Backdraft - Männer, die durchs Feuer gehen [1991]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 30. Dezember 2013
Genre: Thriller / Action / Drama

Originaltitel: Backdraft
Laufzeit: 137 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1991
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Ron Howard
Musik: Hans Zimmer
Darsteller: Kurt Russell, William Baldwin, Robert De Niro, Donald Sutherland, Jennifer Jason Leigh, Scott Glenn, Rebecca De Mornay, Jason Gedrick, J.T. Walsh, Anthony Mockus Sr.


Kurzinhalt:
Nach Bestehen der Akademie wird der Feuerwehrmann-Frischling Brian McCaffrey (William Baldwin) zum selben Revier versetzt, in dem sein Bruder Stephen (Kurt Russell) bereits zur lebenden Legende geworden ist. Doch auch wenn Stephen ein Vorbild für viele Neulinge ist, er ist ebenso rücksichtslos in Bezug auf seine eigene Sicherheit, wie er viel von seinen Kollegen fordert. Brian und seinem Bruder ist der Beruf in die Wiege gelegt, auch wenn sie ihren Vater bei einem Einsatz verloren, als sie noch sehr jung waren. Beide versuchen seither, dies zu verarbeiten, beide auf jeweils unterschiedliche Art und Weise. Die ungewohnte Nähe lässt die darum Spannungen zwischen ihnen nur größer werden.
So lässt sich Brian wenig später zu Donald Rimgale (Robert De Niro) versetzen, der Untersuchungen bezüglich möglicher Brandstiftungen leitet. Sie kommen einem Serientäter auf die Spur, dessen Opfer mit dem medienwirksamen Bürgermeisterkandidaten Swayzak (J.T. Walsh) in Verbindung stehen. Hierfür kontaktiert Brian Jennifer (Jennifer Jason Leigh), mit der ihn eine gemeinsame Vergangenheit verbindet, und die inzwischen für Swayzak arbeitet. Doch je näher sie dem Täter kommen, umso größer wird die Gefahr auch für die Feuerwehrmänner, die die Tatorte als erste aufsuchen müssen ...


Kritik:
Um in ein brennendes Gebäude zu stürmen, wenn alle andere versuchen, herauszukommen, bedarf es entweder eines todessüchtigen Adrenalinjunkies, oder eines Helden. Mitunter sind das ein und dieselbe Person. Zumindest, wenn man Ron Howards Denkmal glauben darf, das er Feuerwehrmännern in Backdraft - Männer, die durchs Feuer gehen errichtet hat. Hätte er dabei versucht, sich auf die Zunft an sich zu beschränken, würde dem Film das Thrillerelement fehlen, das seinen Mittelteil ausmacht. Beides auf einmal zu erzählen, ist dem Filmemacher allerdings nicht vollends gelungen.

Das mag unter anderem an William Baldwin liegen, der all das nicht ist, was sein Filmbruder Kurt Russell hier verkörpert. Die Geschwister Stephen und Brian haben ihren Vater, der selbst Feuerwehrmann war, bei einem Einsatz verloren. Während Stephen zwanzig Jahre später ein ebenso abgebrühter wie erfahrener Feuerwehrmann ist, hat Brian nach vielen Versuchen in anderen Jobs die Akademie der Feuerwehr absolviert und wird dem Revier seines Bruders zugeteilt, mit dem er seit Jahren nicht gesprochen hat. Auch ist von der Abgeklärtheit Stephens nichts in Brian zu spüren – er scheint sich selbst nicht sicher, ob dieser Beruf der richtige für ihn ist.

