Stirb langsam - Jetzt erst recht [1995]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 14. Dezember 2002
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: Die Hard: With a Vengeance
Laufzeit: 131 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1995
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: John McTiernan
Musik: Michael Kamen
Darsteller: Bruce Willis, Jeremy Irons, Samuel L. Jackson, Graham Greene, Colleen Camp, Larry Bryggman


Kurzinhalt:
Das Schicksal meint es nicht gut mit John McClane (Bruce Willis): Mit seiner Frau Holly und den Kindern hat er schon lange nicht mehr gesprochen und auch bei der New Yorker Polizei ist er vom Dienst supendiert. Ob sein Hang zum Alkohol deswegen auftrat, oder anders herum, sei dahingestellt.
Doch als ein Terrorist namens Simon (Jeremy Irons) zuerst ein Kaufhaus in die Luft sprengt und danach verlangt, mit McClane Spielchen spielen zu dürfen, muss der Cop wider Willen zurück an die Arbeit.
Zusammen mit Zeus Carver (Samuel L. Jackson), der McClane bei seinem ersten "Spiel" das Leben rettete, jagt er fortan durch den Big Apple, um Simons explosive Rätsel zu lösen.
Doch Simon verfolgt mehr Pläne, als John und die Polizei zunächst vermuten, und auch dass er John persönlich aussuchte, hat einen ganz bestimmten Grund.


Kritik:
Fünf Jahre dauerte es, bis Bruce Willis erneut in die Rolle des Cops John McClane schlüpfte – und er tat dies unter sehr vielen Bedingungen: Das Drehbuch musste seinen Wünschen angepasst werden, Mitspracherecht bei der Produktion wurde ihm eingeräumt und neben der deutlich höheren Gage gegenüber den beiden Vorgängern wollte Willis, dass McClane diesmal seine Aufgabe noch widerspenstiger erfüllt, als bisher schon.

Dass das Drehbuch ganz offensichtlich nicht als Stirb langsam-Film gedacht war, sieht man als Fan der Reihe von Weitem; kein abgeschlossenes Areal (wenn man die gesamte Großstadt New York ausnimmt), aus dem Einzelkämpfer McClane ist ein Teamspieler geworden und vor allem spielt der dritte Teil der Reihe nicht einmal annähernd an Weihnachten, von Schnee ist ebenfalls nichts zu sehen. Zudem ist der Gegenspieler ein Terrorist, der McClane persönlich ins Visier genommen hat, ohne dass der Cop "zufällig" ins Geschehen verwickelt wird.
In der Tat war das Drehbuch unter dem Titel "Simon Says" als Fortsetzung für die erfolgreiche Lethal Weapon-Reihe gedacht und Zeus im ersten Entwurf eine Frau.

Insgesamt wirkt die Story sehr grob zusammengeklaubt, mit Rätseln und undurchsichtigen Charakteren durchsetzt. Dem Drehbuch mangelt es eindeutig an Kontinuität und einer durchgängigen Erzählung.
Dieses Manko machen aber die zündenden Dialoge zwischen dem ungleichen Team Jackson und Willis problemlos wieder wett.
Darüber hinaus sind die Actionszenen zwar selten, dafür großteils gut inszeniert.

Die Darsteller scheinen ihren Spaß gehabt zu haben, auch wenn es nicht einfach gewesen sein soll, mit Bruce Willis zu arbeiten.
Für die Rolle des John McClane ist er schlicht die Idealbesetzung und Samuel L. Jackson als voreingenommener Farbiger eine so sympathische und witzige Figur, dass es beinahe nicht auffällt, dass McClanes Frau völlig fehlt – ebenso wie ein obligatorischer Kurzauftritt von Reginald VelJohnson.
Graham Greene und Larry Bryggman haben zwar nicht so viel zu tun, aber sie können in ihren Rollen überzeugen.
Dass Jeremy Irons letztendlich doch noch den Bösewicht mimte ist ein Gewinn für den Film; ursprünglich lehnte er eine Beteiligung ab, da er fürchtete, in der Rolle nicht überzeugen zu können. Erst, nachdem er als Stimme in Der König der Löwen [1994] zu hören gewesen war und vom Publikum begeistert aufgenommen wurde, willigte er in Stirb langsam – Jetzt erst recht ein.

Bis auf die eigentliche Wendung, wenn klar wird, dass Simon im Film Hans Grubers Bruder ist, der im ersten Stirb langsam [1988]-Film John nach dem Leben trachtete, und nun deshalb an McClane Rache nehmen möchte, ist der Film großteils überraschungsarm.
Die Situationen verlaufen ebenfalls meist nach dem Schema F, bis auf ein paar löbliche Ausnahmen.

Was die Inszenierung angeht, sieht man dem Film an, dass John McTiernan als Regisseur zurückgekehrt ist.
Und dennoch können besonders die Spezialeffekte nicht immer überzeugen. Der "Wasserritt" im Aquädukt wirkt ebenso künstlich, wie eine Bootsexplosion, von Realismus ganz zu schweigen.
Als reine Actionszenen gefallen einzig die rasante Autoverfolgungsjagd durch den New Yorker Verkehr und die legendäre U-Bahn-Szene wirklich. Die restlichen Actionsequenzen sind zwar solide, vermögen aber selten, den Zuschauer wirklich mitzureißen.
Aufgewogen wird das allerdings durch das Duo Jackson und Willis, die beim Dreh scheinbar viel Spaß hatten. Die Situationskomik wirkt natürlich, charmant und ist voller Anspielungen und toller Wortwechsel. Ein Fest für Zitatesammler und Fans von Teils sehr makaberen Sprüchen und Szenen.

