Toms Auftritt geht so lange gut, bis die Maus Jerry, die auf der Suche nach einer neuen Bleibe ist, versucht, ihm die Show zu stehlen. Das wird langjährige Fans der Reihe in ihrer Überzeugung bestärken, dass Maus Jerry an sich der Unruhestifter ist und Tom beinahe so etwas wie das Opfer. Jerry glaubt, im „The Royal Gate Hotel“, einem Luxushotel, seine neue Bleibe gefunden zu haben. Dort hat die gerade arbeitslos gewordene, ungelernte Kayla einer vielversprechenden, qualifizierten Bewerberin einen Job weggeschnappt, um die in wenigen Tagen stattfindende Hochzeit des Promi-Paares Preeta und Ben zu planen. Gerade vor einem so wichtigen Event wäre die Anwesenheit von Maus Jerry in dem Hotel eine Katastrophe und so soll Kayla den Nager loswerden. Die heuert Tom an, das Mäuseproblem in den Griff zu bekommen und stürzt alle Beteiligten in nur noch größeres Chaos.

Fairerweise muss man sagen, dass dies mehr „Story“ ist, als die allermeisten Cartoons der ewig im Clinch liegenden Trickfilmfiguren. Dass sie dabei ihrem Naturell treu bleiben und keinen Dialog bekommen (im Gegensatz zum letzten Spielfilm Tom und Jerry: Der Film [1992]), sei den Verantwortlichen auch hoch angerechnet. Doch konzentriert sich die Geschichte eben nicht hauptsächlich auf das streitbare Duo, sondern die Menschen in jener Welt, angeführt von Chloë Grace Moretz, die in die Rolle der wenig sympathischen Kayla schlüpft. Dass sie, um sich selbst etwas zu beweisen, alle Menschen um sich herum ins Unglück stürzt, mag zwar symptomatisch für einen gewissen Typus Mensch sein, der sich selbst vollkommen überschätzt, nur ist es keine Charaktereigenschaft, die sie als Hauptfigur in ein gutes Licht rückt. Ebenso bei dem Event Manager des Hotels, dem von Michael Peña gespielten Terence, der stets herablassend auftritt und auch um der eigenen Karriere willen das Unglück anderer in Kauf nimmt. Hinzu kommen die oberflächlichen Promis Preeta und Ben, die außer für Kopfschütteln bei ihren Dialogen oder ihren Hochzeitswünschen (Tiger, Elefanten und Pfaue sind dafür in das Hotel ebenfalls eingeladen – allesamt gezeichnet, natürlich) für nicht allzu viel mehr sorgen.

Bedauerlicherweise nehmen die menschlichen Figuren und ihr selbst auferlegtes Leid in der zweiten Filmhälfte deutlich mehr Zeit in Anspruch, so dass Tom und Jerry entsprechend in den Hintergrund treten. Nur sind die Menschen bei Tom & Jerry allesamt nicht wirklich interessant. Oder gar sympathisch. Das macht es zusehends schwierig, sich für das Gezeigte tatsächlich zu interessieren.
Dass viele weitere Charaktere der Trickfilme mit an Bord sind, darunter Hund Spike und Katzendame Toots, oder auch die streunenden Katzen, die Tom das Leben schwer machen, ist hingegen durchaus gelungen. Zahlreiche Anleihen an preisgekrönte Kurzfilme der Titelfiguren sind enthalten und mitunter recht offensichtlich. Darüber hinaus sind beide Figuren tadellos animiert, mit den bekannten Geräuschen untermalt und auch in die wirkliche Welt nahtlos eingebunden. Da die Verantwortlichen dem Humor und dem gezeichneten Aussehen des Duos die Treue halten, ist Tim Storys Film entgegen mancher Befürchtungen kein Verbrechen an den Helden der eigenen Kindheit. Es ist eine – je nach Ausgangslage – vollkommen unnötige Modernisierung derselben, wozu auch die vielen gesungenen Songs beitragen. Doch die Screwballkomik und das Chaos, das dabei entsteht, transportieren was die Cartoons ausgezeichnet hat, durchaus treffend.


Fazit:
Wenn die beiden Titelfiguren Tom und Jerry hier ein Hotelzimmer zu Kleinholz verarbeiten, oder nachdem Tom dem Hund Spike mit dem Baseballschläger auf den Kopf gehauen hat und sich dort eine Beule bildet, Tom versucht, die Beule sanft nach unten zu drücken, dann ist das genau die Art Humor, durch den die alten Cartoons so zeitlos geworden sind. Dazu zählt auch, dass Jerry, wenn er Käse riecht, buchstäblich wie auf Wolken schwebt. Warum das in Tim Storys animiertem Realfilm nicht so gut funktioniert wie früher, liegt an der realen Umgebung, in der die gezeichneten Charaktere wie Fremdkörper wirken. Hinzu kommt, dass Tom und Jerry durch die unnötige Story drumherum spürbar wenig zu tun bekommen, insbesondere im Mittelteil des Films. Fans der alten Trickfilme werden sich womöglich daran stören, dass das (buchstäbliche) Hauen und Stechen der beiden hier spürbar zahm ausfällt, doch was Tom & Jerry merklich fehlt, ist der Charme des Zeichentricks. Dort waren sie nicht nur die wichtigsten Figuren, sie waren die Stars. Trotz der langgezogenen Story um das Promi-Pärchen und die unsympathischen, allesamt überzogen dargebotenen Hauptfiguren, dürfte ein Kinderpublikum hier trotzdem temporeich und bunt unterhalten werden. Selbst wenn das zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise an die klassischen Kurzfilme heranreicht, erreichen Tom und Jerry am Ende mit ihrer wortlosen Komik, die die Zeit übersteht, immerhin genau das.
Und ist es nicht das, worauf es am Ende ankommt?