Without a Trace – Spurlos verschwunden: "Showdown" [2005]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 01. März 2006
Genre: ThrillerOriginaltitel: Without a Trace: "Showdown"
Laufzeit: 42 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: John F. Showalter
Musik: Reinhold Heil, Johnny Klimek, Peter Manning Robinson
Darsteller: Anthony LaPaglia, Poppy Montgomery, Marianne Jean-Baptiste, Enrique Murciano, Eric Close, Charles Mesure, Ned Vaughn, Ray Baker, Jason Winston George, Anna Belknap
Kurzinhalt:
Als Martin Fitzgerald (Eric Close) und Danny Taylor (Enrique Murciano) den verhafteten Adisa Teno (Jason Winston George), der zwar General Gamba nicht persönlich ermordete, aber das Attentat vorbereitete, überführen wollen, wird ihr Wagen von Gambas Sicherheitschef Emil Dornvald (Charles Mesure) angegriffen.
Teno wird getötet, Taylor leicht verletzt – und Fitzgerald erleidet mehrere Schusswunden. Während sich Dornvald rehabilitiert glaubt, machen sich Jack Malone (Anthony LaPaglia), Samantha Spade (Poppy Montgomery) und Taylor auf die Suche nach ihm. Unerwartete Hilfe kommt von Gambas Nachfolger, der zwar bestreitet, etwas mit dem Anschlag zu tun gehabt zu haben, aber die Unterstützung bei der Suche anbietet – im Gegenzug zur Auslieferung von Paige Hobson (Anna Belknap), Gambas Attentäterin.
Doch Malone vermutet, dass Dornvald nicht auf eigene Faust gehandelt hat und nun selbst gejagt wird; währenddessen scheint Danny Taylor seinen Drang nach Gerechtigkeit für Martin Fitzgerald nicht im Griff zu haben ...
Kritik:
Für Fans der etwas anspruchsvolleren Krimiunterhaltung ist es überaus erfreulich zu sehen, dass die beiden von Jerry Bruckheimer produzierten Serien Cold Case – Kein Opfer ist je vergessen [seit 2003] und Without a Trace – Spurlos verschwunden [seit 2002] nicht nur in den USA zu den meistgesehenen Formaten gehören. Auch hierzulande erfreut sich das Serien-Doppelpack trotz der eigentlich ungünstigen Sendetermine am Freitag Abend großer Beliebtheit. Gleichwohl dies angesichts des unbestritten sehr hohen Produktionsstandards und der sehr guten Darbringung der schwierigen Thematik ansich selbstverständlich sein sollte, lehrte die Vergangenheit überzeugend, dass qualitativ hochwertige Serien nicht unbedingt zu den erfolgreichsten gehören müssen.
Wodurch Without a Trace in der letzten Staffel überraschte, und was sich hier weiter abzeichnet, ist die Bereitschaft der Produzenten und Autoren, die Hauptfiguren der Serien grundlegend weiter zu entwickeln und auch radikal zu verändern. Dies begann damit, dass eine Hauptfigur eine Scheidung durchleben musste, die sich mehrere Folgen lang hinzog und sogar zentraler Bestandteil einer Episode gewesen ist, führte über eine unerwartete Beziehung zweier Hauptfiguren bis zu deren Zerbrechen – und mündet in gewissem Sinne in einem doch unvorhersehbaren Zwischenfall, in dem der FBI-Agent Martin Fitzgerald schwer verwundet wird. Was die Autoren aus diesem Potential machen, bleibt abzuwarten, es kündigt allerdings an, dass man als Zuseher bei Without a Trace mit Vielem rechnen muss.
Der Skriptautor der Episode, David Amann, genießt einen Luxus, den nicht viele Autoren von TV-Serien genießen dürfen: er schrieb sowohl das Staffelfinale der vorangegangenen Season, die mit einem offenen Cliffhanger endete, als auch diesen Auftakt, der verständlicherweise an eben jenem Moment wieder ansetzt.
