L.A. Confidential [1997]

Wertung: 6 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 3. April 2022
Genre: Krimi / Thriller

Originaltitel: L.A. Confidential
Laufzeit: 138 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1997
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Curtis Hanson
Musik: Jerry Goldsmith
Besetzung: Kevin Spacey, Russell Crowe, Guy Pearce, Kim Basinger, James Cromwell, Danny DeVito, David Strathairn, Ron Rifkin, Graham Beckel, Amber Smith, John Mahon, Paul Guilfoyle


Kurzinhalt:

Los Angeles, 1953. Wäre die Presse nicht zufällig auf dem Revier gewesen, als sich der Partner von Polizist Wendell „Bud“ White (Russell Crowe) an einer Gruppe Einwanderer dafür gerächt hat, dass sie Polizisten angegriffen haben sollen, es wäre intern geregelt worden. Doch so wird Buds Partner neben anderen entlassen, auf Grundlage der Aussagen des aufstrebenden Sergeant Edmund „Ed“ Exley (Guy Pearce) und des routinierten Polizisten Jack Vincennes (Kevin Spacey), der dem Verleger eines Klatschmagazins, Sid Hudgens (Danny DeVito), für Gegenleistungen regelmäßig Storys liefert. Doch dann wird Buds Partner bei einem Überfall auf einen Diner getötet und obwohl der Leiter der Dienststelle, Captain Dudley Smith (James Cromwell), kurz darauf drei Verdächtige präsentiert, kommen Ed Zweifel. Auch für Bud ergibt der Fall keinen Sinn und während er versucht, die Rolle des Millionärs Pierce Morehouse Patchett (David Strathairn) und der Prostituierten Lynn (Kim Basinger), die in dessen Dienst steht, in dem Fall zu ergründen, gibt er sich dieser Frau mehr und mehr hin. Doch je näher er und seine beiden Kollegen der Lösung kommen, umso mehr Leichen entdecken sie und geraten selbst ins Visier …


Kritik:
Basierend auf dem gleichnamigen Roman aus dem Jahr 1990 von James Ellroy, erzählt Filmemacher Curtis Hanson in L.A. Confidential einen Neo-Noir-Crime-Thriller, der hinsichtlich der Inszenierung modern und der Ära, in der er spielt, authentisch angemessen erscheint. Von einer fantastischen Besetzung veredelt, gelingt dem Film das erzählerische Meisterstück, eingangs unsympathische Figuren vorzustellen, um den Blick des Publikums Stück für Stück zu erweitern und sie auf diese Weise zu rehabilitieren. Das ist so fordernd wie beeindruckend.

Die Geschichte spielt in Los Angeles im Jahr 1953. Der Glamour der frühen Jahre Hollywoods ist verflogen. Erst kürzlich wurde der Kopf des durch seine Drogengeschäfte einflussreichen organisierten Verbrechens verhaftet, was Polizeicaptain Dudley Smith als Chance nutzt, Interessenten, die das entstandene Machtvakuum für sich nutzen wollen, mit Mitteln jenseits des Gesetzes abzuschrecken. Der aufstrebende Polizist des Los Angeles Police Department, Sergeant Edmund „Ed“ Exley tritt entgegen Smiths Rat als Zeuge gegen korrupte Kollegen auf und sichert sich damit eine Beförderung und einen Platz bei der Mordkommission. Wendell „Bud“ Whites Kollege wird deshalb entlassen und kurze Zeit später ermordet. Während Ed und Bud den Mord aus unterschiedlichen Gründen aufklären wollen, sucht der durch Eds Aussage zwangsversetzte Polizist Jack Vincennes, der damit vorübergehend auch seine Position als Berater einer erfolgreichen Fernsehshow verliert, eine Möglichkeit, seine mit vielen Vorzügen verbundene Position zurück zu erhalten.
Alle drei Polizisten haben gemeinsam, dass sie bei ihrer ersten Vorstellung nicht unbedingt Sympathieträger darstellen. Ed mag moralisch integer sein, ist aber auch um jeden Preis darum bemüht, auf der Karriereleiter voran zu kommen, obwohl er ohne den Respekt seiner Kollegen keinen Rückhalt in der Truppe hat. Jack mag nicht so korrupt sein, wie viele andere Polizisten, hält jedoch die Hand auf, um dem Autor des Klatschmagazins „Hush-Hush“ exklusive Informationen und Fotos zu liefern. Der von Russell Crowe hervorragend mit einer brodelnden Vehemenz gespielte Bud ist nicht ein solch guter Taktierer wie Ed und vielleicht auch nicht korrupt, doch setzt er oft seine Fäuste ein, ist impulsiv und sorgt teilweise mit nicht legalen Mitteln für seine eigene Form von Gerechtigkeit.

