Madame Web [2024]

Wertung: 1.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 13. Februar 2024
Genre: Action / Fantasy

Originaltitel: Madame Web
Laufzeit: 116 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: S.J. Clarkson
Musik: Johan Söderqvist
Besetzung: Dakota Johnson, Sydney Sweeney, Celeste O’Connor, Isabela Merced, Tahar Rahim, Adam Scott, Emma Roberts, Mike Epps, Zosia Mamet, Kerry Bishé, Josh Drennen


Kurzinhalt:

Über ihre Mutter Constance (Kerry Bishé) weiß die Rettungssanitäterin Cassie Web (Dakota Johnson) nur, dass sie bei ihrer Geburt im Amazonas gestorben ist. Weshalb sie überhaupt hochschwanger in den Regenwald gereist war, weiß sie nicht. Ihr ganzes Leben auf sich gestellt, hält Cassie selbst ihren Kollegen Ben (Adam Scott) auf Abstand. Nach einem Unfall bemerkt sie eine Veränderung ihrer Wahrnehmung. Sie erlebt Déjà-vus, in denen sie schlimme Dinge sehen und anschließend aufhalten kann. So sieht sie auch, dass der übernatürlich starke Ezekiel Sims (Tahar Rahim) die drei Teenager Julia (Sydney Sweeney), Mattie (Celeste O’Connor) und Anya (Isabela Merced) in einem Zug angreift. Zwar kann Cassie die drei retten, doch wird sie anschließend als Kidnapperin von der Polizei gesucht. Als sie Nachforschungen anstellt, weshalb Ezekiel die drei Mädchen töten wollte, kommt sie einer Verbindung auf die Spur, die zu ihren eigenen Fähigkeiten und ihrer Mutter führt …


Kritik:
S.J. Clarksons Marvel-Comic-Verfilmung Madame Web erweckt den Eindruck, sie sei so stark nachbearbeitet worden, dass man sich kaum vorstellen kann, wie der Film ursprünglich ausgesehen haben mag. Sicht- bzw. hörbar ist das insbesondere im englischen Original daran, dass beinahe alle Dialoge des Schurken klingen, als seien sie nachträglich aufgenommen worden. Dass sein Gesicht selten zu sehen ist, wenn er spricht, verstärkt dies noch. Aber auch sonst wirft der Ursprung eines offenbar beabsichtigten Comic-Franchise mit altbekannten Ideen umher, die so ungelenk zusammengestellt sind, dass es schade um die sich sichtlich unwohl fühlende Besetzung ist.

Die Geschichte beginnt mit einem Prolog im peruanischen Amazonas im Jahr 1973, wo die hochschwangere Constance Web auf der Suche nach einer sagenumwobenen Spinne ist. Die Art soll besondere Kräfte besitzen wie Schnelligkeit, Ausdauer und übernatürliche Stärke. Es gibt die Legende, dass ein dort lebender Volksstamm, genannt „Las Arañas“ sich diese Fähigkeiten zueigen gemacht hat. Doch Constance wird von dem Forscher Ezekiel Sims hintergangen und ermordet. 30 Jahre später ist ihre Tochter Cassandra, Cassie, die als Waise ohne eine Familie aufgewachsen ist, Rettungssanitäterin in New York. Dort wird der dank der von der Spinnenart verliehenen Fähigkeiten übermenschlich starke und kaum gealterte Ezekiel jede Nacht von Visionen einer fernen Zukunft heimgesucht, dass drei Superheldinnen ihn eines Tages töten werden. So ersinnt er den Plan, die drei zu ermorden, solange sie noch Teenager sind. Doch nach einer Nahtoderfahrung entdeckt Cassie, dass sie die Fähigkeit besitzt, in die Zukunft zu sehen. Sie rettet die drei Teenager und findet nach und nach heraus, wie sehr ihr eigenes Schicksal mit demjenigen der drei Mädchen und Ezekiels verbunden ist.

Was die Ausgangslage betrifft erinnert Madame Web an viele bereits verfilmte Comicheldinnen bzw. -helden und die Parallelen zu Spider-Man sind nicht zufällig. Ezekiel selbst erscheint wie eine düstere Variante der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft. Ursprünglich sollte die Adaption auch im selben Universum spielen, doch haben die vier weiblichen Figuren im Zentrum noch nie von übernatürlich begabten Helden gehört. Dem Multiversum sei dank, würde das einem späteren Cross-Over aber nicht im Weg stehen. Cassie, die sich nicht festlegen möchte und Bindungen scheut, die sich selbst mit der streunenden Katze vergleicht, die sie immer wieder besucht, erfährt im Lauf der Ereignisse, dass die drei Mädchen so alleine sind, wie sie es einst war. So übernimmt sie schließlich Verantwortung und beginnt, sich um sie und ihre Sicherheit zu kümmern.

