Und täglich grüßt die Liebe [2021]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 26. Juni 2021
Genre: Komödie / Liebesfilm

Originaltitel: Long Story Short
Laufzeit: 94 min.
Produktionsland: Australien
Produktionsjahr: 2020
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren

Regie: Josh Lawson
Musik: Chiara Costanza
Besetzung: Rafe Spall, Zahra Newman, Ronny Chieng, Dena Kaplan, Noni Hazlehurst, Josh Lawson, Benjamin Taylor


Kurzinhalt:

Dass Teddy (Rafe Spall) Leanne (Zahra Newman) kennengelernt hat, war an sich nur einer Verwechslung zu verdanken. Und, weil Teddy zu spät zur Silvesterparty kam. Dass er es nach Jahren überhaupt geschafft hat, Leanne einen Antrag zu machen, hat sie vermutlich am allermeisten überrascht, denn Teddy ist jemand, der alles am liebsten „später“ erledigen möchte. Nachdem eine fremde Frau (Noni Hazlehurst) ihm kryptische Andeutungen gemacht hat, gelingt es Teddy doch noch, einen Termin für die Hochzeit zu finden. Eines ihrer Hochzeitsgeschenke ist eine verschlossene Metalldose, die sie jedoch erst in 10 Jahren öffnen sollen. Noch in der Hochzeitsnacht schläft Teddy ein und wacht ein Jahr später wieder auf, an seinem ersten Hochzeitstag. Was in der Zeit dazwischen geschehen ist, weiß er nicht, doch eine schwangere Leanne erklärt ihm, dass sie das ganze Jahr gemeinsam verbracht hätten. Alle paar Minuten springt Teddy immer ein Jahr weiter nach vorn und und bekommt so sein künftiges Leben in Zeitraffer zu sehen – zusammen mit allen Entscheidungen, die er getroffen oder aufgeschoben hat …


Kritik:
Und täglich grüßt die Liebe ist einer der schönsten und unterhaltsamsten Filme, die seit langem im Kino zu sehen waren. Aus einer durchaus absehbaren Story zaubert Autor und Regisseur Josh Lawson eine Liebesgeschichte mit Herz, die mit den vielen witzigen und zunehmend nachdenklichen Momenten so scheinbar mühelos jongliert, dass es leicht fällt, sich hier wiederzufinden. Dabei trägt ungemein zum Gesamteindruck bei, dass dies von einer Besetzung zum Leben erweckt wird, die besser nicht zusammengestellt sein könnte.

Im Zentrum der Erzählung steht der sympathische, aber etwas verplant auftretende Teddy, dessen Lebensmotto es zu sein scheint, stets alles auf später zu verschieben. Seine Frau Leanne lernt er nur kennen, weil er zu spät zu einer Silvesterparty kommt. Obwohl er sie sehr liebt, dauert es eine gefühlte Ewigkeit, bis er ihr einen Antrag macht und auch beim Termin der Hochzeit würde er sich Zeit lassen – es ist eben nie der richtige Moment und es gäbe so Vieles zu berücksichtigen. Durch eine Fremde kommt es dazu, dass Leanne und Teddy doch eher heiraten. Unter ihren Hochzeitsgeschenken befindet sich ein seltsamer Gegenstand: Eine verschlossene Blechdose, in der sich offenbar etwas befindet und die sie erst in 10 Jahren öffnen sollen. Ehe sich Teddy versieht, findet er sich an seinem Hochzeitstag ein Jahr später wieder und wenige Minuten danach, ist es wieder ein Jahr darauf. In Und täglich grüßt die Liebe erlebt die zentrale Figur ihr eigenes Leben in Schnappschüssen, die ihn immer ein Jahr weitertragen. Es ist nicht, dass er tatsächlich durch die Zeit springt, immerhin war er dort und hat das zurückliegende Jahr mit seinen Entscheidungen – oder dem Verschieben derselben – geprägt. Nur kann er sich an diese Zeit dazwischen nicht erinnern.