So sehr man das Verhalten dieser Figuren anfangs womöglich verstehen mag, kaum einen von ihnen würde man an seiner Seite haben wollen. Doch so wie Hanson Schicht für Schicht der vor Ruhm und Reichtum glitzernden Stadt der Engel in L.A. Confidential abträgt, so legt er auch seine Figuren Stück um Stück offen. Von Ed, der erkennt, dass worauf er gestoßen ist, viel umfangreicher ist, als er es sich vorstellen konnte, über Bud, der sich von Smith nicht länger als Schläger benutzen lassen will, bis hin zu Jack, dessen moralischer Kompass derart flexibel geworden ist, dass er die Frage selbst nicht mehr beantworten kann, weshalb er den Beruf ergriffen hat. Sie alle verbindet in der zweiten Filmhälfte der Wunsch, besser zu werden, als sie derzeit sind und sie auf diesem Weg zu begleiten, ist Teil des Reizes einer solchen Geschichte, die konfliktbehaftete Figuren vorstellt, um zu schildern, wie diese an sich arbeiten.

Die Art Film, die die Vorschau verheiß, ist L.A. Confidential ausgesprochen nicht. Wird darin ein packender, temporeicher Thriller in Aussicht gestellt, erzählt Curtis Hanson vielmehr einen inhaltlich überaus komplexen Krimi mit einer Vielzahl an Figuren, die womöglich nur kurz auftreten oder gar nur erwähnt werden, für das Verständnis der Geschichte aber wichtig sind. Worum es dabei überhaupt geht, was es aufzudecken gilt, entwickelt sich erst im Verlauf der Erzählung. Wie oft in solchen Noir-Krimis, ist das ausgehende Verbrechen, in diesem Fall der Mord an dem ehemaligen Polizisten und Buds Partner, nur ein Mosaikstück und gerade, als Ed und Jack glauben, den Fall gelöst zu haben, tun sich Fragen und Ungereimtheiten auf, die sie unter anderem zu dem verschlossenen Millionär Pierce Morehouse Patchett und der Hochglanzprostituierten Lynn führen.

Macht, Intrigen, Erpressung und zahlreiche andere Arten von Verbrechen – die Geschichte ist so weitläufig wie ihre Figuren abgründig. Zusammen mit Drehbuchautor Brian Helgeland präsentiert der Filmemacher einen Blick auf jene Zeit mit dem abblätternden Glanz der Traumfabrik in handwerklich herausragender Art und Weise. Von der überwältigenden Ausstattung, die ein authentisches Flair der frühen 1950er-Jahre erzeugt, bis hin zu einer fantastischen, für den Oscar nominierten Bebilderung. Anstatt die Geschichte in düstere Einstellungen mit tiefen Schatten zu hüllen, erscheint die Optik beinahe neutral, mit natürlicher Farbgebung, weitwinkeligen Aufnahmen und abgestuften Farben. Statt somit die Dunkelheit der Figuren bildlich zum Ausdruck zu bringen, stellt L.A. Confidential sie als Kontrast zu den meist luxuriösen Eindrücken jener Ära heraus. Das Ergebnis ist beeindruckend und hat in den 25 Jahren seit der Veröffentlichung nichts von seiner zeitlosen Eleganz verloren, ganz im Gegenteil. Ebenso wenig wie Leistung der bis in die Nebenrollen namhaften Besetzung. Für ihre Darbietung wurde Kim Basinger ebenfalls mit der prestigeträchtigsten Auszeichnung geehrt, wobei Guy Pearce und Russell Crowe ebenso gefordert sind wie Danny DeVito und der stets großartige James Cromwell. Insbesondere in seiner letzten Szene beweist Kevin Spacey durch eine beeindruckende Mimik, dass er einer der talentiertesten Darsteller seiner Generation ist.

Umso bedauerlicher ist es, wenn persönliche Verfehlungen Einzelner verhindern, dass man sich manche Darbietungen heute unbelastet ansehen kann. Es wäre aber ebenso schade, deshalb das Gesamtwerk zu verurteilen oder auszublenden. Als anspruchsvoller Crime-Thriller ist L.A. Confidential so klassisch wie faszinierend und mehr als nur einer der besten des Genres.


Fazit:
Trotz der Laufzeit von deutlich über zwei Stunden packt Regisseur Curtis Hanson so viel an Hintergrund in seinen Krimi, dass selbst die Erzählung aus dem Off zu Beginn für das Verständnis der Zusammenhänge essentiell wichtig ist. Die Dialoge offenbaren viele Verbindungen der Figuren, Namen werden nicht wiederholt, so dass nur ein aufmerksames Publikum dem Verlauf des komplexen Krimis wird folgen können. Das wird jedoch belohnt mit einer anspruchsvollen Kriminalstory, facettenreichen Figuren und einer Umsetzung, die einem den Atem nimmt, wenn man sich vor Augen führt, wie mühelos die Verantwortlichen die authentische Ausstattung und die glamourösen Bilder wirken lassen. Zum Leben erweckt durch einige der besten Aktuerinnen und Akteure, ist L.A. Confidential ein Meisterwerk des Genres, so vielschichtig wie die Charaktere im Zentrum und so beeindruckend in seiner Wirkung. Das ist nicht packend auf Grund des erzählerischen Tempos, sondern auf Grund der Verzweigungen der Geschichte und der schieren Größe des dahinter liegenden Falles. Nicht nur faszinierend, so erschreckend die Darstellung des Verbrechens und der Polizeiarbeit der damaligen Zeit, es scheint vor allem mehr als nur möglich, dass sich damals solche Dramen eben so abgespielt haben.