Allerdings lässt Regisseurin Clarkson irgendeinen innovativen Ansatz bei alledem vermissen und präsentiert die löchrige Geschichte auf eine kaum vorstellbar plumpe Art und Weise. In den ersten Minuten erklären sich Constance und Ezekiel gegenseitig, weshalb sie die besondere Spinnenart suchen. Dass die Exposition von Informationen für das Publikum gedacht ist, steht außer Frage, denn sie selbst wissen ja bereits, worum es geht. Später präsentiert Cassie den drei Teenagern die Information noch einmal und kurz darauf erfährt sie, was ihre Mutter überhaupt in den Amazonas geführt hat. Das permanente Wiederkäuen von bereits bekannten Informationen und diese darüber hinaus immer auf einmal zu präsentieren, gerät derart zäh, dass die Abwandlung des berühmten Spider-Man-Mottos „Aus großer Kraft folgt große Verantwortung“ in „Wenn man Verantwortung übernimmt, wird große Kraft folgen“, geradezu spritzig klingt, selbst wenn es ebenfalls nur lauwarm aufgewärmt Bekanntes ist.

Gleichzeitig lässt Madame Web viele Dinge offen. Was mit Cassies Vater geschehen ist, wird nie auch nur thematisiert und weshalb Ezekiel in der Zukunft von drei Superheldinnen zur Strecke gebracht wird, ebenfalls nicht, selbst wenn dies gleich mehrmals und immer mit denselben Worten wiederholt wird. Zwar wird anfangs gezeigt, wie er böse Dinge tut, aber was er überhaupt macht, weshalb er ein gefährlicher Schurke sein soll, erfährt man nicht. Ganz abgesehen davon, dass seine Zukunftsvision in Anbetracht des Verlaufs der Geschichte keinen großen Sinn ergibt. Unter Letzteres fällt auch, dass Cassie mit ihm im Traum in Kontakt treten kann – nur weshalb und weshalb er ihr in dem Moment seine Beweggründe erklärt, die das Publikum bereits kennt, erfährt man nicht. Da scheint es geradezu harmlos, dass Cassie, während sie wegen vermeintlichen Kidnappings der drei Mädchen gesucht wird, offenbar unbehelligt das Land verlassen und wieder einreisen kann. Einige wenige Momente des Drehbuchs lassen wenigstens gute Ideen erkennen, doch das ändert nichts daran, dass die papierdünnen Charakterisierungen in derart vielen Klischees untergehen, so dass selbst einzelne Szenen bis ins kleinste Detail vorhersagbar sind.

Die gerade in den Actionmomenten rasante Inszenierung mag das aufzuwiegen versuchen, doch die stark bewegte Kamera kann kaum darüber hinwegtäuschen, wie unbeholfen und oftmals künstlich die jeweiligen Situationen erscheinen. Sichtbar ist das nicht erst beim Finale, das darüber hinaus zu unübersichtlich gerät. Treffen Ben und Cassie bei einem verheerenden Einsatz ein, wird nie das Ausmaß desselben vermittelt. Die Sequenz scheint beinahe, als wäre sie in einem Hinterhof entstanden. Die zentrale Besetzung entwickelt dank Dakota Johnson, Sydney Sweeney, Celeste O’Connor und Isabela Merced durchaus eine gute Chemie, doch wirken ihre Wortwechsel nie natürlich und keine von ihnen fühlt sich augenscheinlich wohl in ihrer Rolle. Bedenkt man, wie altbekannt die Grundstory klingt, kann man Madame Web zugutehalten, dass kaum Potential verschenkt wird. Es war schlicht zu wenig da, damit sich die Geschichte von der Masse an Comicverfilmungen hätte abheben können.


Fazit:
Es gibt ein paar amüsante Kommentare im Film und durchaus interessant in Szene gesetzte Situationen. Doch gerade das macht es umso schwieriger, sich mit dem Rest abzufinden. Nicht nur, dass die Déjà-vus, die Cassie erlebt, nach stets demselben Schema ablaufen und daher weit absehbar ist, was nur in ihrer Vision geschieht und was tatsächlich. Sie erkennt so schnell sämtliche Zusammenhänge, dass es umso stärker auffällt, wie weltfremd sich die drei Teeanger verhalten. Das Drehbuch lässt seine Figuren mitunter die dümmsten Entscheidungen treffen und das ohne jegliche Not, sondern einfach, damit die Story weitergeht. Zusammen mit einem Bösewicht, der nie greifbar wird und derart gekünstelten Dialogen, die teils arg offensichtlich sogar gegenüber denjenigen der Filmvorschau bereits entschärft wurden und immer noch klingen, als stammten sie von einem anderen Stern, besitzt S.J. Clarksons Kinoregiedebüt nicht die besten Voraussetzungen für einen unterhaltsamen Filmabend. Zusammen mit einer inhaltlich abgedroschenen Erzählung ist Madame Web vor allem weder mitreißend, noch macht es Spaß, der nicht untalentierten Besetzung bei ihrem Pflichtprogramm zuzusehen. Das Ende soll wohl weitere Filme einläuten, doch wenigstens gibt es keine Szene während des oder nach dem Abspann. Es ist beinahe, als wollten die Beteiligten das Gezeigte so schnell wie möglich hinter sich bringen. Mann kann es ihnen nicht verdenken.