Konklave [2024]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 9. November 2024
Genre: ThrillerOriginaltitel: Conclave
Laufzeit: 120 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren
Regie: Edward Berger
Musik: Volker Bertelmann
Besetzung: Ralph Fiennes, Stanley Tucci, John Lithgow, Sergio Castellitto, Isabella Rossellini, Lucian Msamati, Carlos Diehz, Brían F. O’Byrne, Merab Ninidze, Thomas Loibl, Jacek Koman, Loris Loddi
Kurzinhalt:
Der Tod des Papstes ist nicht nur für die gläubigen Katholiken auf der Welt ein Schock. Auch Kardinal Thomas Lawrence (Ralph Fiennes) ist tief bestürzt, dessen Glaube sich in einer Krise befindet und der deshalb den Vatikan verlassen wollte, was der Papst ablehnte. Als Dekan des Kardinalskollegiums fällt Lawrence die Aufgabe zu, die Papstwahl, das Konklave, zu organisieren. Drei Wochen später, am Vorabend des Konklaves, kommen die Kardinäle für die Wahl zusammen, für die sie vom Rest der Welt abgeschirmt werden. Noch vor dem ersten Wahlgang sorgt die Ankunft des bis dahin unbekannten Kardinals Benitez (Carlos Diehz) für Unruhe. Von den insgesamt 108 Kardinälen werden 72 Stimmen für eine gültige Papstwahl benötigt. Während das progressive wie auch das konservative Lager an ihren Kandidaten festhalten, einerseits den liberalen Cardinal Aldo Bellini (Stanley Tucci), andererseits Kardinal Goffredo Tedesco (Sergio Castellitto), wird Lawrence auf Skandale aufmerksam gemacht, die einzelne Kardinäle disqualifizieren könnten. So gerät schließlich ein Kardinal ins Rampenlicht, der das päpstliche Amt gar nicht innehaben will – er selbst …
Kritik:
Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Robert Harris aus dem Jahr 2016 erzählt Filmemacher Edward Berger in Konklave von einer Papstwahl, bei welcher der Dekan des Kardinalskollegiums nicht nur die unterschiedlichen Strömungen der zur Wahl stehenden Kardinäle auszutarieren versucht, sondern mit Skandalen und Intrigen konfrontiert wird. Der ruhige, mit Bedacht erzählte Thriller richtet sich an ein erwachsenes Publikum, das dessen Dialoge und Besetzung zu schätzen weiß. Man kann ihm nur dankbar dafür sein.
Im Zentrum der Geschichte steht Kardinal Thomas Lawrence, dem die Organisation des Konklaves, der Papstwahl zufällt, nachdem das Oberhaupt der Katholischen Kirche verstorben ist. Wie auch Kardinal Aldo Bellini stand Lawrence dem Papst nahe, der seine Erkrankung bewusst geheim hielt. Noch vor dem Beginn des Konklaves, bei dem 108 Kardinäle mit einer Zweidrittelmehrheit einen neuen Papst wählen, zeichnen sich Favoriten ab, die entweder dem moderat konservativen oder dem erzkonservativen Lager zuzuschreiben sind. Gleichzeitig deutet sich an, dass es schwer werden wird, Mehrheiten zu finden, insbesondere für einen liberalen Papst, wie der Verstorbene einer war und auf dessen Seite sich auch Kardinal Lawrence sieht. Doch während sich die Wahlgänge hinziehen, kommen Skandale der Kandidaten mit den stärksten Stimmen zum Vorschein. So rückt Lawrence selbst immer mehr ins Rampenlicht, obgleich er keine Ambitionen auf das Papat besitzt.
Dabei klingt der Rat, der Lawrence zu Beginn gegeben wird, mehr als nur verständlich: Diejenigen, die nach dem Amt streben, sind am wenigsten dafür geeignet. Insofern ist es durchaus faszinierend, wenn auch nicht überraschend zu beobachten, wer und mit welcher Rhetorik sich selbst diejenigen in Stellung bringen, die anfangs beteuern, das Amt nicht übernehmen zu wollen. Immerhin geht es um nicht weniger als die programmatische Ausrichtung einer der größten Glaubensgemeinschaften des Planeten. Konklave erzählt daraus einen sich langsam entwickelnden Thriller, bei dem früh klar ist, dass bestimmte Figuren Geheimnisse besitzen, andere überzeugte Fanatiker sind, während wieder andere den Schein wahren und ihre Gesinnung überspielen. Hinter diese Fassaden zu blicken und dabei die Verwicklungen des verstorbenen Papstes in die Wahl selbst aufzudecken, macht den Reiz von Bergers Erzählung aus. Er lässt das Publikum einen greifbar authentischen Blick ins Innere des kaum zugänglichen Prozesses werfen, wie eine Papstwahl funktioniert und welche Überlegungen die Beteiligten dabei anstellen.
