Wer ohne Sünde ist [2006]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 25. Oktober 2011
Genre: KrimiOriginaltitel: The Inspector Lynley Mysteries: Natural Causes
Laufzeit: 86 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 2006
FSK-Freigabe: -
Regie: Simon Massey
Musik: Andy Price
Darsteller: Nathaniel Parker, Sharon Small, Liza Tarbuck, Catherine Russell, Mary Stockley, Ben Lannoy, Adrian Rawlins, Molly Herbert, Nicholas Gleaves, Dave Hill, Patricia Kerrigan, Saskia Reeves, George Costigan
Kurzinhalt:
Die junge Mutter Edie Covington (Mary Stockley) wurde in ihrem Auto in einen See geschubst. Barbara Havers (Sharon Small) wird der Fall zusammen mit ihrer neuen Vorgesetzten, Detective Inspector Fiona Knight (Liza Tarbuck), zugeteilt. Diese legt eine ganz andere Herangehensweise an den Tag, als es Havers von ihrem bisherigen D.I., Thomas Lynley (Nathaniel Parker), gewohnt war. Dieser ist vorübergehend suspendiert und wartet darauf, dass die eingesetzte Kommission eine Entscheidung über seine berufliche Zukunft fällt.
Währenddessen bietet er Havers seine Hilfe an, und beginnt mit Hintergrundrecherchen in einer speziellen Klinik, in welcher das Opfer bis vor ein paar Monaten untergebracht war. Nicht nur, dass ihr noch Ehemann ein Motiv hätte, da sie sich aktiv für den Umweltschutz eingesetzt hatte, könnte auch der Großgrundbesitzer Owen Harcourt-Baines (George Costigan) involviert sein. Der scheint mit der Leiterin der Klinik, Eileen Edwards (Saskia Reeves), unter einer Decke zu stecken. Doch dann kommt Knight hinter Lynleys Beteiligung an der Ermittlung und Havers sitzt zwischen allen Stühlen ...
Kritik:
Hat man irgendwann einmal genügend klassische Krimis gesehen, stellt sich einem als Zuschauer die Frage, wie realistisch es denn ist, dass die ermittelnden Polizeibeamten wie in Wer ohne Sünde ist wild gestikulierend jeden auch nur entfernt Verdächtigen des Mordes bezichtigen dürfen, auch wenn sie außer eigenen Hirngespinsten keine Beweise dafür vorlegen können. Hat so etwas denn keine rechtlichen Konsequenzen? Weshalb einem dieses Vorgehen in dem Staffelauftakt der Inspector Lynley Mysteries so stark auffällt, liegt hauptsächlich daran, dass der Fall nicht übermäßig interessiert. Im Gegenteil, hat man den Täter nach den ersten zwölf Minuten erkannt (und viel länger sollten Genre erfahrene Zuseher nicht benötigen), kann man sich darauf konzentrieren, wie die Ermittler dem Mörder auf die Schliche kommen.
Es beginnt dabei, wie die meisten Krimis beginnen, mit dem Mord selbst, der diesmal besonders heimtückisch stattfindet: Das Auto der jungen Edie wird in einen See geschoben und bevor sie eine Möglichkeit findet, die verschlossenen Türen zu öffnen, geht sie darin unter. Man möchte Edie dabei zwar nahelegen, dass sie ohne große Anstrengungen die Fenster hätte herunterkurbeln können, doch wäre uns dann der Rest dieses Krimis erspart geblieben. Wie dem auch sei wird Barbara Havers auf den Fall angesetzt, während der suspendierte Lynley auf seine Untersuchungskommission wartet. Havers' neue Chefin Fiona Knight arbeitet mit ganz anderen Methoden, die Barbaras Initiative erfordern. Mehr noch, die hochschwangere Fiona spricht sie nicht nur mit Vornamen an, sondern betrachtet sie gar als Gleichgestellte. Es scheint, als hätte Havers all jene Anerkennung gefunden, nach der sie sich die Jahre über gesehnt haben muss, doch statt sich dafür zu bedanken, lässt sie zu, dass sich Lynley in die Ermittlungen einmischt – um letztlich als das dazustehen, was er in den Augen vieler Fans immer wieder gern ist: Ein einsamer, falsch verstandener Retter.
Der Fall selbst wartet mit den üblichen Verdächtigen auf, die sich von einer verschlossenen Familie bis hin zu wohlhabenden Großgrundbesitzern, Umweltaktivisten und einer dubiosen Klinik erstrecken. Niemand davon scheint in der Lage, einen Mord zu begehen, ganz gleich, wie vielfältig die Motive auch sein mögen. Auf dem steinernen Weg, den Täter zu überführen, erweisen sich gerade die Ermittler als überaus taktlos. Havers beispielsweise befragt ungeschickt die Familie der Getöteten, unmittelbar, nachdem sie ihnen die Nachricht selbst überbracht hat. Dabei setzt sie ein permanentes Lächeln auf, als wäre dies ein freudiger Moment. Nicht nur, dass sie nicht in der Lage ist, auf den Verlust der Angehörigen einzugehen, es gelingt ihr auch nicht, auf emotionale Ausbrüche der Befragten etwas zu erwidern.
Lynley andererseits sollte im suspendierten Zustand sein Dienstaufsichtsverfahren im Sinn haben, anstatt sich als fremd fischender Ermittler in einem Fall anzubiedern, nicht zuletzt, da seine zivile Beteiligung sämtliche vor Gericht verwertbaren Beweise zunichtemachen würde. Dieser gesamte Ablauf erscheint ebenso konstruiert wie der Fall um die Ökoaktivisten selbst.
Fans und Kenner der Reihe dürfen sich immerhin auf die Frotzeleien zwischen Havers und Lynley freuen, deren Beziehung zueinander gerade zu Beginn mehr als nur unterkühlt wirkt. Später, insbesondere, wenn Havers die Leitung übernimmt und Lynley zu tun hat, was sie sagt, lebt das allerdings wieder auf. Weswegen man jedoch im unpassendsten Moment den beiden einen aufgezwungen witzigen Kommentar auf die Lippen legen muss, verstehe wer will. Ebenso, weswegen mit Catherine Russell die inzwischen dritte Aktrice die Rolle von Helen Lynley übernimmt – und das mit überraschend wenig Charme. Die ständige Umbesetzung macht es sichtlich schwierig, der Figur überhaupt folgen zu können, oder sie als Teil des Lynley-Universums zu akzeptieren.
Fazit:
Hat es am Anfang noch den Anschein, als wären sich die beiden Hauptfiguren in keinster Weise verpflichtet (zumindest benehmen sie sich so), wandelt sich das Bild glücklicherweise im Laufe der eineinhalb Stunden. Wer ohne Sünde ist ist durchweg gut gefilmt und bietet tolle Landschaftsaufnahmen zum Schwelgen. Jene Routine lassen die Darsteller stellenweise vermissen, die ihre Figuren so unglaubwürdig gestalten, dass man mitunter am liebsten wegsehen würde. Dabei scheint Barbara Havers auch die einzige Polizeibeamtin, die in einem aktiven Mordfall ein offenstehendes, chaotisch erscheinendes Haus eines Hauptverdächtigen betritt, ohne dabei ihre Waffe zu ziehen.
Die weder einfühlsamen, noch bedrückenden Dialoge, die plakative Story und die Vorhersehbarkeit machen den Krimi zu einem Beispiel, wie packende Unterhaltung nicht aussehen sollte. Mag sein, dass Fans immerhin ein Wiedersehen mit den Figuren feiern können, davon einmal abgesehen gibt es nicht viel, was für ein Einschalten überhaupt spricht.