Aristocats [1970]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 31. Januar 2014
Genre: Animation / Komödie

Originaltitel: The AristoCats
Laufzeit: 78 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1970
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung

Regie: Wolfgang Reitherman
Musik: George Bruns
Stimmen: Phil Harris (Edgar Ott), Eva Gabor (Brigitte Grothum), Hermione Baddeley (Gisela Reißmann), Roddy Maude-Roxby (Klaus W. Krause), Dean Clark (Steffen Müller), Liz English (Angelika Pawlowski), Charles Lane (Herbert Weissbach), Gary Dubin (Ralph Richardt), Sterling Holloway (Harry Wüstenhagen), Pat Buttram (Eduard Wandrey), George Lindsey (Walter Gross), Nancy Kulp (Inge Landgut), Monica Evans (Erika Rehhahn), Carole Shelley (Inge Wolffberg)


Kurzinhalt:
Als der Butler Edgar (Roddy Maude-Roxby / Klaus W. Krause) mitanhört, wie Adelaide Bonfamille (Hermione Baddeley / Gisela Reißmann), um die er sich seit Jahren tagein tagaus kümmert, gegenüber ihrem Anwalt Hautecourt (Charles Lane / Herbert Weissbach) erklärt, dass sie allen Besitz ihren Katzen vermachen will, fällt er aus allen Wolken. Bis er etwas von dem Vermögen sehen würde, wäre er alt und grau – darum beschließt er, Duchesse (Eva Gabor / Brigitte Grothum) und ihre drei Jungen Marie (Liz English / Angelika Pawlowski), Berlioz (Dean Clark / Steffen Müller) und Toulouse (Gary Dubin / Ralph Richardt) nachts weit außerhalb von Paris auzusetzen.
Doch er wird von den Hunden Napoleon (Pat Buttram / Eduard Wandrey) und Lafayette (George Lindsey / Walter Gross) überrascht und muss bei der Flucht seinen Hut und seinen Regenschirm zurückzulassen. Während die Madame am Boden zerstört ist, dass ihre Katzen nicht mehr da sind, überlegt sich Edgar, wie er die belastenden Beweise zurückbekommt. Unterdessen macht sich die Hausmaus Roquefort (Sterling Holloway / Harry Wüstenhagen) auf, Duchesse und die Jungen zu suchen. Die haben sich mit dem Kater O'Malley (Phil Harris / Edgar Ott) angefreundet, der einwilligt, sie zurück nach Paris zu begleiten ...


Kritik:
Der Zeichentrickfilm Aristocats ist der erste aus dem Hause Disney, bei dem Walt Disney, der vier Jahre vor Kinostart verstarb, nur noch Ideengeber war. Die Geschichte ist dabei nicht einmal frei erfunden, sondern basiert darauf, dass im Paris des Jahres 1910 eine Katzenfamilie ein Vermögen geerbt hat. So unverkennbar insbesondere die zeichnerische Handschrift des Studios ist, die Erzählung selbst gestaltet sich sehr einfach, so dass sich der Klassiker hauptsächlich an ein ganz junges Publikum richtet.

Was dabei bereits in den ersten Momenten auffällt, ist der gerade im Vergleich zum legendären Dschungelbuch [1967] vollkommen andere Stil bei Aristocats. Die Songs gestalten sich weniger verspielt, vielmehr jazzig, die Zeichnungen der Figuren wirken deutlich abgesetzt gegenüber den detaillierten Hintergründen und scheinen sich selbst in ruhigen Momenten auf Grund der betonten Konturzeichnungen dennoch zu bewegen. Es ist, als wollten die Macher dem Film eine gänzlich andere Handschrift als das warme, verspielte Äußere bisheriger Produktionen verleihen. Vielleicht gibt es deshalb auch relativ wenige Figuren auf einmal im Bild zu sehen. Regisseur Wolfgang Reitherman konzentriert sich zwar auf die Katzenfamilie, O'Malley oder Edgar und Madame Bonfamille, doch selbst wenn andere Charaktere zu sehen sind, gestaltet sich die Szenerie nur selten lebendig.