Für Teddy als jemand, der immer alles auf die lange Bank schiebt, könnte die Situation keinen größeren Bruch darstellen. Immerhin sieht er in Zeitraffer, wohin sich sein Leben entwickelt, sieht, wie er und die Frau, die er liebt, sich auseinanderleben. Wie geht ein chronischer „Hinauszögerer“ damit um, dass er Dinge urplötzlich nicht mehr auf später vertagen kann, wenn er seinem Leben eine neue Richtung geben will? Seinem Freund Sam gesteht Teddy, „alle paar Minuten vergeht ein Jahr“. Was sich lustig anhört, gewinnt mit seiner nächsten Aussage, eine andere Bedeutung: „Mein Leben geht viel zu schnell vorbei“. Es ist ein Gefühl, das sich, je älter man wird, umso mehr einstellt und Und täglich grüßt die Liebe weiß, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen und seine Hauptfigur auf eine Reise der Erkenntnis durch sein eigenes Leben zu senden.

Wie das exakte, filmische Gegenteil, Und täglich grüßt das Murmeltier [1993], ist es eben diese persönliche Entwicklung, die den Reiz des Zusehens ausmacht. Während im Genreklassiker aber die Hauptfigur die einzig greifbare ist, die sich entwickelt, entwickeln sich hier gewissermaßen alle Personen in Teddys Leben weiter, während er gefühlt auf der Stelle tritt. Eingefangen wird dies, besonders nach den verschiedenen Zeitsprüngen mit zahlreichen amüsanten Momenten und Verwechslungen, die sowohl von Rafe Spall als auch von Zahra Newman als Teddy und Leanne hervorragend und so natürlich eingefangen sind, dass es beinahe ist, als würde man einem langjährigen Paar zusehen. Aber nicht nur sie, auch Nebendarsteller Ronny Chieng als Sam und Dena Kaplan als Teddys Ex-Freundin Becka erhalten jeweils Momente, in denen sie sowohl ihr komödiantisches Talent unter Beweis stellen können, aber auch in ernsten Momenten glänzen.

Die sind es am Ende auch, die bei Und täglich grüßt die Liebe nicht nur für die größten Überraschungen sorgen, sondern das Publikum unmittelbar berühren. Wenn Teddy sein eigenes Leben wie durch einen Spiegel gezeigt bekommt, er daraus seine Schlüsse für das Leben, die Zeit, die ihm bleibt und die Liebe lernt, dann mag das in machen Bereichen abgedroschen klingen, aber da man nach kurzer Zeit das Gefühl bekommt, nicht nur den Werdegang dieses Paares zu kennen, sondern auch mitansehen zu müssen, was sie auseinander bringt, treffen diese Aussagen direkt ins Zentrum. So gelingt Filmemacher Lawson auch ein Ende, das zwar wenig überrascht, aber einem durch einen bittersüßen Schluss nicht nur ein großes Lächeln ins Gesicht zaubert, sondern gleichzeitig ein Kloß im Hals bildet. Dies so gekonnt ausbalanciert zu sehen, ist einfach schön und so kurzweilig präsentiert, dass man sich dem Charme kaum entziehen kann.


Fazit:
Wie würde man selbst reagieren, würde man sein künftiges Leben nur in Schnappschüssen zu sehen bekommen? Wäre man der Meinung, öfter die richtigen, anstatt der falschen Entscheidungen getroffen zu haben? Regisseur Josh Lawsons Idee mag inhaltlich nicht wirklich neu sein und in ihrem Ablauf auch arg vorhersehbar, doch gelingt ihm eine Liebeskomödie, die nicht nur viele emotionale Momente beinhaltet, sondern was ihre Charaktere und ihre Geschichte anbelangt, das Publikum vom ersten Moment an mitnimmt. Diesbezüglich gäbe es kaum etwas besser zu machen. Tadellos umgesetzt, ist es die fantastische Besetzung, die bei Und täglich grüßt die Liebe das Herz des Publikums erobert. Rafe Spall und Zahra Newman ergänzen sich so gut, dass es eine wahre Freude ist, Zeit mit ihnen zu verbringen. Geradezu ansteckend charmant und stimmig, ist dies einer der aufbauendsten und schönsten Filme des Kinojahres bislang – und man darf bezweifeln, ob sich andere Filmschaffende anschicken, es den Verantwortlichen hier gleich zu tun. Klasse!