Sicario [2015]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 21. Februar 2016
Genre: Drama / ThrillerOriginaltitel: Sicario
Laufzeit: 121 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2015
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Denis Villeneuve
Musik: Jóhann Jóhannsson
Darsteller: Emily Blunt, Benicio Del Toro, Josh Brolin, Victor Garber, Jon Bernthal, Daniel Kaluuya, Jeffrey Donovan, Raoul Max Trujillo, Julio Cedillo, Hank Rogerson, Bernardo P. Saracino, Maximiliano Hernández
Kurzinhalt:
Bei einem Einsatz, bei dem das Team um FBI-Agentin Kate Macer (Emily Blunt) eine Gruppe Geiseln befreien sollte, stößt die Gruppe auf grausam hingerichtete Opfer eines Drogenkartells. Als ihr angeboten wird, die Einsatztruppe um Matt Graver (Josh Brolin) als taktische Beraterin zu verstärken und den Hintermännern der Gräueltat das Handwerk zu legen, sagt Macer zu. Zusammen mit dem südamerikanischen Alejandro (Benicio Del Toro) reisen sie in das Grenzgebiet von Arizona und Mexiko. Aber schon bald muss Kate feststellen, dass der Kampf gegen das Drogenkartell nicht auf US-amerikanischem Boden gewonnen werden kann – und nicht mit legalen Mitteln ...
Kritik:
Sicario, von Filmemacher Denis Villeneuve (Prisoners [2013]), ist ein beeindruckender Film, der viele Zuschauer enttäuscht zurücklassen wird. Insbesondere diejenigen, die nach der Filmvorschau einen Actionthriller erwarten. Stattdessen präsentiert der Regisseur die Geschichte der FBI-Agentin Kate Macer, die eine Spezialeinheit im Kampf gegen Drogenbarone in Mexiko unterstützt als teils klaustrophobisches Drama um den Abstieg in die Dunkelheit. Das ist schwere Kost, aber brillant dargebracht.
Viele Filme dieser Art beginnen mit Texttafeln, welche die aktuelle Situation im allgegenwärtigen Drogenkrieg erläutern. Sicario erklärt, was es mit dem Begriff auf sich hat und spätestens zur Mitte der Erzählung wird klar, worauf er sich bezieht. Im Zentrum steht zumindest in den ersten zwei Dritteln die junge, taffe FBI-Agentin Macer, die einen Einsatz leitet, bei dem die Opfer eines Drogenkartells entdeckt werden. Als ihr angeboten wird, die Hintermänner aufzuspüren, willigt sie ein und schließt sich dem Team von Matt Graver an, der zusammen mit dem schweigsamen Alejandro einen Schlag gegen das größte aus Juárez in Mexiko operierende Kartell plant.
Sieht man sich die von Emily Blunt eindringlich und packend gespielte Kate zu Beginn an, wie sie gefasst und besonnen einen schwierigen Einsatz meistert, hört man ihre Vorgesetzten über sie sprechen und sieht man sie schließlich in ihrer letzten Einstellung im Film, dann versteht man, was der Kampf gegen die Drogen mit den Beteiligten Ermittlern anrichtet. Man könnte sogar behaupten, dass sie für die USA im Allgemeinen steht, die an ihren Werten, den Protokollen und der Rechtschaffenheit festhält, nur um festzustellen, dass sie damit nicht gewinnen kann.
Bis sie erkennt, was der eigentliche Plan von Graver und Alejandro ist, ergeht es Macer in Sicario wie dem Zuschauer: Man ist desorientiert in einer fremden Umgebung, nur einen Steinwurf von der amerikanisch-mexikanischen Grenze entfernt. Mit dem Fernglas beobachten die Einsatzkräfte über den Zaun hinweg, wie in Juárez nachts geschossen wird, Explosionen die Stadt erschüttern. Es sind Szenen wie aus einem Kriegsgebiet.
Das Skript deckt die komplexen Zusammenhänge zwischen der Lieferung und der Verteilung der Drogen, der anschließenden Geldwäsche und den Hintermännern auf. Den verschiedenen Figuren zu folgen ist dabei nicht immer ganz einfach, zumal Villeneuve dankenswerterweise darauf verzichtet, in Besprechungen ständig den aktuellen Stand zu diskutieren. Ein unaufmerksames Publikum wird sich hier schnell verloren vorkommen.
Dennoch ist Sicario kein mitreißender Thriller – er ist spannend und erzeugt eine spürbare Bedrohung, sei es zu Beginn bei der Konfrontation auf der Brücke der Amerikas, oder in einem der packendsten Nachteinsätze, die man hier miterleben darf. Zusammen mit dem vielfach preisgekrönten Kameramann Roger Deakins erschafft Denis Villeneuve eine so authentische Optik, dass es einem mitunter einen Schauer über den Rücken jagt. Man fühlt sich als Zuseher an der Seite der Figuren im Einsatz, ebenso ohnmächtig wie sie, alles im Blick zu behalten und ebenso überfordert in anderen Momenten. Die Bildersprache ist beeindruckend, der Abstieg in die Finsternis sogar optisch umgesetzt, spielen die Szenen im Verlauf doch immer mehr in der Dunkelheit. Die einzelnen Aufnahmen, unter anderem von der geteilten, rauen Landschaft im Grenzbereich sind darüber hinaus schlicht atemberaubend.
Fazit:
Die Besetzung spricht für sich, mit einem verschlossenen und ebenso charismatischen Benicio Del Toro, Josh Brolin und Emily Blunt, durch deren Augen man die verwirrenden Zusammenhänge erlebt. Auch wenn Regisseur Denis Villeneuve die Grausamkeiten des zermürbenden, wenn nicht sogar hoffnungslosen Kampfes gegen die Drogenkartelle erfasst, er tut dies nicht in Großaufnahmen oder reißerischer Art.
Dennoch erzeugt er eine beklemmende und real wirkende Atmosphäre, der man sich nicht entziehen kann. Wer Sicario als das sieht, einen Blick auf den aktuellen Drogenkrieg, in dem die Behörden versuchen, irgendwie die Kontrolle über das Geschehen zu bekommen, der wird genau das finden. Fantastisch gespielt, mit einem beunruhigenden Soundtrack und grandios gefilmt, ist das keine leichte Kost, aber für ein erwachsenes Publikum sehr sehenswert.