xXx – Triple X [2002]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 27. Oktober 2002
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: XXX
Laufzeit: 124 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2002
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Rob Cohen
Musik: Randy Edelman
Darsteller: Vin Diesel, Asia Argento, Marton Csokas, Samuel L. Jackson


Kurzinhalt:
Xander Cage (Vin Diesel) ist ein Extremsportler – und ein respektloser noch dazu. Jüngst schnappte er sich den Wagen eines Senators und fuhr damit über eine Brücke. Während des Fluges stieg er mit dem Fallschirm aus und ließ das ganze mit einem halben Duzend Kameras filmen. Die sehr begehrten Spots werden anschließend ins Internet gestellt und bescheren Xander einen Ruf, der ihm sprichwörtlich vorauseilt.
Doch gerade dieser letzte Coup könnte ihm zum Verhängnis werden: die Polizei platzt recht unhöflich in eine seiner Parties und stellt den muskelbepackten Hühnen erst einmal ruhig. Als er wieder aufwacht sieht er sich Augustus Gibbons (Samuel L. Jackson) gegenüber, der den jungen Mann als Agent für die Regierung rekrutieren möchte.
Da Xanders einzige Alternative einige Jahre Gefängnis sind, geht er auf den Deal ein – und sieht sich in Prag seiner ersten Mission gegenüber. Er kommt dem Gangster Yorgi (Marton Csokas) und seiner Gehilfin Yelena (Asia Argento) auf die Spur. Yorgi hat ein Duzend russische Wissenschaftler um sich geschart, die an einer vernichtenden biologischen Waffe arbeiten.
Der Agent wider Willen ist der einzige, der die Schurken rechtzeitig aufhalten kann ...


Kritik:
Kaum ein Darsteller spaltet die Zuschauer derart, wie Vin Diesel es tut. Die einen finden ihn brutal, grobschlächtig – ein echter Schlägertyp. Die anderen hingegen sind der Meinung, dass er die Coolness in Person darstellt.
Ich selbst sehe das irgendwo dazwischen. Tatsache ist, dass ihn kaum jemand in Steven Spielbergs Der Soldat James Ryan [1998] wahrnahm, und er dem Film Pitch Black - Planet der Finsternis [2000] letztendlich zu seiner Berühmtheit verhalf.

In xXx wollen die Produzenten ihn als einen neuen Geheimagenten einführen, zugeschnitten auf die Generation@, MTV-Fans, die schnelle Schnitte, laute Waffen und sehr laute Musik zu schätzen wissen. James Bond, so meinte man bei Sony wohl, sei endgültig "out of date". Der smarte Agent ihrer Majestät könne zu der Jugend heutzutage keinen Draht mehr finden.
Und genau in diesem Stil ist Triple X gefilmt: die ansich ordentliche Inszenierung von Regisseur Rob Cohen (unter anderem Regisseur von Dragonheart [1996] und Daylight [1996]) wird in den beeindruckendsten Actionszenen durch lärmende Heavy Metal-Musik untermalt – was den erwachsenen reiferen Zuschauern sicher nicht sehr gefallen wird.

Die Story des Films ist geradlinig erzählt, wenn auch teilweise sehr hanebüchen. Dass ausgerechnet ein Extremsportler für eine so wichtige Mission eingesetzt wird (zugegeben anfangs schien die Mission noch "harmlos"), ist mehr als nur unwahrscheinlich. Wer sich damit nicht abfinden kann, der sollte einen weiten Bogen um xXx machen. Doch abgesehen von der Grundstory ist das Drehbuch des Films recht gut geraten. Zwar sind einige Stunts zu comicartig und unglaubwürdig (aus unerfindlichen Gründen hüpft ein Motorrad aus dem Stand 6 Meter in die Luft), aber die Darsteller haben alle etwas zu tun, die spannenden Szenen sind gut herausgearbeitet und sogar ein kleinwenig Charakterentwicklung bekommt der Zuschauer serviert. Zwar nicht so ausgereift wie in einem professionellen Drama, aber für einen Actionfilm reicht es allemal.
Ohne große Schnitzer ist die Geschichte straff erzählt, mit vielen witzigen Sprüchen gespickt und gerade das Finale baut sich sehr angenehm und etappenweise auf.
Referenzen an James Bond und besonders seinen Allzeit-Gehilfen Q finden sich in Triple X immer wieder – für meinen Geschmack handelt es sich jedoch bei keinem der offensichtlichen "Kopien" um ein echtes Plagiat, so dass man sich als Bond-Fan nicht schämen muss, auf 'anderen Hochzeiten zu tanzen'.

Doch leider kann nicht alles so überzeugen: die angesprochene "gesungene" Musik ist für meine Ohren einfach zu laut und vor allem unpassend. Viele Actionszenen, beispielsweise der Vorlauf für die wirklich hervorragende Lawinensequenz, hätte überhaupt keine musikalische Untermalung benötigt! Man hätte sich als Zuschauer in den Bilder verlieren können, ohne durch die Musik von einer Actionszene zur nächsten getrieben zu werden.
Ähnlich schwach ist auch der instrumentale Score von Randy Edelman, der hier eine seiner blassesten Arbeiten abgeliefert hat. Das Grundthema ist zwar ganz nett, aber es bleibt nicht im Gedächtnis haften und alle anderen Stücke im Film sind reine Variationen des Themas. Einmal schneller, einmal leiser gespielt. Mehrere Themen konnte ich nicht erkennen. Vor allem wiederholt sich eine Passage während einer Szene ständig. Hier wäre mit einem Score des jüngsten James Bond-Komponisten David Arnold bedeutend mehr drin gewesen. Dieser versteht es auch wie in den letzten James Bond-Filmen, klassische Musik mit modernen Beats zu untermalen, ohne dabei den Film zu stören.

