Poltergeist [1982]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 27. Mai 2009
Genre: Horror / FantasyOriginaltitel: Poltergeist
Laufzeit: 114 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1982
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Tobe Hooper
Musik: Jerry Goldsmith
Darsteller: Craig T. Nelson, JoBeth Williams, Beatrice Straight, Dominique Dunne, Oliver Robins, Heather O'Rourke, Michael McManus, Virginia Kiser, Martin Casella, Richard Lawson, Zelda Rubinstein, Lou Perryman
Kurzinhalt:
Was es ausgelöst hat, kann sich der Immobilienverkäufer Steve Freeling (Craig T. Nelson) auch nicht erklären. Doch urplötzlich geschehen seltsame Dinge in dem Haus seiner Familie. Seine Ehefrau Diane (JoBeth Williams) bemerkt zusammen mit der kleinsten Tochter Carol Anne (Heather O'Rourke) zuerst, wie sich Möbel von selbst bewegen. Carol Anne hört außerdem Stimmen aus dem Fernseher zu ihr sprechen.
Dann sucht ein gespenstisches Unwetter die Wohnsiedlung der Freelings heim. Doch Steve, Diane, der mittlere Sohn Robbie (Oliver Robins) und die große Tochter Dana (Dominique Dunne) können sich von dem Schock nicht erholen: Carol Anne ist verschwunden. Erst Robbie entdeckt ihre Stimme, die ebenfalls aus dem Fernseher kommt.
Steve wendet sich an die Parapsychologin Dr. Lesh (Beatrice Straight) und ihr Team. Doch erst die übersinnlich begabte Tangina (Zelda Rubinstein) vermag Licht ins Dunkel zu bringen. Sie macht den verzweifelten Eltern auch deutlich, was auf dem Spiel steht. Und wie gefährlich es wird, Carol Anne zu befreien. Doch von welchen Mächten das Haus auch immer besessen ist, sie haben nicht vor, das Kind gehen zu lassen und wenden sich gegen die übrigen Bewohner ...
Kritik:
Das Haus der Freelings wirkt nicht außergewöhnlich ordentlicher, wie wenn man sich an die Situation zu Beginn der 1980er zurück erinnert. Auch wirkt es nicht unordentlicher mit den Zeitungsständern auf dem Boden, den Spielsachen, die überall herumliegen oder den Chiptüten, die sich durch beinahe alle Zimmer ziehen. Es scheint bewohnt, als würde dort eine Familie mit all ihren Eigenheiten leben, als wären dort fünf Menschen untergebracht, die alle ihren Teil zum organisierten Chaos beitragen.
Jenes Flair fängt Regisseur Tobe Hooper vom ersten Moment an ein. Doch ob er es wirklich war, der Poltergeist inszenierte, darüber schweigen sich manche Beteiligte bis heute aus. Sicher ist, dass Produzent Steven Spielberg, der gleichzeitig an E.T. - Der Außerirdische [1982] arbeitete, vertraglich nicht bei zwei Filmen simultan Regie führen konnte, auch wenn er bei Poltergeist für Drehbuch und Story mitverantwortlich war, die Storyboards beaufsichtigt, die Darstellerführung auf sich schulterte und generell sehr viel Einfluss auf die Produktion, selbst in der Nachbereitung nahm. Kurzum, viele Kenner des Films sehen Steven Spielberg als Regisseur der Gruselmär. Zumindest ist seine Handschrift in beinahe allen Szenen deutlich zu sehen. Seien es die ausdrucksstarken Bilder samt den wohl ausgesuchten Perspektiven, oder aber der Szenenaufbau, bei dem Komponist Jerry Goldsmith mit seinem Genre prägenden Score auch immer weiß, wann er ohne Musik genauso effektvoll arbeiten kann. Handwerklich gibt es an dem Horrorfilm somit nichts auszusetzen und auch wenn nicht alle Spezialeffekte nach heutigem Standard verblüffen, gerade die Maskenarbeiten oder aber die verschiedenen Monster beim Finale wären nach heutigem Stand nicht besser zu machen. Vom letzten Auftritt des Hauses einmal ganz zu schweigen.
