Ladykillers [1955]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 14. April 2004
Genre: Krimi / KomödieOriginaltitel: The Ladykillers
Laufzeit: 97 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 1955
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Alexander Mackendrick
Musik: Tristram Cary
Darsteller: Alec Guinness, Cecil Parker, Herbert Lom, Peter Sellers, Danny Green, Jack Warner, Katie Johnson, Philip Stainton
Kurzinhalt:
Professor Marcus (Alec Guinness) ist ansich kein Professor, und seine musikalischen Freunde, die er in Mrs. Wilberforce' (Katie Johnson) Haus einlädt, in dem er kürzlich eingezogen ist, spielen auch keine Kammermusik.
Der überaus charmante und durchtriebene Gauner ist vielmehr ein kriminelles Genie, und er plant den Überfall auf einen Geldtransporter mitten in London. Sein Plan ist brilliant, auch wenn seine "Kollegen" Claude (Cecil Parker), Louis (Herbert Lom), Harry (Peter Sellers) und One-Round (Danny Green) von der Idee, dass Mrs. Wilberforce unbewusst ein Teil davon ist, nicht begeistert sind.
Trotz aller Widrigkeiten gelingt ihnen der Coup, doch damit ist noch nichts gewonnen, denn nun gilt es, sich der älteren alleinstehenden Hausbesitzerin Louisa Wilberforce zu entledigen – und das ist schwieriger, als man erwarten würde.
Kritik:
Es gibt Filme, die geraten erst dann wieder ins Bewusstsein, wenn ein Remake von ihnen kurz vor der Haustüre steht. Dieses Jahr erwartet die Zuschauer in den Kinos eine Neuverfilmung des britischen Krimi-Komödien-Klassikers Ladykillers mit etwas anderer Ausgangslage und deutlich "amerikanischerem" Einschlag, da die Coen-Brüder Regie führen und Tom Hanks die Hauptrolle spielt. Und wenn man sich den Original-Film aus den 1950er Jahren ansieht, dann ist eine Neuauflage vielleicht gar keine schlechte Idee, denn obgleich Alec Guinness' Darstellung des Ganoven unterhält, und manche Dialoge spitz bis schon bösartig geraten sind, lebt der Film doch mehr von seinem Charme, als seiner eigentlichen Klasse, was vor allem an der schleppenden zweiten Filmhälfte liegt, während der es nur wenige Überraschungen gibt.
Das Drehbuch versteht es dabei gut, die unterschiedlichen und bisweilen schrulligen Charaktere vorzustellen und zur Geltung zu bringen, sei es nun bei Mrs. Wilberforce erstem Auftritt im Polizeipräsidium oder aber dem verstohlenen und beinahe schon unheimlichen Auftauchen von Alec Guinness an der Haustüre der älteren Dame, der hier unter Maske und mit falschen Zähnen kaum wiederzuerkennen ist, besonders wenn man ihn vornehmlich aus seinen späteren Filmen kennt. Die Figuren werden in kurzen Szenen präsentiert und bekommen allein durch Gesten und wenige Dialogzeilen bereits ein Profil zugeschrieben, das ihnen über die gesamte Laufzeit hin erhalten bleibt.
Die Idee um die Räuber, die sich als Musikanten ausgeben, kostet das Skript genüsslich aus und portraitiert dabei das Klischee der älteren Hausdame auf teilweise recht bösartige Art und Weise, so dass man gerade bei der Szene, in der Mrs. Wilberforce einen Koffer mit dem gestohlenen Geld für den "Professor" am Bahnhof abholen soll, vor Lachen kaum mehr ansich halten kann. Eben diese Komödieneinlagen machen die erste Hälfte des Films so unterhaltsam – sei es nun die Tatsache, dass die Polizei selbst letztendlich Mrs. Wilberforce mit dem Koffer zum Haus zurückbringt, oder aber die Panik in der Gaunertruppe, als die ältere Dame beinahe (unwissentlich) alles vermasselt. Manche Passagen driften beinahe schon in den Slapstick ab und machen gerade deshalb sehr viel Spaß.
Doch nachdem der Überfall getägt wurde und die Ladykillers als solche in Aktion treten sollten, verliert sich die Vorlage leider in vorhersehbaren Storywendungen, in denen ein Gauner nach dem anderen das Zeitliche segnet. Wie Mrs. Wilberforce der Wahrheit auf die Spur kommt, ist wirklich urkomisch; im Anschluss daran können die doch nicht so skrupellosen Verbrecher allerdings weniger überzeugen. Auch wirkt das Drehbuch von dem Moment an, da die erste Leiche "im Keller liegt", bei weitem nicht mehr so witzig, sondern weit morbider, als es die Geschichte eigentlich erfordern würde.
