What Happens Later [2023]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 2. Mai 2024
Genre: Liebesfilm / Komödie / Drama

Originaltitel: What Happens Later
Laufzeit: 103 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Meg Ryan
Musik: David Boman
Besetzung: Meg Ryan, David Duchovny, Hal Liggett (Stimme)


Kurzinhalt:

Auf dem Weg von Boston nach Austin trifft Bill (David Duchovny) auf die aus Austin nach Boston reisende Willa (Meg Ryan). Das Paar, das sich vor 25 Jahren getrennt hat, läuft sich auf einem kleinen Regionalflughafen über den Weg, während sich draußen ein Schneesturm zusammenbraut. Bills anfängliche Versuche, seine Ex-Frau zu ignorieren, schlagen fehl und so kommen sie doch ins Gespräch. Mehr noch, als ihre beiden Anschlussflüge auf unbestimmten Zeit ausgesetzt werden, sitzen sie gemeinsam an dem Flughafen fest und gehen so in ihren Gesprächen nicht nur der Ursache auf den Grund, weshalb sie sich getrennt haben – der nicht so einfach gelagert ist, wie beide es vermuten –, sondern entdecken auch ihre Gemeinsamkeiten neu. Dass sich ihrer beider Leben nicht so entwickelt hat, wie sie erhofft hatten, könnte aber auch neue Möglichkeiten für sie eröffnen. Dass sie sich nach all der Zeit wiedersehen, könnte schließlich auch ein Wink des Schicksals sein …


Kritik:
In ihrer zweiten Regiearbeit nähert sich Filmemacherin Meg Ryan dem Genre an, das sie selbst groß und das Ryan zu einem Star gemacht hat. Ihre romantische Komödie What Happens Later setzt dabei passenderweise 25 Jahre, nachdem sich ein Paar vermeintlich „glücklich bis ans Lebensende“ in den Sonnenuntergang aufmachte, an. Basierend auf einem Theaterstück, findet die Adaption nicht nur einen interessanten Ansatz, sondern auch gelungene Momente, die am Ende jedoch zu erstaunlich wenig führen.

Am Schalttag, dem 29. Februar, trifft der Geschäftsreisende William „Bill“ Davis an einem kleinen Regionalflughafen auf seine Ex-Frau Wilhelmina „Willa“ Davis. Seine Versuche, sie bewusst zu übersehen, sind nicht erfolgreich und so kommen die beiden, die sich mehr als zwanzig Jahre nicht gesehen haben, notgedrungen ins Gespräch. Die Höflichkeitsfloskeln und der Smalltalk weichen bald Fragen, die sie dorthin zurückführen, weswegen ihre Ehe einst zerbrach. Erschwerend kommt hinzu, dass der Flughafen auf Grund eines Sturmes stillgelegt wird, Bill und Willa gewissermaßen gemeinsam gestrandet sind, während die Zahl der übrigen Reisenden zunehmend abnimmt.
Das klingt im ersten Moment von der Ausgangsidee her nur allzu bekannt, doch gelingt es der Erzählung nicht nur, das Geschehen dank der flüssigen Dialoge amüsant zu halten. Die Besetzung des Zwei-Personen-Stückes, bestehend aus Meg Ryan selbst und David Duchovny, besitzt ungemein viel Charme.

Umso mehr würde man sich wünschen, dass das Drehbuch stärker daran interessiert wäre, sie an diejenigen Erinnerungen heranzuführen, die sie entweder ausgeblendet oder gar nicht wahrgenommen haben. In zahlreichen Situationen findet What Happens Later diesen Mut, verfolgt die Ansätze aber nicht bis ins Mark. Dafür gibt sich die Komödie bewusst Mühe, die Unterschiede der beiden Figuren zu definieren. Für die esoterisch angehauchte Masseurin Willa ist der Schalttag beispielsweise ein „magischer Tag“, während Bill der Mathematik verhaftet und in der Lage ist, ihre zurückliegende Beziehung rational zu betrachten. Je länger sich die beiden unterhalten, umso deutlicher wird, dass Willa nicht das Leben geführt hat, das sie sich einst vorstellte, während Bill eine Familie gegründet hat. Dass es in seiner Ehe ebenso kriselt wie in der Beziehung mit seiner 15jährigen Tochter, wird bereits ganz zu Beginn deutlich. Gleichzeitig unterstreicht Regisseurin Ryan, dass Bill Willa gegenüber den wahren Zustand seines Familienlebens verschweigt. Immerhin haben sie sich lange Zeit nicht gesehen und die Frage ist durchaus treffend, ab wann zwei Menschen, die einmal ein Paar gewesen sind, einander so fremd sind, dass sie dem jeweiligen Gegenüber eine Distanz wahren, die ansonsten nur Außenstehenden vorbehalten ist.