Zu sehen, dass selbst hochrangige Kardinäle wie bei einer Flughafenkontrolle abgetastet werden, ihr Gepäck durchleuchtet wird, Ihnen Mobiltelefone und Tablets abgenommen werden, um zu verhindern, dass die Wahlberechtigten weder Informationen nach Außen tragen, oder von äußeren Informationen beeinflusst werden, ist dabei so erhellend wie im Grunde folgerichtig. Dass sich Lawrence selbst hiervon ausnimmt, durch seine Vertrauten immer wieder mit Informationen versorgt wird, von denen er aber nur teilweise selbst sagt, dass er sie benötigt, um die persönliche Eignung der übrigen Kandidaten einschätzen zu können, die er andernfalls als Verantwortliches des Konklaves zum Rücktritt auffordern müsste, spricht Bände. Überhaupt beweisen die Verantwortlichen von Konklave viel Gespür dabei, nicht nur die erstklassigen Dialoge in den Mittelpunkt zu rücken. Auch was die Figuren bewusst nicht sagen, ist ungemein aussagekräftig, von ihrer Mimik und Gestik ganz zu schweigen.
Der stets großartige Ralph Fiennes brilliert in einer Rolle, in der was ihn bewegt doch meist nur beobachtet werden kann. Seine Reaktion allein in Anbetracht des Todes des Papstes, ist so vielsagend, wie wenn er die übrigen Kardinäle zunächst zurückhaltend mit Fakten konfrontiert, die er erfahren hat. Stanley Tucci und John Lithgow sind ebenso großartig, wie auch Isabella Rossellini, die nur wenige Auftritte besitzt, in diesen aber dennoch die Leinwand vollkommen für sich einnimmt. Es ist eine Besetzung, die geradezu dankbar für Rollen scheint, deren Tiefe und Motivation gleichermaßen Spielraum für Interpretation lassen, wie sie ausgearbeitet sind. Gekleidet ist dies in eine Optik, die zwar ein paar nachdenkliche Zeitlupen zu viel beinhaltet, aber nicht nur erstklassige Bilder findet, welche die getragene Stimmung des Konklaves unterstreichen, sondern bewusst Dinge unscharf belässt, die Lawrence aufgedeckt hat, so dass man zusammen mit denjenigen, die er zur Rede stellt, eingeweiht wird.
Konklave spiegelt die große Auseinandersetzung unserer Zeit wider zwischen denjenigen, die vorangehen, Freiheit und Inklusion umsetzen wollen und den Erzkonservativen, die jeden Fortschritt rückgängig zu machen antreten. Auf welcher Seite Kardinal Lawrence steht, ist bereits früh klar, doch bleibt die Frage, was er bereit ist zu tun, um eine Machtergreifung der anderen Seite zu verhindern. Dass er im Lauf der Wahl ein Opfer dessen wird, was er zuvor selbst als größte Sünde bezeichnet – der Gewissheit – ist ebenso ein gelungenes Spiegelbild der Überheblichkeit des Menschen, wie die Makel all derjenigen, die schließlich um das höchste Kirchenamt buhlen. Dem zuzusehen ist so faszinierend wie packend, sofern man sich auf einen dialoggetriebenen Thriller einlässt.
Fazit:
So hehr das Ziel der Zusammenkunft der Kardinäle sein mag, den Nachfolger für den vakanten Apostolischen Stuhl zu wählen, noch bevor das Konklave überhaupt begonnen hat, werden bereits Absprachen getroffen und in Hinterzimmern Allianzen sowie Pläne geschmiedet. Das Geltungsbedürfnis und der Machthunger derjenigen, die nach dem Amt streben, sind ebenso entblätternd wie die Missgunst und der Neid, die nicht erst dann an der Tagesordnung stehen, wenn ein unbekannter Kardinal spät zum Kollegium hinzustößt und so die bereits sicher geglaubten Mehrheiten ins Wanken bringen könnte. Filmemacher Edward Berger baut dies optisch erstklassig so gekonnt wie für interessierte Zuseherinnen und Zuseher packend auf. Auch dank einer starken Besetzung, die sich durchweg zu Höchstleistungen anspornt und starken Dialogen. Die Geschichte aus Korruption und Intrigen, Skandalen, die zum Vorschein kommen, selbst wenn sie die Kurie nicht erreichen, lassen Konklave zu einem der besten Filme des Kinojahres werden für ein Publikum, das bereit und in der Lage ist, sich auf den clever anspruchsvoll wie ruhig erzählten Thriller einzulassen. Klasse!