The Scorpion King [2002]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 16. August 2004
Genre: Action / Fantasy

Originaltitel: The Scorpion King
Laufzeit: 88 min.
Produktionsland: USA / Deutschland
Produktionsjahr: 2002
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Chuck Russell
Musik: John Debney
Darsteller: Dwayne "The Rock" Johnson, Steven Brand, Michael Clarke Duncan, Kelly Hu, Grant Heslov, Bernard Hill, Peter Facinelli, Ralf Möller


Kurzinhalt:
Als der Wüstenkrieger Mathayus (The Rock) angeheuert wird, den Zauberer des schrecklichen Herrschers und Feldherrn Memnon (Steven Brand) zu töten, ahnt er nicht, dass sich dahinter eine Frau verbirgt, die ebenso gefangen ist, wie der Rest des von Memnon geknechteten Volkes.
Mathayus entführt Cassandra (Kelly Hu), woraufhin Memnon seine Streitmacht entsendet, die Seherin zurückzuholen.
Um die letzten freien Völker zu retten, muss Mathayus zusammen mit dem Stammesführer Balthazar (Michael Clarke Duncan), dem Dieb Arpid (Grant Heslov) und dem Erfinder Philos (Bernard Hill) tief in Memnons Tempel eindringen, und den Kriegsherrn besiegen.


Kritik:
Wenn von US-Studios in Windeseile Spin-Offs mit Charakteren aus bekannten Filmreihen in Auftrag gegeben werden, diese dann auch noch mit sichtlich geringerem Aufwand produziert sind, und ein weniger namhafter Regisseur im Stuhl Platz genommen hat, dann sind die Zuschauer rund um den Globus in der Regel sehr skeptisch – und das zu Recht, wie man es zum Beispiel im beliebten Star Wars-Universum mit Ewoks - Karawane der Tapferen [1984] und Kampf um Endor [1985] am eigenen Leib erfahren musste.
Gegenüber The Scorpion King waren Fans des mit zwei Filmen sehr erfolgreichen Mumien-Franchises, initiiert von Regisseur Stephen Sommers, ebenfalls kritisch eingestellt.
Als im Sommer 2001 der Skorpion-König (verkörpert von The Rock) in Die Mumie kehrt zurück zu sehen war, befand sich Scorpion King, der keine anderen Darsteller der vorhergehenden Filme außer The Rock wiederverwendet, bereits in Produktion. Und so dachte man als Fan der beiden Mumien-Filme, dass man in dem neuen Film den im Prolog von Die Mumie kehrt zurück erwähnten Schicksalsschlag, wie Mathayus (The Rock) eigentlich zum Skorpionkönig wird, ausführlich geschildert bekommt – doch weit gefehlt.
Aber obwohl der Film weltweit 160 Millionen US-Dollar wieder einspielte – knapp das Dreifache seiner Produktionskosten –, war die Akzeptanz beim Publikum nicht so, wie das Studio es sich erhofft hatte. Dabei präsentiert sich Chuck Russells Film als witziger, unterhaltsamer (allerdings auch inhaltsleerer) Sommerfilm, den man Fans von Die Mumie [1999] und Die Mumie kehrt zurück, oder Freunden unkomplizierter Abenteuer wärmstens empfehlen kann.

