Safecrackers oder: Diebe haben's schwer [2002]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 05. März 2005
Genre: Komödie

Originaltitel: Welcome to Collinwood
Laufzeit: 82 min.
Produktionsland: USA / Deutschland
Produktionsjahr: 2002
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren

Regie: Anthony Russo, Joe Russo
Musik: Mark Mothersbaugh
Darsteller: William H. Macy, Isaiah Washington, Sam Rockwell, Michael Jeter, Luis Guzmán, Jennifer Esposito, Patricia Clarkson, George Clooney, Andrew Davoli, Bernard Canepari


Kurzinhalt:
Die Tage sind lang in Collinwood – und das Geld knapp. Als Cosimo (Luis Guzmán) gerade ein Auto stehlen will, wird er erwischt und festgenommen. Als er im Gefängnis auf seine Verhandlung wartet, erzählt ihm ein anderer Insasse von einem todsicheren Ding, ein so genannter Bellini. Doch vom Gefängnis aus hat Cosimo verständlicherweise keine Chance, seinen Bellini umzusetzen – ein Mullinski muss her, jemand, der die Strafe für ihn absitzt.
Doch je mehr Menschen Cosimos Freundin Rosalind (Patricia Clarkson) von dem Bellini erzählt, umso mehr wollen das Ding selber drehen. Als Pero (Sam Rockwell), Riley (William H. Macy), Leon (Isaiah Washington) und Toto (Michael Jeter) sich daran machen, den Safe, um den es eigentlich geht, selbst zu knacken, müssen sie mit allerlei Hürden zurecht kommen – da wäre als erstes schon, dass sich Pero in Carmela (Jennifer Esposito) verliebt, deren Tanten aber in der Wohnung neben dem Safe wohnen. Zu allem Überfluss gelingt Cosimo auch noch die Flucht aus dem Knast, und er will jedem, der sich an seinem Bellini vergreift, an die Gurgel ...


Kritik:
Als Regisseur Steven Soderbergh und Darsteller George Clooney zum ersten Mal zusammen arbeiteten hätte wohl keiner von beiden gedacht, dass ihnen im geschäftlichen Sinn eine gemeinsame Zukunft beschert werden würde. Ihre vier gemeinsamen Filme Out of Sight [1998], Ocean's Eleven [2001], Solaris [2002] und Ocean's Twelve [2004] sind jedoch nicht die einzige Früchte dieser Kollaboration; zusammen gründeten sie die Produktionsfirma "Section Eight", für die Clooney auch sein Regiedebut Geständnisse - Confessions of a Dangerous Mind [2002] inszenierte. Auch Safecrackers ist eine Produktion jener Firma, wobei der deutsche Doppeltitel hauptsächlich auf die Ursprung des Filmes hindeuten soll: Diebe haben's schwer [1958] ist eine italienische Krimikomödie, die Clooney zusammen mit den beiden Regisseuren als Remake für das internationale Publikum adaptierte.
Um den Erfolg des Projekts zu sichern übernahm George Clooney auch eine kleine Rolle, doch auf Grund der wenigen Kopienzahl, mit denen der Film in den USA startete (er war in nur 45 Kinos zu sehen), überrascht das magere Einspielergebnis von nur 300.000 Dollar nicht – und doch hätte man den Regisseuren Anthony und Joe Russo einen größeren Erfolg gegönnt, ihnen gelang mit Welcome to Collinwood, so der passendere Originaltitel, eine immens witzige Gaunerkomödie um fünf Verlierer, die trotz ihrer Trotteligkeit durchweg sympathisch erscheinen, auch wenn ihr Kaputschnik nicht ganz ausgereift erscheint.

So liegt das Hauptproblem erneut am Drehbuch, das die beiden Regisseure zusammen mit George Clooney verfassten. Zwar werden hier eine handvoll skurriler Charaktere eingeführt, die trotz ihrer Tolpatschigkeit und etwas langsamen Auffassungsgabe immer noch die hellsten Köpfe in Collinwood zu sein scheinen. Aber während man als Zuschauer über die witzigen Situationen und die ständige Benutzung der Worte Bellini, Mullinski und Kaputschnik lachen muss (deren Bedeutung man sich übrigens aus dem Zusammenhang erschließen muss), übersieht man doch nicht ganz, dass die Figuren recht eindimensional bleiben. Die wenigsten bekommen einen richtigen Hintergrund zugeschrieben, und über die persönliche Situation bleibt man meist im Dunkeln. Aber auch wenn dies für eine Gaunerkomödie ansich nicht entscheidend ist, manche Storymängel gehen auf Kosten der Unterhaltung. Auffällig ist hierbei schon die sehr geringe Lauflänge von nur 80 Minuten, denn gerade wenn man der Meinung ist, dass das Finale in Fahrt kommen würde, ist der Film bereits vorüber. So wird man als Zuschauer um das betrogen, worauf man sich nach denn irrwitzigen Situationen am meisten gefreut hat – doch schon zuvor überraschen einige Storyentscheidungen, die sowohl auf den ersten Blick, wie auch bei genauerer Betrachtung, keinen großen Sinn ergeben. So sind von den fünf Gaunern nur vier am eigentlichen Raub beteiligt, wobei das Fehlen des fünften nur halbherzig erklärt wird. Und auch der eigentliche Bösewicht des bunten Quartetts, Cosimo, ist viel zu schnell von der Bildfläche verschwunden. Hier hätte man die Möglichkeit gehabt, zwei Parteien im Wettstreit um den Safe arbeiten zu sehen, und so ein wirklich spannendes Finale zu erzeugen. Doch diese Möglichkeiten wurden leider nicht genutzt.
So scheint im Mittelpunkt des Drehbuches die Skurrilität der Situation gestanden zu haben, kombiniert mit zahlreichen witzigen Einfällen, ohne dass die Autoren auf die Story zu viel Wert gelegt hätten. Hier wurde leider viel Potential verschenkt, das aus Safecrackers ohne weiteres eine wahre Perle in dem Genre hätte machen können.