Auf diese technischen Aspekte sollte man aber Wert legen, wenn man Poltergeist schon öfter gesehen hat. Denn dank der hochwertigen Aufbereitung des Filmes für das HighDefinition-Format gibt es nun viele Details im Hintergrund zu entdecken, die bislang schlicht verborgen blieben. Von den unzähligen Star Wars-Spielzeugfiguren im Kinderzimmer bis hin zu den mit Andenken und Gebrauchsgegenständen ausgestatteten Möbeln. Bereits von den ersten Minuten an wird klar, dass das Haus selbst wie eine weitere Person behandelt wird. Ihm werden so viele Facetten zugeschrieben, die es realistisch erscheinen lassen, dass die Familie, die darin wohnt sich auch wie zuhause fühlen kann.
Dass das Haus der Freelings dabei tatsächlich eine besondere Rolle spielt, wird man erst später im Film erfahren. Bis dahin muss man beobachten, wie die bodenständige Familie mit Ereignissen konfrontiert wird, die weit darüber hinausgehen, was sie verstehen oder akzeptieren können. Damit befinden sie sich auf einer Stufe mit dem Zuschauer, der ja selbst im ersten Moment von der Situation überfordert wird. So spielt es keine Rolle, wie glaubwürdig es ist, wenn ein Baum den kleinen Robbie zu fressen versucht, oder Carol Anne irgendwo hin entführt wird, wo man sie nicht sehen, aber durch den rauschenden Fernseher hören kann. Allein die Tatsache, dass dies Personen geschieht, die einem nach dem Auftakt wichtig sind, schweißt den Zuschauer mit den Protagonisten zusammen.
So dauert es auch eine ganze Weile, ehe die Bedrohung gegen die Freelings greifbar wird. Poltergeist nimmt sich viel Zeit für die Figuren, ohne ihr Schicksal dabei deprimierend oder erzwungen komödiantisch zu zeigen. Vielmehr besitzt der Film eine gesunde Portion Humor, ohne dies allerdings zu übertreiben. Und er besitzt auch einige ekelerregende Momente, ohne aber zu einem Splatterfilm zu mutieren. Die Horrorstory bleibt übersinnlich und packend, nicht zuletzt auch dank Figuren wie der mysteriösen Tangina oder das Team um Dr. Lesh. Doch versucht sie auch nicht, die Hintergründe soweit zu erklären, dass keine Geheimnisse mehr übrig bleiben. Vielmehr soll man als Zuseher die Lücken selbst füllen.
Den unverbrauchten und sympathischen Gesichtern von Craig T. Nelson und JoBeth Williams samt ihren Darbietungen ist es zu verdanken, dass einem die Familie Freeling wichtig wird. Darum folgt man der Geschichte durch die stellenweise sehr fantasylastigen Wendungen. Ergänzt werden sie durch eine ebenso natürliche Besetzung, die mit einer Vertrautheit vor der Kamera agiert, wie man sie selten zu sehen bekommt.
Sie kämpfen gegen einen Widersacher, den man als Zuschauer mehr als zwei Drittel des Films gar nicht zu sehen bekommt und sich gerade deshalb vor im fürchtet. Einfallsreich gefilmt und mit gruseligen Ideen verpackt, hat Poltergeist mehrere Fortsetzungen und gar eine TV-Serie nach sich gezogen. Wer diese versäumt hat, hat auch nicht viel verpasst. Wer sich das Original entgehen lässt, das so viele Nachahmer inspirierte, dem ist nicht zu helfen.
Fazit:
Es ist durchaus eine Kunst, einen spannenden und gruseligen Horrorfilm zu produzieren, in dem nicht eine Figur sterben muss. Die Natürlichkeit, mit welcher der Regisseur – wer auch immer es nun sein mag – seine Charaktere dabei etabliert, zahlt sich dabei gerade in der zweiten Hälfte aus, wenn die Familie mit den übernatürlichen Ereignissen konfrontiert wird.
So wenig man diesbezüglich die Hintergründe auch verstehen kann, da einem die Personen wichtig sind, fiebert man auch mit ihnen mit. Craig T. Nelson und JoBeth Williams machen die persönliche Verzweiflung für die Zuschauer greifbar und Heather O'Rourke als die engelhafte Carol Anne weckt unweigerlich den Beschützerinstinkt. So lebt Poltergeist von den Beteiligten, überzeugt durch eine tadellose und einfallsreiche Inszenierung und verblüfft mit Horrorvorstellungen, mit denen sich jeder irgendwo identifizieren kann.
In seinem Genre bildet der Film damit einen Meilenstein – und bleibt auch nach knapp 30 Jahren ein zeitloser Klassiker.