Star Trek: Deep Space Nine: "Das, was du zurücklässt" [1999]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 6. Mai 2018
Genre: Science Fiction / Drama

Originaltitel: Star Trek: Deep Space Nine: "What You Leave Behind"
Laufzeit: 92 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1999
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Allan Kroeker
Musik: Dennis McCarthy
Darsteller: Avery Brooks, Nana Visitor, Rene Auberjonois, Armin Shimerman, Alexander Siddig, Colm Meaney, Nicole de Boer, Michael Dorn, Cirroc Lofton, Aron Eisenberg, Rosalind Chao, Jeffrey Combs, Salome Jens, Penny Johnson Jerald, Andrew Robinson, Casey Biggs, Marc Alaimo, Louise Fletcher, J.G. Hertzler, Barry Jenner, James Darren, Deborah Lacey, Julianna McCarthy


Kurzinhalt:

Der Krieg mit dem Dominion steht kurz vor seiner entscheidenden Schlacht. Captain Benjamin Sisko (Avery Brooks), der gleichzeitig als „Abgesandter“ ein religiöser Führer für das Bajoranische Volk darstellt und im Kontakt mit den als Propheten verehrten Wurmlochwesen steht, schließt sich mit der Defiant einer riesigen Streitmacht an, um die Flotte der Jem’Hadar, der Cardassianer und der Breen endgültig zu schlagen. Dabei steht schon fest, dass egal wie der Kampf endet, auf der Raumstation Deep Space Nine danach nichts mehr so sein wird, wie es war. Die Crew wird sich aufteilen, Miles O’Brien (Colm Meaney) mit seiner Familie auf die Erde zurückkehren, Worf (Michael Dorn) als Botschafter zum Klingonischen Reich wechseln und auch Odo (Rene Auberjonois) hat eine folgenschwere Entscheidung zu treffen. Einzig in Quarks (Armin Shimerman) Bar bleibt alles, wie es ist, während Doctor Bashir (Alexander Siddig) und Ezri Dax (Nicole de Boer) zu einander finden. Auf Cardassia Prime unterstützen derweil Colonel Kira (Nana Visitor) und Garak (Andrew Robinson) den Widerstandsanführer Damar (Casey Biggs), damit sich das Volk gegen die Besatzungsmacht des Dominion erhebt. Dabei entgeht Captain Sisko, dass Gul Dukat (Marc Alaimo) und Kai Winn (Louise Fletcher) darauf aus sind, die Pah-Geister zu befreien, um die Propheten endgültig zu vertreiben – und Sisko ein für alle Mal zu vernichten …


Kritik:
Es gibt kaum einen besseren Moment, sich den Werdegang einer Serie anzusehen, als wenn ihre Reise zu Ende geht. Die Entwicklung von Star Trek: Deep Space Nine mag dabei nicht immer einfach gewesen sein, aber angesichts der bemerkenswerten Wandlung der ungewöhnlichsten aller Star Trek-Serien lässt die Art und Weise, wie sie in Das, was du zurücklässt endet, umso enttäuschender erscheinen. Manches fühlt sich beinahe wie eine Trotzentscheidung der Autoren an, den Fans einen richtigen Abschluss zu verwehren.

Wie stark sich Deep Space Nine seit dem soliden, aber doch behäbigen Pilotfilm verändert hat, wird bereits am Vorspann deutlich, der seit der vierten Staffel das von Dennis McCarthy komponierte, getragene Thema der Serie flotter einspielt und mit ergänzten Bildern rund um die bedeutend lebendigere Station begleitet. Das ist zwar nach wie vor nicht so bunt oder vielseitig bevölkert wie das Universum der Konkurrenz-Serie Babylon 5 [1994-1998], aber einen merklichen Schritt in dieselbe Richtung. Auch spiegelt es subtil und gelungen die Fortschritte von Benjamin Sisko wider, Deep Space Nine als Ankerpunkt des Quadranten zu etablieren.
Gleichzeitig schien die Zukunft in Star Trek bedeutend düsterer zu werden, seit zu Beginn der zweiten Staffel das Dominion als Widersacher immer wieder angedeutet wurde und im Finale jener Season in Aktion trat. Nachdem mit den Klingonen und den Ferengi einstige Feinde der „Föderation der Planeten“ entweder darin aufgenommen oder zumindest bedeutend freundlicher dargestellt wurden, haben sich bei Deep Space Nine die Loyalitäten wieder verschoben. So befand sich die Föderation zeitweise mit den Klingonen gar im Krieg, während das Dominion wie vom Erdboden verschwunden schien. Was im ersten Moment wie eine ungewöhnliche Entscheidung der verantwortlichen Produzenten klingt, lässt sich mit einer Vorgabe des Studios erklären, das die Klingonen prominenter in Szene gesetzt haben wollte. Es unterstreicht jedoch den Eindruck, die Serie wäre immer wieder auf die Suche nach einem roten Faden gegangen.

