Tomb Raider [2018]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 9. März 2018
Genre: Action / Fantasy

Originaltitel: Tomb Raider
Laufzeit: 118 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 2018
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Roar Uthaug
Musik: Junkie XL
Darsteller: Alicia Vikander, Dominic West, Walton Goggins, Daniel Wu, Kristin Scott Thomas, Derek Jacobi, Hannah John-Kamen, Alexandre Willaume


Kurzinhalt:

Seit sieben Jahren ist Lord Richard Croft (Dominic West) inzwischen spurlos verschwunden. Seine einzige Tochter und designierte Alleinerbin Lara (Alicia Vikander), die großteils ohne ihren Vater aufwachsen musste, kann den Umstand immer noch nicht akzeptieren und weigert sich, das Firmenimperium zu übernehmen, das zwischenzeitlich Richards Vertraute Ana (Kristin Scott Thomas) geleitet hat. Als Lara auf dem Familienanwesen in einem geheimen Raum entdeckt, dass ihr Vater sagenumwobenen Gegenständen nachgejagt war und bei einer dieser Reisen verschwunden sein muss, macht sie sich auf den Weg, ihn zu suchen. Zusammen mit Lu Ren (Daniel Wu) trifft Lara auf einer abgelegenen Insel auf Mathias Vogel (Walton Goggins), der mit einer ganzen Armee von Söldnern auf der Suche nach einem Grabmahl ist, das Richard in seinem Tagebuch beschrieben hatte. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn was in dem Grab verborgen liegt, könnte in den falschen Händen eine verheerende Waffe darstellen …


Kritik:
Zu behaupten, Tomb Raider von Regisseur Roar Uthaug wäre die beste Filmumsetzung der langjährigen Videospielreihe oder überhaupt die beste Verfilmung einer Vorlage dieses Mediums, sagt für sich genommen nicht viel aus. Tatsache ist, dass der Action-Fantasy-Film mit Alicia Vikander in der Hauptrolle, die Angelina Jolie bereits zweimal zuvor bekleidet hat, eine andere Stimmung besitzt als die bisherigen beiden. Entsprechend des Neubeginns der Vorlage auch, ist Lara Crofts Leinwandauftritt merklich düsterer, was jedoch nicht bedeutet, dass man hier keinen Spaß haben kann.

Fans dürfen sich schon deshalb freuen, weil es dem Drehbuch gelingt, eine im Vergleich zum gleichnamigen Spiel des Jahres 2013 stimmigere und besser funktionierende Geschichte zu erzählen. Lara Croft ist eine junge Frau, deren Vater Richard vor sieben Jahren verschollen ist. Seither gibt sie sich Mühe, der Verantwortung als Alleinerbin eines wahren Firmenimperiums zu entgehen. Stattdessen hält sie sich als Fahrradkurier in London über Wasser. Vikander strahlt in der temporeichen Eröffnungssequenz mit einer Fahrradjagd durch die Innenstadt eine ansteckend unbeschwerte Heiterkeit aus. Der Verwalterin von Richards Nachlass, Ana Miller, sagt sie, sie sei nicht „die Art Croft“, die wie ihr Vater einer Berufung nachgehen könne. Tomb Raider erzählt entsprechend, wie sie ihre wahre Berufung findet.

