Lake Placid [1999]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 04. August 2003
Genre: Komödie / HorrorOriginaltitel: Lake Placid
Laufzeit: 80 min.
Produktionsland: Kanada / USA
Produktionsjahr: 1999
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Steve Miner
Musik: John Ottman
Darsteller: Bill Pullman, Bridget Fonda, Oliver Platt, Brendan Gleeson, Betty White
Kurzinhalt:
An einem ruhigen See wird ein Taucher tödlich verwundet; die Behörden sind zunächst ratlos doch als die Reptilienspezialistin Kelly Scott (Bridget Fonda) zusammen mit Sheriff Hank Keough (Brendan Gleeson) und dem Forstaufsichtsmitarbeiter Jack Wells (Bill Pullman) weitere Kadaver im See findet, stößt man auf ein riesiges Krokodil, das an den Badegästen einen Narren gefressen hat.
Zusammen mit dem exzentrischen Wissenschaftler Hector Cyr (Oliver Platt) möchten sie das Tier einfangen – doch ein sieben Meter langes Krokodil zu stoppen ist leichter gesagt als getan.
Zudem gibt es da noch die schrullige Mrs. Bickerman (Betty White), die teilweise für die Bedrohung verantwortlich ist.
Kritik:
Ein riesiges Krokodil und eine Menge Statisten, die vom Drehbuch wahllos an das Urvieh verfüttert werden können – beste Zutaten für einen B-Film aus den 50er Jahren. Lake Placid entstand hingegen erst 40 Jahre später, gibt sich allerdings als eine Hommage an die Mosterklassiker von damals.
Das wäre auch nicht schlecht, würde es das Drehbuch verstehen, Monsterspannung aufkommen zu lassen, oder wenigstens ein wenig auf den Horroraspekt einzugehen. Stattdessen macht Autor David E. Kelley das, was er seiner Meinung nach am besten kann: Comedy.
Und darauf verlagert sich auch das Drehbuch, doch was der Erfinder von Ally McBeal [1997-2002] nicht berücksichtigt ist der Horror, der sich eben nicht auf ein paar ekelhafte Maskeneffekte beschränken lässt, sondern hauptsächlich von der Spannung leben sollte. Und die sucht man in Lake Placid lange und dann meist auch vergebens. Nur in einer Szene kommt dank dem Drehbuch Spannung auf, in derjenigen, in der Oliver Platts Charakter sich dem Riesenkrokodil Auge in Auge gegenübersieht.
Ansonsten gibt es im Skript viele Witze, einige gelungene One-liner und reichlich klischeebeladene Dialoge. Wenn ein Charakter auf den ruhigen See blickt und meint "wir haben alles unter Kontrolle", dann ist sogar dem unerfahrensten Zuschauer klar, dass der nächste Schockeffekt schon auf einen wartet.
Doch leider sind auch die Witze nicht immer überzeugend geraten, klingen manche Sprüche doch spaßig, wirken viele andere, wie der endlose Aufguss der Übergewichtigenwitze unangebracht, pietätlos und vor allem altbekannt. Chemie zwischen den Charakteren sucht man weitgehend vergebens, einzig zwischen Brendan Gleeson und Oliver Platt enwickelt sich etwas Ähnliches, Bill Pullman und Bridget Fonda hingegen wirken völlig farblos. Die vorprogrammierte Romanze darf ebenfalls nicht umschifft werden, was den aufgesetzt wirkenden Schluss der Beziehung allerdings nicht besser macht.
Ally-Fans können sich zumindest damit trösten, dass Kelly Scott bisweilen stark an den Seriencharakter erinnert, aber in keiner Situation ihre Klasse erreicht.
Vielleicht hätte Kelley das Drehbuch auch einfach einem anderen Autor (bevorzugt einem Horror-Autor) zum Überarbeiten geben sollen, denn ein unspannender Horrorfilm ist ein Widerspruch in sich. Zumindest ist die Story interessant genug und die Umsetzung kein Reinfall, so dass die knapp 80 Minuten Laufzeit wenigstens wie im Flug vergehen.
Die Darsteller scheinen von den knapp 30 Millionen Dollar Produktionskosten nicht viel abbekommen zu haben, oder aber sie hatten einfach keine große Lust bei den Dreharbeiten. Bill Pullman gibt sich mäßig interessiert, spielt aber immerhin überzeugend, obwohl er nicht aktiv werden muss. Bridget Fonda scheint ihr Charakter nicht wirklich gefallen zu haben, neben schockierend lustlosem Kreischen hat sie nicht mehr zu tun und verkommt ab Oliver Platts Auftritt ohnehin zu einer großen Nebenfigur.
