Silent Hill [2006]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 06. Januar 2008
Genre: Horror / Fantasy

Originaltitel: Silent Hill
Laufzeit: 121 min.
Produktionsland: Kanada / Frankreich
Produktionsjahr: 2006
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Christophe Gans
Musik: Jeff Danna, Akira Yamaoka
Darsteller: Radha Mitchell, Sean Bean, Laurie Holden, Deborah Kara Unger, Kim Coates, Tanya Allen, Alice Krige, Jodelle Ferland


Kurzinhalt:
Immer wieder plagen Alpträume die Nächte von Sharon (Jodelle Ferland). Die Adoptivtochter von Rose (Radha Mitchell) und Christopher Da Silva (Sean Bean) schreit in ihren Träumen immer wieder den Namen einer Stadt: Silent Hill. Doch Informationen über die ehemalige Bergbaukolonie, in der vor 30 Jahren ein schrecklicher Brand gewütet haben soll, sind kaum irgendwo zu finden.
Um Sharon zu helfen, fährt Rose sie waghalsig zu Silent Hill – gegen Christophers Rat. Doch als Rose nach einem Unfall erwacht, ist Sharon verschwunden und abgesehen von der Polizistin Cybil Bennett (Laurie Holden), die Rose zuvor anhalten wollte, scheint Silent Hill verlassen.
Bis sich in regelmäßigen Abständen die Stadt auf schreckliche Weise verwandelt und aus der Asche regnenden Geisterstadt ein von Höllenmonstern bevölkerter Alptraum wird. Auf der Suche nach Sharon kommen Cybil und Rose zwar dem Geheimnis der Stadt näher – doch ein Ausweg scheint es nicht zu geben ...


Kritik:
Gleichwohl die Unterhaltungsmedien Videospiel und Film kaum miteinander vergleichbar sind, sollte man meinen, dass es den Machern einer Videospielreihe, die ihre Spieler für viele Stunden vor die Bildschirme/Fernseher fesselt, auch gelingen sollte, ein Kinopublikum für zwei Stunden zu unterhalten. In den letzten Jahren versuchten sich viele Spieleverfilmungen daran, den Erfolg der jeweiligen Reihe auch auf der Leinwand zu wiederholen – nicht zuletzt unrühmlich durch den deutschstämmigen Trashfilmer Uwe Boll.
Bei der erfolgreichen Horror-Spielereihe Silent Hill, die 1999 zum ersten Mal das Licht der Welt erblickte und seither drei Fortsetzungen nach sich zog (von denen allerdings nur zwei direkt mit dem ersten Teil verknüpft sind), gestaltet sich die Ausgangslage allerdings weitaus komplexer, als die vermeintlich einfache Story vermuten ließe. Diese Vielschichtigkeit einzufangen war ein Anliegen von Regisseur Christophe Gans und Autor Roger Avary (Die Legende von Beowulf [2007]). Leider scheinen die Filmemacher dabei Komplexität mit Konfusion zu verwechseln und ertränken die atmosphärischen Bilder zuerst in einem Story- und später in einem Splatterwirrwarr, das der Geschichte kaum gerecht wird.

Schuld hieran ist einzig und allein die Vorlage von Avary, der zwar grundsätzlich eine beunruhigende Stimmung erzeugt, aber von den platten, gestelzten Dialogen abgesehen, die Zuschauer eher durch Unkenntnis und neue Schockmomente von der Geschichte ablenkt, als tatsächlich eine zu erzählen.
So wird man als Zuseher wie die Protagonisten selbst in eine fremde, unwirklich scheinende und von Horrorgestalten bevölkerte Stadt versetzt, die sich in regelmäßigen Abständen in den Vorhof der Hölle verwandelt und in dem die Gesetze der Physik keine Gültigkeit zu besitzen scheinen. In jener Dimension herrscht blankes Entsetzen, Monster und unvorstellbare Qualen – ehe Rose und Cybil wieder in die ebenso Furcht einflößende, aber weniger gewalttätige Dimension des nebeligen, Asche regnenden Silent Hill versetzt werden. Was diese Dimensionssprünge auslöst, wird nicht erklärt, auch nicht, wie lange sie tatsächlich dauern – stattdessen stolpern die Figuren einem Videospiel gleich von einem Raum zum nächsten, müssen Level-artig einen Monsteransturm nach dem anderen bestehen und finden in Raum eins eine Taschenlampe, in Raum zwei einen Hinweis, der zu Raum drei führt. Insofern mag das Skript nahe an dem Adventure-Horror-Spiel angelehnt sein, doch wirkt die Erzählung weit weniger spannend, als beunruhigend.
Selbiges lässt sich bis zum Finale hin beobachten, bei dem dann die brutalen und Menschen verachtenden Verbrechen, die vor dreißig Jahren in Silent Hill begangen wurden, von den Opfern gerächt werden – auf ebenso Menschen verachtende und brutale Weise. Die Rache jener Opfer hier zu glorifizieren, beziehungsweise ihre Brutalität dadurch abzumildern, oder auch zu erklären, ist hingegen ein moralisch höchst bedenklicher Drahtseilakt, der gerade bei einer gezeigten, pfählungsgleichen Tötung durch Stacheldraht ein Maß an Ekel erreicht, den man bei einer solchen FSK-Freigabe schlichtweg nicht tolerieren kann. Von den vorigen Lebendverbrennungen und Tötungen einmal ganz abgesehen.
Hofft man als Zuschauer schließlich auf eine Erklärung der Vorkommnisse in Silent Hill, wird man mit einer minutenlangen Rückblende "entschädigt", die auch als "Wahrheit" angepriesen wird, aber bezüglich der Übernatürlichkeit und Dimensionsversetzung überhaupt keine Antworten liefert. Insofern mag das Skript von Roger Avary zwar nah an der Vorlage orientiert sein, liefert aber wenig Substanz für all diejenigen, die sich nicht mit der Spielereihe beschäftigt haben, beziehungsweise sich die Arbeit machen, nach der Vorstellung im Internet nach Antworten zu suchen.