Das größte Manko ist dabei das Drehbuch, das abgesehen vom Hauptcharakter weder mit einfallsreichen Figuren, noch einer richtigen Story aufwarten kann. Die Geschichte ist in wenigen Worten erzählt und dient im Endeffekt ohnehin nur als Aufhänger, um Mathayus von einer Actionszene zur nächsten zu hetzen.
Gerade in denen verbergen sich jedoch immer wieder lustige und bisweilen intelligente Ideen – wer hätte beispielsweise gedacht, dass ein Schwertkampf mit einer in Brand gesetzten Klinge doppelt so gefährlich und beeindruckend aussieht?
Richtige Charakterentwicklungen sollte man dagegen nicht erwarten: Mathayus selbst ändert seine Verhaltensweise im Film nicht wirklich, Memnon wirkt wie ein Reißbrettbösewicht (wenngleich ein charismatischer), und ob die Rolle des Balthazar tatsächlich notwendig war, sei dahingestellt.
Die Nebenstory mit der Wahrsagerin Cassandra und dem sprücheklopfenden Gehilfen Arpid erscheint stark wie eine Mischung aus Conan – Der Barbar [1982] und James Bond 007 - Leben und sterben lassen [1973]; Anleihen, die wohl beabsichtigt waren (ebenso wie Verweise auf Indiana Jones und der Tempel des Todes [1984]). Selbst der zerstreute Erfinder ruft unwillkürlich ein Déjà-vu hervor. Und dennoch bekommen alle Figuren kleine Szenen zugeschrieben, bei denen es eine Freude ist, ihnen zuzusehen.
Was man als Fan von Die Mumie aber schmerzlich vermisst, ist das mystische Element, denn auch wenn man aus dem zweiten Teil der Mumifizierten-Reihe weiß, was letztendlich aus Mathayus wird – und Anspielungen sind in den letzten Minuten von Scorpion King durchaus zu sehen –, fehlt das gesamte Übernatürliche, was bei den Mumien-Filmen noch ständig präsent war, hier fast vollkommen. Doch dazu später mehr.
Eine kleine Überraschung gelang den Machern dafür mit der ersten Szene des Films – ein derartiges Setting hätte man von einer (indirekten) Fortsetzung zu Die Mumie sicher nicht erwartet.
Insgesamt betrachtet erweist sich der Aufbau des Skripts als geradlinig und schnörkellos; der Zuschauer wird ohne Umschweife auf das Finale hingeleitet und zwischendurch mit der ein oder anderen Actionszene bei Laune gehalten – das ist zwar, um es ungeschönt zu sagen, ziemlich "dumm", aber stets unterhaltsam und bisweilen sehr witzig. Von Drehbuchautoren wie Stephen Sommers, William Osborne (Twins – Zwillinge [1988]) und vor allem David Hayter, der für X-Men [2000] und X2 – X-Men 2 [2003] die Vorlagen lieferte, hätte man allerdings ohne Zweifel mehr erwarten können.

