The Boy Next Door [2015]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 6. Dezember 2015
Genre: Thriller

Originaltitel: The Boy Next Door
Laufzeit: 91 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2014
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Rob Cohen
Musik: Randy Edelman, Nathan Barr
Darsteller: Jennifer Lopez, Ryan Guzman, Ian Nelson, John Corbett, Kristin Chenoweth, Lexi Atkins, Hill Harper, Jack Wallace, Adam Hicks


Kurzinhalt:

Seit ihr Mann Garrett (John Corbett) sie betrogen hat, lebt die Lehrerin Claire (Jennifer Lopez) mit ihrem Sohn Kevin (Ian Nelson) allein. Nach beinahe einem Jahr kann sie sich zumindest vorstellen, ihrem Gatten irgendwann zu verzeihen. Kurz vor Schulbeginn zieht bei ihrem Nachbarn dessen Neffe Noah (Ryan Guzman) ein. Der junge Mann, der nach einer Familientragödie verspätet die High-School beenden wird, macht Claire Komplimente und nach einer leidenschaftlichen Nacht, die Claire als Fehler empfindet, hört er nicht auf, ihr nachzustellen. Doch als sie ihn ablehnt und ihm klarmacht, dass sie keine Zukunft besitzen, zeigt Noah sein wahres Gesicht ...


Kritik:
Als Film ist The Boy Next Door durchaus nett anzusehen. Sowohl in Bezug auf die Bilder, als auch die Darsteller, die darin zu sehen sind, obwohl es beim Finale eine Einstellung gibt, die geradezu ekelerregend ist. Es ist ein Film, den man an einem verregneten Abend durchaus eingeschaltet lassen kann, wenn er denn im Abendprogramm läuft und wirklich gar nichts besseres zu sehen ist. Es schadet nicht einmal, wenn man in den kurzen eineinhalb Stunden ein paar Mal wegnickt. Weder fürs Verständnis, noch die Qualität des Thrillers.

Im Film spielt Jennifer Lopez eine Lehrerin Mitte vierzig, deren Ehe in die Brüche gegangen ist, weil ihr Mann sie betrogen hat und die unter der Trennung sehr leidet. In einem schwachen Moment, lässt sie sich von ihrem neu hinzugezogenen Nachbarn, dem noch nicht ganz 20jährigen Noah verführen. Das allein wäre nicht schlimm, würde Noah nicht auch noch als Schüler ihre Schule besuchen und wäre von seinem One-Night-Stand Claire nicht vollkommen besessen. So beginnt er nicht nur, sie zu stalken, sondern nimmt alle Menschen ins Visier, die Claire nahestehen – auch ihren Mann Garrett, mit dem sie sich zunehmend besser versteht.

Das offensichtliche "Skandal"thema, das Filmemacher Rob Cohen in The Boy Next Door behandelt, ist das von der älteren Frau, die eine Beziehung mit einem deutlich jüngeren Mann eingeht. Darsteller Ryan Guzman, der Noah mimt, ist dabei in Wirklichkeit genauso alt gewesen, wie Jennifer Lopez' tatsächlicher Lebensgefährte während der Dreharbeiten. Manchmal imitiert die Kunst wohl doch das Leben.
Die eigentlich brisante Frage, die in dem chic fotografierten Thriller gestellt wird und die zwischen Claires Designer-Kleidern und den plumpen Dialogen vollkommen untergeht, ist die, wann Sex tatsächlich einvernehmlich ist. An dem Abend, als es zwischen Claire und Noah passiert, ist sie nicht nur angetrunken, sie wird von ihm geradezu überrumpelt. Sie sagt ihm ein Dutzend Mal, dass er aufhören soll, dass sie das nicht will, sagt "Nein" – und wehrt sich doch nicht körperlich. Hat sich Noah somit im Endeffekt an ihr vergangen? Ist das Fehlen einer physischen Gegenwehr einem Einverständnis gleichzusetzen? Oder braucht es hierfür auch eine verbale Zustimmung?

Das sind Fragen, die nicht nur die Gerichte beschäftigen, sondern deren Antworten durchaus auch in den Köpfen der Menschen verankert werden sollten. Doch darüber macht sich das Skript leider keine Gedanken und die wenigsten Zuschauer werden diesen Aspekt überhaupt erst wahrnehmen.
Dafür stehen in The Boy Next Door unzählige Klischees im Vordergrund, angefangen beim Aufbau der "verruchten" Szenen, die den Fantasien der einfallslosesten Heftchen und Romanen des erotisch angehauchten Thrillergenres entsprungen scheinen. Es geht soweit, dass einige Entscheidungen und Wendungen, die der Film nimmt, vollkommen absurd sind. So zum Beispiel, wenn Noah vor unzähligen Zeugen einen Mitschüler tritt und verprügelt, dass dieser einen Schädelbruch erleidet und die Konrektorin zu Boden schlägt und dafür nicht einmal eine Anzeige kassiert.

Getreu dem Motto, es darf nichts geschehen, was die Story in irgendeiner Form realistisch erscheinen lässt, sofern es von den gesteckten Wegstationen der Geschichte abweichen würde, entfaltet sich somit das ganze "Drama" für Claire: Ständig taucht Noah auf, wodurch ihre Affäre gefahrläuft, publik zu werden. Er hat sogar ein Video ihres nächtlichen Abenteuers und die Bremsen des Sportwagens ihres Mannes versagen urplötzlich. Bei alledem bleibt Claire stets passiv und prescht einzig im Finale selbstbewusst nach vorn. Ein starkes Frauenbild sieht aber anders aus.
Immerhin kleidet Filmemacher Cohen das in ansehnliche Bilder, die seine Stars zumindest im besten Licht einfangen. Überaus einfallsreich ist das zwar nicht und kommt vor Klischees triefend nie über das Stadium einer billigen Videoproduktion hinaus, dafür ist der letztliche Showdown so übertrieben, dass es den Anschein hat, der Film wolle sich selbst nicht ernst nehmen. Immerhin.


Fazit:
Die Meinungen beim Kinostart waren durchweg vernichtend, dabei ist The Boy Next Door nicht der schlechteste Film, der je mit bekannten Gesichtern geschmückt, in die Lichtspielhäuser gebracht wurde. Das einzig Gute ist, dass Regisseur Rob Cohen seinen Stalker-Thriller nicht ernst nimmt. Selbst bei den vielen Klischees scheint es mitunter, dass die Darsteller mit einem leichten Augenzwinkern agieren.
Wer auf ein paar Momente nackter Haut setzt, Jennifer Lopez wiederholt in Posen sehen möchte, die ihre nach Berichten am teuersten versicherte Körperpartie in Szene setzen und angesichts der abstrus absurden Entscheidungen im Film herzhaft lachen möchte, der kommt auf seine Kosten. Ja, The Boy Next Door ist kein guter Film. Aber er ist immerhin unterhaltsam, solide umgesetzt und zum Glück nicht böswillig.