An bekannten Darstellern mangelt es der mit 50 Millionen Dollar recht hoch budgetierten Verfilmung nicht; doch während Radha Mitchell (Pitch Black - Planet der Finsternis [2000], Nicht auflegen! [2002]) die Angst, beziehungsweise die aufkommende Panik angesichts ihrer verschwundenen Tochter ins Gesicht geschrieben steht, gibt sich Sean Bean mit einem Mindestmaß an Engagement zufrieden. Dass der britische Darsteller, bekannt aus Der Herr der Ringe [2001-2003] oder Flightplan - Ohne jede Spur [2005] anders kann, hat er schon oft genug bewiesen. Allerdings scheint auch er gemerkt zu haben, dass seine Rolle im Skript ursprünglich gar nicht vorgesehen war. Dort gab es in der ersten Fassung lediglich weibliche Hauptrollen, doch für das OK des Studios musste ein männlicher Hauptcharakter integriert werden – entsprechend wenig hat Bean auch zu tun.
Auch Laurie Holden ist nicht wirklich gefordert, spielt ihre Rolle aber zumindest routiniert. Ebenso wie die erst in der zweiten Filmhälfte aktiv werdende Alice Krige. Von Deborah Kara Ungers schauspielerischem Einsatz ist unter der guten Maskenarbeit kaum etwas zu erkennen, während Kim Coates im besten Fall seine Zeilen teilnahmslos vor der Kamera vorträgt.
Die zum Drehzeitpunkt erst zwölfjährige Jodelle Ferland macht ihre Sache grundsätzlich gut, bleibt aber mimisch eher unbeteiligt.
Selbiges gilt auch für die übrigen Beteiligten, die zwar nicht negativ auffallen, positiv aber auch nicht.

Nichts zu bemängeln gibt es indes an der filmischen Umsetzung; handwerklich kleidet Regisseur Christophe Gans (Der Pakt der Wölfe [2001]) den lebendig gewordenen Alptraum in ebenso surreale wie verstörende Bilder, die ohne Weiteres Alpträumen entsprungen sein könnten. Kamera und Schnitt harmonieren hier grundsätzlich gut, auch durch die ungewöhnlichen Kameraperspektiven und seltsam anmutenden Schnittfolgen.
Dank der durchweg guten Spezialeffekte und der aufwändigen Bauten ergibt sich auch ein fließender Übergang zwischen der Höllendimension und der Dimension von Silent Hill selbst. Auch an der Maskenarbeit gibt es nichts auszusetzen.
Die musikalische Untermalung durch Jeff Danna, der die Original-Kompositionen Akira Yamaokas aus den Spielen neu arrangierte, ist zwar grundsätzlich ebenfalls gelungen, wartet immerhin mit einigen schauerliche und atmosphärischen Stücken auf, wird aber immer wieder durch technolastige Clips bei Actionmomenten unterstützt, die zwar in einem Videospiel durchaus passen mögen, im Film aber deplatziert wirken. Ein durchgehenderer Score, der von einem talentierten Komponisten verfasst worden wäre und auch situationsbezogen abgewandelte Themen für die Figuren eingestreut hätte, anstatt dieselben immer wieder zu wiederholen, wäre vermutlich eher in Erinnerung geblieben.

Während es am Produktionsstandard von Silent Hill nichts bemängeln gibt, sind es die inhaltlichen Lücken, sowie die vom Skript leider vorgegebenen Storyelemente, die letztlich stören. Statt durchweg auf eine schaurige Atmosphäre und wohl platzierten Horror zu setzen, verkommt die Geschichte in den letzten 20 Minuten zur Splattermär, die zwar Genrefans gefallen dürfte, aber auf Grund der Tatsache, dass die Grausamkeiten hier von der vermeintlichen Sympathieperson ausgehen, eine fragwürdige Aussage besitzt.
Für ein jungendliches Publikum ist die Erzählung um die Geisterstadt somit keinesfalls geeignet, ungleich der FSK-Freigabe. Und Erwachsene werden sich fragen, weswegen ein Horrorfilm wie Silent Hill sich an mehr Storyballast versucht, als das Skript letztlich tragen kann.


Fazit:
Dass die Spielereihe Silent Hill zu Recht erfolgreich war, sei unbestritten. Dass das Medium der Videospiele mit dem des abendfüllenden Spielfilms nicht zu vergleichen ist allerdings genauso wenig.
Die Macher der Videospielverfilmung versuchen in den immerhin zwei Stunden Film viele verschiedene Ebenen an Erzählungen unterzubringen und hinterlassen dennoch kein einheitliches Gefühl, wenn es um die Story an sich geht. Zu viele Fragen bleiben offen, zu viel muss man sich als Zuschauer selbst erschließen, was auch dann noch keinen Sinn ergibt.
Technisch bleibt Christophe Gans' Regiearbeit nichts schuldig, sowohl die Effekte, als auch die Bauten und Masken überzeugen. Doch während man sich zeitweise von diesen Attributen täuschen lässt, zwei Stunden können damit allein nicht überbrückt werden. Insofern versucht sich Silent Hill an vielem und schafft doch "nur" eine gelungene, beklemmende und einem Alptraum entsprungen scheinende Atmosphäre in den ersten zwei Dritteln des Films. Danach wandelt sich der Alptraum zum Splatterfest – und macht mit der übertriebenen und unnötigen Brutalität zusammen mit der zweifelhaften Aussage alles Furcht einflößende zunichte.