Kamera und Schnitt sind ordentlich und in manchen Szenen sogar wirklich gut. Glücklicherweise folgt der Film nicht dem jüngsten MTV-Schneller-Schnitt-Null-Übersicht-Trend, auch wenn das Thema es hätte vermuten lassen.
Beeindruckt hat mich, dass sowohl der Szenenaufbau, als auch das handwerkliche Talent der Beteiligten zum Ende des Films hin zunimmt. Besonders das Finale mit dem Schnellboot ist wirklich sehenswert.

Hierzu tragen sicherlich auch die wirklich gelungenen Spezialeffekte bei, denen man nur in wenigen Momenten ihre Computer-Herkunft ansieht. Besonders bei der bereits erwähnten Lawinensequenz hat mich das überrascht.
Auch der James Bond-ähnliche Vorspann, der bei xXx ans Ende des Films verschoben wurde, kann wirklich überzeugen und ist ein echter "Hingucker".

Die Bösewichte im Film sind durchtrieben böse, auch wenn ihre Motivation eindeutig schon des öfteren im großen Paten des Films (James Bond) zu sehen war.

Die Darsteller gehen in ihren Rollen auf, auch wenn diese allesamt keine oscarreife Spielkunst voraussetzen.
Besonders Vin Diesel kann auch in den ruhigeren und ernsteren Szenen zum Ende des Films hin überzeugen. Der Reiz seines Filmcharakters ist offensichtlich: die Zuschauer sehen hier einen normalen Menschen, der nicht wie James Bond immer die Beherrschung wahrt und um seinen guten Ruf bemüht ist. Xander Cage zittert, wenn ihm kalt ist. Angesichts der Ereignisse, die er sehen muss, ist er schockiert und unfähig, zu reagieren. Er brüllt, wenn er wütend ist – und doch ist er intelligent genug, um improvisieren zu können, sich auf neue Gegebenheiten einzustellen und selbständig zu handeln. Ideenreich und mit einem gewissen, eigenwilligen Charme bewältigt er seine Aufgaben.
Doch er ist eindeutig nicht so unnahbar, wie es sein Kollege aus Großbritannien lange Zeit war.
Ob ihm diese Eigenschaften in den geplanten Fortsetzungen nicht zum Verhängnis werden (oder gar verloren gehen), bleibt abzuwarten.

Wie zuletzt Die Bourne Identität [2002] zeigt nun auch xXx, dass Europa als Filmschauplatz durchaus geeignet ist: Prag als Kulisse für einen Agenten-Thriller ist eine wirklich gute Wahl, die viele malerische Aufnahmen gestattete und den Produzenten sicherlich einiges an Budget gespart hat.

Ganz offensichtlich hinterließ Triple X bei mir einen zwiespältigen Eindruck: die Actionszenen sind gut inszeniert, wenn auch nicht überragend. Gegen Ende des Films legen die Beteiligten deutlich an Professionalität zu und auch Spannung und Actionsequenzen können dann mehr überzeugen. Doch überflüssig eingesetzte Heavy Metal-Musik und die arg konstruierte Story können einem den Spaß am Zusehen manchmal beinahe verderben.
Für die Jugendlichen von heute ist das wohl kein Problem, Erwachsene stören sich womöglich aber auch an etwas anderem: Der Film zeigt viel Haut, aber keine Erotik oder Sex. Es wird viel Gewalt zelebriert, aber ohne die dazugehörige Brutalität.
Ein Kompromiss, der zugunsten der Freigabe in den USA gemacht wurde, und der erwachsene Zuschauer wehmütig an Actionklassiker wie Stirb Langsam [1988] zurückdenken lässt, bei denen intelligente Actionreisser auch noch für Erwachsene gemacht wurden.


Fazit:
Action non-stop, mit einem Hauptdarsteller, den man entweder ausstehen kann, oder auch nicht.
Gefährlich wird er meiner Meinung nach James Bond auf keinen Fall, dazu fehlt ihm bislang die Klasse und die Raffinesse.
An die kongenial inszenierte Action von James Bonds Der MORGEN stirbt nie [1997] oder die inhaltliche Reife von Die Welt ist nicht genug [1999] kommt Triple X bei weitem nicht heran. Und ich hoffe, dass sich die Bond-Produzenten an dem Inszenierungsstil von xXx kein Vorbild nehmen, und auch zukünftig für ein erwachseneres Publikum Filme drehen werden.
Gegen einen weiteren Leinwandauftritt von Xander Cage hätte ich ansich nichts, nur fürchte ich, dass dann die Lärmmusik noch stärker vertreten sein wird als bisher schon, und der Anspruch der Filme auf ein noch jüngeres Publikum zugeschnitten sein wird.