Es erklärt auch den Neuzugang der Crew in Form von Lieutenant Commander Worf, der Fans bereits aus Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert [1987-1994] bekannt ist. Hierfür gab es viel Kritik, die sich jedoch damit entkräften lässt, dass Deep Space Nine die Kultur der Klingonen um viele Aspekte und Facetten bereichert, während Worfs Geschichte selbst auf gelungene Weise weitergesponnen wird. So geschehen auch mit allen anderen tragenden Figuren der Serie: Kiras Vergangenheit spielte ebenso eine Rolle, wie ihre Beziehungen, während durch Barmann Quark die Ferengi näher beleuchtet wurden (und für einige der amüsantesten Episoden mit harscher Kritik an den westlichen Wirtschaftssystemen sorgte). Stationsarzt Bashir bekam eine vielschichtige Hintergrundgeschichte zugeschrieben und Chief O’Brien durfte mehrmals in Aktion treten. Jadzia Dax wurde für die letzte Staffel durch eine neue (alte) Figur ersetzt. Obwohl die Autoren merklich darum bemüht waren, Ezri Dax Profil zu verleihen, blieb sie bis zum Ende jedoch eher nebensächlich, während einstige Randfiguren wie Quarks Neffe Nog oder Bösewicht Gul Dukat eine enorme Entwicklung durchgemacht haben. Kai Winn, Damar, sogar Vorta Weyoun und Hologramm Vic Fontaine wurden mit einzelnen, starken Episoden bedacht und haben einen eindrucksvollen Werdegang zu verzeichnen. Dass sie alle in den letzten Folgen nochmals in Aktion treten dürfen, ist für Fans eine Freude, so wie Garaks oder Martoks Schwanengesang. Dass Jake Sisko hier das Nachsehen hat, ist bedauerlich, nur weswegen zwei der tragenden Figuren einen so schwachen Abgang zugeschrieben bekommen, ist unverständlich.

So scheinen weder Captain Benjamin Sisko, noch der Wechselbalg Odo am Ende von Das, was du zurücklässt irgendwo angekommen zu sein. Sieht man sich den langen Weg an, den beide in den vorangegangenen sieben Jahren zurückgelegt haben, ist es beinahe wie ein Schlag ins Gesicht für die Zuschauer der ersten Stunde, wie mit diesen Charakteren in den letzten Minuten der Serie umgegangen wird. Dazu trägt auch die Art bei, wie die Autoren diese Entwicklung verpacken. Inhaltlich steuert die letzte Staffel, deren finale zehn Episoden durchweg zusammenhängend erzählt sind, auf eine letzte Konfrontation zwischen dem Dominion und einer alliierten Streitmacht der Sternenflotte, der Klingonen sowie Romulaner zu. Diese ist auch beeindruckend, aber nicht so packend wie andere Schlachten der Serie umgesetzt.

Danach verliert der Erzählfluss merklich an Tempo und bereitet die bekannten Abschiede der Figuren vor, ehe ein Storystrang um Dukat und Kai Winn, der bereits lange in den vergangenen Episoden geschwelt hatte, jedoch in Vergessenheit geriet, ungelenk angefügt am Ende von Das, was du zurücklässt zu Ende geführt wird. Unmittelbar davor gibt es einen gemeinsamen Moment der Crew bei Vic Fontaine, der als letzte Einstellung hervorragend gepasst hätte – doch damit hört das Serienfinale bedauerlicherweise nicht auf. Von der letzten Konfrontation mit Dukat und Kai Winn wird nicht nur Siskos Charakter nachhaltig geprägt, es beraubt quasi im letzten Moment die Serie eines zusammenhängenden Abschlusses und ergibt – egal, wie lange man darüber nachdenkt – keinen rechten Sinn.
Handwerklich gibt es hierbei kaum etwas zu bemängeln, mit Ausnahme der aus heutiger Sicht auffälligen, aber nichtsdestoweniger aufwändigen digitalen Trickeffekte. Allenfalls, dass beim Schlusskampf mit dem Dominion immer wieder Szenen aus vorigen Star Trek-Filmen (und vorangegangenen Deep Space Nine-Episoden) eingestreut werden, wird Fans zu Recht stören.


Fazit:
In die Fußstapfen der künstlerisch wie kommerziell erfolgreichsten Serie des Star Trek-Universums treten zu müssen, war für die Schöpfer von Deep Space Nine sicher keine leichte Aufgabe. Dass man sich gleichzeitig mit Babylon 5 einer stringent erzählten Konkurrenz gegenüber sah, machte es wohl nicht einfacher. Umso erstaunlicher ist, wie sich die auch aus heutiger Sicht noch stiefmütterlich behandelte Serie gemausert hat. Die Entwicklung der jeweiligen Figuren ist stellenweise so mutig wie unvorhersehbar. Auch die Wandlung der Cardassianer ist beeindruckend, von feindseligen Aggressoren bis hin zu einem bedauernswerten Volk, das von all seinen Führern verraten wurde. Mit dem Dominion oder Sektion 31 führte Deep Space Nine fantastische Ideen ein und immer dann, wenn die Serie zusammenhängende Storylines erzählte, war sie schlicht bemerkenswert.
Sie geriet über weite Strecken zwar deutlich düsterer, als man es von Star Trek bis dahin gewohnt war, doch das ist kein Kritikpunkt. Dafür setzten sich die Macher mit moralischen Dilemmas auseinander und trafen immer wieder den Nerv der Zeit – damals wie heute. Aber gerade angesichts der starken zweiten Hälfte der Serie insgesamt und insbesondere der letzten Staffel ist es umso tragischer, wie die Zuschauer hier entlassen werden. Mit halbgaren Auflösungen, die viele Figuren in der Luft hängen lassen, zieht Das, was du zurücklässt die Erzählung gute 20 Minuten länger als erforderlich hinaus und dann in eine Richtung, die vielen Fans zu Recht missfällt. Es konterkariert viele Erfolge von Deep Space Nine und macht eine Crew mutwillig kaputt, die mehr als irgendeine andere um ihren Zusammenhalt gekämpft hat. Das ist mehr als nur bedauerlich, es ist als Serienabschluss geradezu ein Ärgernis.