Spione Undercover - Eine wilde Verwandlung [2019]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 13. Dezember 2019
Genre: Animation / Komödie / Action

Originaltitel: Spies in Disguise
Laufzeit: 101 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: noch nicht bekannt

Regie: Nick Bruno, Troy Quane
Musik: Theodore Shapiro
Stimmen: Will Smith (Steven Gätjen), Tom Holland (Jannik Schümann), Karen Gillan (), Ben Mendelsohn (Torsten Michaelis), Rashida Jones (Stephanie Stumph), Rachel Brosnahan (), DJ Khaled ()


Kurzinhalt:

Superspion Lance Sterling (Will Smith / Steven Gätjen) ist bei Kollegen beliebt und von Schurken gefürchtet. Doch als eine geheime Angriffsdrohne, die er gerade erst einem Verbrecher abgenommen hat, verschwindet, verdächtigt ihn die Agentin Marcy Kappel (Rashida Jones / Stephanie Stumph), für beide Seiten zu arbeiten. Zu allem Überfluss gibt es ein Video, das ihn bei dem Diebstahl der Drohne zeigt. Um seine Unschuld beweisen zu können, flieht Sterling und landet bei dem jungen Erfinder Walter Beckett (Tom Holland / Jannik Schümann), für dessen Entlassung er selbst gesorgt hatte. Seit Kindertagen als „Spinner“ gehänselt, ist Beckett ein brillanter Wissenschaftler und hat einen Weg gefunden, wie er Geheimagenten bestmöglich tarnen kann. Eher unbeabsichtigt wird Sterling so in eine Taube verwandelt, ohne dass Beckett den Effekt umkehren kann. Während der nach einem Gegenmittel sucht, macht sich das ungleiche Duo auf, den geheimnisvollen Schurken Killian (Ben Mendelsohn / Torsten Michaelis) ausfindig zu machen. Durch dessen finstere Pläne stehen viele Leben auf Spiel. Dabei muss sich der Superagent damit zufrieden geben, was er in Taubengestalt erreichen kann – und Marcy ist ihm mit ihrem Team auch dicht auf den Fersen …


Kritik:
Mit ihrem neuen Film gelingt den Machern der Trickfilmreihe Ice Age eine Überraschung. Das nicht nur, weil Spione Undercover - Eine wilde Verwandlung bedeutend besser geraten ist, als die Vorschau vermuten ließ. Das animierte Agentenabenteuer wartet mit farbenfrohen, teils fotorealistischen Bildern auf und erzählt eine Geschichte, die derart hanebüchen klingt, dass sie nur in dieser Art erzählt werden kann. Dass sie am Ende überzeugt, ist den ernsten Momenten geschuldet, von denen es mehr gibt, als sich für ein ganz junges Publikum eignen.

Im Zentrum steht unter anderem der junge Erfinder Walter Beckett, der für einen amerikanischen Geheimdienst arbeitet und allerlei technische Hilfsmittel für die Agenten im Einsatz entwirft. Zu denen zählt auch Lance Sterling, der beste Spion der Welt, der von sich und seinen Fähigkeiten vollkommen überzeugt ist. Bis eine gefährliche Drohne, die er den Händen des Schurken Killian entrissen hat, verschwindet und ein Überwachungsvideo auftaucht, das Sterling als Dieb zeigt. Um seinen Namen rein zu waschen, flieht Sterling und sucht Hilfe bei Beckett, der an einer Möglichkeit forscht, Agenten unsichtbar zu machen – indem er sie in Tauben verwandelt. Was folgt, klingt wenig überraschend, ist aber umso gelungener umgesetzt. Nicht nur, dass sich Sterling in Taubengestalt mit dem Außenseiter Walter als Unterstützung auf die Suche nach Killian macht, der Geheimdienst selbst, der Lance für einen Verräter hält, ist ihnen ständig dicht auf den Fersen.

Spione Undercover bietet im Kern somit eine klassische Agentengeschichte, die auch als solche erzählt ist. Das bedeutet, dass der Bösewicht einen durchaus finsteren Plan verfolgt und dessen Auswirkungen auch gezeigt werden. Die Bedrohung ist in einer Art und Weise greifbar, dass dies für ein ganz junges Publikum unter sechs Jahren zu ernst werden könnte. Auch, weil zumindest Walter einen tragischen Hintergrund hat, der im 14 Jahre zuvor angesiedelten Prolog mit seiner alleinerziehenden Mutter, eine Polizistin, die er bereits damals mit seinen Erfindungen beschützen wollte, vorgestellt und später wieder aufgegriffen wird.
Insofern könnte der Unterschied zwischen ihm und Lance Sterling kaum größer sein. Während Sterling die Bösen mit denselben Waffen schlagen möchte, die sie selbst einsetzen, ist Walter der Ansicht, dass jeder es verdient, gerettet zu werden und die Philosophie, Feuer mit Feuer zu bekämpfen, am Ende nur zu mehr Leid führen wird. Aus dem Grund sind die von ihm erfundenen Waffen anders, als man erwarten würde. Stichworte: Glitzer und Katzenvideos.

