Rush Hour [1998]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 15. Mai 2017
Genre: Action / Komödie / Thriller

Originaltitel: Rush Hour
Laufzeit: 98 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1998
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Brett Ratner
Musik: Lalo Schifrin
Darsteller: Chris Tucker, Jackie Chan, Tom Wilkinson, Elizabeth Peña, Tzi Ma, Julia Hsu, Ken Leung, Philip Baker Hall, Rex Linn, Mark Rolston, Chris Penn, John Hawkes


Kurzinhalt:

Kurz nachdem Soo Yung (Julia Hsu), Tochter des kürzlich nach Los Angeles gekommenen chinesischen Konsuls Han (Tzi Ma), entführt wird, steht fest, dass Juntao hierfür verantwortlich sein soll. So bittet Han den Spezialisten, Inspektor Lee (Jackie Chan), der bereits in Hong Kong versucht hatte, dem Unterweltboss Juntao das Handwerk zu legen, die Ermittlungen des FBI zu unterstützen. Dort möchte man sich jedoch nicht behindern lassen und weist den Polizisten Carter (Chris Tucker) an, Lee bei Laune zu halten. Während Han von seinem langjährigen politischen Mitstreiter aus Hong Kong, Griffin (Tom Wilkinson), in der Zusammenarbeit mit dem FBI unterstützt wird, machen sich Carter und Lee nach anfänglichen Schwierigkeiten gemeinsam daran, Soo Yung zu finden. Teils mit unkonventionellen Methoden …


Kritik:
Die Grundidee eines Buddy-Films mit zwei Polizisten, die aus unterschiedlichen Kulturkreisen stammen und zusammenarbeiten müssen, um einen Fall zu lösen, hatte in Red Heat [1988] bereits erfolgreich funktioniert. Insofern überrascht es nicht, dass Regisseur Brett Ratner mit Rush Hour eine Variante davon erzählt. Den trockenen Humor und die knallharten Actionsequenzen ersetzt er durch merklich mehr Wortwitz und eine körperliche Akrobatik, die so unbeschwert erscheint, dass es eine Freude ist, zuzusehen.

Möglich wird das durch eine Kombination, die unterschiedlicher kaum sein könnte. Martial Arts-Legende Jackie Chan brennt hier ein Stunt-Feuerwerk ab, dessen Timing und Körperbeherrschung stets verblüffen und den Kampfszenen eine ungeheure Dynamik verleihen. Auf der anderen Seite tritt Chris Tucker als Polizist mit einem schier endlosen Redeschwall auf. Sein Carter erinnert dabei in vielen Situationen an Eddie Murphys Figur Axel Foley aus Beverly Hills Cop - Ich lös' den Fall auf jeden Fall [1984] mit der Ausnahme, dass hier selbst die ernsten Momente nie ohne Augenzwinkern erscheinen.

Die beiden grundverschiedenen Charaktere finden in Rush Hour zusammen, um die entführte Tochter Soo Yung des chinesischen Konsuls Han zu finden. Dieser bittet seinen langjährigen Freund Lee (Jackie Chan), aus China nach Los Angeles zu reisen und die Ermittlungen zu unterstützen. Das FBI, das im Grunde federführend agiert, bittet die Polizei um einen Babysitter für Lee – Carter –, der den Gast aus Fernost beschäftigen soll. Dass die beiden sich anfangs nicht sonderlich sympathisch sind, wollen sie beide den Fall doch auf eigene Faust lösen und keinen Partner an ihrer Seite haben, macht das Gespann umso interessanter, selbst wenn das Skript hier keine neuen Wege geht.

Dabei sind die offensichtlichen Kritikpunkte bei Brett Ratners Film nicht gerade wenige. Die Figuren sind kaum ausgearbeitet; von dem arg klischeehaften Element abgesehen, dass die Väter beider Polizisten ebenfalls erfolgreiche Ermittler gewesen sind, erfährt man über sie so gut wie nichts. Ob Lee beispielsweise eine Familie hat, die in Hong Kong auf ihn wartet, oder wie lange beide bereits bei den Behörden sind, wird nie aufgeworfen. Auch die übrigen Charaktere werden allenfalls mit Vornamen versehen, wachsen aber nie über ihre ersten Auftritte hinaus. Am offensichtlichsten wird das an Carters Vorgesetztem, Captain Diel, der außer einer für diese Figuren üblichen Tiraden gar nichts zu tun bekommt.
Rush Hour setzt voll und ganz auf den Charme seiner beiden Hauptakteure, so dass die beiden, wenn die Geschichte im Grund verlangen würde, dass das Tempo angezogen wird und die Ermittlungen in eine klare Richtung führen, nur tanzend auf dem Bürgersteig stehen.

Wäre es nicht um die Ausstrahlung von Chris Tucker und Jackie Chan, dann würde die Actionkomödie nicht ansatzweise so gut in Erinnerung bleiben. Tucker wandelt auf einem feinen Grat zwischen nervigem Plappermaul und einer lässigen Unbekümmertheit, in der mehr Glück als Können seinen Weg zum Erfolg vorgeben. Chans Charme geht dabei ebenso von seinem ruhigen Auftreten aus, wie von seinen packenden Kampfszenen, die einen Rhythmus entwickeln, bei dem der jeweilige Schlusspunkt nochmals gesondert zum Einsatz kommt. Seine Bewegungen wirken so leicht und präzise, dass Tuckers Carter dagegen umso unbeholfener wirkt. Er macht die Konfrontationen auch dann zu einem Highlight, wenn inhaltlich nicht allzu viel geschieht und selbst beim Finale keine große Bedrohung aufkommt. Überhaupt lebt Rush Hour nicht von seinem Bösewicht, doch dafür entschädigen die Protagonisten mehr als genug.


Fazit:
Selbst wenn das Zusammenspiel nicht so stimmig erscheint wie bei dem im selben Jahr erschienenen Lethal Weapon 4 - Zwei Profis räumen auf [1998] und auch die Actionsequenzen hinsichtlich der Größe oder der schieren Vehemenz der Kämpfe das Nachsehen haben, Regisseur Brett Ratner gelingt mit Rush Hour eine unbeschwerte und durchaus charmante Actionkomödie. Das verdankt der Film zum größten Teil dem Buddy-Duo, das sich mit Wortwitz und körperliche Schlagkraft toll ergänzt. Das Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Kulturen kommt dabei weniger zum Tragen als Carters Vorurteile hierzu, was für sich allein bereits eine interessante Aussage ist. Dank der tollen Besetzung und der leichtfüßigen Erzählung ist das vor allem eines: Tadellose Unterhaltung, nicht nur für ein erwachsenes Publikum.