Platt hingegen schien Spaß an der Rolle gefunden zu haben, er ist nicht nur der witzigste Charakter im Film, sondern er scheint sich sowohl an Land, als auch zu Wasser wohl zu fühlen. Brendan Gleeson hat zwar nicht so viel zu tun, an seine darstellerische Leistung in Dark Blue [2002] muss er nicht einmal im Ansatz heranreichen, doch er wirkt charismatisch und unterhält den Film hindurch mit seiner etwas ländlichen Art.
Der Geheimtipp im Film ist zweifelsohne das Golden Girls [1985-1992]-Girl Betty White, die hier zwar etwas schrullig daherkommt, aber nichts von ihrem Biss verloren hat. Nicht nur ihre Fans werden an ihrem Auftritt Spaß haben. Witzig bei ihr ist zudem, dass ihr mit einem Tierschutzverein gedroht wird, für den sie im richtigen Leben eine aktive Sprecherin ist.
Was den meisten Charakteren allerdings fehlen sind eben solch bestimmte Momente, die einem als Zuschauer in Erinnerung bleiben – White, Platt und Gleeson bekommen sie, die anderen leider nicht.
Sicherlich sind 30 Millionen Dollar Budget im heutigen Hollywood nicht umwerfend viel, dass Regisseur Steve Miner allerdings aus weniger mehr herausholen kann, bewies er schon in Halloween H20: 20 Jahre später [1998].
Die Inszenierung selbst ist sauber und ohne Schnitzer verlaufen, doch leider auch ohne Überraschungen. Schockeffekte sucht man vergebens, die meisten Szenen sind viel zu schnell vorbei, bevor wirklich Spannung aufkommt. Statt einem ruhigen Aufbau wirken viele Momente wie ein übereilter Schnellschuss ohne den letztendlich Knalleffekt.
Zwar sollte so etwas schon im Drehbuch vorgegeben sein, doch wenn nicht sollte ein Regisseur das ausgleichen. Im Halloween-Jubiläum hat es geklappt, bei Lake Placid vermisst man allerdings genau diese Improvisationskunst am Set.
Ein Großteil des Budgets scheint wohl in die Spezialeffekte gegangen zu sein, denn die können sich wirklich sehen lassen. Sowohl die Puppen-, als auch die Computergrafik-Arbeit sind überaus überzeugend und lassen in den seltensten Fällen den Trickeffekt erahnen. Lediglich beim Finale scheint den Machern das Geld ausgegangen zu sein.
Enttäuschend hingegen ist die Klangkulisse des Films, was man schmerzlich vermisst sind wirklich ergreifende Geräusche des Krokodils, oder der Umgebung, wenn es beispielsweise auf dem Boden aufschlägt, oder Wasser aufwirbelt. Hier hat man das Gefühl, dass imposante Toneffekte einfach fehlen. In den actionreichen Sequenzen gibt sich der Ton ebenso unspektakulär wie in den Gesprächen.
Komponist John Ottman scheint das erkannt zu haben und versucht, mittels seiner Musik zu kompensieren, doch die wirkt eben in den Actionszenen zu aufdringlich, zu laut. Das Hauptthema ist zwar gut geraten, doch bleibt es nicht im Gedächtnis und auch beim restlichen Score wird man das Gefühl nicht los, als hätte Ottman diese Auftragsarbeit schnell erledigen wollen.
Was bleibt ist ein mäßig spannender, hin und wieder wirklich witziger Unterhaltungsfilm mit dem einen oder anderen Horrorelement. Dennoch bleibt der Film weit hinter seinen Möglichkeiten zurück, die routinierte Umsetzung und die charmanten Darsteller entschädigen zwar dafür, mehr als seichte Abendunterhaltung mit ein paar Horroreffekten ist aber leider nicht drin.
Die deutsche Synchronisation ist indes ganz gut geraten, auch wenn viele Witze aus dem Original es nicht in die einheimische Fassung geschafft haben. Zumindest bekommt man talentierte Synchronsprecher zu hören.
Fazit:
Lake Placid ist ein Film, den man immer wieder gern ansieht, der einen allerdings jedes Mal ebenso unbefriedigt zurücklässt, wie beim letzten Mal. Die wirklich spannende Szene mit Oliver Platt und dem Riesenkrokodil ist kaum besser zu machen, auch wenn hier mehr drin gewesen wäre. Der Rest allerdings mutet an wie eine verpasste Chance nach der anderen.
Dafür gibt es einige wirklich merkenswerte Einzeilersprüche und schöne Naturaufnahmen zu hören und zu sehen. Dass der Film an den Kinokassen hinter den Erwartungen zurückblieb, lässt sich allerdings durch den fehlenden Horror und die überraschungsarme Umsetzung erklären. Komödienfans werden ohnehin bei Riesenkrokodilen und abgetrennten Gliedmaßen nicht zweifelsohne an einen lustigen Film denken.
So bleibt Lake Placid nett aber unwichtig.