Durchaus gelungen etabliert die Geschichte zwei grundunterschiedliche Persönlichkeiten, bei denen sofort ersichtlich ist, weswegen sie nicht zusammenpassen, und doch nichtsdestoweniger unübersehbar bleibt, wie vertraut sie miteinander sind. Zu sehen, wie Bill und Willa mit einander sprechen, ihre Erinnerungen gemeinsam erforschen und beide ehrlich miteinander sind, wann ihre Lebensentwürfe auseinanderfielen, ist in einigen Dialogen durchaus entblätternd und stellenweise überraschend herzlich. Sowohl Meg Ryan als auch David Duchovny zeigen einen Facettenreichtum, der sich nicht aus ihren Gesprächen ergibt, die Figuren aber ungemein definiert. Doch gerade dann, wenn man sich wünschen würde, dass die anfangs bewusst oberflächlichen Dialoge in die Tiefe gehen, ein reinigendes Streitgespräch stattfindet, greift What Happens Later zu einem übernatürlichen Element, indem sich der Ansager am Flughafen persönlich an Bill und Willa richtet. Die akzeptieren das auch einfach, als sei es das Normalste auf der Welt. Doch die oberflächliche Komik ist der Grund, weshalb die Geschichte dieser beiden ehemaligen Eheleute nie wirklich packt.

Nach etwa einer Stunde ist die Erzählung an einem Punkt angekommen, an dem man sich fragt, was noch passieren soll. Nicht erst im weiteren Verlauf erweckt das Drehbuch den Eindruck, es sei einige Überarbeitungen davon entfernt, dem Genre der reifen romantischen Komödien eine wirkliche Perle hinzuzufügen. Dass der Humor in What Happens Later nicht zum laut Herauslachen einlädt, ist kein Kritikpunkt. Vielmehr ist die Mischung aus Ernst und Komik durchaus gelungen. Doch anstatt das Pendel in beide Richtungen stärker auszuschlagen, die zurückliegenden Verletzungen der Figuren auszuloten, bleibt die Story im unverfänglichen Mittelbereich. Das ist schade, denn so kann man mit den Figuren weder mitleiden, noch sich mit ihnen tatsächlich freuen. Der durchaus mutige Schluss mag dazu nicht so recht passen, auch wenn er zu den Highlights der Geschichte zählt.


Fazit:
Am Ende einer jeden Beziehung gibt es viele offene Fragen. Willa und Bill können sie sich nun stellen und mit einer persönlichen Reife sowie dem zeitlichen wie emotionalen Abstand ihre damalige Beziehung und weshalb sie scheiterte, verstehen lernen. Dass beide seither nicht das Leben geführt haben, das sie erwarteten, das „Bessere“, das man sich in der nächsten Partnerschaft erhofft hatte, nicht eingetreten ist, verleiht der Story eine Melancholie, die jede Generation betreffen kann. Dass sich Willa und Bill auch verbal nicht verletzen, macht die Charaktere zugänglicher. Doch hält sich das Drehbuch damit merklich zurück, die Figuren und was zwischen ihnen geschehen ist, vollends auszuleuchten. Die Idee, eine reife romantische Komödie um zwei Personen zu erzählen, die sich nicht verbittert gegenüber stehen, aber doch alte Wunden aufreißen, ohne außer Acht zu lassen, was sie einander einmal bedeutet haben und was sie verbindet, ist zwar nicht neu, aber eine willkommene Abwechslung. Umso mehr, da ein klassisches Happy End nicht zwangsweise vorgegeben ist. Doch das esoterisch übernatürliche Element stört spürbar, zumal es weder eine Erklärung gibt, noch ist es wichtig für den Verlauf der Story. Als charmant gespielte Liebesdramakomödie über das Leben und die Wege, die man nicht gegangen ist, ist das dank der Besetzung sehenswert. Trotz der berührenden Momente und dem spürbaren Feingefühl in den richtigen Situationen, gelingt es What Happens Later aber nicht, das Meiste aus dem Kammerspiel zu machen.