Dass der Film trotzdem sehenswert bleibt liegt zum großen Teil an den exzellent aufgelegten (und in vollkommen unerwarteten Rollen zu sehenen) Darstellern, allen voran William H. Macy, der für seine Darbietung in Fargo - Blutiger Schnee [1996] mit einer Oscarnominierung belohnt wurde. Er mimt den verzweifelten Riley hier derart natürlich und mit so viel verstecktem Augenzwinkern, dass es eine Freude ist, ihm zuzusehen.
Dasselbe gilt für Sam Rockwell, der eine überaus eigentümliche Rollenauswahl besitzt und immer darum bemüht ist, sich nicht auf ein Image festzulegen. Auch er überzeugt voll und ganz, sorgt für zahlreiche Lacher und trägt seine Szenen souverän.
Von Isaiah Washington ist nicht ganz so viel zu sehen, aber wie Luis Guzmán, Jennifer Esposito und Patricia Clarkson geht er in seiner Figur voll auf und enttäuscht auch in den witzigen Szenen nicht. George Clooneys Auftritt ist zwar recht kurz geraten, aber auch hier ist man überrascht, wie sehr er sein Image durch den Kakao zieht und sich als abgewrackter Dieb zum besten gibt.
Traurig stimmt einen hingegen Michael Jeter, der als wortkarger, leicht panischer Toto schon mit seiner Körperhaltung für Lachtränen sorgt, und dessen windelartiger Hosenersatz ebenso im Gedächtnis bleibt, wie der rosarote Morgenmantel, den er zum Schluss trägt. Und doch wird man dadurch wieder daran erinnert, welche stillen Glanzlichter in zukünftigen Filmen fehlen werden. Mit seinen bewegenden Auftritt in The Green Mile [1999] setzte er ein Zeichen über die Zeit hinaus und man wird ihn als einen der Darsteller in Erinnerung behalten, die auch mit kleinen Rollen jeden ihrer Filme veredelt haben. Dass er bereits seit zwei Jahren nicht mehr unter uns weilt, nachdem er seiner schweren Krankheit erlegen ist, ist kaum vorstellbar.

Inszenatorisch fangen die Regisseure ihren gut gelaunten Cast sehr solide ein, kleiden ihr Collinwood in beige-bräunliche Töne und lassen sich sogar interessante Kamerafahrten und Perspektiven einfallen. Den Höhepunkt bildet hier zwar der angehende Einbruch, aber auch zuvor gibt es zahlreiche Szenen, die das rustikal-natürliche Design der Kleinstadt und der skurrilen Einwohner gut zum Ausdruck bringen – schon allein dadurch erhält Safecrackers einen fast schon europäischen Touch.
Abgerundet wird das ganze durch einen minimalistischen, warmen und zurückhaltenden Score, der viele ländliche Instrumente einsetzt. Komponist Mark Mothersbaugh gelingt es zwar nicht ganz, ein durchgängiges Thema für den Film zu etablieren, dafür zwingt er den witzigen Momente keine verkrampft humoristische Musik auf, sondern unterstützt die Szenen gekonnt. Sein Score ist zwar unscheinbar, aber gerade deshalb passend zum Film.

Wenn erst einmal der Abspann zu rollen beginnt ist eines schnell klar: Ansich ist Welcome to Collinwood 20 Minuten zu kurz geraten. Kein Wunder verlässt man die Figuren inmitten ihrer kommenden Entscheidungen und das Ende vermag einen auch nicht zufrieden zu stellen. Dafür war der Film aber die meiste Zeit unterhaltsam und stellenweise derart witzig, dass man die nächsten Gags bereits verpasst hat.
So bleibt zwar viel Potential ungenutzt, doch das ist hauptsächlich deshalb so ärgerlich, da das genutzte einem schon die Lachtränen in die Augen treibt – was wäre dann mit einem besseren Skript noch drin gewesen?


Fazit:
Erfrischend skurril präsentiert sich Anthony und Joe Russos Gaunerkomödie, dabei sind es sowohl die Figuren, ihre Gesten und Entscheidungen, aber auch die aberwitzigen Situationen, die einen von einem Lachanfall zum nächsten schicken.
So ist schnell vergessen, dass der Mittelteil von Safecrackers etwas zäh erscheint und zu viel Zeit zwischen dem Schmieden des Plans und dessen Durchführung vergeht. Und doch macht es immens viel Spaß, den fünf Hauptfiguren dabei zuzusehen, wie sie verzweifelt versuchen, ihren Bellini unter Dach und Fach zu bringen – wem Gaunerkomödien wie Ocean's Eleven zu glatt, zu sehr auf Hochglanz poliert erscheinen, der sollte hier unbedingt einen Blick riskieren.
Den Machern gelang eine Komödie mit vielen guten Gags und einer unvermittelten, unvorhersehbaren Slapstick-Komik – vor allem jedoch gelang ihnen mit der kleinen Produktion ein charmanter Beweis dafür, dass die Zuschauer ebenso viel Spaß beim Ansehen haben können, wie die Darsteller beim Dreh.