Dabei schlummert in der Ausgangslage durchaus Potential. Vor etwas mehr als 100 Jahren lebt in Paris die sehr wohlhabende Adelaide Bonfamille, der die Zeit mit ihren Katzen um Duchesse und ihre drei Jungen die größte Freude bereitet. Eines Tages beschließt sie, ihr Testament zu machen und beruft ihren Anwalt ein. Ihm erklärt sie, dass sie ihre Besitztümer ihren Katzen vermachen will, ihr Butler Edgar kommt erst danach. Da Edgar das Gespräch belauscht hat und fürchtet, leer auszugehen, entschließt er sich, die Katzen aus dem Weg zu räumen. Er betäubt sie und bringt sie raus aufs Land.
Nur wenige Jahre später hätte ein Zeichentrickfilm mit demselben Thema von diesem Moment an die Geschichte vermutlich so weiterentwickelt, dass die verwöhnte Wohnungskatze Duchesse mit ihren Jungen den Alltag der streunenden, französischen Straßenkatzen jener Zeit zu sehen bekommt, sie sich ihren Weg zurück durchschlagen müssen und dabei allerlei Abenteuer zu bestehen haben.

In Aristocats trifft Duchesse am nächsten Morgen, als sie aufwacht, auf den Kater O'Malley, der für sie eine Fahrt zurück in die Stadt organisiert. Dort treffen sie auf seine Freunde, die musikalisch begabten Streunerkater. Dabei müssen sie sich erst einmal im Klaren darüber werden, wer überhaupt dafür verantwortlich ist, dass sie aus dem Haus geworfen wurden. Auch darf eine Konfrontation mit dem kaltherzigen Edgar nicht fehlen, die aber auch kindgerecht aufgelöst wird.
Eine Entwicklung der Figuren, ein Lernprozess und sei es nur in Bezug darauf, wie gut es Duchesse mit ihren Jungen Marie, Berlioz und Toulouse bei Madame Bonfamille hat, fehlt ebenso, wie ein spannende Erzählung. Dafür wartet Aristocats mit Nebenfiguren wie der Maus Roquefort oder den Hunden Napoleon und Lafayette auf, die für Situationskomik sorgen. Der böse Butler Edgar wird dabei nie so finster gezeigt, dass sich das Zielpublikum fürchten müsste und die sich entwickelnde Liebesgeschichte zwischen Duchesse und O'Malley ist für alle Altersgruppen geeignet.

Nicht zuletzt sorgen auch die eingestreuten Songs für Unterhaltung, deren Highlight "Katzen brauchen furchtbar viel Musik" darstellt. Doch sind sie allesamt nicht so eingängig wie beispielsweise bei Das Dschungelbuch und wirken durch den jazzigen Unterton auch nicht so freundlich oder einladend. Dank der knalligen Farben, mit denen diese Szenen unterlegt sind, wird es die Kinder im Publikum aber nicht stören.


Fazit:
Sieht man sich den nur drei Jahre zuvor entstandenen Klassiker um Balu den Bären und Mogli das Menschenkind an, könnte zu Aristocats der Sprung kaum größer sein. Die klar definierten Hintergründe wirken härter, die Figuren dank der gezeichneten Konturen kantiger und schließlich betonen die stilistisch gewählten farbigen Flächen oder Charaktere bewusst die Entstehungszeit und lassen den Film weniger zeitlos wirken. Dazu tragen auch die beschwingten, aber weniger freundlich klingenden Songs bei.
Dafür lebt der Film von seinen katzenhaften Hauptfiguren, an denen man viele Eigenarten ihrer lebenden Artgenossen ablesen kann. Die Charaktere sind liebenswert, wenn auch nicht differenziert und die Erzählung ist insgesamt so harmlos geraten, dass das Abenteuer der edlen Schnurrer ohne Einschränkungen für alle Altersgruppen geeignet ist. Für die etwas älteren Zuseher mag das angestaubt wirken, dennoch ist es immer noch charmant.