The Gentlemen [2019]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 15. Juli 2020
Genre: Komödie / KrimiOriginaltitel: The Gentlemen
Laufzeit: 113 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Guy Ritchie
Musik: Christopher Benstead
Besetzung: Matthew McConaughey, Charlie Hunnam, Henry Golding, Michelle Dockery, Jeremy Strong, Colin Farrell, Hugh Grant, Eddie Marsan, Chidi Ajufo, Jason Wong, Brittany Ashworth, Lyne Renée, Chris Evangelou, Tom Wu
Kurzinhalt:
Zeitungsverleger Big Dave (Eddie Marsan) sieht sich von Michael „ Mickey“ Pearson (Matthew McConaughey) gedemütigt und will sich an dem Drogenbaron, der Millionen mit dem illegalen Anbau und Verkauf von Cannabis verdient, rächen. Darum engagiert er den Privatdetektiv Fletcher (Hugh Grant), um Material gegen Pearson und seine Verbindung zu einem Adeligen und dessen drogenabhängiger Tochter zu sammeln. Fletcher wird auch fündig, bringt die Beweise aber zu Ray (Charlie Hunnam), Pearsons rechter Hand, und verlangt 20 Millionen Pfund, damit Big Dave nichts davon erfährt. Bei einem Überraschungsbesuch rekonstruiert Fletcher für Ray, was er alles herausgefunden hat: Dass Pearson sich aus dem Geschäft zurückziehen möchte und in Matthew (Jeremy Strong) einen potentiellen Käufer für sein ‚Unternehmen‘ gefunden hat. Oder wie der Gangster Dry Eye (Henry Golding), der Coach (Colin Farrell) einer Mixed Martial Arts-Gruppe für vom Weg abgekommene Jugendliche, oder Pearsons Frau Rosalind (Michelle Dockery) in all das verwickelt sind. Aber bei allem, was Fletcher zusammengepuzzelt hat, scheint er trotzdem nicht verstanden zu haben, wie gefährlich der Mann ist, mit dem er sich anlegt …
Kritik:
Für diesen Kritiker sind die Filme von Regisseur Guy Ritchie meist entweder top oder flop. Selten etwas dazwischen. Was man dem Filmemacher dabei immer attestieren kann, ist dass seine Filme eine unverwechselbare Handschrift tragen, geprägt von einem fantastischen Verständnis und Bemühen um Stil. Das ist ein Punkt, der seine schwarzhumorige Gangsterkomödie The Gentlemen auszeichnet. Zum Leben erweckt von einer sehenswerten Besetzung, ist dies nichts für ein Publikum, das auf politische Korrektheit aus ist. Gerade deshalb aber steht der Film so hervor.
The Gentlemen ist dabei einer der Filme, die weniger durch die Geschichte, die er erzählt, sehenswert wird, als durch die Art und Weise, wie sie erzählt wird. Sie beginnt damit, dass der Privatdetektiv Fletcher einen Mann namens Raymond Smith aufsucht. Raymond ist die rechte Hand von Mickey Pearson, einem der erfolgreichsten Produzenten von illegalem Marihuana in Großbritannien. Fletcher ist hinter Pearsons Geheimnis gekommen, wie dieser die unvorstellbaren Mengen Gras anbauen und vertreiben kann. Fletcher hat die Hintergrundmänner der Operation herausgefunden und soll all das dem Zeitungsverleger Big Dave liefern, der einen Groll gegen Pearson hegt. Doch Fletcher ist bereit, Pearson all seine Beweise zu überlassen – für einen Unkostenbeitrag von 20 Millionen Pfund. Um die Richtigkeit seiner Beweise zu belegen, erzählt Fletcher Raymond, wie es zu alledem gekommen ist, welche Figuren sich im Spiel befinden und was sich alles zugetragen hat. Mit Revierkämpfen, dem geplanten Rückzug von Pearson und der möglichen Übernahme durch einen Rivalen. Passend dazu hat Fletcher auch ein Drehbuch mitgebracht, das den Titel „Kraut“ trägt, einer der Arbeitstitel von The Gentlemen. Früh ist also zu spüren, dass Regisseur Ritchie, der auch das Drehbuch lieferte, den Gangsterfilm mit Augenzwinkern erzählt. Und das nicht erst, wenn Hugh Grant alias Fletcher vor dem Plakat des Films Codename U.N.C.L.E. [2015] steht … einem Guy Ritchie-Film … in dem Hugh Grant eine Nebenrolle spielt.
Dabei springt Fletcher in seiner Erzählung der Sicht der Dinge zwischen einzelnen Figuren hin und her, stellt unterschiedlichste Personen dieses Netzwerks vor, die augenscheinlich keine große Bedeutung haben. Wie einen Aristokraten, der zu Beginn ein Abendessen ausrichtet, oder eine Leiche in einer Tiefkühltruhe, von der man lediglich den Namen erfährt. Aber je weiter die Geschichte gesponnen wird, umso mehr werden diese scheinbar nur lose verbundenen Charakter miteinander verwoben, ehe in den letzten Minuten alles zusammenpasst. Nüchtern betrachtet sind manche Einführungen trotzdem zu lang und werden durch die ausufernden Monologe von Fletcher, der seine Geschichte stark ausschmückt, nur noch länger. Aber sie sind gleichzeitig so fantastisch geschrieben, dass es eine Freude ist, zuzuhören.