Die Darsteller machen immerhin den Eindruck, als wären sie sich des Trash-Charakters der Geschichte bewusst und agieren neben deutlichem Engagement auch nicht mit zu viel Ernst; die Selbstironie tut Scorpion King sichtlich gut.
Eine nicht zu leugnende Präsenz besitzt wieder Dwayne "The Rock" Johnson, der großteils sein Charisma für sich sprechen lässt und bei den Kampfszenen überzeugend hinlangt – dass er als Schauspieler einer ansich epischen Rolle noch nicht vollends gewachsen ist, erkennt man hingegen bei der Verabschiedung am Schluss des Films. Dort wirkt seine Betonung und Mimik sehr gezwungen, im restlichen Film hingegen kann man an ihm nichts bemängeln. Er erhielt hier für seine erste Hauptrolle die Rekordgage von 5,5 Millionen Dollar und landete damit im Guinness-Buch der Rekorde.
Dass Michael Clarke Duncan nicht in Johnsons Schatten verschwindet, liegt nicht zuletzt daran, dass beide in etwa gleich groß und breit sind, der Zweikampf der beiden gehört zu den denkwürdigsten des Films (Duncan lehnte sich bei einer Einstellung überdies zu weit nach vorne und wurde von Johnsons Ellenbogen am Kinn erwischt, worauf er tatsächlich zu Boden ging). Auch er scheint eine Menge Spaß am Dreh gehabt zu haben und füllt seine Rolle gewohnt routiniert aus – von seiner unumstrittenen Meisterleistung in The Green Mile [1999] ist er jedoch zwangsläufig meilenweit entfernt.
Eine angenehme und faszinierende Ausstrahlung besitzt auch Kelly Hu, die zwar in X2 – X-Men 2 eine ebenso eindrucksvolle Darbietung hinterlassen hat, in Scorpion King aber mimisch mehr bieten darf. Die gebürtige Hawaiianerin hat zweifelsohne die ernsteste Rolle des Films inne und macht ihre Sache wirklich gut.
Grant Heslov, bekannt unter anderem aus True Lies [1994] sorgt für gelungene Sprüche und Witze, die gerade die härteren Szenen sichtlich auflockern – angesichts des bisweilen nicht zimperlichen Gewaltanteils eine angenehme Abwechslung. War er bisher nur in kleineren Rollen zu sehen, ist man als Zuschauer überrascht, dass er auch in einem Buddy-Team wie diesem sehr gut zur Geltung kommt. Man kann nur hoffen, dass ihm in Zukunft mehr Angebote dieser Art unterbreitet werden.
Bernard Hill, der als Theoden in Der Herr der Ringe [2001-2003] zu sehen war, hat nur einen kleinen Part und jenem in der Fantasy-Saga kommt seine Darbietung in Scorpion King nicht einmal im Ansatz nahe, dennoch überzeugt er als schrulliger Wissenschaftler, gleichwohl man sich seine Figur aktiver gewünscht hätte.
Neben Ralf Möller, der hier eine zurückhaltende und gelungene Vorstellung liefert, ist als Bösewicht Steven Brand zu sehen, der bislang eher im Fernsehen vertreten war und wenig bekannte Filme drehte. Als Memnon kann er zwar nicht umhin, sich dem schwachen Drehbuch zu beugen, er verleiht seiner Figur aber etwas Finsteres, eine Ausstrahlung, der man seine dunklen Absichten abnimmt. Er ist, wie der gesamte Stab mit genügend Einsatz bei der Sache.

Inszenatorisch überrascht Chuck Russell (u.a. Die Maske [1994] und Eraser [1996]) vor allem dadurch, dass er auf Kameramätzchen – wie sie Stephen Sommers in Die Mumie kehrt zurück eingesetzt hat – glücklicherweise verzichtet. Zwar arbeitet auch er mit ausschweifenden Zeitlupen; seine Bildkompositionen beim Finale mit den Flammen im Hintergrund sind jedoch wirklich gut gelungen und kommen voll zur Geltung. Die Kampfszenen sind rasant geschnitten, dabei allerdings nie unübersichtlich oder verkrampft brutal. Stattdessen ist auch die Action mit einem Augenzwinkern inszeniert, die Spannung beim Höhepunkt des Finales wird gut aufgebaut und mit interessanten Kamerawinkeln umgesetzt.

Darüber hinaus wirken die Spezialeffekte – wenngleich sie mit einem deutlich kleineren Budget entstanden sind, als bei den Mumien-Filmen – nie unpassend oder billig. Das geringere Budget scheint die Filmemacher vielmehr gezwungen zu haben, mehr zu improvisieren und sich auf solides Handwerk zu verlassen, anstatt den sonst heutzutage so omnipräsenten Computer einzusetzen.
Mit Regie und Dramaturgie legt Russell ein flottes Tempo vor, das er bis zum Finale durchgehend hält; so entpuppt sich der Film zwar als überlange Verfolgungsjagd mit Kampfeinlagen, wird aber nie langweilig und ist stets sauber in Szene gesetzt – was man von Die Mumie kehrt zurück leider nicht in vollem Umfang sagen kann.

Einen zwiespältigeren Eindruck hinterlässt die Musik von John Debney, der zwar mit interessanten und eingängigen Melodien auch bei den Actionszenen aufwartet, aber bei Einstellungen mit The Rock immer wieder auf Schlagzeug und E-Gitarre zurückgreift. Selbst wenn das Fans des Wrestlingsports gefallen mag, zu den Bildern mit Tempeln und Sand passt dieser Stil bedauerlicherweise überhaupt nicht.
Zwar sind das nur wenige Momente im Film, diese sorgen jedoch durchaus für einen halben Punkt Abzug bei der Endwertung.
Der restliche Score erinnert bisweilen stark an Die Mumie kehrt zurück, erscheint aber nie plagiiert oder bei den Szenen unpassend aufgesetzt. Auch die ruhigeren Stücke sind Debney gut gelungen.