Das wäre im Grunde nicht verwerflich, denn gerade britische Komödien können mit ihrem makaberen Humor meist überzeugen. Doch anstatt die Ironie der Situation zugunsten der Komik auszunutzen, erweckt Ladykillers in der zweiten Hälfte einen derart ernsten Eindruck, dass der Elan und das Tempo des Films spürbar abnimmt. Da hilft auch eine kleine Action-Einlage am Schluss nicht viel, und die Überraschung entpuppt sich als weitaus fader, als zunächst angenommen. Einzig die Schlusspointe gibt dem Film etwas von dem bissig-lustigen Charme zurück, wie ihn der Anfang bereits vermittelt hat.
Den Darstellern kann man dabei ansich keinen Vorwurf machen, Alec Guinness scheint an der Rolle sichtlich Spaß gefunden zu haben und mimt mit einem dementsprechenden Einsatz, ebenso die damals doch schon 77-jährige Katie Johnson, die die Rolle zunächst gar nicht hätte bekommen sollen, da sie den Produzenten zu gebrechlich erschien – es wurde eine jüngere Darstellerin verpflichtet, die aber noch vor Beginn der Dreharbeiten verstarb. Johnson selbst starb nur zwei Jahre, nachdem der Film veröffentlicht wurde.
Die anderen Darsteller haben im Vergleich zu den beiden Hauptfiguren relativ wenig zu tun, dennoch spielen sie alle mit Freude an der Arbeit. Peter Sellers, der zu der Zeit erst dreißig Jahre alt war, und später mit seiner Verkörperung des Inspektor Clouseau in Der Rosarote Panther [1963] weltberühmt werden sollte, lieh unter anderem auch den Papageien von Mrs. Wilberforce die Stimme (zumindest im Original).
Die Besetzung ist stimmig und passt gut zur Stimmung des Films, dennoch hätten die Darsteller alles in allem etwas mehr gefordert werden können.
Regisseur Alexander Mackendrick, der in den USA geboren wurde, wuchs in der Heimat seiner Eltern, Schottland, auf und drehte nur elf Filme – denn obgleich aus heutiger Sicht sowohl Ladykillers, als auch der Burt Lancaster- und Tony Curtis-Film Dein Schicksal in meiner Hand [1957] als Klassiker gelten, war Mackendricks erster Hollywood-Film ein finanzielles Desaster und besiegelte seine Karriere sehr früh; dafür war er der Vorsitzende des "Film Department of the California Institute of Arts" von 1969 bis kurz vor seinem Tod 1993.
Talent beweist er auch in Ladykillers, dessen Kammerspiel-Charakter er gerade bei den Innenaufnahmen gut zur Geltung bringt; Kamera und Schnitt wirken durchdacht, wenngleich nicht von der Präzision und Finesse eines Alfred Hitchcock; es gibt aber aus der Ära bedeutend schwächer inszenierte Filme.
Ebenso ergeht es der Musik von Tristram Cary, die hier zwar nie negativ auffällt, sich aber nicht dauerhaft im Gedächtnis festsetzt.
Was am Ende bleibt, ist ein anfangs sehr witziger, später eher behäbiger Film über eine Gaunertruppe, die an einer älteren Dame scheitert, nachdem der Coup gelaufen ist. Dieses Thema wurde seither zwar unzählige Male neu aufgelegt, könnte aber mit einem gelungenen Remake durchaus mit mehr Klasse dargebracht werden.
Die Beteiligten gehen in ihren Rollen auf, und handwerklich gibt es ebenfalls nichts auszusetzen – nur inhaltlich macht die makabere Krimi-Komödie in der zweiten Hälfte weit weniger Spaß, als zu Beginn.
Fazit:
Ein Klassiker ist The Ladykillers ganz zweifellos, doch wie so oft nagt an den Schätzen aus jener Zeit der Zahn der Vergänglichkeit.
Charmant und sehenswert präsentiert sich die Gauner-Komödie mit einer eher mauen Dramaturgie. Der Grund liegt in einem etwas unausgeglichenen Drehbuch, das zwar mit witzigen und skurrilen Charakteren und spitzen Dialogen aufwarten kann, diese aber nicht bis zuletzt fordert. Die Schauspieler sind allesamt gut aufgelegt und sprühen gerade in den ersten 40 Minuten vor Engagement, während sie die komödiantischen Aspekte ihrer Rollen ausloten. Der Überfall war für das damalige Publikum sicher eine große Sache, aus heutiger Sicht schmunzeln Zuschauer eher der Nostalgie wegen.
Und eben so sollte man Ladykillers sehen: Als Zeitzeuge einer nostalgischen Ära mit einem genügend großen Unterhaltungswert für's einmal Anschauen. Aus dem gleichen Thema könnte man aber ohne Zweifel mehr machen.