Road to the Well [2016]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 14. Januar 2017
Genre: Drama / Thriller

Originaltitel: Road to the Well
Laufzeit: 108 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2015
FSK-Freigabe: noch nicht bekannt

Regie: Jon Cvack
Musik: Conor Jones
Darsteller: Laurence Fuller, Micah Parker, Rosalie McIntire, Barak Hardley, Marshall R. Teague, Caitlin Gallogly, Michelle LaFrance, Tim Martin Gleason, Jordana Capra, Jeanie Hackett, Nancy Daly


Kurzinhalt:

Gefangen in einem Berufsleben, das er sich so nicht vorgestellt hat, wird Frank (Laurence Fuller) von seinem Vorgesetzten mitgeteilt, dass man ihn an einem Standort im Norden des Landes zur Unterstützung braucht. Dass seine Freundin Jessica (Michelle LaFrance) davon nicht sonderlich berührt scheint, mag daran liegen, dass sie eine Affäre mit Franks Boss hat, wie er kurz darauf mit eigenen Augen sieht. Da scheint der Besuch von Franks altem Freund Jack (Micah Parker) grundsätzlich eine willkommene Abwechslung und wenig später findet sich Frank auf dem Rücksitz seines Autos mit der attraktiven Ruby (Rosalie McIntire) wieder. Doch die beiden werden angegriffen und als Frank erwacht, liegt Rubys Leiche im Kofferraum. Als er Jack um Hilfe bittet, schlägt dieser vor, zu Franks neuer Arbeitsstätte zu fahren und die Leiche irgendwo in der Nähe zu begraben. Was klingt wie ein einfacher Plan, entwickelt sich immer mehr zu einem wahren Alptraum ...


Kritik:
Das Regieerstlingswerk von Autor und Regisseur Jon Cvack ist ein handwerklich überraschendes Indie-Thrillerdrama. Die Geschichte um Frank, der sich zusammen mit seinem alten Freund Jack plötzlich mit einer Leiche konfrontiert sieht, verliert im Mittelteil zwar merklich den roten Faden aus den Augen, findet jedoch zu einem starken dritten Akt zurück. Die Kanten von Road to the Well sind noch nicht vollends geschliffen, doch was die Macher hier auf die Beine stellen, ist durchaus beachtenswert.

Im Zentrum der Story steht Frank, der gefangen in einem namenlosen Büro, sein Dasein fristet, statt sein Leben zu leben. Kurz nachdem sein Boss Tom ihm offenbart, dass er für sechs Monate das Büro im Norden des Landes unterstützen soll, findet er heraus, dass seine Freundin eine Affäre mit seinem Vorgesetzten hat. Da kommt der Anruf seines ältesten Freundes Jack, der ohne feste Arbeit seit einiger Zeit durchs Land gereist ist und ihm mitteilt, dass er wieder in der Stadt ist, durchaus gelegen. Doch dann wacht Frank nach einem Stelldichein mit der attraktiven Ruby entkleidet neben seinem Auto auf und findet Ruby ermordet im Kofferraum. Er bittet Jack um Hilfe, der vorschlägt, die Leiche in der Wildnis zu begraben, während Frank zu seiner neuen Arbeitsstätte fährt.

Man kommt nicht umhin, sich vorzustellen, was aus Road to the Well hätte werden können, würde sich das Skript von Jon Cvack darauf konzentrieren, wie Frank und Jack die Leiche verschwinden lassen müssen, zumal sie gar nicht wissen, weshalb Ruby überhaupt sterben musste. In manchen Momenten scheint es, als würde Cvack diese Geschichte erzählen wollen. Doch im Mittelteil, in dem die beiden ihren Freund Chris besuchen, auf dem Weg nach Norden, wandelt sich die Story zu so etwas, wie einem Road-Movie, der mit nur einem Zwischenstopp jedoch etwas kurz ausfällt. Sieht man sich das letzte Drittel an, dann versteht man, weshalb das Drehbuch diesen Umweg geht, allerdings passt der gesamte Abschnitt um die drei Freunde, die sich auseinandergelebt haben und Franks Zuneigung zu Chris' Verlobter Trudy, von der Stimmung her nicht zum Rest. Ebenso wenig die humorvollen Einlagen, die trotz der absurden Situationen nicht so recht zünden wollen.

Am Ende bleibt Ruby nicht die einzige Leiche und Road to the Well wandelt sich zu einem Thriller, dessen bedrohliche Stimmung dank des gelungenen Scores von Conor Jones treffend zur Geltung kommt. Auch hier fallen die amüsanten Momente merklich aus der Reihe. Mit dem Auftritt von Marshall R. Teague beginnt das Finale, das eine packende Atmosphäre entwickelt und auch offene Fragen aufgreift, die im Zusammenhang mit der scheinbar wahllos ermordeten Ruby aufgefallen sind. Jon Cvack tut gut daran, nicht alle Zusammenhänge haarklein zu erklären, selbst wenn Franks letzte Entscheidung in Bezug auf seine Freundschaft mit Jack, nur mit Mühe nachzuvollziehen ist.

So interessant die Ausgangslage der Vorlage ist, so wenig sind die Figuren leider ausgearbeitet. Dass sie dennoch funktionieren, liegt an den bemerkenswerten Darstellerleistungen. Laurence Fuller, der unter dem intensiven und beinahe beängstigenden Blick von Micah Parker als Jack beinahe unterzugehen scheint, bringt Franks Gedankenwelt gekonnt zum Ausdruck und bleibt trotz ihrer Handlungen ein verständlicher Ankerpunkt, während Parker mit seiner zunehmend düster werdenden Ausstrahlung eine wahre Entdeckung ist.
So auch Kameramann Tim Davis, dem eine beeindruckende Bildersprache gelingt. Insbesondere dank der natürlichen Ausleuchtung und den tollen Perspektiven besitzt Road to the Well eine fantastische Optik.

All das macht den Thriller nicht nur für Fans des Independent-Kino durchaus sehenswert. Man darf gespannt sein, was die Beteiligten als nächstes auf die Beine stellen.


Fazit:
Obwohl die Story im Mittelteil etwas an Zugkraft einbüßt, die Stimmung, die Regisseur Jon Cvack sowohl im ersten, wie im letzten Drittel erzeugt, trägt das Independent-Thrillerdrama gekonnt zu einem Ende, bei dem man vielleicht manche Elemente vorhersieht, das sich aber unerwartet entwickelt. Überhaupt ist es diese Unvorhersehbarkeit, die die Geschichte merklich bereichert. Eingefangen in fantastischen Bildern, die den Kern der jeweiligen Perspektive gekonnt einrahmen, und zum Leben erweckt durch eine bemerkenswerte und sichtlich geforderte Besetzung, ist Road to the Well nicht nur für Genrefans eine Empfehlung. Ein starkes Debüt.