Was dabei erstaunt ist die Tatsache, dass es Amann gelingt, den zweiten Teil sowohl inhaltlich, als auch atmosphärisch direkt an er vorangegangenen Episode anzuknüpfen, dabei aber dennoch die Ermittlung, die Suche des Teams, auf eine neue Person zu konzentrieren. So bleibt der Autor dem Serienkonzept treu und behandelt einen neuen Fall, der allerdings aus dem vorherigen entstand.
Die Thematik ist dabei ebenso heikel, wie noch in der vorigen Folge, "Schmutziges Spiel", verlagert aber den emotionalen Anteil nun auf das Ermittlerteam, das von einer solchen Situation bislang nur selten betroffen war. Bedauerlich ist gerade deswegen, dass von Vivian Johnson überhaupt nichts zu sehen ist, obgleich sie und Fitzgerald in der Vergangenheit ein packende Storyarc zusammen erleben durften. Dafür entwickelt der Autor die Beziehungen innerhalb des Teams – ob nun freundschaftlicher Natur, oder aber persönlicher – konsequent weiter, ohne dass die Figuren wider ihrer Gewohnheit handeln würden. Inwiefern dies Auswirkungen auf die kommenden Episoden haben wird, bleibt abzuwarten, manche Entscheidungen der Figuren werden aber sicher Konsequenzen nach sich ziehen.
Inhaltlich wagt der Autor erneut einen kritischen Kommentar zur Außenpolitik und dem Deckmantel des "Kampfes gegen den Terror"; bei dem mitunter Bündnisse mit ebenso verbrecherischen Alliierten eingegangen werden.
Die Vorlage überzeugt mit einigen sehr intensiven Charaktermomenten und bisweilen subtilen, bisweilen sehr offenen Entscheidungen der Figuren, die alle (bis auf zwei Ausnahmen) etwas zu tun bekommen und von ebenso pointierten wie natürlichen Dialogen unterstützt werden.
Davon profitieren selbstverständlich die Darsteller, die hier wie gewohnt sehr engagiert wirken und keine Wünsche offen lassen.
Als besorgter Abteilungsleiter in mehrerer Hinsicht gibt sich Anthony LaPaglia etwas emotionaler, als man es in manchen Episoden gewohnt war, lässt aber gerade Enrique Murciano den notwendigen Raum, seine Charakterszenen auszuspielen. Der leistet ebenfalls sehr gute Arbeit, war in der vorangegangenen Staffel aber schon mehr gefordert.
Eric Close hat zwar nicht viel zu tun in "Showdown", macht seine Sache in den wenigen Momenten aber sehr gut. Ebenso wie Poppy Montgomery, deren stärkste Szene am Ende der Episode zu sehen ist. Ihr gelingt der Balanceakt zwischen beruflicher Professionalität und persönlicher Sorge ausgezeichnet.
Von den übrigen Darstellern sticht vor allem Charles Mesure heraus; der britische Darsteller, der neben einigen Kinofilmen vor allem in TV-Serien vertreten ist, leistet sehr gute Arbeit bei der Verkörperung von Dornvalds Werdegang und verleiht der Figur trotz des unsympathischen, bösartigen Charakters ein Charisma, das vielen anderen Rollen und Darstellern fehlt.
Einen sehr kurzen Auftritt hat auch Jason Winston George, der aber ohne weiteres überzeugt, ebenso wie Anna Belknap, die aber ebenso wenig zu sehen ist. Selbst Ray Baker hatte schon anstrengendere Auftritte bei Without a Trace, leistet hier aber einmal mehr routiniert gute Arbeit.
Handwerklich überzeugt Regisseur John F. Showalter, der bei Without a Trace mehrmals im Regiestuhl Platz nahm und überdies als Cutter an der Serie beteiligt ist, mit sehr sorgfältig ausgewählten Perspektive, die gerade bei der Eröffnungssequenz schon komponiert erscheinen und hält dieses Niveau bis zum Schlus der Episode.
Dabei greift er in den rechten Momenten auf Handkamera und etwas wackelige Bilder zurück, versetzt den Zuseher an die Seite der Protagonisten und lässt sie am Geschehen teilhaben. Dass er zudem in den Charaktermomenten die Figuren in dne Mittelpunkt rückt, ohne sie mit der Kamera zu bedrängen, ist ihm hoch anzurechnen.