Ein Ärgernis mussten die deutschen Filmfans im Kino über sich ergehen lassen, als The Scorpion King bei uns im Frühsommer 2002 anlief. Waren viele Previews noch mit einer ungeschnittenen FSK-16-Version gezeigt worden, kürzte der Verleih für den offiziellen Bundesstart die endgültige Kinofassung für eine Altersfreigabe ab 12 Jahren um bestimmte Szenen – die Video- und DVD-Veröffentlichung ist nun wieder ab 16 Jahren freigegeben und ungekürzt.
Auf der Silberscheibe zusätzlich enthalten sind alternative Schlüsselszenen, die man wahlweise auch im Film integriert anschauen kann; dabei handelt es sich neben einer alternativen Einführung von Mathayus vor allem um ein wiederkehrendes Story-Element, das aus unerfindlichen Gründen aus der Endfassung herausgenommen wurde. Fans, die nämlich das Mystische des "Vorgängers" Die Mumie kehrt zurück vermissen, werden hier bedient: So ist in diesen neuen Sequenzen von einer Prophezeiung die Rede, die eintreten soll, wenn die Tage des Skorpion anbrechen – der Rest erklärt sich verständlicherweise von selbst, auch wenn wieder nicht die Verwandlung gemeint ist, die der zweite Mumien-Film erwähnt. Weswegen die Macher diese Nebenhandlung aus dem Film nahmen, wird ihr Geheimnis bleiben, es wertet den Film über einen unterhaltsamen Actionreißer hinaus auf und hätte viele Fans sicherlich mehr angesprochen.
Umso unbegreiflicher ist das Ganze, da die Macher nach Abschluss der Dreharbeiten und dem ersten Schnitt des Films wieder alle Beteiligten zusammen trommeln mussten, um ungefähr zehn Minuten zusätzlicher Szenen zu drehen, da der Film ursprünglich nur 70 Minuten ging.

Doch trotz dieser unverständlichen Entscheidung und der inhaltlichen Mängel, versteckt sich hinter The Rocks erster richtiger Hauptrolle ein unterhaltsamer Action-Abenteuerfilm mit viel Witz, guten Kampfszenen und sympathischen Figuren, der zu Unrecht von vielen Kritikern niedergetrampelt wurde.
Angesichts des Einspielergebnisses kann man nur hoffen, dass das Studio sich entscheidet, einen zweiten Teil zu drehen und darin dann den Prolog aus Die Mumie kehrt zurück abzuhandeln; das würde nicht nur einen tragischen Schluss beinhalten, sondern hätte Potential für einen vielschichtigen, komplexen und mitreißend-mystischen Actionfilm. Und darauf würden sich viele Fans wahrscheinlich mehr freuen, als auf einen dritten Film aus der Mumie-Reihe.


Fazit:
Sieht man sich die großen Namen an, die gerade diesen Sommer im Kino vertreten sind, wird man als Zuschauer oft überrascht von den eigentlichen, als große Hits angekündigten Filmen – im negativen Sinn, da die Werke oft nicht das halten können, was die Macher versprechen.
Umso erfreulicher, dass The Scorpion King eine angenehme Überraschung gelingt. Zwar wirkt Chuck Russells Film wie eine Mischung aus Conan und Die Mumie; dank der rasanten Action, den charismatischen Figuren und gut aufgelegter Darsteller sieht man über die inhaltlichen Schwächen aber gern hinweg.
Und als bloßer, witziger Unterhaltungsfilm funktioniert The Scorpion King besser, als man gedacht hätte.