Dabei entdeckt sie in den Unterlagen ihres Vaters, dass dieser mehr war als ein unermesslich reicher Geschäftsmann. Er war Artefakten auf der Spur und entdeckte dabei das Grabmahl der mystischen Königin von Yamatai, Himiko, die die Macht über Leben und Tod besessen haben soll. Als er erfuhr, dass die uralte Geheimorganisation Trinity sich diese Macht zunutze machen wollte, war er selbst aufgebrochen, sie aufzuhalten und die Welt zu retten. So interessant das klingen mag, es erscheint doch arg konstruiert und gleichzeitig schwammig. Dem ist auch so. Die Geschichte deckt viele Klischees ab und bleibt durchweg sehr vorhersehbar. Sie ist eher ein Vorwand, Lara auf eine abgelegene Insel zu bekommen und mit Pfeil und Bogen bewaffnet ins Feld gegen Trinitys Söldnerarmee zu schicken.
Bis dem soweit ist, vergeht bei Tomb Raider sehr viel Zeit. Zumindest für diejenigen, die mit der Vorlage vertraut sind. Mehr als die erste halbe Stunde werden Zusammenhänge vorgestellt und einzelne Charaktereigenschaften von Lara mit eigenen Szenen untermauert. So ist auch die durchaus packend gefilmte Jagd durch den Hafen von Hong Kong am Ende nur eine weitere Exposition. Bis das Abenteuer losgeht, überzeugt zwar die durchweg gute Stimmung und Fans der Videospiele werden viele Anleihen wie die Tonbänder oder gezeigte Artefakte wiedererkennen können, doch fragt man sich lange, wohin die Reise überhaupt gehen soll.

Elemente wie das Anwesen der Crofts oder auch Laras aberwitzige Flucht aus dem Camp der Trinity-Söldner auf der Insel, spiegeln die Videospielvorlage in Reinform wider. Regisseur Uthaug gelingt zudem die Wandlung des Tons des Abenteuerfilms von Laras lockerem Leben in London hin zu ihrem Kampf ums nackte Überleben überaus gut. Nicht erst beim Finale haben die Macher sichtlich Spaß mit dem Quellmaterial und schaffen den Spagat zwischen einigen abgedroschenen und klischeehaften Dialogen / Momenten und starken Szenen, beispielsweise wenn Lara in Notwehr einen Söldner töten muss.
In dieser Hinsicht ist Tomb Raider eine gelungene Ursprungsgeschichte, bei der man miterleben kann, wie die Protagonistin zu der Pop-Ikone wird, die sie in einem anderen Unterhaltungsmedium bereits seit mehreren Jahrzehnten ist. Dazu passt auch die Überleitung auf ein weiteres Abenteuer mit der jungen Grabräuberin.

Der Auftritt dieser „neuen“ Lara Croft ist weder so vielschichtig, so getragen oder ikonisch wie die ersten Filme um den Archäologen, der für sie Pate stand: Indiana Jones. Aber wer bereit ist, über manche Storyschwächen oder die abgesehen von ihr eher spärlichen Charakterzeichnungen hinwegzusehen, der kann sich hier gelungen unterhalten lassen. Auch deshalb ist dies bei weitem das beste Tomb Raider-Leinwandabenteuer bislang.


Fazit:
Es ist überaus bedauerlich, dass die oft offensichtlichen Trickeffekte den im Grunde gut ausgewählten Bildern und Perspektiven vielerorts nicht gerecht werden. Dagegen fällt es einfacher, die vielen Klischees und die absehbare Story zu verzeihen. Zahlreiche Rätsel sind ebenso abstrus, hanebüchen und an den Haaren herbeigezogen wie in der Videospielvorlage – ein Umstand, der hier gewissermaßen einen großen Teil des Charmes ausmacht. Die gezeigte Lara Croft ist eine tolle Heldin und Alicia Vikander ist eine tolle Lara Croft, die ebenso sympathisch, nahbar und verletzlich bleibt, wie sie sich schlagkräftig gegen ihre männlichen Widersacher erfolgreich zur Wehr setzt.
Ist Tomb Raider ein wichtiger oder gar sehr guter Film? Eher nicht, aber er ist beste Popcorn-Unterhaltung mit einer starken weiblichen Hauptfigur. Auch dank der Besetzung macht es Spaß zuzusehen und sieht man, wie gut die allermeisten Dinge hier zusammenpassen, dann kann die Fortsetzung nicht schnell genug kommen. Der Objektivität halber sollten diejenigen, die nicht Fans der Vorlage sind, noch einen halben Punkt von der Wertung abziehen.