Dabei gelingt es Guy Ritchie, den Dialogzeilen einen solchen Rhythmus zu verleihen, dass die Art und Weise, wie Hugh Grant und Charlie Hunnam als Raymond sich die verbalen Bälle zuspielen, tatsächlich einem Ping Pong-Spiel gleicht. Nimmt man die unverwechselbare Art hinzu, mit der Matthew McConaughey hier als Gangster Pearson auftritt, ergibt das eine geradezu explosive Mischung.
Die entlädt sich auch in der Sprache des Films, die jedoch nur in der englischen Sprachfassung entsprechend zur Geltung kommt. The Gentlemen ist, wie schon gesagt, kein Film, der Wert auf politische Korrektheit legt. Viele Dialoge sind sexistisch, teilweise rassistisch und durchweg derart vulgär, dass man sich fragen muss, wie die Macher das überhaupt an den Verantwortlichen des Studios vorbeischmuggeln konnten. Allerdings gehört eben diese überzogene Ausdrucksweise zum Flair der Erzählung, die ansonsten phasenweise arg brutal erscheinen würde. Nimmt man die hemmungslose und gerade deshalb amüsante Ausdrucksweise aber hinzu, relativiert sich die eigentlich ernste, darunter liegende Geschichte. Die ist inhaltlich nicht so überraschend, wie sie sein könnte, behält sich durch die Struktur und die Erzählung aus der Sicht Fletchers aber viele Überraschungen, gerade in der zweiten Hälfte.
Für Regisseur Guy Ritchie endet Stil nicht bei der rein handwerklichen Umsetzung, die mit zahlreichen Kameramätzchen und einfallsreichen Perspektiven aufwartet. The Gentlemen scheint als Gesamtpaket konzipiert: Jede Figur hat einen unverwechselbaren Kleidungsstil, der bis hin zu den getragenen Brillen reicht. Der Detailreichtum überrascht vom ersten bis zum letzten Moment und prägt den Film ebenso sehr, wie die gelungene Besetzung. Bei der stechen neben den vorgenannten vor allem Henry Golding hervor und Colin Farrell als „Coach“. Zu sehen, wie letzterer ruhig und beherrscht auftritt, um von einem Moment auf den anderen regelrecht zu explodieren, ist, als würde man einem brodelnden Vulkan zusehen. Es ist eine seiner besten Darbietungen der vergangenen Jahre.
Die Heimvideoveröffentlichung von The Gentlemen bei „Concorde Home Entertainment GmbH“ wartet mit einer tadellosen Bildqualität auf, welche die gelungene Optik hervorragend zur Geltung bringt. Die deutsche wie englische Tonspur wird in DTS‑HD Master Audio 7.1 präsentiert, zusätzlich zu einem Stereo-Track in deutsch. Deutsche Untertitel können optional zugeschaltet werden, englische sind leider nicht verfügbar. Das Bonusmaterial ist dagegen überschaubar und beschränkt sich bei vier Featurettes auf insgesamt nur 12 Minuten. Der Blick „Behind the Scenes“ ist dabei ebenso interessant wie wenn die Besetzung erörtert, „What is a Guy Ritchie Film?“ Freunde des spezielle Humors finden darüber hinaus eine Zusammenstellung der besten Kraftausdrücke und ein Glossar über Cannabis. Dass kein Audiokommentar enthalten ist, ist überaus bedauerlich. Dafür beinhaltet die 4K Ultra HD-Ausgabe auch die reguläre Blu-ray, für diejenigen, die noch keinen 4K-Player ihr Eigen nennen, aber bereits zukunftsfähig investieren wollen. Fans können statt der regulären Blu-ray auch eine limitierte Steelbook-Edition erwerben.
Fazit:
Auch dank der cleveren Erzählweise behält sich Filmemacher Guy Ritchie stets vor, seine Geschichte in eine Richtung zu entwickeln, bei der nicht absehbar ist, welche der Figuren den Abspann tatsächlich erleben wird. Geradezu kompromisslos erzählt, lebt die Gangster-Komödie gleichermaßen von ihren eigenen Figuren, die jeweils so unterschiedlich wie unverwechselbar ausfallen, wie von der Besetzung dahinter. Hugh Grant ist hervorragend, Colin Farrell erstklassig und Matthew McConaughey und Charlie Hunnam so gut getroffen, dass es eine Freude ist zu sehen, wie sie sich in den Szenen gegenseitig befeuern. Auf Grund des sichtbaren Gewaltgrads und nicht zuletzt der „blumigen“ Sprache, eignet sich das nicht für ein großes Publikum. Wer mit dieser Art unverfrorenen, trockenen Humor etwas anfangen kann, wird jedoch fabelhaft unterhalten. The Gentlemen ist eine geradezu frech unkorrekte Gaunerkomödie, handwerklich einfallsreich und so pointiert stilvoll dargebracht, dass man gern darüber hinwegsieht, dass die Story selbst nicht so komplex ist, wie sie sich gibt, und auch etwas länger erzählt wird, als sie sein müsste. Das Gesamtpaket ist hier schlicht klasse!
Blu-ray-Wertung:
The Gentlemen ist seit dem 10. Juli 2020 als DVD, Blu-ray, limitiertes Blu-ray-Steelbook, 4K Ultra HD Blu-ray und seit 26. Juni 2020 bereits digital von Concorde Home Entertainment GmbH erhältlich! | |
Urheberrecht des Bildes liegt bei Concorde Home Entertainment GmbH / LEONINE Distribution GmbH. Verwendet mit freundlicher Genehmigung. |