Kamera und Schnitt harmonieren sehr gut und vermitteln in den richtigen Situationen eine ausgesprochen packende Dynamik, die in einem sehr gut eingefangenen Finale endet, um in einem ansprechend ruhigen und ausführlichen Epilog die Episode abzuschließen und auf kommende Entwicklungen hinzudeuten.
Unabdingbar für die gelungene und auch authentische Atmosphäre der Serie wie der Episode ist die musikalische Untermalung, die sich – wie bei Without a Trace üblich – auf zurückhaltende, atmosphärische Stücke konzentriert und nur stellenweise mit rhythmischen Melodien aufwartet.
Doch trotz der elektronischen Natur des Scores wirkt die Musik auch in den emotionalen Szenen nie unterkühlt oder distanziert, sondern fügt sich zu den Bildern, ohne zu stören oder aufdringlich zu erscheinen.
Dass am Ende vieler Folgen von Without a Trace – Spurlos verschwunden in den USA ein Suchhinweis für tatsächlich vermisste Personen gezeigt wird, ist bekannt – in anderen Ländern ist dies für gewöhnlich nicht der Fall, auch wenn in Australien vor vielen Episoden eine solche Suchmeldung gezeigt wird. Überraschenderweise war dies während der ersten beiden Staffeln auch in Hong Kong der Fall, gleichwohl dies ab der dritten Season eingestellt wurde.
Kenner der Serie, die vor Monaten mit einem unguten Gefühl bei "Schmutziges Spiel" mitansahen, wie die Serie in die wohlverdiente Sommerpause geschickt wurde, bekommen zwar am Ende von "Showdown" einen Abschluss zur Hauptstoryline, viele andere Aspekte der Geschichte werden aber noch nicht aufgelöst und die Serie wohl auch in den kommenden Episoden begleiten.
Während dem Drehbuchautor das kleine Kunststück gelingt, die Episode mit einem dramaturgischen Höhepunkt zu beginnen, ohne danach stark nachzulassen, sondern vielmehr an Spannung und Komplexität zuzulegen, ist es vor allem der handwerklichen Umsetzung und den Darstellern zu verdanken, dass Without a Trace nicht dem bei Serien oft üblichen Staffel-Auftakt-Syndrom verfällt, bei dem die erste Episode meist die schwächste einer neuen Season darstellt. Wie das in den kommenden Folgen weitergeführt wird, bleibt somit so unvorhersehbar wie interessant, doch richtet sich dieser Einstand in das neue Serienjahr sichtlich an diejenigen Zuschauer, die dem FBI-Team bislang schon gefolgt sind. Neue Zuseher werden mit der Geschichte und den Figuren wenig anfangen können.
Fazit:
Dass sich die mit vielen Dramaelementen versehene Thrillerserie eindeutig an ein erwachsenes Publikum richtet, macht schon die Eröffnungssequenz deutlich, die in ihrer deutlichen Darstellung der Gewalt manchen Kinoproduktionen Konkurrenz macht.
Regisseur John F. Showalter kleidet den Staffelauftakt "Showdown" in wohl überlegte und sehr gut zusammen gestellte Bilder, wohingegen der Drehbuchautor David Amann (zusätzlich ausführender Produzent) das Gerüst für einen ebenso düsteren wie facettenreichen Fall in Bezug auf die Figuren liefert. Er entwickelt die Charaktere in der Kürze der Zeit weiter und legt den Grundstein für kommende Änderungen, ohne dass die Suche nach dem Täter deswegen zu kurz käme oder übereilt erzählt würde.
Dadurch überzeugt diese Episode von Without a Trace wie gewohnt durch eine sehr gute handwerkliche Umsetzung und ein überzeugendes Skript mit viel Potential. Dass nicht alle Figuren zum Zug kommen, verzeiht man schon deswegen, weil die Darsteller mit der überzeugenden Darbietung für das Ausbleiben bekannter Figuren ohne weiteres entschädigen.
Für Kenner ein gelungener, sehr ernster Auftakt in die neue Season, für Neueinsteiger aber auf Grund der forterzählten Geschichte kaum geeignet.