Den Anfang nutzt Howard, um ein grundlegendes Porträt der Feuerwehrmänner zu zeichnen, die sich im Einsatz aufeinander verlassen können müssen. Fehler bedeuten den Tod, entweder den eines vom Feuer eingeschlossenen, oder den eigenen. Ein Einsatz bedeutet Teamarbeit, Einzelkämpfer haben in der Truppe ebenso wenig verloren, wie diejenigen, die ihre Angst angesichts der Flammen nicht überwinden können. Mit markigen Sprüchen und kantigen Figuren innerhalb des Reviers gelingt diese Einführung überaus gut, auch wenn man kaum neue Impulse oder ungewohnte Perspektiven darin findet.
Dass bei dem vermeintlichen Helden Stephen nicht alles Gold ist, was glänzt, erkennt Brian, als er mit seiner Schwägerin Kontakt aufnimmt, die ihm gesteht, dass sein Bruder schon vor Monaten ausgezogen ist und den gemeinsamen Sohn nur noch gelegentlich sieht. Weshalb Stephens Beziehung zu seiner Familie zerbrochen ist, wird später angesprochen und lenkt den Blick auf seine Frau Helen, die in der Sorge, ihren Sohn allein aufziehen zu müssen, die täglichen Gefahren ihres Mannes nicht mehr akzeptieren kann. Nur weshalb Stephen überhaupt rücksichtsloser in Bezug auf seine Sicherheit bei den Einsätzen geworden ist, verschweigt das Drehbuch. Vielleicht, weil er in demselben Alter ist, wie sein Vater, als dieser starb?

Statt das Hauptaugenmerk auf die Beziehung der beiden Brüder zu lenken, entwickelt Backdraft - Männer, die durchs Feuer gehen Brian in eine andere Richtung; zum Ermittler Donald Rimgale versetzt, beginnt er die Untersuchung an Brandherden, die auf Brandstiftung schließen lassen. Die bisher untersuchten Taten scheinen zusammenzuhängen, selbst wenn sich Rimgale keinen Reim darauf machen kann.
So interessant auch dieser Aspekt der Story ist, er wird ebenso vernachlässigt, wie das sich anbahnende Drama des ersten Filmdrittels. Die Verwicklungen des Abgeordneten Swayzak, dessen Mitarbeiterin Jennifer eine gemeinsame Vergangenheit mit Brian hat, werden nur angerissen und auch Donalds und Brians Begegnung mit dem verurteilten Brandstifter Ronald offenbart zwar den Blick in einen kranken Geist, doch bietet die Figur mehr Potential, als sie hier zeigen darf.

Beide Angelpunkte nimmt Ron Howard als Sprungbrett für die beeindruckendsten Bilder mit Flammen, die es bislang in einem Film zu sehen gab. Wer der Meinung ist, die Feuerszenen der ersten eineinhalb Stunden wären dabei spektakulär, sollte sich beim Finale anschnallen. Es ist, als könnte man die Hitze der in Flammen stehenden Chemiefabrik tatsächlich spüren. Die Feuersbrunst ist so beängstigend und packend umgesetzt, dass man leicht vergisst, dass sie lange vor den inzwischen allgegenwärtigen Computereffekten entstand. Was heute allzu oft künstlich aussieht, ist hier schlichtweg echt – oder so gut getrickst, dass man es nicht sieht. Diese Bilder sind es auch, die im Gedächtnis bleiben. So unterhaltsam der Film davon abgesehen ist, dank der mitreißenden und Furcht einflößenden Flammenszenen ist Backdraft auch nach mehr als 20 Jahren noch unübertroffen.


Fazit:
Auch wenn "Bull" McCaffrey von Kurt Russell kantig gespielt wird, er verleiht der Figur eine ungewohnte Seite, die in der zweiten Filmhälfte durchblitzt. Zusammen mit den übrigen hochkarätigen Darstellern veredelt er eine Story, die sowohl die möglichen Konflikte der Charaktere vernachlässigt, als auch die Ermittlung des eingebetteten Thrillers. Es ist, als wollte Ron Howard beides anreißen, ohne sich für eines zu entscheiden.
Worauf er offensichtlich viel Wert legt, ist eine authentische und nie dagewesen lebensnahe Darstellung des Feuers und was es mit den Menschen anrichtet. Sei es in Form des Pyromanen oder der Feuerwehrmänner, die niemals ihren Respekt davor verlieren dürfen, wenn sie es unbeschadet überstehen wollen. In diesem Sinne ist Backdraft - Männer, die durchs Feuer gehen eine Hommage an die tapferen und/oder tollkühnen Männer und Frauen der Feuerwachen. Und gleichzeitig ein schweißtreibendes Porträt des alles verzehrenden Elements.