Die Aussage, die die Filmemacher Nick Bruno und Troy Quane dabei treffen, fällt erstaunlich politisch aus und wird für ein älteres Publikum etwas zu offensichtlich und oft dargebracht, für ein junges allerdings dürfte die Dosierung genau passen. Letzterem werden vermutlich eher die Actionmomente in Erinnerung bleiben, die ebenso wie der Besuch in Walters Technik-Abteilung des Geheimdienstes zu Beginn oder auch der mit stilisierten Hintergründen umgesetzte Vorspann stark an andere Agentenfilme, hauptsächlich James Bond erinnern. Action gibt es reichlich, aber nie so viel am Stück, dass die Aufmerksamkeit vollständig davon eingenommen würde. Den Humor zieht der Animationsfilm zum größten Teil aus der Tatsache, dass Lance im Körper einer Taube gefangen ist, aber auch Walters etwas tollpatschige Art wird oft genug in den Mittelpunkt gerückt. Spione Undercover findet eine passende Balance und gibt allen Figuren genug zu tun.

So fliegt die erste Stunde auch dank des fantastischen Looks der Umgebung, die bei Nachtaufnahmen von Venedig beispielsweise einer Postkarte zu entstammen scheint, nur so dahin. Umso stärker ist auch der inhaltliche Knick im letzten Drittel, vor allem im Bezug auf die eigentliche Prämisse der Story. Ohne zu viel zu verraten, sei gesagt, dass man sich hier eher eine andere Herangehensweisen gewünscht hätte. Dass das Gesamtpaket überzeugt, liegt auch an der überaus passenden und mitreißenden Musik von Theodore Shapiro und der Tatsache, dass die Macher den Kern der Agentengeschichte nie aus den Augen verlieren.
Das bedeutet nicht, dass es kein Verbesserungspotential gäbe. Die gesungenen Songs wirken oft aufgesetzt und vor allem das Product Placement eines deutschen Autobauers ist derart aufdringlich, dass es regelrecht stört. Dass diese Art Werbung inzwischen auch in Animationsfilmen Einzug hält, lässt Schlimmes für die kommenden Produktionen befürchten. Aber alles in allem wird vor allem das Zielpublikum bei Spione Undercover - Eine wilde Verwandlung gut unterhalten und darauf kommt es letztlich an.


Fazit:
Es gibt viele Punkte, die man an Nick Brunos und Troy Quanes animierter Spionagekomödie verbessern könnte. Sei es, dass zu schnell aufgelöst wird, wer tatsächlich die geheime Waffe gestohlen hat und Top-Agent Lance Sterling in Verruf bringt, oder dass manche Gags etwas zu oft wiederholt werden. Die absurde Grundidee wissen die Filmemacher jedoch gut zu nutzen, zumindest bis zum eigentlichen Finale. Nebenfiguren wie Walters Taube „Turtel“, die den bissigsten Kommentar des ganzen Films beisteuert – der sich dem Zielpublikum aber (hoffentlich) nicht erschließen wird – ergänzen das ungleiche Duo, das einem stärker ans Herz wächst, als man sich anfangs eingestehen mag. Das Aussehen des Films ist durchweg ansprechend, oftmals schlicht klasse und in den richtigen Bereichen geradezu fotorealistisch. Die überraschend ernsten Momente sind dabei ebenso gelungen wie die eigentliche Aussage der Story in Bezug auf die Bösewichte und sieht man sich an, wie ernst die Macher den Agenten-Thriller-Aspekt nehmen, erinnert der Komödien-Mix ein wenig an Ghostbusters - Die Geisterjäger [1984], der den Horror-Aspekt ebenfalls ernst nahm und trotzdem lustig erzählt war. Doch gerade die Spionage-Story eignet sich nicht für ein ganz junges Publikum. Davon abgesehen, ist Spione Undercover - Eine wilde Verwandlung ein überraschend und flott erzähltes Animationsabenteuer. Selbst wenn das letzte Drittel was den Ideenreichtum anbelangt spürbar hinter den ersten beiden zurücksteht, ist hier Unterhaltung für alle Altersklassen garantiert.