Völlig aus dem Rahmen fällt bei Die Hard: With a Vengeance allerdings das aufgesetzte Finale. Kein Wunder: Es wurde erst nachträglich gedreht, weil die Testzuschauer einen größeren Knall am Ende erwartet hatten.
Im ursprünglichen Film-Ende, das auf der DVD bewundert werden kann, spürt McClane den flüchtigen Simon in Österreich auf, und gewinnt bei einem Spielchen russischem Roulettes(mit Raktenwerfern!) gegen den deutschen Terroristen.

Für diejenigen, die mit der deutschen Fassung des Films auskommen müssen, gibt es allerdings einige schlechte Nachrichten:
Nicht nur, dass die Synchronisation insgesamt mehr schlecht als recht geraten ist (von den in der Original-Fassung witzigen Wortwechseln ist nur ein Bruchteil übrig geblieben).
Bruce Willis hat leider nicht einmal seine bekannte Synchronstimme, die ihm für gewöhnlich Manfred Lehmann leiht. Dieses Mal sprang Thomas Danneberg, die übliche Stimme von Arnold Schwarzenegger ein; und auch wenn dieser ein sehr guter Sprecher ist, für einen heruntergekommen, im Alkohol ertränkten Bruce Willis ist er einfach nicht rauh genug. Angeblich führten Terminschwierigkeiten zu dem Ersatz bei den Synchronarbeiten.

Eine routinierte und interessante Arbeit lieferte Komponist Michael Kamen für den dritten Teil der Trilogie ab: Neben bekannten Themen, die er passend zu Anspielungen aus den vorhergehenden Filmen einsetzt, adaptierte Kamen wie schon in Die Hard ein eher klassisches Stück, das sich wie ein roter Faden durch den ganzen Film zieht. Das rhythmische und im Kontext zum Film irgendwie humorvolle "When Johnny Comes Marching Home"-Thema, das ansich aus dem amerikanischen Bürgerkrieg stammt und im Film insbesondere beim Goldraub der Terroristen verwendet wird (schon allein das muss in den Ohren patriotischer US-Zuschauer blasphemisch geklungen haben), verleiht Stirb langsam – Jetzt erst recht in musikalischer Hinsicht etwas völlig Zeitloses und doch Modern-Angemessenes.

Regisseur McTiernan hat auch dieses Mal (wie eigentlicht immer) darauf geachtet, sehr viele Anspielungen auf den ersten Teil oder andere Film unterzubringen, so wird bei der Kaufhaus-Explosion zu Beginn ein Lastwagen von "Atlantic Courier" umgeworfen – in einem "Pacific Courier"-Laster kamen die Terroristen in Stirb langsam an.
Bruce Willis darf sich mit seinem Kommentar zu seiner derzeitigen Tagesbeschäftigung "... Zigaretten rauchen und Captain Kangaroo anschauen" selbst aus Pulp Fiction [1995] zitieren, als er damals das Statler Brothers-Lied "Flowers on the Wall" nachsang.
Und schon der Name des Bösewichts, Simon Peter Krieg hat im Deutschen eine besondere Bedeutung.
Auch, dass Bruce Willis den am Telefon stotternden Simon veräppeln darf, ist mit dem entsprechenden Hintergrundwissen noch witziger, da Willis selbst in seiner Kindheit stotterte.
Gravierende Logik-Probleme, was das Gewicht des zu stehlenden Goldes angeht, hat McTiernan ebenfalls zugegeben, und die Tatsache, dass die bekannte Szene in Harlem mit einem anderen Spruch auf McClanes Sandwich-Plakat gefilmt (und später digital nachbearbeitet) wurde, ist eine nette Anekdote.

Doch trotz der oben genannten Mängel und der offensichtlichen "Untreue" zum Konzept der beiden Vorgänger-Filme ist Stirb langsam – Jetzt erst recht ein ungemein unterhaltsamer, witziger und kurzweiliger Film, der bis auf ein paar Szenen (Fahrt durch den Park, U-Bahn) aber keine neuen Akzente setzen kann.
Während der erste Teil durch perfekten Thrill glänzt und Teil 2 mit schweißtreibender Action aufwarten kann, versucht sich der dritte Film im Komödie-Genre und kann dank des Buddy-Teams wirklich punkten – auch wenn es stark an Mel Gibson und Danny Glover aus den Lethal Weapon-Filmen erinnert – aufgrund des comichaften Charakters mancher Szenen ist es allerdings kein wirklicher Stirb langsam-Film mehr. Ein sehr guter Action- und Unterhaltungsfilm sicherlich, aber kein guter Die Hard.
Der bekannte "Yipee-ki-yay"-Spruch, den man in der deutsch synchronisierten Fassung nicht einmal zu hören bekommt, ändert daran ebensowenig, wie die Tatsache, dass die 90-Millionen Dollar-Produktion fast das Vierfache ihrer Kosten weltweit wieder eingespielt hat.


Fazit:
Ob ein reiner Actionfilm wie Stirb Langsam 2 im Jahr 1995 noch funktioniert hätte, ist ungewiss; mit der Mischung aus Witz, Action und Thrill gelang den Machern hier allerdings ein Kassenschlager, der sich auch bei den Die Hard-Fans einen Platz im DVD-Regal sichern konnte.
Aufgrund der fehlenden Klaustrophobie der ersten beiden Teile – was durch die ständige Bedrohung kompensiert werden soll – ist Stirb Langsam – Jetzt erst recht ein Schritt weg vom ursprünglichen Rezept der Film-Reihe.
An frischen Ideen und mitreißenden Actionszenen mangelt es diesem Film deutlich, doch dafür entschädigt das Zweigespann Willis und Jackson mit Wortwitz und Charme.